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MUMIA/731: Partei der Weißen (Mumia Abu-Jamal)


Kolumne # 784
Partei der Weißen

In der Strategie der Republikanischen Partei der USA gilt es als ungeschriebenes Gesetz, dass sie die Ämter, die sie haben will, auch ohne die Stimmen der schwarzen Wähler bekommen kann

von Mumia Abu-Jamal, Dezember 2015


Wenn Donald Trump, einer der Kandidaten der Republikanischen Partei für den nächsten Präsidentschaftswahlkampf, wie ein herrischer Imperator vor die Kameras tritt und für die USA ein Einreiseverbot für alle Muslime fordert, spricht das Bände. Die Kommentare zu diesem jüngsten Schüren von Angst und Hass gingen um die Welt, weil Trumps atemberaubende Ignoranz sich auf der Illusion gründet, dass die USA an allem völlig unschuldig sind.

Muslime leben schon seit Jahrhunderten in den Vereinigten Staaten, aber sie waren weitgehend unsichtbar, weil sie wegen ihrer schwarzen Hautfarbe von Anfang an stigmatisiert wurden. Es waren Afrikaner, die als Sklaven aus Ländern wie Senegal verschleppt wurden und den islamischen Glauben in die Kolonien der Neuen Welt mitbrachten. Trump kommt deshalb mit seinem Einreiseverbot reichlich spät.

Darüber hinaus hat die derzeitige Propaganda sehr wenig mit muslimischen Migranten zu tun, sondern vielmehr mit den in den USA geborenen Muslimen und vor allem mit weißen US-Bürgern. Letztere sind besorgt über ihren schwindenden Anteil an der Gesamtbevölkerung der Vereinigten Staaten. Indem die Weißen sich als Christen sehen - und nicht als das, was sie wirklich sind, nämlich weiße Nationalisten -, positionieren sie sich als Feinde des Islam und so der rund 1,5 Milliarden Muslime in Asien, Afrika und dem Nahen Osten.

Es ist kein Zufall, dass diese Propaganda ausgerechnet aus den Reihen der Republikaner kommt, weil die Partei seit mehr als einem halben Jahrhundert ihrem Selbstverständnis als Partei des »weißen Amerika« nachjagt. Am besten hat das vielleicht der Soziologe Andrew Hacker in seinem 1992 erschienenen Buch »Two Nations: Black and White« beschrieben: »Eine der beiden großen Parteien - die Republikaner - hat sich noch nicht öffentlich eingestanden, dass sie als weiße Partei angesehen werden möchte, die für die weißen Amerikaner sprechen und ihre Interessen verteidigen will. Selbstverständlich stellen republikanische Regierungen sicher, auch ein paar schwarze Amtsträger zu ernennen, die entweder ihre konservativen Ansichten für alle hörbar aussprechen oder zu den moderaten Politikern gehören, die bereit sind, schweigend im Hintergrund zu bleiben. In der Strategie der Partei gilt es als ungeschriebenes Gesetz, dass sie die Ämter, die sie haben will, auch ohne die Stimmen der schwarzen Wähler bekommen kann. Mehr noch, indem die Partei die Botschaft aussendet, dass sie die Stimmen schwarzer Wähler weder will noch braucht, nimmt sie an, noch viel mehr Stimmen von jenen weißen Wählern auf sich vereinen zu können, die sich eine Partei als Repräsentantin ihrer ethnischen Identität wünschen.« Trumps Forderung sollte deshalb den sieben bis acht Millionen muslimischen Wählern in den USA klarmachen, dass ihre Stimmen von der Republikanischen Partei weder gewollt sind noch von ihr gebraucht werden.


Copyright: Mumia Abu-Jamal
mit freundlicher Genehmigung des Autors

Übersetzung: Jürgen Heiser
Erstveröffentlicht in "junge Welt" Nr. 299 vom 28. Dezember 2015

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Quelle:
Der Beitrag entstammt der Website www.freedom-now.de
mit freundlicher Genehmigung von Jürgen Heiser
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Januar 2016

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