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INNEN/503: EU-Innenminister beraten über Bootsflüchtlinge und Verteilung von Flüchtlingen (Pro Asyl)


Pro Asyl - Pressemitteilung vom 9. Oktober 2014

EU-Innenministertreffen in Luxemburg

PRO ASYL: Mehr Abwehr, weniger Seenotrettung, mehr Tote



In Luxemburg treffen sich die EU-Innenminister mit dem Ziel, die Festungsmauern gegen Schutzsuchende aus Kurdistan, Syrien, Irak, Afghanistan, Eritrea und Somalia höher zu ziehen. Beraten wird ein sogenanntes "Non Paper" der italienischen Ratspräsidentschaft. Auch der deutsche Innenminister legte ein Positionspapier vor. Die zentralen Themen: Bootsflüchtlinge im Mittelmeer und die Verteilung von Flüchtlingen in der EU. De Maizières Vorschlag und auch das italienische "Non Paper" sind beseelt von einer Stoßrichtung: Mehr Abwehr, Verlagerung der Grenzkontrollen in Drittstaaten, Bekämpfung der kommerziellen Fluchthilfe und eine de facto Reduzierung der Seenotrettungskapazitäten.

Trotz der italienischen Seenotrettungsoperation "Mare Nostrum", die mehr als 100.000 Bootsflüchtlinge rettete, sind in diesem Jahr bereits mehr als 3.000 Menschen auf dem Weg nach Europa gestorben. Nun droht "Mare Nostrum" zu einer "light Version" zu verkommen und durch eine europäische Frontex-Operation flankiert bzw. ersetzt zu werden. Wie aus einem internen EU-Papier hervorgeht, soll dann das Rettungsgebiet drastisch verkleinert werden. Die finanziellen Mittel der Frontex-Operation liegen bei nur einem Drittel der Kosten für "Mare Nostrum". Es ist damit absehbar: Noch mehr Menschen werden sterben.

PRO ASYL fordert daher in einer Petition das Europaparlament auf, dass die Seenotrettung sofort ausgeweitet und gesamteuropäisch finanziert und organisiert wird. "Neben der Schaffung eines zivilen Seenotrettungsdienstes muss Schutzsuchenden in Drittstaaten wie Libyen, der Türkei, dem Libanon und Ägypten die legale Einreise ermöglicht werden. Nur so kann das Massensterben vor Europas Südgrenze beendet werden.", erklärt Karl Kopp, Europareferent von PRO ASYL. "Die Blaupausen der künftigen europäischen Flüchtlingspolitik, die die EU-Innenminister diskutieren, sind jedoch ein Programm, das zur Fortsetzung des Massensterbens an Europas Grenzen führt."

Unter der irreführenden Überschrift "mehr Solidarität" fordern die Staaten im Innern der EU nun eine gerechtere Verteilung von Asylsuchenden in Europa. Die gleichen Staaten, die die unmenschliche und unfaire Asylzuständigkeitsregelung (Dublin-System) über ein Jahrzehnt zum Grundpfeiler eines europäischen Schutzsystems erklärt haben, wollen jetzt einen anderen Mechanismus, um selbst weniger Flüchtlinge aufzunehmen. "Dublin ist gescheitert. Selbst den Hardlinern in Berlin und Wien ist dies mittlerweile bewusst.", so Karl Kopp, "Die notwendige Alternative kann jedoch nicht ein Zwangsverteilungsprogramm von Schutzsuchenden in 32 europäischen Staaten sein". Die vorgeschlagene europaweite Verteilung nach deutschem Modell würde das Leid der Flüchtlinge erhöhen und ist angesichts eines weiterhin nicht existierenden gemeinsamen Asylsystems in der EU ebenfalls zum Scheitern verurteilt. Es gibt nur einen Ansatz, der diese inhumane Technokratie und gigantische Ressourcenverschwendung beendet: In einem europäischen System der Verantwortungsteilung müssen die Schutzinteressen der Asylsuchenden im Zentrum stehen. Flüchtlinge sollten in dem Land, wo ihre Familien, ihre Communities leben, ihre Asylanträge stellen können. Ein System, welches die Wahlfreiheit für die Schutzsuchenden ermöglicht, ist menschenrechtskonform und effizienter als das tausendfache Zwangsverfrachten von Schutzsuchenden in Europa.

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Quelle:
Pro Asyl - Pressemitteilung vom 9. Oktober 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Oktober 2014