Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → BEDROHTE VÖLKER

NAHOST/083: Genozid an den Kurden im Irak endlich international anerkennen!


Presseerklärung vom 28. Januar 2008

Delegation der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) bei internationalem Kongress über den Genozid an der Bevölkerung im Nordirak

Genozid an den Kurden im Irak endlich dokumentieren und international anerkennen!


Der Genozid des irakischen Regimes von Saddam Hussein an den Kurden muss endlich untersucht, dokumentiert und international anerkannt werden. Dies hat sich der internationale "Kongress zum Genozids in Kurdistan" zum Ziel gesetzt, der heute in Erbil, Hauptstadt des irakischen Bundesstaates Kurdistan, zu Ende geht. Eine Delegation der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) unter der Leitung von Tilman Zülch, Präsident der GfbV-International, nimmt an dem Kongress teil. 65 Genozidexperten aus Nordamerika, Europa und Asien, darunter Strafrichter aus den Niederlanden, den USA, Großbritannien, Dänemark, die sich mit Kriegsverbrechen befassen, und Vertreter des Irakischen Sondertribunals für Kriegsverbrecher aus Bagdad, diskutierten u.a. über die rechtliche Dimension des Völkermords an den Kurden, dessen soziale und psychologischen Folgen und seine wirtschaftlichen und demografischen Auswirkungen.

Die GfbV hat seit 1970 bis 2003 kontinuierlich die Kriegs- und Genozidverbrechen des Diktators Saddam Husseins dokumentiert, ist für die Rechte der verfolgten Volksgruppen und Religiösen Minderheiten des Irak eingetreten und hat humanitäre und Wiederaufbauinitiativen in die Wege geleitet. Unter der Herrschaft der Baath Partei des ehemaligen irakischen Diktators Saddam Hussein hatten Kurden (Muslime und Yezidi), Assyro-Chaldäer und Turkmenen von 1968 bis 2003 bis zu 500.000 Opfer zu beklagen. Auch Tausende von Angehörigen aller anderen irakischen Nationalitäten und Religionsgemeinschaften sind Vernichtungs- und Vertreibungsverbrechen zum Opfer gefallen. Allein bei der so genannten Anfal-Offensive 1987/88 starben 182.000 Menschen, ganz überwiegend Kurden, entweder durch den Einsatz chemischer Kampfstoffe einen qualvollen Tod oder sie wurden - wenn sie den Giftgaseinsatz überlebt hatten - bei Massenerschießungen von Einsatzgruppen getötet. Viele weitere starben überdies während und nach den Zwangsumsiedlungen. 1983 wurden 8.000 Männer und Knaben im Barzan-Tal, unter ihnen auch die Männer eines christlichen Dorfes, entführt und liquidiert. Der Organisator der Anfal-Offensive, der Cousin Saddam Husseins, Ali Hassan Al-Majid, hat 100.000 Opfer eingestanden. Diesen Genozid haben Administration, Armee und Einsatzgruppen Saddams in allen Einzelheiten registriert und akribisch festgehalten. 14 Tonnen dieses Dokumentationsmaterials wurden in den USA von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch gesichtet und analysiert.

Die GfbV-Delegation hält sich bereits seit dem 22. Januar im irakischen Bundesstaat Kurdistan auf. Unter anderem führte sie dort Gespräche mit 50 Repräsentanten kurdischer, arabischer, turkmenischer und assyrischer Organisationen aus Kirkuk, mit Sprecherinnen der Frauenorganisation aus dieser Stadt und mit der Witwenorganisation "Wiedergeburt" (Vejin), in der die Witwen und Mütter der 8.000 im Jahre 1983 ermordeten kurdischen Knaben und Männer aus dem Barzan-Tal zusammengeschlossen sind.


*


Quelle:
Presseerklärung Göttingen vom 28. Januar 2008
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-0, Fax: 0551/58028
E-Mail: info@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Januar 2008