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STANDPUNKT/115: Krieg beginnt hier - Bundeswehr abschaffen! (ZivilCourage)


ZivilCourage Nr. 3 - Juli/August 2013
Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus der DFG-VK

Krieg beginnt hier
Bundeswehr abschaffen!

Alternativen zum Militär



(Red.) Im Programm der DFG-VK ist formuliert:
"Wir fordern die vollständige weltweite Abrüstung unter demokratischer Kontrolle der Bevölkerung, weil die Kriegsgefahr erst dann gebannt werden kann, wenn die Mittel zur Kriegführung beseitigt sind. Wir treten ein für eine Bundesrepublik ohne Armee. Wir wollen ohne Rüstung leben."
Es gibt deshalb an verschiedenen Steffen in der DFG-VK Gruppen und Aktive, die am Thema "Bundeswehr abschaffen" arbeiten. Die DFG-VK-Gruppe hat jetzt unter diesem Titel eine 76seitige Broschüre veröffentlicht, die alle Aspekte dieser Forderung beleuchtet.
Der hier veröffentlichte Text ist eine stark gekürzte und redaktionell leicht bearbeitete Fassung dieser Broschüre, die erhältlich ist bei der DFG-VK-Gruppe Kiel, Exerzierplatz 19, 24103 Kiel.
Weitere Informationen sind im Internet abrufbar unter:
www.bundeswehrabschaffen.de


Wir wollen aufzeigen, warum die Bundeswehr keine Existenzberechtigung hat. Wir empfinden es als Widerspruch, dass im Alltag das Töten von Menschen abgelehnt und bestraft, im Krieg dagegen das Töten durch Soldaten akzeptiert wird. Militärische Ausbildung ist Schulung von Körper und Geist in der Kunst des Tötens. Wir wollen auch deshalb kein Militär, weil wir das Töten von Menschen grundsätzlich ablehnen.



Konflikte wird es immer geben

Konflikte waren immer ein Teil des menschlichen Lebens und werden es auch bleiben! Das Wort Konflikt hat jedoch eine negative Bedeutung, da es mit Zank und Streit gleichgesetzt wird und somit dem Harmoniebedürfnis der meisten Menschen entgegensteht. Oft wird versucht, Konflikte zu umgehen, statt sie zu bearbeiten und zu überwinden. Konflikte und Krisen können aber auch Vorstufen von Kriegen sein. Um einen Kriegsbeginn zu verhindern, ist es nötig, Konflikte rechtzeitig mit zivilen, friedlichen Mitteln zu bearbeiten und einer kriegsträchtigen Entwicklung entgegenzusteuern.

Kriege unterliegen nämlich keinen unabänderlichen Naturgesetzen und sind auch keine Naturkatastrophen, die über die Menschen hereinbrechen, sondern werden von Menschen vorbereitet, unterstützt und ausgetragen.

Deshalb gilt: Kriege können verhindert werden!

Konflikte lassen sich nicht verhindern, aber bearbeiten, aushalten oder lösen!

Krieg ist eine Auseinandersetzung, bei der sich viele, die sich nicht kennen, töten, auf Befehl von wenigen, die sich sehr wohl kennen, sich aber nicht töten.



Feindbilder

Ein Feindbild ist ein negatives Bild von einer Personengruppe oder einem ganzen Land. Feindbilder werden durch Vorurteile und Unkenntnis der Bevölkerung, sowie durch politische Interessen geschaffen und verstärkt. Sie sollen das Gefühl einer Bedrohung erzeugen und liefern die Rechtfertigung für Kriegsvorbereitungen. Die alten Feindbilder, wie z.B. der Erbfeind Frankreich im Ersten Weltkrieg oder das Feindbild der sozialistischen Staaten der Warschauer Vertrags-Organisation im Kalten Krieg, sind abgelöst worden durch das Feindbild des islamistischen Terrorismus.

Seit den Anschlägen am 11. September 2001 in New York und Washington heißt das weltweit propagierte Feindbild "Terrorismus". Der Vorwurf des Terrorismus wird nach den Anschlägen in den USA zur Rechtfertigung für das Führen von Kriegen in aller Welt benutzt. Es ist für Politiker und Militärs selbstverständlich geworden, dass Terrorismus mit Militär bekämpft werden muss. Häufig werden Menschen islamischen Glaubens unter Generalverdacht gestellt.

Aber selbst beim Anschlag auf das Pentagon in Washington im Jahr 2001 hat die amerikanische Luftwaffe, die in unmittelbarer Nähe stationiert war, den Anschlag nicht verhindert und hätte ihn auch gar nicht verhindern können. Auch Terroranschläge wie auf die Züge in Madrid am 11. März 2004 und London am 7. Juli 2005 hätten sich durch Militär nicht abwehren lassen.

So genannte terroristische Anschläge lassen sich grundsätzlich nicht mit Militär verhindern!

Jeder Militäreinsatz zur so genannten Terrorismusbekämpfung und die Besatzung durch ausländische Truppen wird von den dort lebenden Menschen selbst als Terror empfunden werden, weil bei der so genannten Terroristenbekämpfung immer auch zahlreiche unschuldige Zivilisten umgebracht, misshandelt, vergewaltigt, gefoltert oder verschleppt werden. Dadurch werden Teile der Bevölkerung dort radikalisiert. Somit sind Militär und auch die Bundeswehr zur Terrorbekämpfung völlig ungeeignet.

Terroranschläge sind Verbrechen, die ausschließlich durch die Polizei oder polizeiliche Maßnahmen verhindert oder aufgeklärt werden können.

Seit dem 11. September 2001 bis Mitte 2012 wurden in den USA 250.000 Menschen durch Schusswaffen aus dem legalen Besitz der Amerikaner getötet. Das entspricht etwa der Bevölkerungszahl von Kiel. Trotzdem sind die Behörden in den USA nicht bereit, strengere Waffengesetze zu erlassen und den privaten Besitz von Schusswaffen zu verbieten. Wären diese 250.000 Menschen durch Terroristen umgebracht worden, hätten die USA Gott und die Welt in Bewegung gesetzt, um weitere Morde zu verhindern. Legaler Schusswaffenbesitz wird jedoch von den meisten Amerikanern überhaupt nicht als Problem wahrgenommen. Die größte Gefahr für die Sicherheit der Menschen in den USA geht also nicht von Terrororganisationen wie al-Qaida aus, sondern von der amerikanischen Waffenlobby, tatkräftig unterstützt von den republikanischen und demokratischen Politikern.

Obwohl in Deutschland vom 11. September 2001 bis Ende 2012 keine Menschen durch islamisch-terroristische Aktionen umkamen, fürchten sich viele Menschen vor solchen Terroristen. Es wird verdrängt, dass eine viel realere Gefahr für jeden Menschen im Straßenverkehr lauert. So sterben allein in Deutschland ca. 4.000 Menschen jährlich auf den Straßen und über 400.000 werden verletzt. Trotz dieser realen Gefahr sind unsere Politiker nicht gewillt, eine "0-Promille-Grenze für alle" beim Autofahren einzuführen.

Interessanterweise wurden in Deutschland nach der Ermordung des "Hauptterroristen" Osama bin Laden im Mai 2011 die Anti-Terror-Gesetze nicht etwa gelockert, sondern für vier weitere Jahre verlängert. In diesen Gesetzen erhalten die Geheimdienste einen umfangreichen Zugriff auf Flug- und Bankdaten, und Anbieter von Telefon- und Internetdiensten müssen auch in Zukunft Verbindungsdaten speichern und offenlegen.

