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MELDUNG/156: Lässt sich Ex-Bundeskanzler Schröder zum Handlanger Putins küren?


Presseerklärung vom 13. August 2017

Lässt sich Ex-Bundeskanzler Schröder zum Handlanger Putins küren?

- Mehr als nur ein schlechtes Geschmäckle
- Energiekonzern Rosneft verletzt Menschenrechte


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat scharfe Kritik an der Nominierung des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder für die Vorstandswahlen des russischen Energiekonzerns Rosneft geübt. "Wenn sich Schröder für die Wahlen des Kreml-nahen und teils staatlichen Konzerns nominieren lässt, dann hat dies mehr als nur ein schlechtes Geschmäckle. Denn Rosneft verletzt Menschenrechte. Es ist mit seinen Aktivitäten in der Arktis und in Sibirien der Sargnagel für Russlands indigene Völker", erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Sonntag in Göttingen. "Schröder sollte sich als ehemaliger Bundeskanzler vom Kreml nicht dafür missbrauchen lassen, die EU-Russland-Sanktionen auszuhebeln. Sollte es Rosnefts neue Strategie sein, nach dem Scheitern seiner juristischen Mittel gegen die EU-Sanktionen auf Schröders Kontakte zu setzen, um sich der Sanktionen zu entledigen, so wäre dies höchst problematisch und eine Staatsaffäre", erklärte Delius. Rosneft war im März 2017 mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die EU-Russland-Sanktionen gescheitert. "Schröder sollte seine Kandidatur schnellstens zurückziehen, um das Ansehen führender Politiker in der Öffentlichkeit nicht weiter zu beschädigen." Der Energiekonzern wird am 29. September 2017 über die Besetzung der Vorstandsposten entscheiden.

Nach Ansicht der GfbV zeigt der Streit erneut, wie schlecht es um Ethik und Menschenrechte in der Wirtschaft steht. "Nach den vielen Diskussionen über das Verhältnis der Politik zur Autoindustrie zeigt der Streit um Schröders mögliches Engagement bei Rosneft, dass es dringend neuer Regeln für den Wechsel von ehemaligen Politikern in die Wirtschaft bedarf, um Interessenskonflikte zu vermeiden", sagte Delius.

"Wir halten Rosneft für mitverantwortlich für den drohenden Untergang von Russlands indigenen Völkern", erklärte Delius. Der Energiekonzern setzt nach dem Willen Putins auf eine schnelle Erschließung von Rohstoffen in der Arktis und in Sibirien. Seine Öl- und Erdgasförderung zerstört die Lebensgrundlage indigener Völker von den Sami auf der Kola-Halbinsel nahe der Grenze Norwegens bis zu den Ewenken auf der Insel Sakhalin nördlich von Japan. So werden im Interesse der Energiekonzerne die Nentzen auf der Insel Yamal gezwungen, sich anzusiedeln und ihre Rentierherden zu verringern. Rosneft setzt auf die Erschließung neuer Energievorkommen in der Barentssee, Kara- und Laptev-See. Die traditionell in diesen Regionen lebenden indigenen Völker werden bei der Planung dieser Vorhaben nicht berücksichtigt, obwohl die Vereinten Nationen dies vorsehen. Rosneft ersteigerte erst im Juli 2017 Lizenzen für die Energieförderung in Erginskoje in der Autonomen Region der indigenen Chanten und Mansen im Westen Sibiriens.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 13. August 2017
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. August 2017

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