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ATTAC/1427: Allianz und Deutsche Bank - Im Zweifel gegen die Hungernden


Attac Deutschland
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft
Frankfurt am Main / Hamm, 22.01.2013

* Allianz und Deutsche Bank: Im Zweifel gegen die Hungernden
* Zynische Offensive gegen die Begrenzung der Agrarrohstoff-Spekulation



Scharf kritisieren das globalisierungskritische Netzwerk Attac und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) die Ankündigungen von Deutscher Bank und Allianz, weiter mit Agrarrohstoffen spekulieren zu wollen.

"Im Zweifel gegen die Hungernden. Dieser Devise folgen Deutsche Bank und Allianz, die zusammen mit fast elf Milliarden Euro an Preiswetten mit Argarrohstoffen beteiligt sind, jetzt ganz offen", sagte Jutta Sundermann von Attac. "Hunger hat eine Vielzahl an Ursachen, ebenso wie die Preisentwicklung von Nahrungsmitteln. Eine dieser Ursachen kommt aus den klimatisierten Wettbüros der Finanzindustrie. Es ist unbestritten, dass Spekulation die Preisschwankungen erhöht."

Seit der Lebensmittelpreiskrise von 2008 gibt es intensive Diskussionen über die Auswirkungen der Spekulation mit Nahrungsmitteln. Preiskurven belegen, dass Spekulationsblasen die Preise über äußere Faktoren wie Dürren und Brände, Kriege oder steigende Nachfrage hinaus anheizen. Die UN-Welternährungsorganisation FAO mahnte 2011, die Preiswetten zu stoppen, Bundespräsident Joachim Gauck forderte im Dezember 2012 zusammen mit 461 Wissenschaftlern die Politik zum Handeln auf. Auf europäischer Ebene wird derzeit an einer Regulierung gearbeitet; im EU-Parlament zeichnen sich Mehrheiten dafür ab, die Spekulation wirksam zu begrenzen. Die Commerzbank, die Deka-Bank der Sparkassen und die Landesbank Baden-Württemberg haben im vergangenen Jarh ihren Ausstieg aus der Agrarrohstoff-Spekulation erklärt.

Jutta Sundermann: "Dieser gesellschaftliche Druck passt den großen Finanzkonzernen natürlich nicht. Jetzt haben sie ihre Gegenoffensive gestartet - mit zweifelhaften Argumenten und Verbündeten". So berufen sich Allianz und Deutsche Bank vor allem auf eine Studie des Hallenser Wirtschaftsethikers Ingo Pies. Seinen Lehrstuhl finanziert die Schwarzstiftung, die aus Gewinnen des Hartdiscounters Lidl gespeist wird. Pies zeigt auch immer wieder eine große Nähe zur Finanzindustrie. 2010 etwa forderte er statt einer strengen Bankenregulierung eine Phase "hoher Bankengewinne".

In der von der Allianz und Deutschen Bank angeführten Studie verreißt Pies mehrere Untersuchungen, die vor Nahrungsmittelspekulation warnen. Studien, die Nahrungsmittelspekulation positiv werten, unterzieht er keiner kritischen Betrachtung. Dabei vertritt Pies den Standpunkt, die Spekulation mit Agrarrohstoffen sei für die Preis-Absicherung von Produzenten und Händlern alternativlos.

"Die Warenterminbörsen werden den Landwirten in Europa derzeit als das heilbringende Instrument zur Absicherung gegen Preisschwankungen angepriesen. Dahinter steht das Interesse der exportorientierten Ernährungsindustrie Europas, in der EU-Agrarpolitik auch die letzten Eingriffsmöglichkeiten der Politik im Falle von Überschüssen und existenzgefährdendem Preisverfall abzuschaffen", sagte Ulrich Jasper von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). "Die Ernährungsindustrie, die in der Vergangenheit mit viel Geld vom Staat für Investitionen, Lagerhaltung und auch Exportsubventionen gepuscht worden ist, will freie Fahrt auf die Weltmärkte. Weil das auch für die europäischen Bauern starke Preisschwankungen bis zu ruinösen Preisen mit sich bringt, wird auf die Warenterminbörse verwiesen. Aber die ist ohnehin nur für spezialisierte Großbetriebe interessant. Für die Mehrheit der Bauern verstärkt sich das Risiko."

Hinweis:
Allianz und Deutsche Bank haben das Volumen ihrer Geschäfte mit Agrarrohstoffen zwischen 2008 und 2012, also in den Jahren der heftigen Diskussionen über die Auswirkungen der Spekulation, kontinuierlich erhöht. Das Volumen vervierfachte sich von zusammen 2,5 Milliarden auf über zehn Milliarden Euro. Damit sind sie weltweit wichtige Akteure bei den Preiswetten. Alle anderen deutschen Anbieter kamen 2011 zusammen auf knapp 600 Millionen Euro in diesem Geschäft.


Weitere Informationen:

Stellungnahmen zu der Studie von Ingo Pies:
www2.weed-online.org/uploads/offener_brief_agrarspekulation_pies.pdf
www.juso.ch/files/121214_Stellungnahme_Diskussionspapier_Pies.pdf

Faktenblatt zu Nahrungsmittelspekulation:
www.oxfam.de/sites/www.oxfam.de/files/20120509_factsheet-nahrungsmittelspekulation-allianz.pdf

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Quelle:
Pressemitteilung vom 22.01.2013
Pressesprecherin Attac Deutschland
Frauke Distelrath
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Januar 2013