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INTERVIEW/048: Wendland frei trotz alledem - Protest und Folgekultur ...    Francis Althoff im Gespräch (SB)


Widerstandsformen gestern und heute

Interview in Gedelitz im Wendland am 22. August 2014



Francis Althoff ist Anti-AKW-Aktivist und ehemaliger Pressesprecher der BI Lüchow-Dannenberg. Am Rande des Free Flow Festivals in Gedelitz beantwortete er dem Schattenblick einige Fragen zur Geschichte der Anti-AKW-Bewegung im Wendland und zur Endlagersuche.

Im Gespräch - Foto: © 2014 by Schattenblick

Francis Althoff
Foto: © 2014 by Schattenblick

Schattenblick: Francis, wie kam es dazu, daß du dich der Anti-AKW-Bewegung angeschlossen hast?

Francis Althoff: Ich muß gestehen, daß ich am Anfang als Jugendlicher nicht viele Kenntnisse über Radioaktivität hatte. Es war mehr ein Bauchgefühl, daß irgend etwas schiefläuft. Ich hätte das gar nicht begründen können und mußte mir als junger Mensch erst einmal die Argumentationen und das Hintergrundwissen aneignen. Ich denke, so wird der Einstieg bei vielen gewesen sein. Ich war in der Landkommunebewegung aktiv, wo wir ohnehin viel verändern wollten, sowohl nach außen als auch nach innen. Dummerweise war ich in einer Region, wo man nach außen hin nicht viel verändern konnte, weil die Leute das schlichtweg nicht wollten. Die Reise nach innen war mir aber zu wenig. Daher habe ich mir ganz gezielt ein umstrittenes Projekt mit schöner Landschaft drumherum ausgesucht, um das zu verknüpfen, und heraus kam dabei Gorleben.

Natürlich informiert man sich im Laufe der Zeit immer mehr, obwohl ich das aus heutiger Sicht nicht mehr so wichtig finde. Ich habe einmal ein Interview mit einer älteren Bäuerin gesehen. Sie hatte ein Mikro direkt vor der Nase und wurde gefragt, warum sie gegen die Castortransporte protestiert. Sie antwortete darauf: Es gab Tschernobyl, mehr muß ich nicht wissen. Das hat mich sehr beeindruckt, und da habe ich mich gefragt, warum ich mir überhaupt so viel Wissen angeeignet hatte, wenn dieses Motiv eigentlich schon ausreichen sollte. Warum muß man immer so viel begründen, begründen, begründen und so sehr in die Details gehen?

SB: Warst du auch 1980 am legendären Hüttendorf beteiligt?

FA: Ja, ich habe damals im Forsthaus, das dem Grafen gehört hat, gewohnt, direkt in Gorleben. Da gab es eine Kommune mit zwölf Leuten. Wir haben mit dem Hüttendorf pioniermäßig begonnen, also die erste Infrastruktur hingestellt, und zwar, entgegengesetzt zur Historie, nicht erst im April, sondern schon ab März. Vier Hütten, das war die erste Logistik.

SB: Das Hüttendorf bestand also länger als 33 Tage?

FA: Genau, es war von uns schon weit davor bewohnt.

SB: Im Nachklang darauf gab es in Bremen noch einmal ein Hüttendorf und ein weiteres in Hannover 2010, das als Kunstprojekt aufgezogen wurde. Hat das Hüttendorf, verstanden als Lebensform, deiner Ansicht nach über Gorleben hinaus eine Auswirkung auf die bundesrepublikanische Protestbewegung gehabt?

FA: Ich will es einmal so sagen: Für viele war dieser Schritt ganz normal, weil man das, was man sowieso im Widerstand lebte, mit eingebracht und integriert hat. Wenn man in einer Landkommune ist, hat man eine andere Energieoption im Kopf, und das hat sich dann auf dem Platz widergespiegelt. Wir haben alles nach unseren Möglichkeiten gestaltet. So haben wir zum Beispiel auf dem Schrottplatz Lichtmaschinen eingesammelt, Windräder gebaut oder Sonnenkollektoren aufgestellt, um uns mit Warmwasser zu versorgen. Das waren Versuche, eine alternative Infrastruktur aufzubauen. Uns war es wichtig, nicht nur zu zeigen, wogegen wir sind, sondern auch, wofür wir eintreten.