Gegen den nationalistischen Terror des NSU konnte die Bundeswehr uns nicht schützen, und am Terroranschlag des nationalistischen "Einzeltäters" gegen das Münchener Oktoberfest 1980 war die Bundeswehr nach Aussagen des Historikers Andreas Kramer sogar unterstützend beteiligt.

Geht es also beim so genannten Kampf gegen den "Terrorismus" in Wirklichkeit um ganz andere Ziele?



Kritik an der Bundeswehr

Militärische Verteidigung ist Selbstzerstörung.

Große Teile der Bevölkerung halten es für selbstverständlich, dass Menschen sich persönlich verteidigen dürfen und sollten, wenn sie im Alltag angegriffen werden. Es ist natürlich jederzeit möglich, im Alltag überfallen oder angegriffen zu werden, und fast jeder würde sich in dieser Situation auch wehren. Jedoch leiten die meisten Menschen daraus her, dass auch ein Staat Militär zur Verteidigung haben sollte.

Aber was würde denn passieren, wenn in Deutschland trotz der Unwahrscheinlichkeit eines Angriffs doch irgendwann einmal Militär zur vorgeblichen Verteidigung zum Einsatz käme?

Verteidigung bedeutet, dass nicht nur Landesgrenzen gehalten, sondern vor allem Werte und Lebensqualität der Bevölkerung bewahrt werden sollen. Diesem Anspruch kann eine militärische Verteidigung in einem hochtechnisierten Industriestaat wie Deutschland nicht gerecht werden. Durch Militär wird genau das zerstört, was geschützt werden soll. Jeder braucht sich nur in seinem unmittelbaren Umfeld umzuschauen und wird feststellen, dass er von zentraler Strom-, zentraler Wasser- und oft auch zentraler Fernwärmeversorgung abhängig ist. Im Falle einer militärischen Auseinandersetzung wäre eine Zerstörung zentraler Wasser- und Energieversorgungsanlagen nicht zu verhindern. Damit wäre ein Leben, wie wir es in Deutschland gewohnt sind, nicht mehr möglich.

In Deutschland sind immer noch neun Atomkraftwerke in Betrieb, dazu viele Chemieanlagen und Ölraffinerien. Würden diese Anlagen und Atomkraftwerke zerstört, müsste man mit dramatischen Auswirkungen für die Bevölkerung und die Umwelt rechnen.

Darüber hinaus ist jeder von uns auf ein intaktes Straßen- und Schienennetz angewiesen. Nicht nur wegen der Fahrten zum Arbeitsplatz, sondern auch beim Transport aller Güter des täglichen Lebens haben wir uns vom reibungslosen Funktionieren des Straßen- und Schienenverkehrs abhängig gemacht. Jeder kleinste militärische Konflikt würde die Versorgung der Bevölkerung drastisch einschränken bzw. zusammenbrechen lassen.

Moderne Industriegesellschaften sind militärisch nicht zu verteidigen, weil dies zur sicheren Selbstzerstörung führt.



Sicherheit durch Abschreckung?

Der Bundeswehr ist es in mehreren Jahrzehnten mit ihrem Slogan "Wir schaffen Sicherheit" gelungen, den Menschen in Deutschland ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln.

Bundeswehr-Befürworter behaupten, dass wir in Deutschland seit der Gründung der Bundeswehr 1955 dank ihrer abschreckenden Wirkung keinen Krieg gehabt hätten, und glauben, Soldaten und moderne Waffen könnten einen Krieg verhindern. Abschreckung wirkt aber nicht, wenn die politischen und militärischen Führungen beider Seiten Krieg wollen.

Da in Deutschland die Voraussetzungen für Kriege vorhanden waren, nämlich Soldaten und Waffen, behaupten wir, dass wir in Deutschland nicht dank, sondern trotz Bundeswehr glücklicherweise keinen Krieg hatten!

Das Festhalten am Abschreckungs-Glauben verhindert jegliche Abrüstung.



Krieg ohne Alternative ("Ultima ratio")

Unsere Politiker behaupten bei jedem Kriegseinsatz, es gäbe keine Alternative zum Einsatz von Militär, obwohl das nicht der Wahrheit entspricht. Wer Militär und die Bundeswehr als "ultima ratio" akzeptiert, billigt damit nicht nur ohne Einschränkung den gesamten militärischen Apparat und seine laufende Modernisierung, sondern auch Rüstungswettlauf und den Militärhaushalt in voller Höhe.



Erziehung zu undemokratischem Verhalten

Bei der Bundeswehr lernen Soldaten nicht, Konflikte friedlich zu lösen oder Versöhnung herbeizuführen, sondern sie lernen, zu töten, in Konflikten Waffen einzusetzen und Gewaltandrohung und Gewalt als etwas ganz Normales anzusehen. Soldaten lernen, auf Befehl statt eigenverantwortlich zu handeln. Durch das militärische Prinzip "Befehl und Gehorsam" glauben viele Soldaten, von der persönlichen Verantwortung für ihr Handeln entbunden zu sein. Dieses Prinzip und die bei der Bundeswehr besonders eingeschränkten demokratischen Rechte bezüglich freier Meinungsäußerung und freier politischer Betätigung stehen im grundsätzlichen Widerspruch zu einer Demokratie.

Wenn man systematisch das Kriegshandwerk lernen kann, kann man auch systematisch friedliche Konfliktbearbeitung lernen.


Auswirkungen von Militäreinsätzen auf Soldaten

Zahlreiche Soldaten wurden durch Waffeneinsätze oder Unfälle getötet oder verletzt, andere wiederum durch die Folgen der 1999 von der Nato im Kosovo eingesetzten Urangeschosse geschädigt. Soldaten sind auch Selbst-Mörder: Auf 229 durch Kampfhandlungen getötete US-Soldaten in Afghanistan kamen 349 Selbstmorde. In der Bundeswehr hat die Zahl der an der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) psychisch erkrankten Soldaten seit 2006 stetig zugenommen: 2006 waren es noch 83, 2009 bereits 466 und 2012 sogar 1.143 Soldaten.



Bewaffnete Drohnen

Gerade die deutsche Bevölkerung ist empfindlich, wenn es um tote deutsche Soldaten geht. Normalerweise interessiert sich kaum jemand für den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan. Gibt es aber Opfer, werden Rufe laut, dass die Soldaten abziehen sollen. Um das Leben der eigenen Soldaten zu schonen, fordern unsere Politiker und Militärs den Einsatz von bewaffneten Drohnen. Aber ein Blick in die USA zeigt: George W. Bush hatte in den letzten vier Jahren seiner Präsidentschaft 52 mal bewaffnete Drohnen in Pakistan eingesetzt. Sein Nachfolger, der Friedensnobelpreisträger Obama, hatte dies bis Mitte 2012 bereits 285 mal getan. Und die Folgen waren verheerend: Von Juni 2004 bis September 2012 kamen in Pakistan dabei zwischen 2.562 und 3.325 Menschen um. Davon waren 474 bis 881 Zivilisten, einschließlich 176 Kindern. Weil die westlichen Staaten die Zahl ihrer toten Soldaten niedrig halten wollen, nehmen sie mehr zivile Opfer in Kauf. Eine US-Studie belegt, dass nur 2 Prozent der Menschen, die bei den Drohnenangriffen der letzten vier Jahre starben, "hochkarätige Terroristen" waren. Besonders hinterhältig sind Drohneneinsätze, bei denen nach dem ersten Angriff ein zweiter erfolgt, der die zu Hilfe geeilten Menschen trifft. Auch der deutsche Verteidigungsminister Thomas de Maizière befürwortet die Anschaffung von Kampfdrohnen für die Bundeswehr. Deutschland ist jedoch ein Rechtsstaat und ein Land ohne Todesstrafe. Hinrichtungen im Ausland durch deutsche Drohnen sind auch deshalb grundgesetzwidrig.

