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MELDUNG/041: Friedensgesellschaft verjüngt sich


Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK)
Pressemitteilung - Berlin/Stuttgart 13. November 2017

Friedensgesellschaft verjüngt sich


Am Wochenende traf sich die "Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen" (DFG-VK) in Berlin zu ihrem 21. Bundeskongress. Dabei wurden nicht nur die Weichen für die zukünftige Friedenarbeit gestellt, die Organisation feierte mit Festreden von Margot Käßmann und Semih Sapmaz auch ihr 125-Jähriges Bestehen.

"Dieser Kongress war ein starkes Zeichen für die Verjüngung unseres Verbands", freut sich die am Sonntag auf dem Bundeskongress der DFG-VK in den SprecherInnenkreis gewählte Katharina Müller. Neben der 28-Jährigen wurden auch Benno Malte Fuchs (29) und Thorge Ott (24) mit jeweils über 80 Prozent der Stimmen zu Sprechern des Verbands gewählt: "Wir haben jetzt ein gutes Team aus jüngeren und erfahrenen Sprecherinnen und Sprechern", so Müller. Denn die Sprecher Ralf Buchterkirchen, Thomas Carl Schwoerer, Torsten Schleip, Jürgen Grässlin sowie der Bundeskassierer Christoph Neeb wurden in ihren Ämtern bestätigt. Zum neuen politischen Geschäftsführer wurde Michael Schulze von Glaßer gewählt: "Wer noch immer das Bild einer ?alten? Friedensbewegung hat, liegt falsch", so der 31-Jährige. Bereits in den vergangenen beiden Jahren hat die DFG-VK durch modernere Aktionsformen und Themen, die speziell auch junge Leute interessieren, einen Generationenwandel eingeleitet - beim Bundeskongress in Berlin wurde dieser nun auch mit überwältigendem Votum in die Verbandsstrukturen getragen.

Der Kongress hatte aber auch einen historischen Anlass: Am 9. November 1892 wurde die "Deutsche Friedensgesellschaft" in Berlin von den späteren FriedensnobelpreisträgerInnen Bertha von Suttner und Alfred Hermann Fried gegründet. Als Festrednerin sprach die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann: "Zivile Methoden der Konfliktbearbeitung brauchen mehr Gehör", so Käßmann, die auch Mitglied der DFG-VK ist. Sie forderte in ihrer Rede ein Ende von Militäreinsätzen und Rüstungsexporten. Als weitere Redner traten beim Kongress Semih Sapmaz von den "War Resisters' International" sowie der ukrainische Kriegsgegner Ruslan Kotsaba auf: Für seine Kritik am Krieg in der Ost-Ukraine saß der Journalist über ein Jahr in Haft, bevor die ukrainische Justiz ihn aufgrund internationalen Drucks - auch der DFG-VK - freiließ. Aktuell droht Kotsaba ein erneutes Verfahren. Der Kongress endete mit einer Resolution, die am Sonntag bei einer abschließenden Protestaktion vor dem Verteidigungsministerium verlesen wurde. Darin heißt es: "Das Ziel der Menschheit muss eine Welt ohne Krieg und Militär sein!" Die "Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen" ist dafür gut aufgestellt

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Abschlussresolution des 21. Bundeskongresses der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen

Vor 125 Jahren gründeten die späteren FriedensnobelpreisträgerInnen Bertha von Suttner und Alfred Hermann Fried gemeinsam mit weiteren Friedensfreundinnen und -freunden in Berlin die Deutsche Friedensgesellschaft. Hintergrund waren 1892 der Deutsch-Französische-Krieg 1870/71 und die zunehmende Aufrüstung der europäischen Staaten. Heute, nach zwei Weltkriegen, der Periode des Kalten Krieges und der anschließenden Hoffnung auf eine Zeit des Friedens, müssen wir feststellen, dass Kriege und Aufrüstung nicht weniger geworden sind, sondern im Gegenteil wieder zunehmen: Über Japan fliegen nordkoreanische Raketen, um Atomangriffe zu üben - während US-Präsident Donald Trump seinerseits mit einem Atomkrieg droht; in Syrien herrscht seit Jahren ein blutiger Krieg mit wechselnden Fronten und vielen sich einmischenden Staaten. Die militärische Provokation zwischen Russland und der NATO birgt die Gefahr eines Krieges in Europa. Mit einer Verdoppelung des Bundeswehr-Haushalts auf 70 Milliarden Euro will sich Deutschland als Führungsmacht eines militarisierten EUropas positionieren.

