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ITALIEN/246: Nie wieder Faschismus - Tausende demonstrierten in Rom gegen Rassismus (Gerhard Feldbauer)


In Rom demonstrierten am Sonnabend Tausende gegen Rassismus und für Solidarität mit Migranten

Appell des Partisanenverbands ANPI: "Nie wieder Faschismus"

von Gerhard Feldbauer, 29. Oktober 2018


In Rom haben am Sonnabend auf der Piazza dell'Immacolata im Stadtteil San Lorenzo laut der linksliberalen Zeitung Fatto Quotidiano zehntausend Menschen gegen die "rassistische Barbarei" des Vizepremiers und Innenministers Salvini leidenschaftlich protestiert. Gewerkschafter, Nachkommen der Partisanen der Resistenza, Kommunisten und Linksdemokraten, Wissenschaftler, Lehrer, Studenten und Schüler forderten, die verfassungsmäßigen demokratischen und Bürgerrechte zu verteidigen und ein rassistisch-faschistisches Regime zu verhindern. Sie stellten sich solidarisch an die Seite der mit ihnen demonstrierenden Migranten.

Der Partisanenverband ANPI forderte in einem Appell "Nie wieder Faschismus", alle Kräfte zu mobilisieren, um ein solche Regime zu verhindern. Wie das linke Manifesto berichtete, hatten 23 Organisationen dazu aufgerufen, darunter die Gewerkschaften CGIL, CISL, der Partisanenverband ANPI, die Kulturvereinigung ARCI, die Unione delle Comunitá Ebraiche Italiane (UCEI), der größte Anwaltsverein für den Schutz der Bürgerrechte Avvocato di Strada und Sozialzentren.

Die Proteste richteten sich gegen das von Innenminister Salvini erlassene Sicherheitsdekret, das den Kampf gegen die Mafia auf eine Stufe mit dem gegen Migranten stellt. Der Erlass, der nach Einwänden der Kanzlei des Staatspräsidenten an mehreren Stellen, die eklatant verfassungswidrig waren, angeblich "entschärft" wurde (so die Nachrichtenagentur ANSA), verstößt weiterhin gegen Grundsätze der Verfassung, weil er das Asylrecht aushöhlt, Migranten von der Gesellschaft ausgrenzt und ihnen Leistungen streicht. Asylbewerber werden nur noch in zentralen Sammelunterkünften untergebracht, eine dezentrale Unterbringung in den Kommunen, wie sie vielerorts praktiziert wird, wird untersagt. Die Mittel für die Rückführung in die Herkunftsländer werden erhöht, die für Integration drastisch gekürzt.

Die Antifaschisten verhinderten einen Aufmarsch der faschistischen Forza Nuova mit ihrem Anführer Roberto Fiore zur Unterstützung Salvinis. Nur ein paar Dutzend der Sturmtruppe der Lega gelangten auf die Piazza Immacolata. Mehrere Tausend Demonstranten hatten in einem Sit-in auf dem Campidoglio gegen die mit faschistischen Kreisen liierte Politik der Bürgermeisterin von M5S, Virginia Raggi, protestiert und, wie Manifesto berichtete, ihren Rücktritt gefordert.

Im süditalienischen Salento kam es laut dem Nachrichtenportal von TGCOM 29 von Puglia erstmals zu Protesten gegen den Kurs der M5S-Führung und die Nichteinhaltung ihrer sozialen Wahlversprechen. Mitglieder hätten öffentlich ihre Parteibücher zerrissen. Am Freitag hatten, ebenfalls in San Lorenzo, zahlreiche Menschen des am 18. Oktober dort von mehreren Afrikanern aus Senegal und Nigeria vergewaltigten und umgebrachten 16jährigen Mädchens Desire gedacht. Sie verurteilten, dass dieser Vorfall dazu benutzt wird, Migranten generell zu kriminalisieren. Die Ex-Kommunistin und Mitbegründerin von Manifesto, die legendäre Linke Rossano Rossanda, erklärte gegenüber dem Blatt, Italien werden einen neuen Faschismus nicht zulassen. Um ihn zu verhindern, müsste die Linke sich jedoch neu konstituieren.

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Quelle:
© 2018 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Oktober 2018

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