Wir lehnen die Anschaffung und den Einsatz von bewaffneten Drohnen ab.



Bundeswehreinsätze im Innern

Das deutsche Innen- und das Verteidigungsministerium verstoßen immer wieder gegen den Grundgesetzartikel 87 a, wonach die Bundeswehr nur zur Landesverteidigung eingesetzt werden darf Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit wurde seit Anfang des Jahres 2007 unter der Bezeichnung "Zivil-militärische Zusammenarbeit" (ZMZ) eine zusätzliche militärische Institution mit 15 Landeskommandos und dem Standortkommando Berlin eingerichtet. Flächendeckend sitzen diese Kommandos direkt in den Rathäusern. Alle Kommandos sind ausschließlich durch ortskundige und ortsansässige Reservisten besetzt.

Im November 2010 unterstützte die Bundeswehr die Bundespolizei in Gorleben beim Castor-Transport durch Bereitstellung von Unterkünften, Hubschrauberlandeplätzen sowie Park- und Unterstellmöglichkeiten für Fahrzeuge und Großküchen.

Wir lehnen jeden Bundeswehr-Einsatz im Inneren strikt ab.


Die Bundeswehr: Von einer Verteidigungs- zur Angriffsarmee

Heute ist es für die meisten Bundesbürger selbstverständlich, dass die Bundeswehr mit 6.540 Soldaten in 11 Ländern auf drei Kontinenten Krieg führt (Stand März 2013). Das wäre bis zum Ende der DDR im Jahr 1989 undenkbar gewesen. Bis dahin hielten sich die Bundesregierungen an das Grundgesetz, das einen Bundeswehreinsatz ausschließlich zur Landesverteidigung vorsieht. Dies änderte sich mit dem Ende des Ost-West-Konfliktes.

1992 wurden 150 Bundeswehrsanitäter zusammen mit UN-Blauhelmsoldaten in Kambodscha eingesetzt.

1993/94 beteiligte sich die Bundeswehr am gescheiterten UN-Einsatz in Somalia.

1999 führte die Bundeswehr unter einer rot-grünen Regierung zusammen mit anderen Nato-Staaten erstmalig nach dem Zweiten Weltkrieg einen grundgesetz- und völkerrechtswidrigen Angriffskrieg. Unter dem Vorwand, im Kosovo einen Völkermord verhindern zu wollen, wurde hauptsächlich Serbien bombardiert. Dabei wurden auch viele Zivilisten getötet. Die Nato-Bombardierung führte zur Verhärtung der nationalistischen Positionen der dort ansässigen Albaner und Serben. Der KFOR-Einsatz ist zum Dauereinsatz geworden, weil Soldaten die Spannungen zwischen den Bevölkerungsgruppen nicht reduzieren können.

2002 begann der Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan, obwohl es sich dabei um den zweiten grundgesetz- und völkerrechtswidrigen Angriffskrieg seit dem Zweiten Weltkrieg handelte. Laut dem damaligen Verteidigungsministers Struck wird "die Sicherheit der Bundesrepublik heute auch am Hindukusch verteidigt". In Afghanistan bestanden viele zivile Hilfsorganisationen nach 2002 ausdrücklich darauf, dass sie unabhängig und in nicht zu großer Nähe zur Bundeswehr agieren können. Grund war, dass das Ansehen der zivilen Hilfsorganisationen durch die Nähe der Bundeswehr Schaden nehmen würde, weil die Hilfsorganisationen dann von der afghanischen Bevölkerung als Teil der Besatzungstruppen wahrgenommen würden und nicht als zivile Hilfsorganisationen.

2006 veröffentlichte die Bundesregierung ein neues "Weißbuch zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr". Militäreinsätze können demnach stattfinden, ohne dass zuvor ein Angriff auf das eigene Territorium oder das eines Bündnispartners stattgefunden hat oder unmittelbar droht. Eine derartige präventive Kriegsführung widerspricht dem gesamten auf Friedenspflicht angelegten Völkerrecht. Die Bundesregierung rechtfertigt im Weißbuch im Widerspruch zum Grundgesetz inhaltlich und geographisch nahezu unbegrenzte militärische Interventionen wegen angeblicher Sicherheitsrisiken und aus Wirtschaftsinteressen "Die Sicherheitspolitik Deutschlands wird von ... dem Ziel geleitet ..., den freien und ungehinderten Welthandel als Grundlage unseres Wohlstandes zu fördern ..."

2011 erschienen die neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien der Bundeswehr. Darin heißt es: "Eine unmittelbare territoriale Bedrohung Deutschlands mit konventionellen militärischen Mitteln ist unverändert unwahrscheinlich ... Sicherheit wird nicht ausschließlich geographisch definiert. ... Freie Handelswege und eine gesicherte Rohstoffversorgung sind für die Zukunft Deutschlands und Europas von vitaler Bedeutung Zugangsbeschränkungen können konfliktauslösend wirken. Störungen der Transportwege und der Rohstoff- und Warenströme ­... stellen eine Gefährdung für Sicherheit und Wohlstand dar."


Auslandseinsätze im Widerspruch zum Grundgesetz

"Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf [...] Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zulässt." (Artikel 87 a Grundgesetz)

Weit über 300.000 Beschäftigte der Bundeswehr wurden seit Beginn der 1990er Jahre ins Ausland entsandt. Gegenwärtig befindet sich die Bundeswehr auf drei Kontinenten in elf Auslandseinsätzen mit über 6.500 Soldaten im Einsatz. Zum Einsatzgebiet der Bundesmarine zählen das Mittelmeer, das Rote Meer, das Arabische Meer und der Indische Ozean. Der Verfassungsauftrag zur Landesverteidigung steht nur noch auf dem Papier. Durch die Einsätze auf dem Balkan, in Afrika und in Zentralasien ist eine geographische Entgrenzung des Einsatzgebietes der Bundeswehr längst Realität geworden. Zu den beschriebenen Einsätzen gehören auch militärische Beratergruppen, Ausbilder und Führungsstäbe, die ebenfalls in ausländischen Konfliktgebieten eingesetzt werden.



