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EUROPA/587: Offener Brief an Gabriel - Politische Reformen für Bosnien und Herzegowina dringend notwendig


Presseerklärung vom 27. August 2014

OFFENER BRIEF AN SIGMAR GABRIEL
Bundesminister für Wirtschaft und Energie
anlässlich der Wirtschaftskonferenz zum westlichen Balkan am 28. August 2014 in Berlin

Wirtschaftliche Hilfe ist essenziell. Politische Reformen für Bosnien und Herzegowina sind ebenso dringend notwendig!



Sehr geehrter Herr Minister,

anlässlich der Wirtschaftskonferenz zum westlichen Balkan - über Handel, Investitionen und regionale Kooperation zu neuer Dynamik, die am 28.August 2014 im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie stattfindet, haben Sie vom Aufbruch der Volkswirtschaften der Staaten des westlichen Balkans gesprochen. Sie werden über Beschäftigungs-, Mittelstands- und Investitionsförderung sprechen. Wir appellieren dringend an Sie, dabei das kriegszerstörte und zusätzlich von einer Flutkatastrophe heimgesuchte Bosnien und Herzegowina zu berücksichtigen und von der Wirtschaft Impulse für den Wiederaufbau dieses Landes einzufordern.

Bosnien und Herzegowina ist das verelendete Armenhaus Europas: Allein die Flutkatastrophe vom Mai 2014 hat in dem kleinen Land zwei Mrd. Euro Schaden angerichtet. Das entspricht 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts von Bosnien und Herzegowina. Eine Million seiner etwa 3,7 Millionen Bürger sind von der Katastrophe betroffen, nachdem Krieg und Genozid (1992-1995) zwei Drittel des Landes zerstört oder verwüstet hatten.

Auch Deutschland trägt Mitverantwortung dafür, dass dieser Völkermord, dem etwa 150.000 Kinder, Frauen und Männer zum Opfer fielen, vor den Augen Europas geschehen konnte, ohne dass interveniert wurde. Bosnien ist heute ein de facto geteiltes Land. Auch das gerade wiedervereinigte Deutschland hatte sich danach gedrängt, das "Diktat von Dayton" zu unterzeichnen. Noch trauriger ist, dass Deutschland damals über hunderttausend der bosnischen Vertriebenen und Flüchtlinge, die bei uns Schutz gesucht und nicht in ihre besetzte Heimat zurückkehren konnten, in die USA und Australien abgeschoben hatte.

Bitte berücksichtigen und diskutieren Sie die tragische und verheerende Situation dieses südosteuropäischen Landes, dessen Jugendlichen auswandern müssen, weil bereits mehr als 60 Prozent von ihnen arbeitslos sind.


Mit freundlichem Gruß

Tilman Zülch
Generalsekretär der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV)

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen/Sarajevo/Srebrenica/Berlin, den 27. August 2014
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. August 2014