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STANDPUNKT/144: Geschichte zum Aufbruch (ZivilCourage)


ZivilCourage Nr. 2 - Mai/Juni 2016
Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus der DFG-VK

Geschichte zum Aufbruch
Im November 2017 wird die DFG-VK 125 Jahre alt - Chance zur Rückbesinnung und zum Vorwärtsdenken

Von Michael Schulze von Glaßer


2017 wird unsere Organisation 125 Jahre alt - 1892 wurde die Deutsche Friedensgesellschaft von den späteren FriedensnobelpreisträgerInnen Bertha von Suttner und Alfred Hermann Fried gegründet. Aktuell bereitet eine Arbeitsgruppe das Jubiläumsjahr vor.

Seit dem Bundeskongress 2015 finden regelmäßig Telefonkonferenzen der etwa acht Leute umfassenden "AG Öffentlichkeitsarbeit/125 Jahre DFG" statt. Dabei wurden viele Vorschläge gemacht, Debatten geführt, Ideen entwickelt (und wieder verworfen) und Konzepte erstellt: Das 125-Jährige soll dem Verband neuen Schwung geben!

Auch bei der Sitzung des Bundesausschusses im März sowie beim Social-Media-Workshop im April wurde bereits in mehreren kleinen Arbeitsgruppen über das Jubiläumsjahr gesprochen. Denn erfolgreich wird es nur, wenn viele Mitglieder mitmachen: Sich selber engagieren oder - was auch sehr wichtig ist - zur Finanzierung der vielen ausgearbeiteten Ideen beitragen.

125 Jahre DFG-VK - Die Waffen nieder!

Zentral für das Jubiläumsjahr ist das einheitliche Auftreten. In langen Diskussionen hat die Arbeitsgruppe zahlreiche Logo- und Slogan-Entwürfe zum 125-Jährigen diskutiert. Gemeinsam mit dem BundessprecherInnenkreis (BSK) wurde eine engere Auswahl getroffen und den Delegierten des Bundesausschusses letztlich ein Entwurf mit dem zentralen Slogan "Die Waffen nieder!" vorgelegt - ein Motto, der auf den bekannten Roman der DFG-Gründerin Bertha von Suttner zurückgeht und damit sowohl die historische Herkunft als auch den andauernden Einsatz gegen Krieg, Gewalt und Militär beinhaltet. Das Jubiläumslogo soll auf Flyern, Schreiben und anderen Materialien von etwa September 2016 bis Ende 2017 verwendet und den Orts- und Regionalgruppen für ihre Arbeit digital zur Verfügung gestellt werden.

Damit soll das Logo zum gesamten "Corporate Design" der DFG-VK beitragen und helfen, die aktuellen Defizite in Sachen "einheitliches Auftreten" abzubauen. Alle Aktiven werden weiterhin gebeten, sich bei der Erstellung von Materialien an die vom Bundesausschuss bereits vor Jahren verabschiedeten "Corporate Design"-Richtlinien zu - leichte Erkennbarkeit ist für politische Organisationen heute extrem wichtig.

Patenschaftsstelle

Die Unterstützung ehrenamtlicher Arbeit durch finanziell abgesicherte professionelle Strukturen hat sich in der jüngeren Verbands-Vergangenheit als sehr wichtig herausgestellt. In Zeiten immer komplexer werdender Politik und neuer Wege, politische Inhalte an Menschen heranzutragen, sind kontinuierlich arbeitende AktivistInnen unabdingbar. Um die Arbeiten rund um das Jubiläum voranzutreiben und zu tragen, wurde bereits auf dem Bundeskongress 2015 in Mannheim mit dem Antrag "125 Jahre DFG-VK: Öffentlichkeitsarbeit der DFG-VK 2015 bis 2017" die Einrichtung einer Patenschaftsstelle beschlossen. Einige Aufgaben des Stelleninhabers sind:

• Einlesen in die Historie der DFG(-VK), um "ExpertIn"/erster AnsprechpartnerIn für das Thema zu sein - organisationsintern und auch für die Presse/Öffentlichkeit;

• enger Austausch mit den Aktiven in der DFG-VK (darunter BSK, BA-Mitglieder und politischer Geschäftsführer) und nach Möglichkeit Umsetzung/Ausarbeitung/Weiterentwicklung gemachter Wünsche/Idee/Vorschläge;

