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AGRAR/1196: Tagung des Rates für Landwirtschaft und Fischerei (BMELV)


BMELV-Informationen Nr. 9 vom 14. Mai 2007
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Bericht über die Tagung des Rates für Landwirtschaft und Fischerei am 7. Mai 2007 in Brüssel


Themen: Masthühner, Tierschutzkonferenz, Bessere Rechtsetzung im Sorten- und Saatgutbereich, Cross Compliance, Maisintervention, Umstrukturierung der Zuckerindustrie, Veterinärverhandlungen EU-Russland, WTO-Verhandlungen und Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit AKP-Staaten.

(Vorsitz: Bundesminister Horst Seehofer, Leitung der deutschen Delegation: Staatssekretär Gert Lindemann.)


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Zusammenfassung

Nach intensiven Beratungen erzielte der Rat politische Einigung über Mindeststandards für die Haltungsbedingungen für Masthühner.

Der Rat verabschiedete Schlussfolgerungen zu den Ergebnissen der Konferenz "Tierschutz - Verbesserung durch Kennzeichnung", die am 28. März in Brüssel ausgerichtet wurde, und zur Vereinfachung im Sorten- und Saatgutbereich.

Im Bereich der Landwirtschaft fand eine Orientierungsaussprache zur Cross Compliance statt. Zudem gab Bundesminister Seehofer der Kommission noch einmal die Gelegenheit, auf die Notwendigkeit einer Einigung über den Vorschlag zum Wegfall der Maisintervention hinzuweisen.

Kommissarin Fischer Boel stellte ihren Vorschlag zur Anpassung des Restrukturierungsfonds für Zucker vor.

Darüber hinaus erläuterte Kommissarin Fischer Boel die jüngsten Entwicklungen bei den WTO-Verhandlungen und gab, auf spanischen Wunsch, einen Überblick über die Beratungen zu den regionalen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit den AKP-Staaten.

Kommissar Kyprianou informierte den Rat über den Stand der Verhandlungen zwischen der EU und Russland im Veterinärbereich und legte eine schriftlichen Bericht über die Situation bei der Vogelgrippe vor.

Bei den Schutzmaßnahmen für den Europäischen Aal und zum Wiederauffüllungsplan für den Roten Thun wurde in intensiven Verhandlungen eine politische Einigung im Agrarrat am 11./12. Juni 2007 vorbereitet.

Der deutsche Antrag zu den Auswirkungen der Trockenheit auf die europäische Landwirtschaft wurde aus Zeitgründen vertagt.

Masthühner

Der Rat nahm nach intensiven Verhandlungen mit qualifizierter Mehrheit einen Präsidentschaftskompromiss zum Mindestschutz von Masthühnern an.

Wichtigste Neuerungen sind:

Die Berichtspflicht der Mitgliedstaaten wurde stark reduziert. Extensive und ökologische Erzeugungen wurden ebenso wie Betriebe mit weniger als 500 Masthühnern aus dem Anwendungsbereich ausgenommen. Die Erfassung der Fußballengesundheit, ihre Bonitierung und Nutzung für die Festlegung der Besatzdichte wurden gestrichen. Als Besatzdichte werden 33 kg (einfache Haltungsformen) bzw. 39 kg (besser ausgestattete Ställe mit geregelter Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Belüftung) vorgesehen; im Falle der Erfüllung zusätzlicher Anforderungen (besonders geringe Mortalitätsrate) soll eine Erhöhung der Besatzdichte um weitere 3 kg möglich sein. Anforderungen können nicht im Ausschussverfahren verändert werden. Festlegung einer Übergangsfrist bis 30. Juni 2010. Die Kommission wird bis 30. Juni 2009 einen Bericht über eine harmonisierte Kennzeichnung tierschutzgerechter Produktionsverfahren vorlegen.

