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MELDUNG/033: Forderungen der Humanistischen Union an die Koalitionsverhandlungen von CDU/CSU und SPD (HU)


Pressemitteilung der Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union, vereinigt mit der Gustav Heinemann-Initiative
Berlin, 14. November 2013

Humanistische Union plädiert für Rechtsänderungen zur Stärkung der Oppositionsrechte des Bundestages und für Datenschutz sowie Geheimdienstkontrolle



Die Funktionsfähigkeit der parlamentarischen Opposition sicherstellen und für konsequenten Datenschutz sowie effektive Geheimdienstkontrolle sorgen - das sind die Kernforderungen, die die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union (HU) in einem Schreiben vom 11. November 2013 an die Verhandlungsführer der Koalitionsgespräche zwischen CDU/CSU und SPD, Friedrich und Oppermann, im Rahmen der Arbeitsgruppe Inneres und Justiz richtet.


1. Rechte der parlamentarischen Minderheit stärken

"Es reicht nicht, der Opposition längere Redezeiten im Bundestag zu gewähren. Eine Opposition, die ihre parlamentarische Kontrollfunktion effektiv ausüben will, braucht auch die 'scharfen' Instrumente, insbesondere das Recht, parlamentarische Untersuchungsausschüsse einsetzen zu können", erklärt der Vorsitzende der Humanistischen Union, Werner Koep-Kerstin, "auch wenn ihr das dafür notwendige Viertel-Quorum fehlt". Das Grundgesetz enthalte insofern eine Funktionsgarantie parlamentarischer Opposition. Die Kontrolle von Regierung und Verwaltung, die Schaffung von Öffentlichkeit und die Entwicklung inhaltlicher Alternativen müsse die Opposition im Parlament auch tatsächlich wahrnehmen können, so Koep-Kerstin.

Die Humanistische Union plädiert dafür, die entsprechenden Regelungen in der Geschäftsordnung des Bundestages und in Gesetzen wie im Untersuchungsausschussgesetz (PUAG) zu Gunsten einer nicht das Viertel-Quorum erreichenden Minderheit zu ändern. Eine Grundgesetzänderung ist nach Auffassung der Humanistischen Union hierfür nicht erforderlich. Die Humanistische Union fordert daher die Verhandlungsführer von CDU/CSU und SPD auf, im Koalitionsvertrag festzulegen, die Rechte der Opposition dem Ziel des Grundgesetzes entsprechend und im Einvernehmen mit den Fraktionen von DIE LINKE und Bündnis 90/Die Grünen in den jeweiligen Gesetzen und Satzungen anzupassen.


2. Geheimdienstkontrolle und Datenschutz

Vor dem Hintergrund des aktuellen Falls von Edward Snowden fordert die Humanistische Union, die Kriminalisierung von Whistleblowern zu stoppen und auch bei befreundeten Staaten auf effektiven Rechtsschutz für Whistleblower hinzuwirken. Solange dies nicht gewährleistet ist, muss Whistleblowern wie Edward Snowden, die vor Verfolgung und Repressalien Schutz suchen, auch in Deutschland Asyl gewährt werden. Sie sind gegebenenfalls in Zeugenschutzprogramme aufzunehmen und vor Auslieferung zu schützen.

Die Mitglieder der parlamentarischen Kontrollgremien müssen das Recht haben, ihnen bekannt gewordene Missstände im Bereich der Geheimdienste öffentlich zu kritisieren. Die strafrechtlich bewehrte Geheimhaltungspflicht hindert sie bislang daran. Die Humanistische Union spricht sich dafür aus, entsprechende Beschränkungen im Kontrollgremiums-Gesetz zu modifizieren und bereits ein Minderheitenquorum zu öffentlichen Stellungnahmen zu berechtigen. Die Mitglieder der Kontrollgremien sollten außerdem von ihrer Schweigepflicht im Falle von Verstößen gegen das Grundgesetz, die Strafgesetze oder gegen von Deutschland abgeschlossene völkerrechtliche Abkommen kraft Gesetzes entbunden werden. Mitglieder der Kontrollgremien müssen darüber hinaus effektive Arbeitsmöglichkeiten erhalten.

Datenschutz muss nach Ansicht der Humanistischen Union eine Top-Priorität in den Koalitionsverhandlungen erhalten. Die Bürgerrechtsorganisation verlangt von der künftigen Bundesregierung unter anderem, ein Datenschutzabkommen mit den USA abzuschließen, das wirksamer als bisher den einschlägigen internationalen Verträgen Geltung verschaffen soll. Zudem soll sich die Bundesregierung für ein starkes Datenschutzrecht in Europa einsetzen. Unternehmen, die unter Verletzung geltenden Rechts Daten an Geheimdienste und andere Behörden weitergeben, sind mit empfindlichen Strafen zu belegen, die sich am Umsatz orientieren. Die Humanistische Union verlangt außerdem, auf weitere Maßnahmen zur Ausspähung der Bevölkerung zu verzichten. Medienberichten zufolge soll die Vorratsdatenspeicherung wieder eingeführt werden, die die anlass- und verdachtslose Speicherung von Verbindungsdaten aller Menschen in Deutschland vorschreibt. Notwendige Überwachungsmaßnahmen müssen sich am Schutz der Privatsphäre orientieren und nicht am gerade noch verfassungsrechtlich Erlaubten.

"All dies und die Stärkung der Minderheitenrechte der Opposition sind wichtige Themen für die öffentliche Akzeptanz eines Koalitionsvertrages. Wer im Wahlkampf die schwarz-gelbe Koalition wegen deren ignoranter Verharmlosung der Ausspähaffäre massiv kritisiert hat, kann jetzt beweisen, wie ernst Bürger- und Parlamentsrechte genommen werden. Wann, wenn nicht jetzt?" fragt Koep-Kerstin.


Das Schreiben an die Verhandlungsführer von CDU/CSU und SPD finden Sie auf unserer Homepage unter:
http://bit.ly/19mCbn9

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Quelle:
Pressemitteilung vom 14. November 2013
Humanistische Union e.V.
- Bundesgeschäftsstelle -
Greifswalder Straße 4, 10405 Berlin
Telefon: 030 - 204 502 56, Fax: 030 - 204 502 57
E-Mail: info@humanistische-union.de
Internet: www.humanistische-union.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. November 2013