• Erstellung von Materialien zum "125-Jährigen" (in Zusammenarbeit mit dem politischen Geschäftsführer z.B. einen DFG(-VK)-Wandkalender);

• Ideenentwicklung für weiteres Fundraising und öffentlichkeitswirksame Aktionen im Rahmen des Jubiläums;

• Anwesenheit bei und Unterstützung von DFG-VK-Aktionen vor Ort (so möglich/irgendwann realisiert mit dem DFG-VK-Bulli - siehe unten);

• Verfassen von Pressemitteilungen, in denen die Historie der DFG(-VK) aufgegriffen wird, die aber Aktuelles (und/oder in die Zukunft Gerichtetes) zum Anlass haben;

• Kontakt und Zusammenarbeit mit Guido Grünewald als DFG-VK-Historiker - z.B. Organisation von Vortragstouren (Herstellen von Kontakt zwischen Guido Grünewald und lokalen Gruppen);

• Mitarbeit bei der Vorbereitung des Bundeskongresses 2017, damit das Thema "125-Jahre DFG" abgedeckt wird (z.B. Organisation eines Vortrags mit Guido Grünewald an einem Kongress-Abend)

Als Besetzung für die bis Ende 2017 mit - aktuell nur - 400 Euro/Monat von den DFG-VK-Gruppen Augsburg, Frankfurt am Main, Ludwigsburg, Stuttgart, Köln und Kassel sowie dem Landesverband Niedersachsen finanzierten Stelle konnte Thomas Mickan gewonnen werden. Der junge Stuttgarter ist bereits seit Jahren in der DFG-VK aktiv. Sein umfangreiches Fachwissen über Sicherheitspolitik hat sich der studierte Politikwissenschaftler vor allem im Rahmen seiner Arbeit bei der "Informationsstelle Militarisierung" in Tübingen angeeignet. Vielen DFG-VK-Mitgliedern ist er von Vorträgen zu den Themen "Drohnen" sowie "Bundeswehr-Rekrutierung" bekannt. Seinen Arbeitsplatz wird Thomas Mickan in der DFG-VK-Bundesgeschäftsstelle in Stuttgart haben.

Noch ist die Stelle nur gering finanziert, so dass dort lediglich wenige Tage im Monat gearbeitet werden kann. Es können sich aber alle Gruppen sowie auch Einzelpersonen an der Finanzierung - egal in welcher Höhe - beteiligen. Je mehr Geld zusammenkommt, desto umfangreicher können die Arbeiten zum 125-Jährigen betrieben werden. Das Geld der Gruppen sollte "arbeiten" - nur so kann die DFG-VK erfolgreich sein und z.B. neue Mitglieder gewinnen.

Zum Jubiläum ein Bulli

Bereits auf der Haushaltssitzung des Bundesausschusses im letzten Dezember in Kassel wurde über die Anschaffung eines Busses für die Organisation diskutiert. Zwar wurde ein Finanzantrag zum Kauf eines Omnibusses abgelehnt, eine kleinere Variante - beispielsweise ein VW-Bulli - erscheint vielen Aktiven aus der Öffentlichkeitsarbeit-AG aber als durchaus erstrebenswertes und realistisches Ziel. Als eine der größten Friedensorganisationen des Landes, die noch dazu in Regional- und Ortsgruppen auf eine große Fläche verteilt ist, kann ein Fahrzeug ein verbindendes Element sein und die politische Arbeit in der Fläche entscheidend unterstützen. Dabei kann ein Fahrzeug bzw. konkret ein Bulli sowohl für den Transport von (auch größeren) Materialien als auch Personen verwendet werden. Ein solches Fahrzeug ist dabei auch immer ein Blickfang. Und so gibt es viele Möglichkeiten zur Verwendung eines DFG-VK-Bullis.