Aus diesem Grund haben wir auch die Freie Republik Wendland gegründet. Bis heute gibt es einen Reisepaß, übrigens den einzigen, der fürs ganze Universum gültig ist. Natürlich war das mit einem gewissen Humor verbunden, aber für viele war das mit der Republik durchaus ernst gemeint. Das diente nicht einfach der Demonstration, sondern war schon ein bißchen Zeitgeist. Damals gab es überall Hausbesetzungen. Die Städte waren immer vertreten. Das heißt, aus den Städten kamen Menschen zu uns und haben Hütten gebaut. Bis zu 130 Hütten standen in unserem Dorf. Wenn die Leute nicht zu unserem Hüttendorf kommen konnten, haben sie in ihrer Stadt eines hochgezogen oder etwas anderes gemacht. In Bremen gab es die Bremer Hütte, in Hamburg standen die Hamburger Hütten. Es gab aber auch Kirchenbesetzungen und vieles andere mehr.

SB: Demnach gab es eine Unterstützerszene weit über das Dorf hinaus?

FA: Ja, und vor allen Dingen, was ganz wichtig war, auch hier direkt im Landkreis. Das heißt, die Bauern haben uns unterstützt. Natürlich kann ein Bauer nicht den ganzen Tag in einem Hüttendorf zubringen, aber sie haben uns mit Kartoffeln beliefert. Die Bevölkerung vor Ort hat uns auch heiße Suppe gebracht, und Unternehmen aus dem Landkreis versorgten uns mit verschiedenen Sachen. Das lief alles sehr gut. Eine solche Struktur braucht man aber auch. Man kann einen Kampf nicht isoliert führen.

SB: Wie siehst du die Platzbesetzung aus heutiger Sicht? Damals war es etwas Neues, aber heute ist die Aktionsform der Besetzung weit verbreitet.

FA: Die Besetzung des Bauplatzes in Wyhl 1975 war so etwas wie der Startschuß dazu, weil wir gemerkt haben, daß man damit sehr erfolgreich sein kann. Das prägt sich ein. Damals fiel auch der Begriff der Platzbesetzung, dem wir mit dem Hüttendorf noch eins draufgesetzt haben, weil es nicht nur ums Campen und Zelten ging. Der Wald war ja abgebrannt. Es lag also unheimlich viel totes Bruchholz herum, das man für die Hütten nehmen konnte.

SB: In den letzten Jahren hat sich die Occupy-Bewegung als größere soziale Protestform herausgebildet. Sie besetzt ebenfalls Plätze und erzielt damit im politischen Sinne durchaus Wirkung. Siehst du einen Zusammenhang zu den Besetzungen der 70er Jahre, als sich diese neue Protestform herausbildete, während zuvor hauptsächlich demonstriert wurde?

FA: Ich glaube, daß viele Dinge, die in dem Bereich mit Occupy laufen, im Grunde genommen, ohne daß sie es vielleicht wissen, den Gedanken weiterverfolgen, der damals mit der Freien Republik Wendland ausgebrütet wurde. Dieser Begriff ist durchaus interpretabel. Wir haben uns schließlich nie eine Gesetzgebung oder Satzung gegeben. Das heißt, der Begriff hat den Vorteil, daß sich jeder für sich seine Utopie ausmalen kann. Da gibt es einen fließenden Übergang zu Occupy und den anderen Protestformen. Aber ich denke nicht, daß man heutzutage, wenn man etwas besetzt, noch Gorleben im Kopf hat.

Allerdings habe ich auch Besetzungen oder Hüttendörfer erlebt, die rein praktischer Natur waren wie zum Beispiel beim Castortransport. Da bestand von vornherein nicht die Überlegung, bis zum Sankt Nimmerleinstag hier zu leben und zu wohnen oder ein großes Projekt zu machen, sondern es war einfach eine zielgerichtete Aktion gegen Castortransporte, wobei absehbar war, daß sie wahrscheinlich nicht länger als eine Woche dauern wird.

