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NAHOST/266: Ägypten - Merkel soll katastrophale Menschenrechtslage ansprechen


Presseerklärung vom 28. Februar 2017

Bundeskanzlerin in Kairo erwartet (2.3.):

Merkel soll katastrophale Menschenrechtslage in Ägypten ansprechen


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat an Bundeskanzlerin Angela Merkel appelliert, bei ihrem Besuch in Ägypten am Donnerstag die katastrophale Menschenrechtslage in dem nordafrikanischen Staat anzusprechen. "Die Bilanz des Schreckens unter dem gegenwärtigen Präsidenten Abdel Fatah al Sisi stellt selbst die Verbrechen unter Ägyptens früherem Diktator Hosni Mubarak in den Schatten", stellte die GfbV in einem Schreiben an die Bundeskanzlerin fest. "Ägypten hat sich zu einem Polizeistaat entwickelt, in dem Presse- und Meinungsfreiheit mit Füßen getreten und Menschenrechtler willkürlich mundtot gemacht werden. Mindestens 67.000 Menschen wurden seit Mai 2014 aus politischen Gründen festgenommen, fast 2.000 Personen in unfairen Massenprozessen zum Tode verurteilt, in den Gefängnissen sind Folter und gewaltsamer Tod alltäglich. Ein vertrauenswürdiger Partner Europas sieht anders aus." Die massive Verfolgung von Oppositionellen heize ein Klima der Gewalt an, die sich auch gegen die christliche Minderheit richte. Radikale Islamisten würden Kopten angreifen und wollten damit die Regierung treffen, die die Kopten aus wahltaktischen Gründen umwerbe. So würden Ägyptens Christen von Islamisten und dem Staat für eigene Zwecke missbraucht."

Merkel hatte in einer am Samstag verbreiteten Video-Botschaft angekündigt, bei ihrem Besuch auch die schwierigen Arbeitsbedingungen deutscher Stiftungen anzusprechen. "Einheimische Nichtregierungsorganisationen trifft es noch schlimmer, ihre Aktivisten werden massiv überwacht und eingeschüchtert. Mindestens 13 ihrer führenden Mitarbeiter wurden im Jahr 2016 an der Ausreise aus dem Land gehindert", berichtete der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. Im September 2016 wurden die Konten von drei angesehenen Menschenrechtsorganisationen und von fünf Menschenrechtlern eingefroren. Ein im November 2016 vom ägyptischen Parlament verabschiedetes Gesetz schränkt die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen stark ein.

Fast 900 Inhaftierten droht ein Todesurteil, befürchtet die GfbV. Zwischen Juli und November 2016 wurden von lokalen Menschenrechtsgruppen 190 Fälle von Folter und 47 Todesfälle registriert. Mindestens 187 Menschen wurden zwischen August und November 2016 von Sicherheitskräften entführt. Erst am vergangenen Montag hat Mohamed Anwar al Sadat, der Neffe des ermordeten Präsidenten Sadat, seinen Parlamentssitz verloren, weil er die katastrophale Menschenrechtslage zu sehr kritisiert hatte. Nicht besser ergeht es kritischen Journalisten. Der Vorsitzende des Journalistenverbandes Yahia Galash wurde im November 2016 zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Aus politischen Gründen sind 25 Journalisten in Haft.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 28. Februar 2017
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. März 2017

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