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ITALIEN/451: Hochwasserkatastrophe fordert 13 Todesopfer - Klimaexperten warnen vor Trockenperioden und Extremniederschlägen (Gerhard Feldbauer)


Hochwasserkatastrophe fordert 13 Todesopfer
Viele Straßen nur mit Flößen erreichbar

Experten warnen: Klimawandel führt zu immer längeren Trockenperioden und extremen Niederschlägen

von Gerhard Feldbauer, 19. Mai 2023


Eine Hochwasserkatastrophe hat in Italien in der nördlichen Region Emilia-Romagna bisher 13 Todesopfer gefordert. "Eine noch nie dagewesene Regenmenge ließ innerhalb weniger Stunden die Pegel der Flüsse ansteigen und über die Ufer treten", berichtete die staatliche Nachrichtenagentur ANSA am Freitag. "Praktisch alle Wasserstraßen zwischen Rimini und Bologna, insgesamt einundzwanzig, sind über die Ufer getreten oder übergelaufen und haben weite Teile der Romagna überschwemmt, besonders Ravenna, wo 24 Gemeinden erfasst wurden." In manchen Gebieten fiel mehr als die doppelte Wassermenge, die normalerweise im Monat Mai in 36 Stunden niedergeht. Dort stieg das Wasser innerhalb weniger Minuten an und erreichte die ersten Stockwerke der Häuser. Viele Straßen waren nur mit Flößen zu erreichen, ein riesiges Gebiet wurde vom Rest Italiens isoliert, Züge fielen aus, eine Brücke stürzte ein, Autobahnen waren fast den ganzen Tag lang unpassierbar, viele Straßen gesperrt. 50.000 Gemeinden sind ohne Strom, etwa zehntausend Menschen wurden aus ihren Wohnungen vertrieben. Die am stärksten gefährdeten Gebiete wurden evakuiert, die Menschen wurden aufgefordert, in die oberen Stockwerke der Häuser zu gehen. Mehrere Tote waren in den unteren Stockwerken von Häusern oder in Autos eingeschlossen gewesen. In Cesena waren viele Menschen gezwungen, auf die Dächer zu klettern. Bologna steht unter Wasser und sieht aus wie Venedig. Auch die Marken und die Abruzzen haben mit Erdrutschen und Schlamm zu kämpfen. In Venetien wurde nach der Rückkehr der Flut die Anhebung der Mose-Sperranlagen angeordnet. Der Schaden wird auf mehrere Milliarden Euro geschätzt.

Wie die stellvertretende Leiterin der Katastrophenschutzabteilung, Titti Postiglione, mitteilte, musste der gesamte adriatische Flussabschnitt ins Tyrrhenische Meer umgeleitet werden, in vielen Straßen habe das Wasser die ersten Stockwerke erreicht, Menschen suchten von den Dächern aus Hilfe, in vielen Teilen der Stadt gebe es keinen Strom, die Rettungsaktionen gestalteten sich schwierig, auch die Retter seien in Gefahr.

Die Schlagzeilen der Medien gehen kaum oder gar nicht auf die Ursachen dieser verheerenden, sich häufenden Naturkatastrophen ein. Einzig das linke Manifesto schreibt dazu, dass Dürren und Überschwemmungen "die beiden Gesichter eines sich verändernden Klimas sind" und warnt, "diese extremen Phänomene werden in Zukunft, wenn die Temperatur im Vergleich zur vorindustriellen Zeit um zwei bis drei Grad steigt, immer häufiger auftreten". Klimaforscher wundere es nicht, dass das Wetter so schnell von ausgetrockneten Flüssen zu Überschwemmungen wechselt. Die Zeitung zitiert den Leiter des ENEA Climate Modelling and Impact Laboratory, Gianmaria Sannino, der erklärt, "wir erleben 200 Millimeter Regen in wenigen Tagen, während der Durchschnitt für den gesamten Monat Mai gemäß der historischen Reihe bei insgesamt 80 Millimetern liegt".

Abweichungen von der Norm könnten Teil der meteorologischen Variabilität sein. "Aber wenn die Abweichungen systematisch werden und ein ähnliches Ereignis bereits Anfang Mai aufgetreten ist, bedeutet das, dass sich das Klima ändert." Das ist, so der Experte, das, "was wir erwarten: immer längere Trockenperioden und extreme örtliche Niederschläge. Diejenigen, die Landwirtschaft betreiben und an verteilte und gleichmäßige Regenfälle zwischen Herbst und Winter gewöhnt sind, müssen sich nun an solch reichliche Regenfälle im Frühjahr anpassen, noch dazu konzentriert auf wenige Tage." Heute, erklärt der Klimatologe, bekommen wir gerade erst einen Vorgeschmack auf das kommende Wetter. Manifesto verweist auf die World Meteorological Organization (WMO), die anführt, dass der befürchtete Grenzwert von 1,5°C - den wir laut Pariser Abkommen hätten vermeiden sollen - voraussichtlich bereits im Jahr 2027 überschritten wird.

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Quelle:
© 2023 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 19. Mai 2023

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