SB: Von Gorleben ging immer eine große Mobilisierung aus, die von ihrer Größenordnung her beispielhaft und einzigartig in der Bundesrepublik war. 1979 sind 100.000 Menschen nach Hannover gezogen. 2009 gab es den großen Anti-AKW-Treck nach Berlin, der von über 400 Treckern begleitet wurde. Wie erklärst du dir, daß so viele Menschen dafür in die Bresche gesprungen sind?

FA: Es ist ein Geben und Nehmen. Unsere Art des Widerstands, der trotz allen Ernstes auch eine gewisse Lebensfreude beinhaltet, ist in der Bevölkerung gut angekommen. Dadurch sind wir weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt geworden. Das heißt, es gab immer ein weltweites Feedback. Den Menschen hat gefallen, was wir machen. Es gab von daher auch immer einen Schub und die Aufforderung: Macht weiter. Das hat uns beim Durchhalten geholfen. So gesehen waren wir ein wichtiger Bestandteil der sozialen Bewegungen. Nach Gorleben wurde immer geschielt. Dadurch fühlte man sich auch ein bißchen in die Verantwortung genommen.

Es ist schon interessant, wenn eine Widerstandskultur auch so eine Art Vorbildcharakter bekommt, weil man dann weiß, daß man auf dem richtigen Gleis ist. Vor allen Dingen hatten wir Erfolge vorzuweisen. So konnten wir zum Beispiel konkret verhindern, daß Deutschland jetzt eine eigene Atombombe hat, einfach durch die Verhinderung der Wiederaufarbeitungsanlage, die es ermöglicht hätte, aus dem Spaltmaterial eine Bombe zu bauen. Auch Wackersdorf wurde in diesem Rahmen verhindert. Auf diese Entwicklungen kann man stolz sein. Wenn man mit seinem Widerstand gerade keinen Erfolg hat, sollte man sich immer daran zurückerinnern. Für mich ist das konkrete Zeitgeschichte.

SB: War der Zusammenhang der sogenannten zivilen Nutzung der Kernenergie und dem Bau einer Atombombe für euch immer präsent?

FA: Auf jeden Fall. Hier in Gorleben laufen wir buchstäblich dem Müll hinterher. Und Atommüll gibt es schon seit dem Atombombentest 1942/43. Seit drei Generationen weiß keiner wohin mit dem hochradioaktiven Müll. In Kommissionen wird immer von Lösungen, die es angeblich gibt, geschwafelt. Schon rein physikalisch ist es nicht möglich, den atomaren Abfall einzubunkern. So hat der Arbeitskreis Endlagersuche, 2002 von Rot-Grün eingesetzt, das Fazit gezogen, daß Atommüll für mindestens eine Million Jahre sicher von der Biosphäre abgeschlossen werden muß. Wie viele Eiszeiten und Kontinentalplattenverschiebungen, Tsunamis und andere Unwägbarkeiten sind das? Da kann doch niemand kommen und behaupten, die Endlagerung sei sicher.

Auch technisch betrachtet ist das unmöglich. Der Müll strahlt nicht nur, er ist auch heiß. Offiziell wird gesagt, er entwickelt Wärme, aber konkret muß man von Hitze sprechen. Das heißt, über die Halbwertzeiten hinweg, bei Plutonium sind das 24.000 Jahre, bleibt das Material heiß. Welches Einlagerungsmedium hält diesen Hitzeeinwirkung aus? Die Schweizer haben Versuche im Granit gemacht, aber der Granit ist gerissen. Sie hatten Wärmequellen zur Simulation eingelagert. Wäre das Atommüll gewesen, wäre er in die Biosphäre gelangt. Sonst hat die Schweiz nur noch Lehm und Ton zu bieten. Jetzt machen sie der Bevölkerung weis, auch Ton wäre sicher. Was passiert, wenn Wärmequellen in Ton eingelagert werden? Er wird spröde und reißt. Die Franzosen erzählen der Bevölkerung, Lehm sei sicher. Was passiert mit Lehm unter Einwirkung einer Wärmequelle? Er wird spröde und reißt und die ganze Sache kommt nach oben.

