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MUMIA/972: Latinos im Fadenkreuz (Mumia Abu-Jamal)


Kolumne 967
Latinos im Fadenkreuz

Es gab in den USA immer wieder Phasen, in denen der Staat verstärkt auf Gewalt setzte, die sich gegen »andere« richtete. Heute befinden sich die sogenannten Latinos im Fadenkreuz der US-Regierung

von Mumia Abu-Jamal, Juli 2019


Es gab in den USA immer wieder Phasen, in denen der Staat verstärkt auf Gewalt setzte, die sich gegen »andere« richtete, mit denen Ängste und Ressentiments geschürt wurden. Menschen, die unter dem Blickwinkel abwegiger Normen eines weißen Amerika als »Fremde« angesehen wurden. So geschehen während der »Palmer Raids« (»Palmer-Razzien«) im frühen 20. Jahrhundert, benannt nach Alexander Mitchell Palmer (1872-1936), dem damaligen US-Justizminister unter Präsident Thomas Woodrow Wilson. Zwischen 1919 und 1921 löste Palmer eine Verfolgungs- und Verhaftungswelle gegen linke Aktivisten und jüdische Radikale aus und drohte ihnen mit der Deportation in die Sowjetunion.

Ein anderes Beispiel sind in den 1940er Jahren die berüchtigten und rechtswidrigen Internierungen von US-Bürgern japanischer Herkunft in US-Konzentrationslagern. Schließlich auch die Hetzjagd des Staates auf afroamerikanische Revolutionäre in den 1960er und 1970er Jahren.

Heute befinden sich die sogenannten Latinos im Fadenkreuz der US-Regierung. Diese Menschen kommen aus lateinamerikanischen Ländern südlich der US-Staatsgrenze. Weil sie vor der Unterdrückung und Armut in ihren Ländern fliehen und hoffen, in den USA ein besseres Leben führen zu können, werden diese Menschen verteufelt und kriminalisiert, um ihre Vertreibung und Abschiebung politisch akzeptabel zu machen. Der Grund ist so einfach erklärt wie das kleine Einmaleins: Dahinter steckt die Furcht der Weißen vor der wachsenden Latinobevölkerung im Land.

Die momentan in den USA und an der Grenze zu Mexiko durchgeführten Razzien gegen Migrantinnen und Migranten und ihre massenhafte Internierung unter unsäglichen Haftbedingungen nahmen ihren Anfang, als der heutige US-Präsident Donald Trump in der Zentrale seines Immobilienimperiums, dem New Yorker »Trump Tower«, im Mai 2015 seine Kandidatur für das Präsidentenamt verkündete und sein Antreten mit einer infamen antimexikanischen Hetztirade verband. Von jenen Tagen bis heute bestimmt eine Linie die Politik des Weißen Hauses. Es ist nichts anderes als die krasse Ausbeutung der Ängste der weißen Wählerschaft. Nun ist Trump erneut im aktiven Wahlkampf und will mit allen Mitteln seine zweite Amtszeit durchsetzen, und wir werden sehen, ob er wie beim ersten Mal wieder Erfolg hat mit seiner rassistischen Hasspolitik.


Copyright: Mumia Abu-Jamal
mit freundlicher Genehmigung des Autors

Übersetzung: Jürgen Heiser
Erstveröffentlicht in "junge Welt" Nr. 167 vom 22. Juli 2019

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Quelle:
Der Beitrag entstammt der Website www.freedom-now.de
mit freundlicher Genehmigung von Jürgen Heiser
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Internet: www.freedom-now.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. August 2019

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