Bundesminister Seehofer sprach von einem großen Fortschritt für den Tierschutz in Europa. Mit dem Ergebnis sei ein fairer Ausgleich gefunden worden zwischen den Interessen des Tierschutzes, der europäischen Erzeuger und der Verbraucher. Nachdem das Dossier bereits unter vier Präsidentschaften beraten worden ist, sei es ein Erfolg, dass nun erstmals für diesen Produktionszweig Mindeststandards für Haltungsbedingungen festgelegt worden sind.

Tierschutzkonferenz

Am 28. März fand in Brüssel die Konferenz "Tierschutz - Verbesserung durch Kennzeichnung" statt. Die Konferenz wurde von der Präsidentschaft gemeinsam mit der Europäischen Kommission und dem Europäischen Wirtschafts und Sozialausschuss organisiert. Die Veranstaltung ermöglichte eine breite Diskussion mit Wirtschaftsbeteiligten aus dem Lebensmittelbereich, Verbraucher- und Tierschutzverbänden sowie Vertretern von Wissenschaft und Verwaltung. Im Fokus der Konferenz stand die Einführung einer EU-weiten Tierschutz-Kennzeichnung auf Erzeugnissen tierischen Ursprungs.

Der Agrarrat nahm Schlussfolgerungen zu den Ergebnissen der Konferenz an. Darin wird die Kommission aufgefordert, Maßnahmen zur Kennzeichnung tierschutzgerechter Produktionsverfahren in die Wege zu leiten. Kernpunkte der Schlussfolgerungen sind: Es soll eine neue freiwillige Tierschutzkennzeichnung für höhere Standards neben einer obligatorischen Kennzeichnung der Mindeststandards geprüft werden; Die Tierschutzkennzeichnung muss auf wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen beruhen. Existierende Kennzeichnungssysteme, mit höheren Tierschutzstandards, sollen nicht beeinträchtigt werden; Der bürokratische Aufwand muss begrenzt werden.

Mit den Schlussfolgerungen wird die Kommission außerdem ersucht, dem Agrarrat einen Bericht vorzulegen, um die begonnene Diskussion vertiefen zu können.

Bessere Rechtsetzung im Sorten- und Saatgutbereich

Bürokratieabbau und Verwaltungsvereinfachung sind prioritäre Ziele der deutschen Ratspräsidentschaft. In diesem Zusammenhang hat Deutschland bereits den Wegfall der amtlichen Zertifizierung von Saatgut als Voraussetzung für das Inverkehrbringen angeregt.

Der Rat verabschiedete einvernehmlich Schlussfolgerungen, mit denen die Kommission aufgefordert wird, das EG-Saatgutrecht zu überprüfen und möglichst bald Vorschläge zur Entbürokratisierung vorzulegen. Kommissar Kyprianou begrüßte die Schlussfolgerungen und erklärte, Ziel aller Maßnahmen müsse es sein, die hohen Standards beizubehalten und dabei die Verfahren zu vereinfachen.

Cross Compliance

Nach der Vorstellung des Berichts zur Cross Compliance durch Kommissarin Fischer Boel im Agrarrat am 16. April 2007 führte der Agrarrat eine Orientierungsaussprache auf Basis eines Fragenkatalogs. Die Präsidentschaft verfolgte damit das Ziel, aus dem Kreis der Mitgliedstaaten ergänzende Informationen zur Abfassung der Schlussfolgerungen zu erhalten. Dazu sollten jene Maßnahmen identifiziert werden, die - gegebenenfalls auch über die Vorschläge der Kommission hinaus gehend - bereits 2007 umgesetzt werden könnten. Zudem sollten die Mitgliedstaaten Stellung dazu nehmen, welche zusätzlichen Vorhaben zur Vereinfachung der Cross Compliance in einem zweiten Schritt im Rahmen des "Health Check" 2008 geprüft werden könnten. Und schließlich sollten die Mitgliedstaaten erklären, in wie weit das gemäß der Cross Compliance einzuhaltende Fachrecht ihrer Meinung nach überprüft und angepasst werden sollte, um die Kontrollquoten zu vereinheitlichen und den Kontrollaufwand zu verringern.