Salz ist etwas komplizierter wegen der Radiolyse. Salz spaltet sich in Natrium und Chlor. Natrium ist ein Stoff, der wie verrückt Wasser saugen will. Kommt er mit Wasser in Berührung, wird er heiß. Das heißt, der Müll in einem Salzbergwerk wird noch heißer. Chlor nimmt dabei einen gasförmigen Zustand an und sollte nicht an Wärmequellen lagern, weil es leicht entzündlich und explosiv ist. Im Grunde wissen die Fachleute, daß es nicht funktioniert. Das Verrückte ist, daß die Schweizer, die nicht wissen, wie brandgefährlich eine Einlagerung in Ton sein kann, über die Deutschen lachen, weil sie Endlagerstätten in Salzbergwerken favorisieren. Jeder glaubt und hat verinnerlicht, daß das eigene nationale Konzept das bessere sei. Niemand wagt zu sagen, daß es keine sichere Lösung gibt und auch nie geben wird. In der Zwischenzeit wird munter weiter Atommüll produziert.

SB: Robert Jungk hat 1977 eindrücklich vor der Gefahr eines Atomstaats mit starker Repression und damit einhergehendem Demokratieabbau gewarnt. Hat sich die Bundesrepublik in seinem Sinne entwickelt?

FA: Robert Jungk hat damals mit Sicherheit zu Recht vom drohenden Atomstaat gesprochen. Wichtiger für mich persönlich war jedoch der Gewerkschafter Heinz Brandt, der in Brokdorf 77/78/79 den Begriff "Atomfilz" geprägt hat, den ich wesentlich durchschaubarer, weil recherchierbarer fand. Das heißt, man konnte herausfinden, welche Bank im Atomgeschäft involviert ist, welcher Politiker als Marionette der Atomlobby fungiert und welche Interessen insgesamt dahinterstecken. Ich komme noch heute mit dem Begriff Atomfilz oder meinetwegen auch Atommafia besser zurecht als mit Atomstaat, der in der Hauptsache auf den Polizeiapparat abstellt. Ich gehe nicht davon aus und habe auch nicht die Erfahrung gemacht, daß jeder Polizist unbedingt für Atomkraft ist. Der Begriff Atomstaat läßt ein gewisses Manko zu. Jungk hatte allerdings insofern recht, als ein Atomstaat seine Interessen mit Polizeigewalt durchzusetzen versucht.

SB: Wie würdest du den Status quo bei der Endlagersuche im Moment mit Blick auf Gorleben bewerten?

FA: Gorleben bleibt erst einmal auf Jahre im Topf. Aus Sicht der Gegenseite kann man im strategischen Sinne kaum etwas Besseres machen. Ich habe ja schon geschildert, daß eine sichere Endlagerung nicht möglich ist, und irgendwann wird man uns das auch mitteilen. In Gorleben wurde einfach zuviel Geld sprichwörtlich in den Sand gesetzt, so daß es schwer ist, noch einen Rückzieher zu machen. Egal, welches Ersatzmedium untersucht wird, bei dem Thema Wärmeentwicklung ist immer Endstation. In Deutschland haben wir mit Asse und Morsleben zwei Endlager in Salz mit nur mittelaktivem Atommüll, und schon da kriegt man mit, daß Salz eigentlich out ist. Aber ich persönlich stelle mich jetzt nicht hin und sage, dann nehmen wir doch Endlager in Ton oder Lehm.

Im Grunde müssen wir aufpassen, nicht vereinnahmt zu werden. Meiner Meinung nach sind wir so eine Art TÜV, das heißt, wir kontrollieren, passen auf, warnen. Wir haben eher diese Funktion. Dennoch werden wir häufig gefragt, wo der Müll denn hin soll? Wie sollen wir das verantworten, wenn es schon seit 70 Jahren nicht verantwortbar ist. Das geht einfach nicht. Auf die Frage, wo der Müll hin soll, würde ich am liebsten fragen: Ja, wo kommt er denn her? Seht erst einmal zu, das abzustellen, bevor man über etwas anderes diskutiert.

SB: Im Moment stehen überall Castoren, die wahrscheinlich nirgendwo hingebracht werden können. Es gab einmal die Idee des Exports in den Ural und auch die Überlegung, den Atommüll in die USA zu exportieren. Steht zu befürchten, daß, wenn die Endlagerfrage hier in der Bundesrepublik nicht schnell gelöst wird, die Exportlösung den Vorzug erhält?

