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ITALIEN/382: Nicht nur Linke gegen Kriegshysterie, auch Wirtschaftskreise warnen vor Chaos (Gerhard Feldbauer)


Stimmen gegen die Kriegshysterie

Nicht nur Linke, auch Wirtschaftskreise warnen in Italien vor Chaos

von Gerhard Feldbauer, 1. März 2022


Das linke "Manifesto" warnte am 1. März, dass der Ukraine-Konflikt zur hemmungslosen Aufrüstung der NATO genutzt wird. Die Entscheidung der EU vom Sonntag, der Ukraine 450 Millionen Euro für den Kauf und die Lieferung von Waffen (plus 50 Millionen für Treibstoff, medizinische Hilfe usw.) zeige, "der Pflanzenfresser setzt die Eckzähne und verwandelt sich mit großer Geschwindigkeit in einen Fleischfresser". Etwa zwanzig Länder haben bereits bilateral gehandelt und Waffen an Kiew geliefert, darunter Belgien, die Niederlande, die Tschechische Republik, Spanien, Portugal, das Baltikum, Frankreich. "Schweden ist zunehmend weniger neutral". In Finnland werde eine parlamentarische Debatte zum Nato-Beitritt erwartet.

Vor allem aber vollziehe "Deutschland eine europäische Wende". Erstmals seit 1945 hat Deutschland beschlossen, "tödliche Waffen" zu liefern. Das sei "die 360-Grad-Wende der deutschen Außenpolitik, verbunden mit dem Ende des Pazifismus von SPD und Grünen". Nachdem die SPD "das größte Tabu der Zeitgeschichte" gebrochen habe, werde Olaf Scholz in der überregionalen Presse prompt in "Kriegskanzler" umbenannt.

Zur selben Zeit wurde durch eine Meldung der staatlichen Nachrichtenagentur "ANSA" vom 28. Februar bekannt, dass Italien sich zusammen mit Frankreich, Spanien und Deutschland an dem globalen Eurodrone-Vertrag von Airbus und der Organisation for Joint Armament Cooperation (OCCAR), Leonardo in Italien, Airbus Defence and Space in Spanien, Dassault Aviation in Frankreich beteiligt. Es geht um die Entwicklung und Produktion von 20 Systemen eines ferngesteuerten, mittelhohen, langlebigen Luftsystems mit vielseitigen und anpassungsfähigen Fähigkeiten, die es zur perfekten Plattform für Aufklärungs-, Überwachungs-, Zielerfassungs- und Aufklärungsmissionen oder für Operationen im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit machen.

Das kommunistische Magazin "Contropiano" entlarvt die "Doppelmoral" in der westlichen Kriegspropaganda als "heuchlerisch". Während die europäischen Länder zu Dialog und Frieden aufrufen, liefern sie "massiv Waffen in die Ukraine und Truppen in die Nähe des Kriegsschauplatzes, sind Manöver in den NATO-Stützpunkten und in den US-Stützpunkten in vollem Gange". In den großen Mainstream-Medien wird in diesen Stunden "eine obsessive und hämmernde Erzählung über Putin" ausgestrahlt - "24 Stunden am Tag, als ob Russland das einzige Land der Welt mit dieser Art von Problemen wäre". Dass Russland "ein Land mit großen Demokratie-, Freiheits- und Bürgerrechtsproblemen ist und von seinen Herrschern autoritär regiert wird", werde "jetzt nur noch aus Gründen der reinen Kriegspropaganda vorgebracht".

Verschwiegen wird, "welchen Anteil die USA und die Länder der Europäischen Union an der Entwicklung der Ereignisse nach dem Zusammenbruch, genauer gesagt der Niederlage der Sowjetunion hatten". Vergessen werde, dass der Alkoholiker Boris Jelzin auf der CIA-Gehaltsliste stand und Milliardärskonten im Ausland anlegte, nachdem er "das postsowjetische Russland niedergeschlagen hatte". Und "im Nachhinein betrachtet begann Putins Aufstieg zur Macht genau in Verbindung mit der Bombardierung des ehemaligen Jugoslawien durch die NATO."

Wirtschaftsexperten warnen vor den Auswirkungen der Russland-Sanktionen auf die Wirtschaften der EU-Länder: Nach Ausbruch der Kriegshandlungen korrigierte das Statistikamt ISTAT das Anwachsen der Inflationsrate von bisher 3,8 bis 4 auf 4,8 Prozent nach oben. Der Präsident der Confartigianato (Handwerkskammer), Marco Granelli, warnt, dass "die Sanktionen gegen Russland italienische Unternehmen sehr stark treffen" werden. Bereits seit der Krimkrise "haben unsere Verkäufe auf dem russischen Markt Verluste von 24.712 Millionen Euro angehäuft, was einem Durchschnitt von 3 Milliarden Euro pro Jahr entspricht." Betroffen waren vor allem Kleinst- und Kleinunternehmen der Branchen Lebensmittel, Mode, Möbel, Holz, Metalle, die nach Russland Produkte für 2.684 Millionen Euro verkauften, was 34,9 % der italienischen Exporte nach Russland entsprach. Dieser Rückgang hat mit dazu beigetragen, dass 2021 die Zahl der in den Ruin getriebenen Selbständigen gegenüber dem Vorjahr um eine Million auf 4,9 Millionen anstieg. Allein im Oktober 2021 mussten wieder 270.000 mittelständische Betriebe schließen.

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Quelle:
© 2022 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick zum 12. März 2022

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