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INNEN/536: Abschaffung des Asylrechts und Kriminalisierung der Flüchtlingshilfe in Ungarn (Pro Asyl)


Pro Asyl - Pressemitteilung vom 4. Juni 2018

Abschaffung des Asylrechts und Kriminalisierung der Flüchtlingshilfe in Ungarn

PRO ASYL fordert die rote Karte für Orbán und Solidarität mit der ungarischen Zivilgesellschaft


Heute wird die aktuelle Fassung des sogenannten »Stop Soros«-Gesetzespakets im Ungarischen Parlament debattiert. Es handelt sich dabei um einen Frontalangriff auf das Asylrecht und die ungarische Zivilgesellschaft. Verteidigern von Menschen- und Flüchtlingsrechten droht aufgrund ihrer Arbeit künftig die Inhaftierung.

Der neue Gesetzentwurf würde den ungarischen Behörden erlauben, jeden Asylantrag als »unzulässig« abzulehnen, wenn die Schutzsuchenden nicht direkt aus ihren Herkunftsländern, wie Syrien, Afghanistan oder Somalia, eingereist sind. Die Möglichkeit, in Ungarn Asyl zu beantragen, wurde bereits bisher gnadenlos eingeschränkt. Im September 2015 errichtete Ungarn einen Zaun an seiner Grenze zu Serbien und Kroatien. In die dort eingebauten Transitzonen wird seit Januar 2018 pro Tag nur einer Person Einlass gewährt. Im Februar 2018 wurden gerade einmal 56 Asylanträge registriert. Völkerrechtswidrige Zurückweisungen wurden legalisiert. Alleine im Jahr 2017 haben ungarische Beamte über 20.000 Menschen zurückgewiesen oder ihnen den Zutritt zu ungarischem Territorium verwehrt.

Für diejenigen, die es nach Ungarn geschafft haben, stellt das »Hungarian Helsinki Committee« (HHC) die einzige kostenlose Rechtsvertretung dar. Ihre Arbeit wurde bereits im letzten Jahr durch die ungarischen Behörden massiv erschwert. So dürfen sie die Transitzonen nur noch betreten, wenn ein Asylsuchender dies explizit fordert. Das heißt, eine der wenigen Optionen, die fatale menschenrechtliche Lage in diesen Zonen zu dokumentieren, wurde gravierend eingeschränkt. Mit dem neuen Gesetzentwurf geht die ungarische Regierung einen Schritt weiter: Die Beobachtung der Menschenrechtssituation soll mit einer Gefängnisstrafe geahndet werden.

PRO ASYL fordert die Parteivorsitzenden von CDU/CSU und den Fraktionsvorsitzenden der Europäischen Volkspartei auf, endlich unmissverständlich Stellung zu beziehen. Victor Orbán hat mit seiner rassistischen, antisemitischen und flüchtlingsfeindlichen Politik bereits alle roten Linien überschritten. Mit dem jetzt eingebrachten Gesetzespaket soll jegliche Opposition zum Schweigen gebracht werden. Falls der ungarische Ministerpräsident dieses Gesetzespaket nicht zurückzieht, wie es das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen und die Menschenrechtsbeauftragte des Europarates fordern, muss die Fidesz-Partei aus der Familie der Europäischen Volkspartei ausgeschlossen werden. Außerdem ist angesichts der »schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung« der EU-Grundwerte in Ungarn ein Verfahren nach Artikel 7 einzuleiten. Umfangreiche Sanktionen gegen das Regime Orbán sind dringend geboten.

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Quelle:
Pro Asyl - Pressemitteilung vom 4. Juni 2018
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juni 2018

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