FA: Das brisanteste Problem, das wir im Moment haben, ist die Zwischenlagerung, denn die Behälter mit dem Atommüll sind schließlich nur für die Zwischenlagerung gebaut worden. Sie haben eine Standzeitgenehmigung von 40 Jahren bekommen. Dabei ist natürlich in Frage zu stellen, ob sie überhaupt 40 Jahre dicht bleiben. Und wenn ja, was passiert danach? Daher ist es bloße Augenwischerei, über einen Endlagerstandort zu sprechen, wo doch absehbar ist, daß wir mit den vielen Behältern, die irgendwo zwischengelagert sind, bald genug Probleme bekommen werden. Weder dazu noch zum Thema Uranabbau gibt es eine Kommission, was viel dringlicher wäre. In einem Behälter ist in etwa das radioaktive Potential des Tschernobyl-Fallouts. Noch der kleinste Behälter bringt es auf den 40fachen Fallout der Hiroshima-Bombe. Was, wenn ein Behälter explodiert? Da kümmert sich keiner drum. Nach meinem Wissen geht die Diskussion in den USA über 100 Jahre Zwischenlagerung, in Japan über 120 Jahre. Doch die Behälter sind dafür gar nicht konzipiert. Statt dessen wird eine Kommission gegründet, die eine Weile herumschwafelt und dann einen Termin zwischen 2032 und 2034 nennt, wo es dann ein Endlager geben soll. Das stimmt nicht einmal mit dem 40-Jahre-Zeitraum der Zwischenlagerung überein.

SB: Der Zulauf zur Anti-AKW-Bewegung ist nicht mehr so groß wie früher. Woran liegt das? Sind die Leute beruhigt oder resignieren sie, weil die Perspektiven keine Lösung beinhalten?

FA: Da kommen mehrere Faktoren zusammen. Wenn in den letzten Jahren in Gorleben Castortransporte von A nach B bewegt wurden, hatte man den Eindruck, entscheidend eingreifen zu können. Proteste gegen AKW-Standorte haben einen immanenten Nachteil. Wenn man zu einer Demonstration aufruft, bleibt immer ein gewisser Frust zurück. Denn nach der Demo steht das AKW noch immer. Bei den Castortransporten hatte man zumindest den Eindruck, dagegen etwas machen oder einschreiten zu können, aber vor allen Dingen hatte man dadurch mehr Öffentlichkeit. Bei den AKWs ist das natürlich schwieriger. Dann bekommt man bei der dritten oder vierten Demo an einem AKW-Standort nicht mehr so viele Leute hin. Das ist schwerer zu mobilisieren.

SB: Die Politik behauptet es zwar gerne, aber ist der Atomausstieg in Deutschland für dich beschlossene Sache?

FA: Nein, für mich ist das nichts weiter, als die Bevölkerung ganz gezielt hinters Licht zu führen. Daß einzelne AKWs nach Fukushima abgeschaltet wurden, war vollkommen im Sinne der Industrie. Da lohnt sich ein Blick ins internationale Ausland. Die österreichische Regierung, die gegen Atomkraft ist, fühlt sich von den deutschen Atomkraftwerken bedroht und hat für die grenznahen AKWs in Deutschland Studien erstellen lassen. Daraus geht hervor, daß diese AKWs ohnehin nicht mehr rentabel waren und umgerüstet hätten werden müssen. Eine Umrüstung ist teuer und von daher uninteressant für die Industrie. Wenn man die Konzepte unserer Regierung genau durchliest, dann merkt man, daß die abgeschalteten AKWs sich nicht mehr lohnten. Das heißt, man ist der Industrie eigentlich entgegengekommen, verkauft das aber der Bevölkerung gegenüber als Stillegung. Ein Wort noch zum Thema Ausstieg: Wenn ich sage, ich steige aus dem Bus aus, tue es aber erst zwölf Jahre später, dann ist das lächerlich. Das heißt, es beinhaltet immer noch andere Optionen.

SB: Francis, vielen Dank für das Gespräch.

Zwei gelbe Atommüllfässer 'Zum Absender zurück' - Foto: © 2014 by Schattenblick

Annahme verweigert - Installation in Gedelitz
Foto: © 2014 by Schattenblick


Fußnoten:


Berichte über die Anti-AKW-Bewegung im Wendland im Schattenblick unter
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1. September 2014