Zur Reform der Bundeswehr

Reformen der Bundeswehr gab es ständig. Die jüngste Reform wurde im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP vom Oktober 2009 angekündigt. Im Juni 2010 wurde das Bundesverteidigungsministerium (BMVg) offiziell beauftragt, die Machbarkeit des grundlegendsten Umbaus der Bundeswehr seit ihrer Gründung zu prüfen. Dieser Auftrag hatte allerdings wenig mit den knappen Kassen der öffentlichen Haushalte aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise zu tun, wie behauptet wurde. Entscheidender war, dass die Bundeswehr in der bisherigen Form "nur" 7.000 Soldaten für Auslandseinsätze zur Verfügung stellen konnte. Damit war die Teilnahme an Militäreinsätzen der Nato, der EU und der UN gefährdet. Im Mai 2011 wurden deshalb schließlich mit den "Verteidigungspolitischen Richtlinien" und mit den "Eckpunkten für die Neuausrichtung der Bundeswehr" sowie der erläuternden Rede im Bundestag von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) die Grundlagen der Reform präsentiert: Der Umfang der Bundeswehr soll von 220.000 auf 185.000 Soldaten sowie von 75.000 auf 55.000 zivile Angestellte reduziert werden. Diese Anzahl werde sich aus 170.000 Berufs- und Zeitsoldaten sowie Dienstposten für Reservisten und 5.000 bis 15.000 Freiwilligen zusammensetzen. Ziel der Reform ist, die Anzahl der für Interventionen einsatzbereiten Soldaten von 7.000 auf 10.000 zu steigern. Wenn weiterhin alle vier Monate die Einsatztruppen auszutauschen sind, ist es das Ziel der Reform, pro Jahr 30.000 Soldaten in den Einsatz schicken zu können. Aber nicht nur die schlichte Anzahl der Truppen soll erhöht werden, sondern auch ihre Fähigkeiten sollen für Kampfeinsätze optimiert werden. Damit ist beabsichtigt, das Töten und Kämpfen ins Zentrum der Aufgaben der Bundeswehr zu rücken. Zukünftig dürfte die Bedeutung von Missionen zurückgehen, mit denen die Bundeswehr als "bewaffnetes THW" verbunden wurde. Die noch vorhandenen Strukturen der Landesverteidigung werden abgebaut.

Im Zuge dessen wurde folgerichtig zum 1. Juli 2011 die Wehrpflicht ausgesetzt. Sie war nach dem Zweiten Weltkrieg 1956 in der BRD und 1962 in der DDR wieder eingeführt worden. Die Aussetzung dieses staatlichen Zwangsdienstes für junge Männer ist sicherlich erfreulich, aber diese Aussetzung geschah nicht aus Gründen der Abrüstung oder mit Rücksichtnahme auf die Willensfreiheit der jungen Menschen. Das Hauptmotiv der Entscheidung war ein nüchternes Kosten-Nutzen-Kalkül. Der Streitkräftetyp einer Interventionsarmee erfordert in Ausbildung, Fähigkeiten, Struktur und der Beherrschung neuer Waffensysteme spezialisiertere Soldaten als Wehrpflichtige, die sich hinsichtlich des neuen Aufgabenprofils als unbrauchbar erwiesen. Maßgeblich hierfür war, dass Wehrpflichtige nicht in den Auslandseinsatz geschickt werden durften, dies war unter den Fraktionen des Bundestages Konsens und dürfte auf die Überlegung zurückgegangen sein, dass eine Entsendung Wehrpflichtiger in ausländische Konfliktgebiete öffentlich kaum zu rechtfertigen gewesen wäre. Außerdem gab das BMVg zuletzt in den "Eckpunkten für die Neuausrichtung der Bundeswehr" öffentlich zu, dass die Aufrechterhaltung der Wehrpflicht in erster Linie der Werbung von Zeit- und Berufssoldaten diente. Aus diesen Gründen liegt es nahe, dass Wehrpflichtige mit der Fokussierung auf Auslandseinsätze zum juristischen, medialen und funktionalen Ballast für die "Armee im Einsatz" wurde.



Werben fürs Morden und Sterben

Nach der Aussetzung der Wehrpflicht ist die Nachwuchsgewinnung erheblich schwieriger. Junge Menschen suchen die Bundeswehr nur auf, wenn sie bei den privaten und den zivilen öffentlichen Arbeitgebern keine Alternativen mehr haben. Von den 3.419 freiwillig Wehrdienstleistenden, die zum 1. Juli 2011 bei der Bundeswehr angefangen haben, haben 440 (13 %) noch im Laufe desselben Monats ihren Dienst wieder quittiert. Deswegen ist bereits eine "Anschubfinanzierung" im Gespräch, und der Bundestag hat ein kostenintensives Paket zur "Steigerung der Attraktivität" des Truppendienstes beschlossen. Zusätzlich ist eine noch intensivere Werbung als bisher an Schulen und Hochschulen sowie an Arbeitsagenturen und eine gesteigerte Präsenz im öffentlichen Raum zu erwarten. Ein der Bundeswehr gegenüber positiv eingestelltes Umfeld soll dazu beitragen, dass sich junge Menschen bei der Armee verpflichten. Folglich gibt die Bundesregierung immer mehr Geld für die Rekrutierung aus. Der Anteil der Werbung in den Medien stieg beispielsweise von 3,9 Millionen Euro 2009 auf 5,7 im Jahr 2011. Mehr noch wird in sozialen Netzwerken (z.B. Facebook), im Internet (YouTube) sowie bei Sportveranstaltungen und an Schulen und Hochschulen, in Arbeitsämtern und bei Jobmessen für den Soldatenberuf geworben.


Die Bundeswehr wird kleiner, aber nicht billiger

Aufgrund der Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise wurde Anfang Juni 2010 per Beschluss des Bundeskabinetts festgelegt, dass der Bundeshaushalt bis 2014 rund 80 Milliarden Euro einsparen müsse. Davon entfielen auf das BMVg rund 8,4 Milliarden Euro bis 2015. Im Gegensatz zu den anderen Haushalten wird der Bundeswehr-Etat allerdings nicht sinken, sondern steigen. Zumindest wird nach der Homepage des BMVg (abgerufen am 8. September 2011) der Verteidigungsminister real pro Jahr mehrere Milliarden Euro mehr zur Verfügung haben, u. a. durch:

- die entfallenden Kosten durch die Aussetzung der Wehrpflicht,

- den Abbau der Stellen von zivilen Angestellten,

- die Reduzierung der Bundeswehr um circa 35.000 Zeit- und Berufssoldaten: das entspricht einer Einsparung von ungefähr 2,5 Milliarden Euro,

- die Bereitstellung von zusätzlichen Geldern für das BMVg in Höhe von bis zu einer Milliarde Euro ab 2012 und die Folgejahre,

- die Auslagerung von bestimmen Kosten in fremde Ressorts,

- hinsichtlich der freiwillig Wehrdienstleistenden werden bis 2015 pro Jahr 5.000 Stellen im Verteidigungshaushalt eingestellt. Jeder freiwillig Wehrdienstleistende mehr, bis zu einer Obergrenze von 12.500 pro Jahr, wird aus einem anderen Haushalt bezahlt und kostet die Bundeswehr gar nichts.


Bei Konflikten darf nicht mit Militär eingegriffen werden!

Wenn es zu zwischenstaatlichen oder innerstaatlichen Konflikten kommt, versuchen Politiker und Militärs, der Bevölkerung weiszumachen, diese Konflikte ließen sich nur mit Waffengewalt lösen. Das Ergebnis eines Militäreinsatzes ist immer das Gleiche: Selbst dort, wo die Waffen schweigen, gibt es noch lange keinen tragfähigen und dauerhaften Frieden! Gerade durch den Militäreinsatz wird nämlich der Hass und das Misstrauen zwischen den Konfliktparteien so weit gesteigert, dass ein friedliches Zusammenleben der Menschen in weite Ferne rückt.