Als Basisorganisation, die gut mit anderen Friedensgruppen vernetzt ist, wäre es etwa möglich, "Sommertouren" zu organisieren und mehrere Wochen am Stück von Stadt zu Stadt zu fahren und gemeinsam mit lokalen Gruppen Infostände und Aktionen durchzuführen. Dies könnte man auch mit thematischen Schwerpunkten verbinden: Etwa gezielte Touren durch Städte mit großer Rüstungsindustrie (in Zusammenarbeit mit der "Aktion Aufschrei"). Ein weiteres Beispiel: Der angestrebte Bulli bietet genügend Stauraum, um aufsehenerregende Modelle (z.B. aus Styropor/Pappmaché) zu transportieren. So wäre etwa eine Tour mit einer aus Pappmaché nachgebauten US-Atomwaffe vom Typ "B61" durch verschiedene Städte möglich, bei der die Waffe in Innenstädten ausgestellt und ihre Zerstörungskraft daneben auf einer Karte aufgezeigt wird. Gerade Aktionen, die "Bilder" schaffen, sind in der heutigen Zeit nötig, um sowohl bei PassantInnen als auch in den Medien Aufmerksamkeit zu erregen. Ein Bulli könnte ein sinnvolles Hilfsmittel dabei sein.

Die Orts- und Regionalgruppen könnten das Fahrzeug aber auch selbst nutzen: Viele Gruppen mieten sich aktuell Begleitfahrzeuge für ihre Sommer-Radtouren. Ein vom Verband zur Verfügung gestellter Bulli könnte die Gruppen finanziell entlasten und die Tour durch die Repräsentativität des Fahrzeugs deutlicher als politische Radtour sichtbar machen; denn in jedem Fall ist schon das (mit unserem Logo und evtl. weiteren Motiven folierte) Fahrzeug als Solches ein Blickfang und "Basis" für ausgehende Aktionen und Infostände; beispielsweise könnte man sich vor Messen (wie der jährlichen Bildungsmesse "didacta" oder der Videospielmesse "gamescom", auf der die Bundeswehr jeweils wirbt) stellen.

Der Standort des Bullis könnte erstmal bei der Bundesgeschäftsstelle in Stuttgart (wo Thomas Mickan auf der Patenschaftstelle zum Jubiläumsjahr arbeitet) bzw. beim politischen Geschäftsführer (Waren) oder seinem Vertreter (Kassel) sein, da die Benutzung wohl hauptsächlich durch das Verbandspersonal erfolgt. Der Bulli soll aber nicht herumstehen, sondern benutzt werden und also unterwegs sein.

Im Gegensatz zu einem Omnibus hat ein Bulli den Vorteil, von allen mit Auto-Führerschein gefahren werden zu dürfen. Zudem sind die Anschaffungs- und Betriebskosten geringer: Für den Kauf eines gebrauchten VW-Bullis neueren Typs wird mit etwa 15.000 Euro gerechnet. Die jährlichen Betriebskosten sind mit 2000 Euro zuzüglich Sprit veranschlagt. Ein Weg, das Fahrzeug zu finanzieren, soll der Verkauf kleiner "Modellbullis" sein - sozusagen unser angestrebtes Fahrzeug "in klein". So wie etwa Viele Kirchen symbolisch "Steine" verkaufen, um neue Gebäude zu finanzieren, kann man dann einen DFG-VK-Bulli im Maßstab 1:87 zu einem Solidaritäts-Preis erwerben, um den realen Bulli zu finanzieren. Die Modelle sollen ein haptischer Anreiz sein, der DFG-VK benötigte Finanzen zukommen zu lassen. So könnten alle SpenderInnen, die im Jubiläumsjahr 25 Euro oder mehr geben, ein Modell bekommen. Bei dem aktuell von der Öffentlichkeitsarbeit-AG angedachten Modellbulli wäre eine Einnahme von über 10.000 Euro möglich - realistisch wohl immerhin einige tausend Euro. Diese Art der Finanzierung kann also nur ein Teil sein: Auch der Bundesverband sollte zur Finanzierung beitragen.

Friedensbewegungs-Comic

Wie bringt man jüngeren Menschen Friedenspolitik und die Geschichte unserer Bewegung - die 125-Jährige Geschichte unseres Verbands - nahe? Am besten mit einem Medium, das einfach zu verstehen und für sie ansprechend ist, etwa einem Comic. In einigen Monaten wird ein von der DFG-VK und finanziell von der Bertha-von-Suttner-Stiftung unterstütztes Comic-Buch über die Friedensbewegung erscheinen: Die "Kleine Geschichte der Kriegsgegnerschaft - In Deutschland von 1800 bis heute" erzählt - dem Namen entsprechend - die Geschichte der Friedens- und antimilitaristischen Bewegung von ihren Anfängen wie etwa der Gründung der DFG über den Widerstand gegen die Weltkriege, die Großdemonstrationen im "Kalten Krieg" bis hin zu aktuellen Protesten gegen Drohnen und Militär-Werbung.

