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MITTELAMERIKA/103: San Salvador - Erinnerung an Monseñor O. A. Romero


peace brigades international - Internationale Friedensbrigaden - pbi Rundbrief 01/07

Monseñor Oscar Arnulfo Romero:
"Mich könnt Ihr töten, nicht aber die Stimme der Gerechtigkeit."

Von Dr. Klaas Dykmann


Monseñor Oscar Arnulfo Romero y Galdámez wurde am 24. März 1980 inmitten des beginnenden Zentralamerikakonfliktes von Todesschwadrone während einer Messe in San Salvador erschossen. Im Oktober 1980, ein halbes Jahr nach seiner Ermordung, begann der salvadorianische Bürgerkrieg, der bis 1992 andauerte und etwa 70 000 Menschenleben forderte. KLAAS DYKMANN porträtiert diesen außergewöhnlichen Menschen und sein Engagement, das bis heute in El Salvador und Deutschland unvergessen ist.


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Bereits vor Romeros Ermordung war die Gewalt in dem kleinen, von extremer sozialer und wirtschaftlicher Ungerechtigkeit gezeichneten mittelamerikanischen Land eskaliert. Dabei standen die Streit- und Sicherheitskräfte sowie die rechtsradikalen Terrorgruppen den zunehmend gewaltsam vorgehenden linken Guerillaverbänden gegenüber.


Menschenrechtsverbrechen

In El Salvador war die Kirche spätestens seit Mitte der 1970er Jahre angesichts der zunehmenden gesellschaftlichen Polarisierung tief gespalten. Zum einen hielt die Amtskirche an Anweisungen aus dem Vatikan fest und arrangierte sich stets auch zum eigenen Vorteil mit den Machthabern. Zum anderen entstand, wie in anderen Ländern Lateinamerikas auch, eine Bewegung innerhalb der Katholischen Kirche, die sich nachdrücklich für das Wohl der Armen, Benachteiligten und Unterdrückten einsetzte. Diese aktive Strömung, die Befreiungstheologie, zeigte sich offener als die konservativen Vertreter der Kirche. Sie wandte sich den tatsächlichen Problemen der drangsalierten Bevölkerungsmehrheit zu. Auch Angehörige des progressiven Teils der Katholischen Kirche in El Salvador wurden zunehmend Opfer staatlicher und parastaatlicher Gewalt. Eines der bekanntesten Beispiele neben dem Attentat auf Romero war die Vergewaltigung und Ermordung von drei Ordensschwestern und einer Laienmissionarin aus den USA durch Nationalgardisten im November 1980.

Wie viele Menschenrechtsverbrechen wurde auch die Ermordung von Monseñor Romero im Zuge der Vergangenheitsaufarbeitung neu untersucht. Die durch den Friedensvertrag von 1992 eingesetzte Wahrheitskommission der Vereinten Nationen befand, dass der rechtsextreme Gründer einer brutalen Todesschwadron, Major Roberto D'Aubuisson Arrieta, den Auftrag für den Mord am Erzbischof erteilte. Das ist im Bericht "Vom Wahnsinn zur Hoffnung" der Wahrheitskommission der Vereinten Nationen nachzulesen. D'Aubuisson gründete 1981 die rechtsnationalistische Partei Alianza Republicana Nacionalista (ARENA), die während des Bürgerkrieges immer wieder mit Menschenrechtsverletzungen in Verbindung gebracht wurde. Seit 1989 regiert die ARENA das Land ununterbrochen. Die Interamerikanische Menschenrechtskommission der Organisation Amerikanischer Staaten behandelte noch 1999 den Fall Romero und bestätigte alle Vermutungen, dass die Mörder mit der Regierung in enger Verbindung standen.


Märtyrer und Ikone

Oscar A. Romero war 1977 zum Erzbischof von San Salvador ernannt worden. Er galt zunächst als Konservativer. Wie in dem Hollywood-Spielfilm über Romero dargestellt, wandelte sich der Mann Gottes jedoch durch die Erfahrung mit der Unterdrückung der armen Bevölkerungsmehrheit durch die herrschende Oligarchie, die Streitkräfte und paramilitärische Todesschwadrone rasch nach seiner Berufung zum Anwalt der Ärmsten. Besonders das Erlebnis der Ermordung von Pater Rutilio Grande im Jahr 1977 führte Romero dazu, seine Haltung zu Politik und Gesellschaft in El Salvador zu ändern.

Im Februar 1980, kurz vor seinem gewaltsamen Tod, mahnte er: "Eine Kirche, die sich nicht die Sache der Armen zu eigen macht, um aus Sicht der Armen das Unrecht anzuprangern, das man an den Armen begeht, ist nicht die wahre Kirche Jesu Christi." In Antizipation seines Todes sprach er, an seine potentiellen Mörder gewandt: "Mich könnt Ihr töten, nicht aber die Stimme der Gerechtigkeit."

Erst eine Heiligsprechung von Monseñor Romero ist in der Katholischen Kirche umstritten. In El Salvador jedoch - da sind sich seine unzähligen VerehrerInnen einig - ist "Santo Romero" längst ein Heiliger, ob mit oder ohne Zustimmung aus Rom.

Dr. Klaas Dykmann, Historiker und Politikwissenschaftler, arbeitete bei der Interamerikanischen Menschenrechtskommission der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) in Washington D.C und ist heute an der Universität Leipzig tätig.

Den vollständigen Artikel finden Sie unter
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Quelle:
pbi Rundbrief 01/07, Seite 12
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Juni 2007