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ATTAC/865: Attac-Kapitalismuskongreß mit 2500 Teilnehmern zu Ende gegangen


Attac Deutschland - Pressemitteilung vom 8. März 2009

* Für eine Wirtschaft im Dienst der Menschen, nicht des Profits
* 2500 diskutieren bei Attac-Kongress in Berlin über Kapitalismus


Als riesigen Erfolg wertet das globalisierungskritische Netzwerk Attac seinen Kongress "Kapitalismus am Ende?", der am Sonntag mit 2500 Teilnehmern in Berlin zu Ende gegangen ist. Attac hatte ursprünglich mit 1000 Besuchern gerechnet. "Dieser enorme Andrang zeigt, wie sehr den Menschen die Frage nach Alternativen zu unserem gegenwärtigen Wirtschaftssystem auf den Nägeln brennt", sagte Peter Wahl, Attac-Mitgründer und Mitorganisator des Kongresses. Klar sei, dass die gegenwärtige Krise kein Betriebsunfall ist, sondern im System selbst wurzelt. "Das herrschende Leitbild, dass Markt und Private angeblich alles besser können, liegt am Boden. Notwendig sind grundsätzliche Veränderungen unseres Wirtschaftssystems. Wir brauchen eine demokratische Ökonomie, die Mensch und Umwelt ins Zentrum stellt, nicht den Profit einiger weniger", sagte Peter Wahl.

Unabhängig von der Frage, ob und in welchem Umfang Marktwirtschaft sinnvoll sei, gebe es einen breiten Konsens, dass Märkte und Kapital endlich demokratisch begrenzt, reguliert und kontrolliert werden müssen. Die Diktatur der maximalen Rendite müsse beendet werden. Voraussetzung dafür sei das drastische Schrumpfen der Finanzmärkte. Die Reichtümer weltweit seien umzuverteilen: von oben nach unten und von Nord nach Süd. Notwendig sei eine neue Weltfinanzordnung unter dem Dach der UNO, die fairen Handel und Entwicklung unterstützt sowie die ökologische Wende einleitet. Peter Wahl: "Der Attac-Kongress hat gezeigt: Die beste Lösung kommt nicht von so genannten Wirtschaftsweisen, sondern aus dem demokratischen Ringen um Argumente und Alternativen."

Attac kündigte eine breite Mobilisierung für eine soziale und ökologische Bewältigung der globalen Wirtschaftskrise und einen echten Systemwechsel an. "Wir werden die Energie der Debatten in den nächsten Wochen und Monaten aus dem Kongress heraus auf die Straßen und in die öffentliche Diskussion tragen", sagte Jutta Sundermann vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis. Unter dem Motto "Wir zahlen nicht für eure Krise! Für eine solidarische Gesellschaft" ruft Attac zu Demonstrationen am 28. März in Berlin und Frankfurt am Main auf. Attac wird die Demonstrationen der Gewerkschaften am 1.und 16. Mai unterstützen sowie die bundesweiten Bildungsproteste im Juni. Vom 24. bis 26. April sucht der von Attac mit organisierte Kongress McPlanet in Berlin unter dem Motto "Game over. Neustart" nach Antworten auf die ökologischen und sozialen Herausforderungen der Krise.

Jutta Sundermann: "Wir fordern mit neuem Rückenwind, dass diejenigen, die Jahrzehnte lang von den liberalisierten Finanzmärkten profitiert haben, für die Kosten der Krise aufkommen. Und wir fordern, endlich eine echte Wende einzuleiten - hin zu einem Wirtschaftssystem, das den Menschen dient und nicht der Rendite. Ein Weiter so darf es nicht geben."


Im Anhang:
* Gemeinsame Erklärung des Attac-Koordinierungskreises und der Kongress-Vorbereitungsgruppe zum Kongress "Kapitalismus am Ende?"

Im Internet:
* Impressionen und Audiomitschnitte vom Kongress:
http://www.attac.de/aktuell/kapitalismuskongress


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Veränderung kommt nicht von alleine - Jetzt für Alternativen kämpfen!