Die Mitgliedstaaten sprachen sich dafür aus, möglichst noch 2007 Maßnahmen einzuleiten, um die Landwirtschaft von Bürokratieaufwand zu entlasten. Im Rahmen des "Health Check" sollten weitere Maßnahmen geprüft werden. Auch hinsichtlich der Überprüfung des Fachrechts sah eine Mehrheit der Mitgliedstaaten Handlungsbedarf.

Deutschland sprach sich dafür aus, möglichst früh die erforderlichen Anpassungen zu beschließen. Außerdem dürfe die von der Kommission vorgesehene Bagatellregelung nicht zu einem höheren Kontrollaufwand und zu höheren Kontrollkosten gegenüber den geltenden Regelungen führen. Bei einer Diskussion im Rahmen des "Health Check" über den Anwendungsbereich der Regelung dürfe es nicht zu weiteren Verpflichtungen kommen.

Bundesminister Seehofer wies abschließend darauf hin, dass im Agrarrat im Juni die Verabschiedung der Schlussfolgerungen geplant sei.

Maisintervention

Kommissarin Fischer Boel wies den Rat noch einmal auf die Dringlichkeit des Vorschlags hin. Es gebe keine Alternative zu Plänen der Kommission. Außerdem müsse jetzt reagiert werden, um ein unkontrolliertes Anwachsen der Interventionsbestände zu verhindern.

Der vorliegende Kompromiss der Präsidentschaft sieht einen schrittweisen Ausstieg aus der Intervention über drei Jahre vor und gibt damit der Wirtschaft ausreichend Zeit, sich auf die neue Situation einzustellen. Außerdem würde dadurch die Voraussetzung geschaffen, den endgültigen Wegfall der Maisintervention noch einmal im "Health Check" überprüfen zu können, wie von mehreren Mitgliedstaaten gefordert. Darüber hinaus kann die Kommission im Falle einer extremen Marktsituation geeignete Maßnahmen zur Marktstabilisierung prüfen. Bestandteil des Kompromisses ist darüber hinaus der Vorschlag der Kommission, wonach bei einem besonders hohen internen Zinsniveau ein größerer Teil der Zinskosten für vorfinanzierte Interventionskosten rückerstattet werden kann.

Nach dem Verlauf der bisherigen Beratungen liegt im Agrarrat eine qualifizierte Mehrheit für den Präsidentschaftskompromiss vor. Nach einer abschließenden Stellungnahme des Europäischen Parlaments könnte die Verordnung noch rechtzeitig vor Beginn des kommenden Wirtschaftsjahres am 1. Juli 2007 in Kraft gesetzt werden.

Umstrukturierung der Zuckerindustrie

Kommissarin Fischer Boel stellte den Vorschlag der Kommission zur Umstrukturierung der Zuckerindustrie in der Gemeinschaft vor. Die Kommission reagiert mit diesem Vorschlag auf die unzureichende Akzeptanz des Programms zur Umstrukturierung der Zuckerindustrie, das 2005 als Teil der Zuckermarktreform beschlossen wurde, um die Überkapazitäten auf dem europäischen Zuckermarkt abzubauen. Nachdem bislang lediglich 2,2 Mio. t aufgegeben wurden, drohen Überschüsse von 4 Mio. t. Deswegen hatte die Kommission bereits im Februar 2007 im Rahmen ihrer Durchführungskompetenz eine präventive Marktrücknahme von 2 Mio. t für 2007/08 beschlossen.

Der Vorschlag umfasst vor allem drei wesentliche Maßnahmen: Der Restrukturierungsfonds soll attraktiver ausgestaltet werden, indem die Rübenanbauer u.a. einen fixen Anteil von 10 % der Umstrukturierungsbeihilfe (bislang mindestens 10 %) und in 2008/09 sowie rückwirkend für 2006/07 und 2007/08 eine Zusatzzahlung von 237,5 Euro je t zurückgegebener Zuckerquote erhalten sollen. Die temporäre Marktrücknahme soll praxisgerechter ausgestaltet werden. So soll insbesondere die präventive Quotenkürzung schon vor der Aussaat beschlossen werden können. Die ab 2010 für den Fall zu geringer Markrücknahmen vorgesehene Quotenkürzung soll nicht mehr linear, sondern differenziert erfolgen, wobei zuvor freiwillig zurückgegebene Quoten berücksichtigt werden.