Warum glauben Menschen dennoch, dass Konflikte mit Waffen und Soldaten gelöst werden können?

Nicht jeder staatliche Konflikt, Bürgerkrieg oder Krieg wird von den Menschen mit gleicher Betroffenheit wahrgenommen. Die Wahrnehmung hängt davon ab, wie oft und intensiv die Medien über einen Konflikt/Krieg berichten. Auffallend ist, dass die Berichterstattung z.B. über Flüchtlinge, Vergewaltigungen und andere Grausamkeiten immer dann häufiger und detaillierter wird, wenn Politik und Militär dort einen Militäreinsatz planen. Dadurch wird in unserer Bevölkerung das Gefühl hervorgerufen, nicht tatenlos zusehen zu dürfen. Statt rechtzeitig zivile Kriegsprävention zu fordern, wird wenn "das Kind schon in den Brunnen gefallen ist" - ein Militäreinsatz als einzige Hilfsmöglichkeit angesehen. Dies führt zu blindem Aktionismus in Form von Militärschlägen. Es wären aber nachhaltig wirkende Schritte der zivilen Konfliktlösung notwendig, die oft viele Jahre dauern würden.

Führt ein militärisches Eingreifen dazu, dass die Kriegshandlungen gestoppt werden, lässt bei den meisten Menschen die Betroffenheit nach. Nach den Militäreinsätzen verschwindet dann die intensive Berichterstattung auch aus den Medien, obwohl der eigentliche Konflikt nicht gelöst ist. Dadurch entsteht bei den Menschen der Eindruck, im ehemaligen Kriegsgebiet herrsche nun Frieden. Dabei wird nicht wahrgenommen, dass ein Militäreinsatz im besten Falle nur den Zustand einer Waffenruhe herbeiführen kann, bei weitem aber keinen tragfähigen und dauerhaften Frieden.

Kriege werden nicht geführt, um zu helfen, sondern aus macht- und wirtschaftspolitischen Gründen.



Dauereinsätze

Bei allen Militäreinsätzen wird riskiert, dass sie zu Dauereinsätzen werden. Dies gilt sowohl für UN-"Blauhelm"-Einsätze, als auch für Bundeswehr-Einsätze.

1974 wurde Zypern nach dem Krieg zwischen Griechen und Türken in einen griechischen Süden und einen türkischen Norden geteilt. Entlang einer Pufferzone stehen UN-Soldaten mit der Aufgabe, die Kriegsparteien auseinanderzuhalten. Diese sollten ursprünglich drei Monate bleiben, stehen jetzt nach über 39 Jahren immer noch dort.

Ebenfalls seit 1974 stehen UN-Soldaten an den Golanhöhen, ohne dass ein Frieden zwischen Israel und seinen Nachbarstaaten in Sicht ist.

Auch durch UN-Blauhelmsoldaten wird kein Frieden geschaffen! Trotzdem glauben die meisten Menschen, Frieden schaffen mit Waffen und Soldaten sei möglich.

Der Bundeswehr-Einsatz im Kosovo dauert bereits seit Juni 1999 und der in Afghanistan seit 2002. Ein Ende dieser Einsätze ist nicht absehbar. Gründe für das Fortdauern der Konflikte sind, dass die rechtzeitige friedliche Konfliktbearbeitung nicht stattfand und Versöhnungsarbeit seitdem von den stationierten Soldaten auch nicht geleistet, sondern behindert wurde. Eine Konfliktlösung mit Militär ist grundsätzlich nicht möglich.

Zum neuen Dauereinsatz könnte sich der Bundeswehr-Einsatz in Mali in Afrika entwickeln.

Dort kämpfen seit Januar 2013 französische Truppen gegen angeblich islamistische Rebellen. Allerdings sind die bekannten und strategisch wichtigen europäischen Interessen in der Region die Uran- und Ölvorkommen in Mali und die französischen Uranminen im angrenzenden Niger. Die Bundeswehr leistet logistische Unterstützung. Außerdem sind etwa 90 Sanitäter und Ausbilder im Einsatz. Geplant war zunächst eine Einsatzdauer von 15 Monaten. Aber bereits Mitte März 2013 ließ Verteidigungsminister de Maizière verlauten: "Ob es bei diesen 15 Monaten bleibt, muss man sehen."

Wir fordern den sofortigen Abzug der Bundeswehr aus dem Kosovo, Afghanistan und anderswo!



Atomwaffen - Atomkraft

Eine einzige Bombe genügte am 6. August 1945, um die japanische Stadt Hiroshima dem Erdboden gleich zu machen. Zivile und militärische Nutzung der Atomkraft lassen sich nicht eindeutig trennen. Sie sind zwei Seiten derselben Medaille: Dem Spiel mit dem atomaren Feuer.

Neun Staaten verfügen derzeit über Atomwaffen: USA, Russland, Großbritannien, Frankreich, China, Israel, Indien, Pakistan und Nordkorea. Im Rahmen der "nuklearen Teilhabe" der Nato liegen auch in Deutschland, Belgien, den Niederlanden, Italien und der Türkei US-Atomwaffen zum Einsatz bereit; Soldaten der jeweiligen Streitkräfte, auch die der Bundeswehr, trainieren deren Abwurf.

Wir fordern ein sofortiges Ende des Betriebs aller Atomkraftwerke und sämtlicher Atomanlagen!



Staaten ohne Militär

Die meisten Menschen in Deutschland wissen nicht oder haben inzwischen vergessen: Die Bundesrepublik Deutschland und die DDR besaßen nach dem zweiten Weltkrieg 10 Jahre lang von 1945 bis zur Einführung der Bundeswehr 1955/56 keine Soldaten und keine Armee. Kein Geld für Militär zu verschwenden, war für den wirtschaftlichen Wiederaufbau nach dem Krieg von Vorteil und wurde gestützt durch die Einstellung der Bevölkerung: "Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!"

Heute besitzen bereits 24 von 192 Staaten weltweit kein Militär: Andorra, Costa Rica, Dominica, Grenada, Haiti, Island, Kiribati, Liechtenstein, die Marshallinseln, Mauritius, Mikronesien, Monaco, Nauru, Palau, Panama, San Marino, Salomonen, St. Kitts und Nevis, St.Lucia, St. Vincent und die Grenadinen, Samoa, Tuvalu, Vanuatu, Vatikanstadt. Sechs von diesen Ländern (Costa Rica, Grenada, Haiti, Liechtenstein, Monaco und Panama) haben einen Demilitarisierungsprozess durchgemacht.

