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MELDUNG/567: Ministerien-Antworten zur Einbeziehung Gefangener in die Rentenversicherung (Grundrechtekomitee)


Komitee für Grundrechte und Demokratie
Pressemitteilung vom 25. August 2015

Grundrechtekomitee dokumentiert Ministerien-Antworten zur Einbeziehung der Gefangenen in die Rentenversicherung


Am 6. Mai 2015 hatte das Komitee für Grundrechte und Demokratie einen ausführlichen Appell an alle Justiz- und Sozialministerien der Länder gerichtet, der von den meisten Organisationen der Straffälligenhilfe mitgetragen wurde. Das Grundrechtekomitee hat jetzt eine Dokumentation des Briefes und der Antworten u.a. von 15 Landes-Justizministerien vorgelegt.

Die meisten Ministerien verweisen auf die Justizministerkonferenz (17./18. Juni 2015), die eine Länder-Arbeitsgruppe zur weiteren Prüfung der Umsetzung einer Einbeziehung der Gefangenen in die Rentenversicherung eingesetzt hat. Viele Antwortschreiben heben hervor, dass nun erst das Ergebnis des Prüfungsauftrags des Strafvollzugsausschusses abgewartet werden müsse. Wenige Ministerien positionieren sich eindeutig. Eine klare Ablehnung des Anliegens kommt aus dem Hause von Justizminister Robbers, SPD, Rheinland-Pfalz. Hier wie auch jüngst in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage im Berliner Abgeordnetenhaus (Drs. 17/16697) wird ein Effizienzdenken in den Mittelpunkt der Debatte gerückt, das das Grundprinzip einer solidarischen Sozialversicherung konterkariert.

Sehr erfreulich dagegen war u.a. die Antwort der Sozialministerin Katrin Altpeter, SPD, Baden-Württemberg, die mitteilte, dass sie die Forderung des Grundrechtekomitees "ausdrücklich unterstütze" und deswegen in einem Schreiben an "ihren" Landesjustizminister die "rentenrechtlichen Härten aufgezeichnet" habe, "die sich für diese Personengruppe aufgrund der unterbliebenen Zahlung von Pflichtbeiträgen in die gesetzliche Rentenversicherung ergeben".

Ebenfalls positiv werten wir die Antwort von Justizministerin Uta-Maria Kuder (CDU, Mecklenburg-Vorpommern), die das Thema auf die Tagesordnung der Justizministerkonferenz gebracht hatte. Sie betont, "dass es nicht gerechtfertigt ist, den Gefangenen neben den notwendigen Einschränkungen, die der Freiheitsentzug unvermeidlich mit sich bringt, weitere vermeidbare wirtschaftliche Einbußen zuzufügen". Weiterhin positiv äußert sich Justizsenator Till Steffen (Grüne, Hamburg). Er hebt hervor, dass sich die Nichteinbeziehung in die Rentenversicherung "als resozialisierungsfeindliche Spätfolge der Freiheitsstrafe auswirken" könne, und versichert, "dass Hamburg den jetzt begonnenen "Prozess der sorgfältigen Entscheidungsfindung in konstruktiver Weise unterstützten wird". Auch das Justizministerium Thüringen betont, dass die Einbeziehung der Strafgefangenen in die Rentenversicherung die Wiedereingliederungschancen "ganz erheblich" verbessern würde.

Die Linke und die Grünen hatten vorab schon in der Bundestagsdebatte von Dezember 2014 klare Position für dieses Anliegen bezogen. In den Parteien CDU/CSU und SPD herrscht offensichtlich noch Beratungsbedarf. Das Grundrechtekomitee hatte die Debatte 2011 mit einer bundesweiten Petition angestoßen. Nun gilt es, das 38 Jahre lang suspendierte Gesetz (vgl. Strafvollzugsgesetz von 1977) endlich in die Realität umzusetzen. Dies fordern auch die Europäischen Strafvollzugsgrundsätze (26.17).

Martin Singe, AG Strafvollzug im Grundrechtekomitee

Die Dokumentation kann angefordert werden (bitte Postadresse mitteilen).

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Quelle:
Pressemitteilung vom 25. August 2015
Komitee für Grundrechte und Demokratie
Aquinostr. 7 -11, 50670 Köln
Telefon 0221 97269 -30; Fax -31
E-Mail: info@grundrechtekomitee.de
Internet: www.grundrechtekomitee.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. August 2015

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