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INTERNATIONAL/181: Konferenz von "War Resister's International" in Kapstadt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 9. Juli 2014

Militarisierung: Die stille Macht der Boykotte - Konferenz von 'War Resister's International' in Kapstadt

von Kanya D'Almeida


Bild: © Rafael Edwards/Ressenza via Flickr / CC 2.0

Friedlicher Protest vor der US-Botschaft in Chile

Bild: © Rafael Edwards/Ressenza via Flickr / CC 2.0

Kapstadt, 9. Juli (IPS) - Berichte über globale Militärausgaben vermitteln den Eindruck, als sei die Welt ein einziges großes Armeelager. Laut dem Stockholmer Institut für Friedensforschung (SIPRI) wurden im vergangenen Jahr weltweit etwa 1,76 Billionen US-Dollar für Militäraktivitäten ausgegeben.

2012 beliefen sich die Einnahmen aus den Waffenverkäufen der Unternehmen, die von SIPRI den 'Top 100' zugerechnet werden, auf etwa 410 Milliarden Dollar. Jeden Tag werden in bewaffneten Konflikten schätzungsweise 1.000 Menschen erschossen. Inmitten von Vernichtung und Tod gibt es aber gleichzeitig Millionen Menschen, die gegen Krieg und Gewalt protestieren.

Etwa 120 Friedensaktivisten aus aller Welt nahmen vom 4. bis 8. Juli an dem Treffen des inzwischen 93-jährigen Netzwerks 'War Resister's International' (WRI) in Kapstadt teil - unter ihnen auch der südafrikanische Erzbischof und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu. Der Teilnehmer des legendären Marsches für den Frieden ließ bei dieser Gelegenheit den langen und blutigen Kampf gegen die Apartheid Revue passieren.


Mehr Stärke durch Einheit

"Nehmen Sie unseren Dank mit zurück in Ihre Länder", erklärte er den versammelten Friedensaktivisten. "Selbst die noch so ärmsten Länder waren damals bereit, Südafrikas politische Flüchtlinge aufzunehmen." Bezugnehmend auf das Konferenzthema 'Kleine Handlungen - große Bewegungen: das Kontinuum der Gewaltlosigkeit' rief er die einzelnen Friedensbewegungen zu mehr Zusammenarbeit auf, um durch Einheit mehr Stärke zu gewinnen.

Wie der Koordinator der Konferenz, Matt Meyer, in Kapstadt erklärte, umfasst das US-Afrika-Kommando (AFRICOM) mittlerweile etwa 2.000 Soldaten, die in 38 Ländern des Kontinents stationiert sind. "Mit so gut wie keinen Finanzmitteln, aber hochmotiviert und von dem Wissen beseelt, dass wir angesichts von Militarismus, Gewalt und Neokolonialismus Einheit zeigen müssen, haben wir Menschen aller Kontinente und aus 33 afrikanischen Ländern zusammengebracht, um zu versichern, dass wir auch weiter Widerstand leisten werden."

Omar Barghouti, ein Gründungsmitglied der Palästinensischen Kampagne für den akademischen und kulturellen Boykott Israels (PACBI) verwies auf die Erfolge der Initiative 'Boykott, Kapitalabzug und Sanktionen' (BDS), die einen Abzug Israels aus den besetzten Palästinensergebieten, die Beendigung der rechtlichen Diskriminierung von Palästinensern und ein Rückkehrrecht für palästinensische Flüchtlinge erreichen will. An Unternehmen wird appelliert, ihre Investitionen aus Firmen abzuziehen, die direkt von der Besatzung der Palästinensergebiete profitieren.


Erfolgreiche Deinvestitionsstrategie

Allein in den vergangenen drei Jahren haben mehrere große europäische Pensionsfonds ihr Kapital aus israelischen Banken zurückgezogen, darunter auch PGGM in den Niederlanden. Der mit 810 Milliarden Euro bestückte Staatsfonds Norwegens zog in diesem Jahr ebenfalls sein Investitionskapital aus israelischen Firmen ab, die im Westjordanland tätig sind. Der Luxemburger Pensionsfonds folgte dem Beispiel und begründete den Schritt mit ethischen Bedenken gegen den Bau israelischer Siedlungen in den besetzten Palästinensergebieten.

Barghouti erinnerte auch daran, dass der US-Milliardär Bill Gates kürzlich Kapital aus dem britisch-dänischen Sicherheitsunternehmen G4S zurückgerufen habe. Und die Vereinigte Methodistenkirche in den USA strafte Unternehmen, die in den besetzten Gebieten Geschäfte machen, mit dem Rückzug ihres 18 Milliarden Dollar schweren Fonds ab. Die Beteiligung an der Besatzung Palästinas brachte die Unternehmen 'Caterpillar', 'HP' und 'Motorola Solutions' um Investitionskapital der Presbyterianischen Kirche.

Der Staat Israel, der 15 Milliarden Dollar in seinen Verteidigungssektor steckt, betrachtet die BDS-Bewegung als ernstzunehmende Gefahr. So hat Israel kürzlich die Zuständigkeit für den Kampf gegen BDS vom Außenministerium an das Ministerium für strategische Angelegenheiten delegiert, wie Barghouti berichtete. "Das ist dasselbe Ministerium, das sich mit der Bedrohung durch den Iran und Israels Beziehungen zu den USA befasst."

Auch in anderen Teilen der Welt wird die legitime Macht des friedlichen Widerstands augenfällig. Ein südsudanesischer Aktivist, der Karbash A M genannt werden wollte, erklärte, dass die Regierung des Landes Nichtregierungsorganisationen, die in Flüchtlingsgemeinden Kurse in Gewaltlosigkeit geben, alle Aktivitäten untersagt habe. Angesichts der politischen Krise, die seit der Unabhängigkeitserklärung des Südsudans im Jahre 2011 zehntausende Menschenleben gefordert hat, bilden mehrere Organisationen dennoch hunderte Gemeindeführer und Jugendaktivisten in den Taktiken der Gewaltlosigkeit aus.

In der zweiten Ausgabe des WRI-Handbuchs für gewaltlose Kampagnen, das am 6. Juli veröffentlicht wurde, werden 14 Fallstudien über friedlichen Widerstand dokumentiert. Sie sind nur einige wenige der vielen weltweiten Friedensbewegungen.


Panafrikanisches Netzwerk für Gewaltlosigkeit

In Kapstadt wurde zudem die Gründung des Panafrikanischen Netzwerks für Gewaltlosigkeit und Friedensbildung bekannt gegeben, das als erste Initiative dieser Art Graswurzelbewegungen auf dem Kontinent miteinander vernetzen will.

Vertreter aus 33 afrikanischen Ländern sind in dem Netzwerk engagiert. Experten gehen davon aus, dass die Initiative einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen die verstärkte US-Militärpräsenz in Afrika leisten kann. (Ende/IPS/ck/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/07/the-silent-power-of-boycotts-to-blockades/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juli 2014