Hervorzuheben bei den Ländern ohne Armee ist Costa Rica. Costa Rica wird auch die "Schweiz Mittelamerikas" genannt, nicht nur wegen der bergigen Landschaft, sondern auch wegen des relativen Wohlstands und der Neutralität, die sich im Gegensatz zur Schweiz seit 1949 durch die Abwesenheit einer Armee ausdrückt. Costa Rica hat etwa so viele Einwohner wie Norwegen und ist von der Staatsfläche größer als Dänemark, die Schweiz oder die Niederlande. Costa Rica liegt in Mittelamerika südlich der ehemaligen Konfliktherde von Nicaragua, El Salvador, Honduras und Guatemala. 1821 erlangte Costa Rica die Unabhängigkeit von Spanien. In Folge des Bürgerkrieges 1948 beschloss die Regierung eine neue Verfassung, schaffte per Verfassungsbeschluss die Streitkräfte ab und behielt nur Polizeikräfte. Das deutsche Außenministerium beschreibt den Staat innenpolitisch in der Zusammenfassung mit sehr positiver Wertung: "Costa Rica ist - was politische Stabilität und sozialen Frieden angeht - im zentralamerikanischen Kontext ein Musterland, das verfassungsmäßig und institutionell teilweise dem nordamerikanischen Muster (Präsidialsystem) folgt. Die Gewaltenteilung ist streng." Die Entmilitarisierung Costa Ricas ist aus verschiedenen Gründen bemerkenswert: Costa Rica war in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein demokratischer und friedlicher Staat inmitten von Diktaturen, Bürgerkriegen und Kriegen. Trotz dieser Besonderheiten und anscheinenden Schwäche ist Costa Rica nie militärisch angegriffen worden.

Die Abschaffung der Streitkräfte hat nicht nur keinen Nachteil bedeutet, sondern ganz im Gegenteil ökonomische, politische und soziale Vorteile gebracht. Schule und Erziehung haben in der costaricanischen Politik einen hohen Stellenwert. In der Verfassung wurde festgelegt, dass der bis dahin für das Militär ausgegebene Betrag, d.h. rund 6 Prozent des Staatshaushaltes, künftig für Schule und Ausbildung vorzusehen ist. Die Alphabetisierung als erster Maßstab der Bildung beträgt über 95 Prozent. Die Abschaffung der Streitkräfte hat daneben günstige Voraussetzungen für eine erfolgreiche friedliche Regionalpolitik geschaffen. Da Costa Rica für seine Nachbarn keine Bedrohung darstellte, wurde es eher als geeigneter Vermittler anerkannt. Diese Politik ist besonders mit dem Namen des Präsidenten Oscar Arias Sánchez verbunden, der 1986 die Wahl gewann. Im Frühling des gleichen Jahres brachte er ein erstes Treffen über einen zentralamerikanischen Friedensplan mit den Präsidenten von Guatemala, El Salvador, Honduras und Nicaragua zustande. Im Frühling 1987 nahmen dann die Staatsoberhäupter auf einem zweiten Treffen den von Sánchez vorgelegten Plan an. Hierfür erhielt er im gleichen Jahr den Friedensnobelpreis. Trotz einiger Wechsel zwischen eher sozialistischen und eher konservativen Regierungen hat sich an der prinzipiellen Orientierung der antimilitaristischen Politik nichts geändert. Bei den Wahlen 2010 wurde mit Laura Chinchilla Miranda zum ersten Mal in der Geschichte Costa Ricas eine Frau als Staatsoberhaupt gewählt.

Panama, der südliche Nachbarstaat und einem halbmal so groß wie Costa Rica, hat seit 1990 ebenfalls keine Armee mehr. Dies wurde 1994 durch einen einstimmigen Parlamentsbeschluss für eine Verfassungsänderung bestätigt. Nach einer Abschaffung der Bundeswehr wäre Deutschland also weder der erste noch der einzige Staat ohne Militär.



Alternativen zum Militär

In jeder Phase einer politischen Krise oder eines Krieges gibt es Möglichkeiten, eine weitere Eskalation zu verhindern oder einen bereits begonnenen Krieg wieder zu stoppen - ohne den Einsatz von Militär!



Friedens- und Konfliktforschung

Kriege brechen nicht ohne Vorwarnung über die Menschen herein und lassen sich deshalb auch verhindern. Um Entwicklungen, die zu einem Krieg führen, rechtzeitig zu erkennen und ihnen gegensteuern zu können, ist eine umfangreiche Friedens- und Konfliktforschung notwendig. Friedensforschungsinstitute können Konflikte und Kriege analysieren und daraus Konzepte für eine friedliche Konfliktbearbeitung entwickeln. So lässt sich für die Zukunft die Eskalation zu Kriegen verhindern.


Schulung in Konfliktfähigkeit und Gewaltfreiem Widerstand

Genau wie bei alltäglichen Streitigkeiten ist es auch bei staatlichen Konflikten notwendig, diesen nicht aus dem Weg zu gehen. Eine vergleichende Untersuchung gewaltfreier und gewaltsamer Aufstände seit 1900 zeigte anhand von 323 Fallbeispielen (davon waren 105 gewaltfrei und 218 bewaffnet), dass die Wahrscheinlichkeit eines Erfolges oder Teilerfolges bei gewaltfreien Widerstandskampagnen nahezu doppelt so groß ist wie bei einem gewaltsamen, bewaffneten Aufstand. Damit Demokratie aber eine Staatsform wird, die die Interessen der Bürger und Bürgerinnen vertritt, ist es notwendig, gewaltfreien Meinungsäußerungsformen zu üben und zu praktizieren. Anlässe dazu gibt es reichlich.



Gewaltfreie Vermittlung bei Konflikten

Neutrale Vermittler werden so auf die Konfliktparteien einzuwirken versuchen, dass eine friedliche Lösung gefunden wird. Konfliktparteien versprechen sich dadurch einen Nutzen, weshalb das Eingehen auf die Konfliktvermittlung durch wirtschaftliche Anreize gefördert werden kann. Der beste Zeitpunkt dafür ist bei den ersten Anzeichen eines Konfliktes, doch auch nach Anfang eines Krieges oder wenn für die Kriegsparteien ein militärischer Gleichstand eingetreten war. Denn Kriegsparteien sind oft nicht fähig, die Kämpfe ohne Hilfe zu beenden. Menschen aus Ländern ohne Militär und ohne eigene Machtinteressen sind als Vermittler geeignet, andere weniger glaubwürdig und dadurch oft erfolglos.



Gewaltfreier Personenschutz

Die Arbeit der Peace Brigades International (PBI) zeigt die Möglichkeiten, bei innerstaatlichen Menschenrechtsverletzungen mit friedlichen Mitteln einzugreifen. PBI ist seit 1981 in Krisengebieten wie z.B. Honduras, Guatemala, Kolumbien oder Mexiko tätig. PBI arbeitet unabhängig von wirtschaftlichen Interessen und ist nicht neutral, sondern ergreift Partei für die Einhaltung der Menschenrechte und für eine gewaltfreie Lösung von Konflikten.



Versöhnungsarbeit

Es gibt viele Möglichkeiten für Versöhnungsarbeit mit nichtmilitärischen Mitteln. Gezielte Versöhnungsarbeit leistet beispielsweise das Komitee für Grundrechte und Demokratie zusammen mit Partnerorganisationen vor Ort mit seiner Aktion "Ferien vom Krieg". Seit 1994 (also schon während des Jugoslawien-Krieges) organisiert es Ferienfreizeiten für Kinder und Jugendliche aus den Kriegsgebieten des ehemaligen Jugoslawiens. Bisher haben über 22.000 Jugendliche bei Ferienfreizeiten und Dialogseminaren mit "den Anderen" zwei Wochen am Meer verbracht, gebadet, getanzt und Ausflüge gemacht, aber auch über ihre Kriegstraumata und ihr leidvolles Alltagsleben in der Nachkriegszeit gesprochen. Auch in völlig ausweglos erscheinenden Situationen wie im Konflikt zwischen Israel und Palästina ist diese Versöhnungsarbeit möglich. Das Komitee brachte seit 2002 bisher mehr als 1.600 junge Menschen aus Israel und Palästina für zwei Wochen zum Kennenlernen zusammen.