Das rund 80 Seiten umfassende Buch zeigt dabei Aktionsformen der Bewegung aus verschiedenen Generationen. Es bietet sich daher beispielsweise an, die im "Unrast"-Verlag erscheinende, etwa 10 Euro teure "Kleine Geschichte der Kriegsgegnerschaft" an Jüngere zu verschenken oder auch auf Infoständen dabei zu haben.

Die Comics im Buch stammen vom erfahrenen Illustrator "Findus", dessen Zeichnungen bereits auf zahlreichen Materialien der DFG-VK - etwa den "Lilly & Felix"-Materialien gegen Bundeswehr-Rekrutierung sowie den neuen Aufklebern, Plakaten und Banner gegen Kampfdrohnen - zu sehen sind. Den Inhalt des Buchs steuert der Autor dieser Zeilen bei und wird dabei von Joachim Schramm von der DFG-VK NRW und der Suttner-Stiftung unterstützt.

Weitere Pläne und Ideen

Neben den "größeren" Projekten zum Jubiläumsjahr gibt es noch Weitere kleinere Vorhaben bzw. noch nicht bis ins Detail konzipierte Pläne: Selbstverständlich wird es zum Jubiläum einen Flyer geben. Dieser wird aber nicht nur die Geschichte der DFG-VK abhandeln, sondern ist, wie alle Aktivitäten im Rahmen des Jubiläumsjahres die Zukunft im Blick haben, auch zur Mitgliedergewinnung da.

Zudem soll das Jubiläum auch zur Verbesserung der finanziellen Lage des Verbands genutzt werden - konkret mit einer "125 x 125"-Spendenkampagne: FriedensfreundInnen sollen dazu aufgerufen und motiviert werden einmalig 125 Euro zu spenden oder zehn Monate lang jeweils 12,50 Euro. Das Geld könnte z.B. zur weiteren Finanzierung des Bullis genutzt werden.

Auch über den Bundeskongress im Jubiläumsjahr hat sich die AG Öffentlichkeitsarbeit bereits Gedanken gemacht: Für den Kongress, der vom 10. bis 12. November 2017 stattfinden wird, können wir wahrscheinlich - abhängig vom Veranstaltungsort - die populäre christliche Pazifistin Margot Käßmann als Rednerin zu "125-Jahre DFG" gewinnen. Mit ihr hätte unser Kongress die gute Möglichkeit, von der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Darüber - und über viele andere Ideen zum 125-Jährigen - muss aber auf den nächsten Bundesausschuss-Sitzungen, beginnend mit der im Juli, beraten und entschieden werden.

Geschichte zum Aufbruch

Viel ist geplant für das Jubiläumsjahr! Eine "Dramaturgie/Chronologie" soll das Geplante bald einfacher fassbar machen. Richtig losgehen wird die Arbeit zum 125-Jährigen aber erst Ende Mai, wenn Thomas Mickan die Patenschaftsstelle besetzt. Aber jedes DFG-VK-Mitglied - und sollte - sich einbringen: Die AG Öffentlichkeit ist für weitere Ideen und Vorschläge sowie neue MitstreiterInnen und Mitstreiter offen: E-Mail-Kontakt über svg@dfg-vk.de


Michael Schulze von Glaßer ist stellvertretender politischer Geschäftsführer der DFG-VK.

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Quelle:
ZivilCourage Nr. 2 - Mai/Juni 2016, S. 10 - 12
Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus der DFG-VK
Herausgeberin: Deutsche Friedensgesellschaft -
Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen e.V. (DFG-VK)
Werastraße 10, 70182 Stuttgart
Redaktion: ZivilCourage, Werastraße 10, 70182 Stuttgart
Telefon: 0711 - 51 89 26 20, Telefax: 03212 - 102 82 55
E-Mail: zc@dfg-vk.de
Internet: www.zc-online.de
 
Erscheinungsweise: zweimonatlich, sechs Mal jährlich
Jahres-Abonnement: 14,00 Euro einschließlich Porto
Einzelheft: 2,30 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. September 2016

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