Deutschland begrüßt den Vorschlag, weil angesichts der bislang schwachen Marktrücknahme zusätzliche Maßnahmen erforderlich seien.

Eine Reihe von Mitgliedstaaten unterstützte den Ansatz der Kommission. Andere kritisierten den Verschlag, da er wettbewerbsfähige Zuckerstandorte benachteiligen könne.

Veterinärverhandlungen EU-Russland

Die Kommission informierte über die Gespräche mit Russland auf Zypern zum Einfuhrverbot von Fleisch und pflanzlichen Produkten aus Polen. Dabei appellierte die Kommission an die russische Seite, zunächst das Embargo für polnische Frischfleischprodukte aufzuheben. Russland habe dies jedoch abgelehnt und weitere russische Kontrollen in Aussicht gestellt. Man habe sich darauf verständigt, die Gespräche zu einem späteren Zeitpunkt fortzusetzen. Nun erwarte die Kommission ein schriftliches Angebot seitens Russlands.

Bei den pflanzlichen Erzeugnissen habe Russland Zertifizierungsanforderungen gestellt, die jedoch nicht zu erfüllen seien. Darüber hinaus habe Russland Einzelverbote ausgesprochen für Betriebe, die mit Salmonellen belastete Produkte ausgeführt hätten.

Kommissar Kyprianou sagte zu, weiter mit Russland intensiv zu verhandeln, um die bestehenden Einfuhrverbote aufzuheben. Bundesminister Seehofer begrüßte die Bemühungen der Kommission und äußerte die Hoffnung, dass Russland nun bald Entgegenkommen zeigen werde.

WTO-Verhandlungen

Die Kommission berichtete über den aktuellen Stand der Verhandlungen. Am 30. April 2007 habe der Vorsitzende der WTO-Verhandlungsgruppe Agrar, Botschafter Falconer, in Genf ein eigenes Papier zu den WTO-Agrarverhandlungen vorgelegt. Darin würden substanzielle Zugeständnisse von den USA, den Entwicklungsländern und der EU erwartet. Von der EU werde u.a. gefordert, die Zölle weiter zu senken und weniger Ausnahmen für sensible Produkte vorzusehen. Das Papier sei allerdings kein Modalitätenpapier und hätte insofern auch keinen offiziellen Charakter.

Kommissarin Fischer Boel bewertete das Papier nicht als Fortschritt. Die Verhandlungen zeigten insgesamt nach wir vor wenig Bewegung, obgleich die Gespräche z.B. innerhalb der G4-Formation weiterliefen. Auch die Mitgliedstaaten kritisierten das Falconer-Papier als wenig hilfreich, weil es die EU einseitig benachteilige. Es sei eine schlechte Ausgangsbasis für die weiteren Verhandlungen.

Die Präsidentschaft resümierte, dass die EU nach wie vor an einem umfassenden und ausgewogenen Abkommen interessiert sei, das alle relevanten Elemente enthält. Allerdings müssten die Vorleistungen der EU entsprechend gewürdigt werden.

Die Kommission wird die Mitgliedstaaten auch weiterhin zeitnah über ihre Gespräche mit den Verhandlungspartnern informieren.

Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit AKP-Staaten

Die spanische Delegation kritisierte den Vorschlag der Kommission für ein Verhandlungsmandat über Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit den AKP-Staaten. Spanien befürchtet erhebliche negative Auswirkungen für die Bananenerzeugung in den äußeren Randgebieten der EU, sofern das Verhandlungsmandat - wie vorgeschlagen - erteilt wird.


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Quelle:
BMELV-Informationen Nr. 9 vom 14. Mai 2007
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Mai 2007