Menschenrechte mit juristischen Mitteln durchsetzen

Das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) ist eine gemeinnützige und staatlich unabhängige Menschenrechtsorganisation, die 2007 von Juristen gegründet wurde und ihren Sitz in Berlin hat. Das Ziel ist, die Menschenrechte, die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und anderer Menschenrechtserklärungen sowie in nationalen Verfassungen garantiert werden, mit juristischen Mitteln zu schützen und durchzusetzen. Dazu werden Rechtsanwälte und Menschenrechtsaktivisten europaweit vernetzt, um ihr Wissen und ihre Erfahrungen im Kampf um die Menschenrechte auszutauschen und gemeinsame Strategien über die Grenzen hinweg zu entwickeln.


Zivile Katastrophenhilfe statt Bundeswehreinsätze

Für die Katastrophenhilfe gibt es in Deutschland verschiedene Hilfsorganisationen wie das Deutsche Rote Kreuz (DRK), den Malteser Hilfsdienst (MHD), die Johanniter Unfallhilfe (JUH), den Arbeiter Samariter Bund (ASB), das Technische Hilfswerk (THW), die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS), die Feuerwehren und viele mehr. In den Medien wurde immer wieder ausführlich über die Hilfseinsätze der Bundeswehr berichtet und damit der Eindruck erweckt, diese Katastrophenhilfe sei Aufgabe der Bundeswehr. Aber kein Soldat wird in der Waldbrandbekämpfung oder im Deichschutz geschult. Die Ausbildung, die alle Soldaten bei der Bundeswehr erhalten - nämlich das Erlernen des Umgangs mit Waffen zum Töten von Menschen - hilft ihnen bei Katastropheneinsätzen nicht weiter. Hochwasser lässt sieh nicht mit Maschinengewehren von der Deichkrone fernhalten. Für die Bereitstellung genügend hauptberuflicher Katastrophenschützer (vergleichbar mit der Berufsfeuerwehr) wäre bei der Abschaffung der Bundeswehr ausreichend Geld vorhanden, eventuell sind dafür nach entsprechender Umschulung diejenigen brauchbar, die jetzt noch als Berufssoldaten ihr Geld verdienen.


Wie schnell ist die Abschaffung der Bundeswehr möglich?

Realistisch wäre die sofortige Beendigung aller Kriegseinsätze der Bundeswehr im Ausland und eine Umwidmung des "Verteidigungs"-Haushaltes in einen Konversions-Haushalt mit zügig abnehmender Höhe. Mittels dieses Konversions-Haushaltes könnten Gehälter gezahlt, Kasernen geräumt und umgebaut, Truppenübungsplätze saniert sowie Rüstungsfirmen auf die Produktion von zivilen Gütern umgestellt werden. Vorhandene Waffen dürften nicht ins Ausland exportiert, sondern müssten verschrottet werden. Außerdem könnten Soldaten und Zivilangestellte umgeschult werden. Qualifizierte Fachkräfte der Bundeswehr wie z.B. Ingenieure, Piloten und Mediziner könnten schnell auch im zivilen Bereich beschäftigt werden. Gleichzeitig müsste ein guter professioneller Katastrophenschutz aufgebaut werden. Neuverpflichtungen gäbe es ab sofort nicht mehr, so dass der Beruf des "Soldaten" ein Auslaufmodell wäre.



Die Bundeswehr und Arbeitsplätze

Da der Bundeswehrhaushalt ausschließlich über Steuergelder finanziert wird, ist das Geld für Sold und Gehälter vorhanden und könnte auch eingesetzt werden, um Soldaten und Zivilbeschäftigte der Bundeswehr weiterzubezahlen und umzuschulen, wenn die Bundeswehr abgeschafft wird.

Für uns ist ein Arbeitsplatz nicht schon deshalb gut, weil er ein Arbeitsplatz ist. Wir unterscheiden bei Arbeitsplätzen nach sinnvollen und gesellschaftlich notwendigen Arbeitsplätzen und moralisch/ethisch verwerflichen Arbeitsplätzen. Letztere müssen schnellstmöglich abgebaut werden.

Leider suchen sich Menschen ihren Arbeitsplatz nicht nur nach dem Gesichtspunkt aus, ob ihr Arbeitsplatz zivil und gesellschaftlich sinnvoll ist oder nicht. Die Bundeswehr erscheint vielen als Arbeitgeberin gut geeignet, weil sie ihnen einen sicheren Arbeitsplatz verspricht.

Schon jetzt gibt es aber auch bei der Bundeswehr keine sicheren Arbeitsplätze. Die Zahl der Soldaten wird seit dem Jahr 1989 von 495.000 (allein in Westdeutschland) auf 185.000 reduziert. (Stand 2013: 220.000), die der Zivilbeschäftigten der Bundeswehr von 192.000 im Jahr 1992 auf 55.000 (Stand 2013: 75.000). Zum Vergleich: In Deutschland arbeiteten 1957 über 600.000 Menschen im Steinkohlebergbau, 1990 waten es 130.000, im Jahr 2013 noch 18.000. Ähnlich wie beim Steinkohlebergbau, wo auch nicht aus Rücksicht auf die Beschäftigten alles beim Alten blieb, müssen auch bei der Bundeswehr alle Soldaten und Zivilbeschäftigte umgeschult oder anderweitig eingesetzt werden, bis die gesamte Bundeswehr aufgelöst ist.



Rüstungsproduktion und Waffenexporte

Die Rüstungsproduktion in Deutschland ist subventioniert, weil eine eigene vom Ausland unabhängige Rüstungsproduktion erhalten werden soll. In Deutschland arbeiten heute 80.000 Menschen in der Rüstungsindustrie. Das sind aber nur 0,3 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland, so dass auf die Rüstungsproduktion ohne Probleme ganz verzichtet werden kann. Außerdem ließen sich für das gleiche Geld, das Rüstungsarbeitsplätze kosten, deutlich mehr zivile Arbeitsplätze schaffen: Jeder Euro, der mit Krieg und Tod verdient wird, ist einer zuviel. Deshalb muss ein Verbot aller Rüstungsexporte aus Deutschland das Ziel sein.

Außerdem muss und kann die gesamte Waffen- und Rüstungsproduktion gestoppt werden!



Konversion - Schritte zur Abrüstung

"Schwerter zu Pflugscharen!" - diese Forderung macht deutlich, was allgemein unter einer militärischen Konversion verstanden wird. Tatsächlich bedeutet Rüstungskonversion aber wesentlich mehr. In der Öffentlichkeit sind die Möglichkeiten der Konversion immer noch weitgehend unbekannt. Sechs sich zum Teil überschneidende Aufgabenbereiche lassen sich dabei voneinander unterscheiden: Die Liegenschaftskonversion befasst sich mit der zivilen Verwertbarkeit militärisch genutzter Flächen, Gebäude und Anlagen. Waffenkonversion ist die Umstellung von Waffenproduktion auf die Produktion ziviler Güter. Wissenskonversion ist die Umorientierung militärischer in zivile Forschung und Entwicklung. Finanzkonversion ist eine Verringerung des staatlichen Militärhaushaltes bis zur vollständigen Abschaffung und die Übertragung der freiwerdenden Mittel auf zivile Zwecke. Humankonversion ist die Umschulung der Menschen von einer militärischen in eine zivile Arbeitswelt. Industriekonversion schließlich bezeichnet eine strukturelle Umorientierung von Produktionsabläufen.