Daher fordern wir: Die Ausrichtung der internationalen Politik auf die Drohung mit und Anwendung von militärischer Gewalt muss beendet werden. Gewaltsam lassen sich politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Probleme nicht nachhaltig lösen. So liegen die Wurzeln der aktuellen Situation im Nahen und Mittleren Osten etwa auch im von westlichen Staaten geführten "Global War on Terror". Dieser hat weder die Terrorgefahr in den intervenierenden Staaten verringert, noch zu einer Verbesserung der Lebenssituation in den angegriffenen Regionen geführt. Stattdessen bedarf es einer Strategie umfassender Waffenstillstände und Verhandlungen zwischen allen Konfliktparteien.

Vielfach sind außerdem wirtschaftliche und strategische Gründe die wahren Motive für Interventionen. Aus diesen Erfahrungen müssen politische Lehren gezogen werden: Nur langfristig angelegte zivile und gewaltfreie Strategien können bei Konflikten zu einer friedlicheren Welt und einem besseren Leben für alle Menschen führen. Präventiv muss weltweit gegen Ungleichheit und Ungerechtigkeit vorgegangen werden - der globale Süden muss gestärkt werden. Wir stellen uns den Kriegstreibern und Kriegsprofiteuren in den Weg: Das Ziel der Menschheit muss eine Welt ohne Krieg und Militär sein!

Schritte dahin müssen auf nationaler und internationaler Ebene gegangen werden: Das im Juli 2017 bei den Vereinten Nationen beschlossene Verbot von Atomwaffen, das noch von 50 Staaten ratifiziert werden muss, um in Kraft treten zu können, hat gezeigt, dass die Zivilgesellschaft etwas bewegen kann. Wir fordern von der Bundesregierung, dem Verbotsvertrag beizutreten und die noch immer in Deutschland lagernden US-Atomwaffen abziehen zu lassen. Der Vertrag ist ein wichtiger Schritt hin zu einer atomwaffenfreien Welt. Ebenso wichtig sind Verträge zum Verbot von militärischen Drohnen und autonomen Waffensystemen. Hier steht auch unsere Forderung an die Bundesregierung, auf die Anschaffung und Entwicklung von Kampfdrohnen zu verzichten und eine internationale Ächtung der Waffensysteme zu erwirken. Wir treten ein für eine allgemeine und vollständige Abrüstung.

In der deutschen Außen- und Sicherheits- sowie Wirtschaftspolitik fordern wir ein generelles politisches Umdenken. Dies bedeutet ein Ende der Auslandseinsätze der Bundeswehr wie etwa in Syrien, dem Irak, in Mali, und Afghanistan. Wir fordern die Bundestagsabgeordneten auf, gegen die Verlängerung dieser Mandate zu stimmen. Wir treten ein für die Auflösung der Bundeswehr und aller anderen Armeen: Wir engagieren uns entschieden gegen die Nachwuchswerbung der Bundeswehr. Daneben müssen alle Rüstungsexporte unterbunden werden: Waffenlieferungen heizen heute weltweit Konflikte an.

Militär ist in der heutigen Politik teilweise zum Selbstzweck geworden: Durch die immerwährenden gegenseitigen Drohungen mit militärischer Macht, erhält sich das System selbst aufrecht. Dieser Kreislauf muss durchbrochen werden, um nicht auszudenkendes menschliches Leid zu verhindern. Seit 125 Jahren engagiert sich unsere Organisation gemeinsam mit vielen anderen für Frieden - hätten diese warnenden Stimmen Gehör gefunden, hätten zwei Weltkriege wahrscheinlich verhindert werden können. Wir sehen uns heute als Teil einer weltweiten Bewegung gegen Krieg und Rüstung: Frieden ist ein Menschheitsprojekt. Nur in einer friedlichen Welt lassen sich die Zukunftsprobleme der Menschheit, der Klimawandel, die Umweltzerstörung und die wirtschaftliche und soziale Ungleichheit lösen.

Berlin, den 12. November 2017

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Quelle:
Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK)
Bundesgeschäftsstelle: Werastraße 10, 70182 Stuttgart
Telefon: 0711 - 5189 2626
E-Mail: office@dfg-vk.de
Internet: www.dfg-vk.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. November 2017

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