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BERICHT/069: pbi Deutschland - Interview mit einer Beraterin auf Zeit


peace brigades international - Internationale Friedensbrigaden
pbi Rundbrief Sommer 2012

pbi Deutschland

Beraterin auf Zeit

Das Interview mit Marie Becher führte Alexander Weber



Seit letzten November arbeitet Marie Becher als Beraterin auf Zeit in der Geschäftsstelle von pbi-Deutschland. Sie entwickelt das Schutzkonzept von pbi weiter und untersucht, inwieweit andere internationale Organisationen in den Schutz der MenschenrechtsverteidigerInnen eingebunden werden können. Marie war 2008-09 Freiwillige im pbi-Kolumbienprojekt und bis zum Sommer 2011 Advocacy-Beauftragte der pbi-Ländergruppe Spanien.


pbi: Marie, Du arbeitest seit Ende 2011 als Beraterin auf Zeit in der Geschäftsstelle in Hamburg. Was genau sind deine Aufgaben?

Marie: Ich arbeite im Rahmen der Evaluation des Zivilen Friedensdienstes (ZFD), in der anhand einzelner Länder die Wirkung des Programms untersucht wurde. Dabei unterstütze ich pbi, die Ergebnisse der Evaluierung umzusetzen.

Vor allem geht es um einen größeren Wissenstransfer zwischen den beteiligten Organisationen. pbi verfügt über 30 Jahre Erfahrung mit Schutzmechanismen für bedrohte MenschenrechtsverteidigerInnen und in der Lobbyarbeit auf lokaler bis internationaler Ebene. Aber leider übersteigt die Zahl der bedrohten Organisationen und Menschen bei weitem unsere Kapazitäten. Dadurch stellen sich Fragen: Könnte durch die Kooperationen mit anderen Friedens- und Menschenrechtsorganisationen eine größere Anzahl bedrohter Menschen unterstützt werden? Könnte pbi durch strategische Partnerschaften flexibler agieren und schneller aktiv werden, z.B. wenn die Repression gegen MenschenrechtsverteidigerInnen an einem bestimmten Ort akut wird? Wäre das auch dann möglich, wenn pbi in dem Land kein ständiges Projekt hätte? Lernen wir von anderen Organisationen ausreichend und geben wir ihnen die Möglichkeit von uns zu lernen? Mit all diesen Fragen beschäftigen wir uns innerhalb des ZFDs, aber auch pbi intern.

pbi: Welche sind die pbi-Schutzmechanismen, die andere Organisationen in ihre Arbeit integrieren könnten?

Marie: Vielen MitarbeiterInnen von internationalen Organisationen in Krisengebieten ist durchaus bewusst, dass ihre Präsenz einen Schutz für die lokale Bevölkerung darstellen kann. Sie machen oft intuitiv von Schutzmechanismen Gebrauch. Wir sind aber der Meinung, dass ein bewussterer und strategischerer Einsatz zu mehr Effektivität und Nachhaltigkeit beim Schutz führen würde. pbi kann anderen Organisationen Erfahrungen mit Schutzstrategien zugänglich machen: Wie arbeitet man mit Autoritäten auf verschiedenen Befehls- und Einfluss-Ebenen, um schützende Wirkung zu erreichen? Wie können Botschaften dazu gebracht werden, sich für die Sicherheit lokaler AktivistInnen einzusetzen? Wie können AktivistInnen nachhaltig dazu befähigt werden, selbst für ihre Sicherheit zu sorgen? Das Ziel muss sein, einen Multiplikatoren-Effekt zu erreichen, damit mehr Menschen geschützt werden. Auf der anderen Seite kann und muss pbi auch von anderen Organisationen lernen.

pbi: Wo siehst du Herausforderungen für die pbi-Schutzmechanismen in der Zukunft?

Marie: Eine große Herausforderung ist der geopolitische Umbruch, den wir zurzeit erleben. Neue Weltmächte wie China, Indien und Brasilien haben großen Einfluss - auch auf die Regierungen in den Projektländern, in denen wir für die Sicherheit der AktivistInnen Verantwortung übernehmen. Doch bisher hat pbi in diesen Ländern keine UnterstützerInnen und damit auch keine Erfahrung in der Lobbyarbeit mit den Regierungen. Damit das Konzept der internationalen Schutzbegleitung auch in Zukunft funktioniert, müssen wir eine wirklich globale Organisation werden und uns noch viel stärker als bisher weltweit vernetzen. Der aktuelle Evaluationsprozess des ZFDs, bei dem es um eine größere Wirkung durch mehr Zusammenarbeit geht, ist in diesem Sinne eine wichtige Erfahrung für pbi.

pbi: Marie, wir bedanken uns für das Gespräch.

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Ziviler Friedensdienst - wir scheuen keine Konflikte

Gewalt in Konfliktregionen ohne militärische Mittel eindämmen - das ist der Leitgedanke des Zivilen Friedensdienstes (ZFD), der von deutschen Friedens- und Entwicklungsorganisationen getragen wird. Der ZFD stärkt dabei zivile Kräfte, die Konflikte friedlich regeln wollen. Speziell qualifizierte Fachkräfte arbeiten mit örtlichen Partnerorganisationen und Friedensinitiativen zusammen.

Der Zivile Friedensdienst wurde 1999 gestartet. Seither wurden über 500 Fachkräfte in mehr als 50 Länder entsandt - nach Afrika, Asien, Lateinamerika, in den Nahen Osten und auf den Balkan. Der ZFD hat sich zu einem wichtigen Instrument der Krisenprävention und Friedenssicherung entwickelt. pbi entsendet Fachkräfte in die pbi-Projekte Guatemala, Mexiko, Kolumbien und Nepal.

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Quelle:
pbi Rundbrief Sommer 2012, S. 8-9
Herausgeber: pbi Deutscher Zweig e.V.
Harkotstr. 121, 22765 Hamburg
Telefon: 040/38 90 437, Fax: 040/38 90 437-29
E-Mail: info@pbi-deutschland.de,
Internet: www.pbi-deutschland.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Dezember 2012