Die Konversion militärischer Liegenschaften funktioniert meist gut. So wurden in Rheinland-Pfalz zwischen 1992 und 2012 rund 600 Standorte geschlossen. Dadurch gingen 26.000 Arbeitsplätze verloren, aber es wurden über 50.000 neue geschaffen. Wichtig für eine erfolgreiche Konversion ist, dass die Bevölkerung frühzeitig in die Planungen einbezogen wird und keine Bildung von Ghettos durch Asylbewerberheime oder große Ansammlungen von ethnischen Minderheiten, sondern eine bunte Durchmischung des neuen Stadtteils stattfindet. Die Planungshoheit muss bei der Kommune bleiben und darf nicht an einen einzigen Investor abgegeben werden.

Bei in Konversion befindlichen Betrieben garantieren neue Entwicklungen allein noch keinen Erfolg auf zivilen Märkten. Vielmehr müssen sich die Unternehmen auf die veränderten Marktbedingungen einstellen. Dazu gehört, dass zivile Auftraggeber im Gegensatz zur Bundeswehr keinerlei Entwicklungskosten übernehmen und die Entwicklungszeiten wesentlich kürzer sein müssen. Auch Nachbesserungen von Produkten - im militärischen Bereich üblich - sind nahezu ausgeschlossen.

Beim Wechsel von finanziell abgesicherten Staatsaufträgen für Rüstungsgüter hin zu zivilen Produkten, die sich auf dem freien Markt behaupten müssen, kommt den Rüstungsfirmen ihr technisches Know-how zugute.



EU-Militarisierung

Anfang der 1990er Jahre ergab sich eine Gelegenheit zur Ausweitung der europäischen Macht- und Einflusssphäre. Dies erfolgte zuerst über die Aufnahme neuer Mitglieder, wodurch die EU von 15 auf 27 (seit 2007) Mitglieder anwuchs. Nahezu parallel wurde mit dem EU-Verfassungsvertrag (2003), dem späteren Vertrag von Lissabon (2009), das Mächtegleichgewicht im wichtigsten EU-Gremium, dem Rat der Staats- und Regierungschefs, drastisch zugunsten der großen EU-Staaten verschoben.

Die EU weist imperiale Strukturen auf: Die Macht konzentriert sich immer stärker auf wenige westeuropäische Staaten, wodurch ein ausgeprägtes Zentrum-Peripherie-Gefälle mit abnehmenden Einflussmöglichkeiten entsteht. Das EU-Militär dient nicht zuletzt der Absicherung und Kontrolle dieser großeuropäischen Einflusszone.

EU-Interessen: Triebfedern der Militarisierung

a) Europäische Sicherheitsstrategie: Robuster Globalmachtanspruch
b) Europäische Rohstoffkriege
c) Bekämpfung der Armen

"Zivile" EU-Einsätze

Viele der EU-Auslandseinsätze gelten als "zivile" Operationen, arbeiten jedoch oft eng verzahnt mit militärischen Einsätzen zusammen, greifen auf Militärs zurück und rechtfertigen teils militärische Interessen. Auch die militärische Ausbildung von Soldaten "befreundeter" Länder läuft unter dem Banner "ziviler" Einsätze. EU-Demokratiedefizit: Krieg außer Kontrolle.

Über EU-Kriegseinsätze entscheiden allein die Staats- und Regierungschefs.

Beginnend mit ersten Operationen auf dem westlichen Balkan hat die EU seit 2003 24 zivile und militärische Operationen in der europäischen Peripherie, in Afrika, im Nahen Osten und Südostasien durchgeführt.



Austritt aus der NATO nötig und möglich

Unter Führung der USA wurde 1949 in Washington das Militärbündnis Nato gegründet, bestehend aus 12 Staaten. Auch wenn in dem Vertragswerk die ehemalige Sowjetunion nicht namentlich genannt wurde, richtete sich die Nato faktisch gegen sie. Deswegen wurde das sowjetische Beitrittsgesuch zur Nato (als Schutzbündnis gegen militärische Angriffe von außen) im Jahr 1955 einfach ignoriert. Die Sowjetunion und die osteuropäischen Staaten gründeten daraufhin 1955 die Warschauer Vertrags-Organisation.

Die ersten Erweiterungen der Nato erfolgten 1952 (Türkei und Griechenland) sowie 1955 (Westdeutschland) und 1982 (Spanien).

Als US-Außenminister James Baker bei KP-Generalsekretär Michail Gorbatschow um dessen Zustimmung für den Verbleib des wiedervereinigten Deutschlands in der Nato warb, versicherte er, es werde "keine Ausweitung der gegenwärtigen Nato-Jurisdiktion nach Osten geben." Trotz Bakers Zusicherung, dies nicht zu tun, und trotz heftigen russischen Widerstands expandierte die Nato nach Ende des Kalten Krieges weit nach Osten. So traten seit 1999 mittelosteuropäische Länder der Nato bei, wodurch diese seit dem Ende des Kalten Krieges von 16 auf 28 Länder anwuchs.

Die Warschauer Vertrags-Organisation wurde 1991 aufgelöst. Statt sich ebenfalls aufzulösen, hat sich die Nato neue Aufgaben gesucht: die weltweite Bekämpfung des Terrorismus, deshalb führt die Nato auch Krieg in Afghanistan. Da Terrorismus aber grundsätzlich nicht mit Militär bekämpft werden kann, wird dies der Nato in Afghanistan ebenfalls nicht gelingen. Die USA und andere Nato-Staaten wollen in Afghanistan bleiben, weil Afghanistan geostrategisch wichtig ist.

Aber für Deutschland wäre jederzeit ein Austritt aus der NATO nötig und möglich: Laut Artikel 13 des Nato-Vertrages kann jeder Mitgliedsstaat "aus dem Vertrag ausscheiden, und zwar ein Jahr, nachdem er der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika die Kündigung mitgeteilt hat."



Schlusswort

Die Forderung nach Abschaffung der Bundeswehr wird deshalb nur von Friedensgruppen vertreten, weil Regierungen Militär als einen wichtigen Teil ihrer Machtbasis betrachten. Die Lösung der wirklichen Zukunftsprobleme (z.B. Überbevölkerung, Rohstoffverschwendung und - verknappung) darf nicht weiter aufgeschoben werden, nur weil wir meinen, uns die überflüssige Bundeswehr leisten zu müssen.

Viele Dinge, die heute selbstverständlich sind, galten früher als unrealistisch und utopisch, wie z.B. die Abschaffung der Sklaverei oder der Todesstrafe oder die Einführung des Wahlrechts für Frauen (in Deutschland 1918 und in der Schweiz erst 1971). Wir wissen, dass Informationen und Diskussionen immer wieder notwendig sind, die Argumente für die Abschaffung der Bundeswehr und Alternativen zum Militär öffentlich zugänglich zu machen.

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Quelle:
ZivilCourage Nr. 3 - Juli/August 2013, S. 4-13
Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus der DFG-VK
Herausgeberin: Deutsche Friedensgesellschaft -
Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen e.V. (DFG-VK)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. August 2013