Schattenblick →INFOPOOL →EUROPOOL → POLITIK

INNEN/497: Wie groß die EU-Fraktion der Linken wird ist noch unklar (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 23 vom 6. Juni 2014
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

Zuwächse aus Krisenstaaten
Wie groß die EU-Fraktion der Linken wird ist noch unklar

von Günter Pohl



Am 1. Juli wird das am 25. Mai gewählte EU-Parlament zusammentreten Die Fraktion der Linken, die GUE/NGL (Europäische Vereinte Linke/Nordisch Grün-Links), wird dann deutlich größer sein als bisher - so viel steht fest. Wie viel mehr Sitze als die bisherigen 35 Mandate sie am Ende genau haben wird, lässt sich derzeit noch nicht seriös vorhersagen. Mindestens sollten es jetzt 50 sein, denkbar sind aber auch 52 Sitze. Wenigstens 15 Abgeordnete kommen aus Kommunistischen Parteien.

In 18 EU-Ländern blieben die Ergebnisse hinsichtlich der errungenen Mandate gleich - aus 13 Ländern werden wieder keine Linken, aus drei Ländern (Dänemark, Schweden, Vereintes Königreich) wieder je einer und aus Zypern und den Niederlanden weiterhin zwei Abgeordnete nach Brüssel und Straßburg entsandt. Dabei hat es Aufwärtsbewegungen bei potenziellen GUE/NGLMitgliedern in Österreich ("Europa anders" 2,1 %), Belgien (Partei der Arbeit 2,1 %), Luxemburg (Déi Lénk 5,8 %) und Slowenien (Vereinigte Linke 5,9 %) gegeben. In den anderen Ländern gab es entweder keine kommunistischen oder linken Kandidaturen oder die Ergebnisse waren unter den Hoffnungen geblieben. In fünf EU-Ländern gab es dagegen Zuwächse, die so stark waren, dass sie die Verluste aus den anderen fünf Staaten (jeweils ein Mandat weniger in Tschechien, Frankreich, Deutschland, Lettland und Portugal) erheblich übertrafen.

"Die Linke" aus Deutschland musste egen des Wegfalls der Sperrhürde ein Mandat abgeben (7 statt 8). In Tschechien sank die KSCM auf 11,0 Prozent der Stimmen (3 statt 4 Mandate), in Frankreich (4 statt 5) rutschte die Linksfront trotz leichten Zuwachses auf 6,3 Prozent von 5 auf 3 Sitze, was mit einem gewonnenen Mandat aus den Überseegebieten nicht ganz ausgeglichen werden konnte. In Lettland war der Verlust des einzigen Mandats programmiert, da der bisherige Abgeordnete 2009 als Überläufer von der Partei "Harmonie" zur GUE/NGL gekommen war. In Portugal (4 statt 5) gewann das PCP-geführte Bündnis "CDU" einen Sitz hinzu, während der "Linksblock" zwei der drei Sitze einbüßte.

Auf der Gewinnerseite waren in vier der fünf Fälle linke oder kommunistische Kandidaturen aus Ländern, die von der Aufarbeitung der Eurokrise besonders betroffen waren. Allen voran in Spanien gab es einen bedeutenden Zuwachs (+ 9), wo die "Plurale Linke" (die "Vereinte Linke" tritt seit 2011 zu verschiedenen Wahlen unter diesem Namen an) mit 10,0 Prozent statt einem jetzt sechs Abgeordnete hätte stellen können. Aber wie auch 2009, als sie eigentlich zwei Sitze bekam, wird auch jetzt wohl wieder ein Mitglied der "Initiative für Katalonien-Grüne" zur Fraktion der Grünen im EU-Parlament gehen. Für das erst im Januar gegründete Bündnis "Podemos" werden fünf Abgeordnete Spanien vertreten. Hierbei handelt es sich um eine Zirkelorganisation unter Einfluss der trotzkistischen Antikapitalistischen Linken", die vom Fernsehmoderator Pablo Iglesias geführt wird. Ihr überraschendes Ergebnis kostete die "Plurale Linke" in den letzten Wochen offenbar viele Stimmen, war doch diese kürzlich noch bei 20 Prozent gehandelt worden. Auch aus Griechenland (+ 5 Sitze) gab es Zuwachs für die GUE/NGL. Während die KKE ihre zwei Sitze verteidigen konnte und nach den Kommunalwahlen eine Woche zuvor auch bei der EU-Wahl den negativen Trend der letzten Jahre wenden konnte, erhöhte "Syriza" - mit 26,6 Prozent stärkste Partei im Land - ihren Anteil auf sechs Mandate statt bisher einem. In Italien (+3) schaffte die Liste "Das andere Europa" mit 4,0 Prozent gerade eben den Sprung über die Vier-Prozent-Hürde und stellt damit 3 Abgeordnete. Dieses Bündnis wurde von Rifondazione Comunista unterstützt, nicht jedoch von der PdCI. Die irische "Sinn Féin" holte mit 19,5 Prozent drei Sitze, wohingegen die "Sozialistische Partei" den bisher einzigen für die irische Linke verlor und Irland damit insgesamt zwei zusätzliche Mandate für die GUE/ NGL beisteuert. Außerdem gewann in Finnland die Linksallianz mit 9,3 Prozent (nach ihrem kürzlichen Austritt aus der Regierungskoalition) erstmals einen Sitz.

Zu diesen 50 bis dato "sicheren" Abgeordneten könnte noch einer aus dem Baskenland (20,9 % für EH Bildu) hinzukommen. Außerdem ist der Eintritt der einzigen Abgeordneten der "Feministischen Initiative" aus Schweden in die GUE/NGL im Gespräch.

Damit hat der auf Alexis Tsipras' Kandidatur zum Kommissionspräsidenten abgestimmte Wahlkampf der ELP-Mitgliedsparteien neben Griechenland nur in Italien und Spanien Erfolg gehabt. Eine von manchen erhoffte alleinige Fraktion unter Ausschluss linkerer Parteien ist somit nicht in Erfüllung gegangen. Waren von den 35 Abgeordneten der Fraktion bisher 18 aus ELP-Parteien, 6 aus Beobachterparteien und 11 aus anderen Parteien, so werden es (bei 50 Abgeordneten) nun auf Seiten der ELP 24, bei den ELP-Beobachtern 5 sowie weitere 21 Abgeordnete sein. Die beiden möglichen weiteren Abgeordneten wären auch den 21 von der ELP unabhängigen Parteien zuzurechnen.

*

Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 46. Jahrgang, Nr. 23 vom 6. Juni 2014, Seite 6
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
Anschrift von Verlag und Redaktion:
Hoffnungstraße 18, 45127 Essen
Telefon 0201 / 22 54 47
E-Mail: redaktion@unsere-zeit.de
Internet: www.unsere-zeit.de
 
Die UZ erscheint wöchentlich.
Einzelausgabe: 2,80 Euro
Jahresbezugspreise:
Inland: 126,- Euro, Ausland: 130,-
Ermäßigtes Abo: 72,- Euro
Förder-Abonnement: ab 150 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juni 2014