Attac-Erklärung zum Kongress Kapitalismus am Ende? in Berlin, 6.-8. März 2009

Es rumort in der Gesellschaft. Über 2.000 Menschen haben ein ganzes Wochenende kritisch über den Kapitalismus und Alternativen diskutiert. Der Attac-Kongress hat ein Zeichen gesetzt. Zwar dreht die Politik seit Monaten hektisch an "Stellschrauben" - Pakete, Schirme, Spritzen in Milliarden - ja Billionen- Höhe werden eingesetzt, doch der Absturz der Wirtschaft geht ungebremst weiter. Immer mehr Menschen sehen: Diese Krise ist kein Betriebsunfall. Sie wurzelt im System selbst. Die Finanzmärkte haben sich verselbständigt. Riesige Geldmengen wurden angehäuft und lassen sich in der Realwirtschaft nicht mehr profitabel verwerten. Die gegenwärtige Krise bildet nur den Höhepunkt einer Serie von Spekulationskrisen: Russland, Südostasien, Japan, Mexiko, Argentinien, New-Economy-Blase. Nahrungsmittel- und Rohstoffspekulation sind tödlich für die Ärmsten der Armen. Mehr Markt, mehr Liberalisierung und Privatisierung haben mehr Hunger, Elend und Gewalt gebracht und die Umwelt- und Klimakrise verschärft. Jetzt ist die neoliberale Profitmaschinerie unter den maßlosen Renditeansprüchen der Shareholder kollabiert. Der Finanzkapitalismus führt in eine Sackgasse.

Andere Wirtschaftsweisen sind nötig

Ein Systemwandel ist nötig. Hin zu einer demokratischen Ökonomie, die am Wohl aller orientiert ist; die Mensch und Umwelt ins Zentrum stellt und nicht den Profit. Unabhängig davon, ob und in welchem Umfang Marktwirtschaft sinnvoll oder notwendig ist: Konsens ist, dass Märkte und Kapital demokratisch reguliert, begrenzt und kontrolliert werden müssen. Klar ist auch: Bildung, Gesundheit, Altersvorsorge, Mobilität, Energiesicherheit und andere öffentliche Güter sind keine Waren. Sie müssen nach sozialen und ökologischen Maßstäben bewirtschaftet werden. Mehr Produktivität muss in kürzere Arbeitszeiten umgesetzt werden: Statt Arbeitslosigkeit Zeitwohlstand und damit neue Lebensqualität! Die öffentlichen Güter müssen für alle zugänglich sein, ihre Kosten müssen solidarisch auf alle Schultern verteilt werden.

Demokratisierung der Ökonomie bedeutet nicht Staatskapitalismus. Menschen dürfen weder Objekte anonymer Marktkräfte noch bürokratischer Bevormundung sein, sondern Subjekte, die ihr Schicksal selbst bestimmen. Beschäftigte haben über wirtschaftliche Entscheidungen mitzureden. Das fängt mit Veto-Rechten bei Unternehmensverlagerungen an und hört mit der Förderung selbstverwalteter Betriebe und Genossenschaften nicht auf. Nutzer und Betroffene müssen einbezogen werden - als Menschen mit Erfahrungen und nicht als Kunden. Das Wissen um die beste Lösung kommt nicht von sogenannten Wirtschaftsweisen, sondern aus dem demokratischen Ringen um Argumente & Alternativen sowie aus unserer Lebenspraxis.

Unverzichtbar ist das drastische Schrumpfen der Finanzmärkte, damit die Diktatur der Maximalrendite beendet wird. Die Reichtümer, die durch die Arbeit der Menschen weltweit geschaffen werden, müssen umverteilt werden: von oben nach unten und von Nord nach Süd. Dazu braucht es verbindliche soziale und wirtschaftliche Rechte. Wir brauchen eine neue Weltfinanzordnung unter dem Dach der UNO, die fairen Handel, Entwicklung und die ökologische Wende unterstützt. Jetzt Alternativen erkämpfen!

Zwar ist der neoliberale Kapitalismus zusammengestürzt und seine Ideologie ist bankrott. Trotzdem werden Alternativen nicht von allein Realität. Eine solidarische Gesellschaft entsteht nur durch Druck von unten. Den müssen Menschen auf allen Erdteilen gemeinsam entfalten. Nur in einer breiten Koalition von Bewegungen, Gewerkschaften, Sozialverbänden, NGOs, Kirchen und vielen anderen lassen sich tatsächliche Veränderungen erkämpfen.

Vernetzt Euch vor Ort, macht lokale Aktionen! Geht am 28. März in Berlin und Frankfurt auf die Straße und macht deutlich: "Wir zahlen nicht für Eure Krise!" Beteiligt Euch an den Gewerkschaftsdemos am 1. und am 16. Mai. Diskutiert auf dem McPlanet.com-Kongress in Berlin über zukunftsfähige Alternativen. Macht die Proteste rund um die Bildungsstreiks im Juni stark.

Lasst uns gemeinsam die Krise zur Chance für eine andere Welt machen!


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Quelle:
Pressemitteilung vom 08.03.2009
Pressesprecherin Attac Deutschland
Frauke Distelrath
Post: Münchener Str. 48, 60329 Frankfurt/M
Tel.: 069/900 281-42; Fax: 069/900 281-99
E-Mail: presse@attac.de
Internet: www.attac.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. März 2009