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AGRAR/1632: "Dauergrünland-Regelung der EU schadet dem Grünlanderhalt" (DBV)


Deutscher Bauernverband - Pressemitteilung vom 12. Mai 2015

"Dauergrünland-Regelung der EU schadet dem Grünlanderhalt"

Präsidium des DBV fordert kurzfristige Änderungen auf europäischer Ebene


Das Präsidium des Deutschen Bauernverbandes (DBV) fordert kurzfristige Änderungen der Definition und der Auslegungen des Dauergrünlandbegriffs auf europäischer Ebene. Die am 12. Mai 2015 vom Präsidium verabschiedete Erklärung zur aktuellen Dauergrünland-Problematik unterstreicht die gravierenden Auswirkungen für die gesamte Agrar- und Umweltpolitik, die sich durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes im Herbst letzten Jahres und weitere Auslegungen der EU-Kommission zum Dauergrünlandbegriff ergeben. Aus Sicht des Bauernverbandes sind die "aktuellen Dauergrünland-Regelungen im Sinne des Eigentums- und Vertrauensschutzes völlig inakzeptabel, aus ökologischen Gesichtspunkten zutiefst kontraproduktiv und stehen dem Ziel der Grünlanderhaltung völlig entgegen".

Der DBV fordert in seiner Erklärung, den Wechsel des Anbaus von Grünfutterpflanzen und auch eine Brache als Fruchtfolgebestandteil eines landwirtschaftlichen Betriebes zu werten und nicht der Dauergrünland-Definition zu unterwerfen. Darüber hinaus ist dringend eine generelle Aussage der EU-Kommission erforderlich, dass die Definition des Dauergrünlands nicht die brachliegenden Flächen erfasst. Der Bauernverband fordert ferner eine Klarstellung der EU-Kommission, dass auch solche Flächen den Ackerstatus behalten, die im Rahmen freiwilliger Umwelt-, Natur- oder Gewässerschutzmaßnahmen vorübergehend als Dauergrünland deklariert werden. Die Zusage, dass EU-geförderte Agrarumweltmaßnahmen den Ackerstatus behalten, sei nicht ausreichend, so der DBV. Weiter wehrt sich das DBV-Präsidium dagegen, den Gedanken von Ökologischen Vorrangflächen ad absurdum zu führen, indem Landwirte, die deutlich mehr als die geforderten 5 Prozent Ökologischer Vorrangflächen bereitstellen, besonders auf Umgehungstatbestände kontrolliert werden sollen.

Genauer Wortlaut der Erklärung:


667. Sitzung des Präsidiums des Deutschen Bauernverbandes am 12. Mai 2015
Erklärung zur Dauergrünland-Problematik in der GAP-Förderung

Mit großem Unverständnis nehmen die Landwirte in Deutschland die neuen Auslegungen des Dauergrünlandbegriffs auf europäischer Ebene auf. Hiernach wird ein Fruchtwechsel von Ackerfutterpflanzen (z.B. Gras zu Klee) nicht mehr als solcher anerkannt. Es entsteht nach 5 Jahren Dauergrünland, wenn die Ackerfläche zwischenzeitlich mit wechselnden Ackerfutterpflanzen bestellt oder zwischenzeitlich stillgelegt wurde bzw. wenn Ackerland freiwillig für Umwelt- und Naturschutzmaßnahmen außerhalb von EU-Förderprogrammen als Brachen genutzt werden. Diese aktuellen Änderungen der Definition von Dauergrünland haben erhebliche negative Auswirkungen für die gesamte Agrar- und Umweltpolitik. Aus Sicht des Deutschen Bauernverbandes sind die neuen Auslegungen des Dauergrünlandbegriffs im Sinne des Eigentums- und Vertrauensschutzes völlig inakzeptabel, aus ökologischen Gesichtspunkten zutiefst kontraproduktiv und stehen dem Ziel der Grünlanderhaltung völlig entgegen. Insbesondere mit Blick auf kooperative und freiwillige Umweltinitiativen und -projekte fordert der Deutsche Bauernverband, dass die Definition und Auslegungen des Dauergrünlandbegriffs auf europäischer Ebene kurzfristig geändert werden.

Im Einzelnen:


1.) Ackerfutterpflanzen sind Teil der Fruchtfolge und kein Dauergrünland!

Mit seinem Urteil vom 2. Oktober 2014 hat der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass eine wechselnde Ackerfutternutzung (Ackergras oder andere Grünfutterpflanzen) die sogenannte Fünf-Jahres-Regelung nicht durchbrechen kann. Auch wenn über die Jahre verschiedene Grünfutterkulturen oder -mischungen angebaut wurden, ist dies im Sinne des EuGH einheitlich als "Gras bzw. Grünfutterpflanzen" und folglich als Dauergrünland einzustufen. Der Deutsche Bauernverband fordert in diesem Zusammenhang, dass der Vertrauensschutz in die bisherige Auslegung unbedingt gewahrt wird. Weil aber die Interpretation des EuGH von grundsätzlicher Bedeutung für die Entstehung und den Erhalt von Dauergrünland ist, muss eine Änderung des EU-Basisrechtsaktes 1307/2013 dahingehend erfolgen, den Wechsel des Anbaus von Grünfutterpflanzen und auch eine Brache als Fruchtfolgebestandteil des Landwirtschaftsbetriebs zu werten und nicht der Dauergrünland-Definition zu unterwerfen. Dies muss auch für den Anbau von Grassamen gelten. Vorgeschlagen wird, die bisherige Fünf-Jahres-Regelung durch eine Stichtagsregelung zu ersetzen. Verhindert werden soll, dass immer mehr Ackerland zu vermeintlichem Dauergrünland umdefiniert wird.


2.) Vertrauensschutz für kooperativen Umwelt- und Gewässerschutz sichern!

Für den Deutschen Bauernverband überraschend und völlig inakzeptabel ist, dass die EU-Kommission auf dem Wege der weiteren Auslegung des Dauergrünlandbegriffs klargestellt hat, dass die Fünf-Jahres-Regelung auch Ackerflächen erfasst, die aus der landwirtschaftlichen Erzeugung genommen wurden und begrünt sind. Dies betrifft sämtliche Flächen, die im Umweltinteresse über freiwillige Wasserkooperationen, Vertragsnaturschutz- oder ähnliche Umwelt- und Naturschutzprogramme bzw. -initiativen oder als produktionsintegrierte Kompensationsflächen (PiK) stillgelegt bzw. gezielt begrünt werden.

Zwar haben die EU-Kommission und das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) zwischenzeitlich klargestellt, dass Flächen, die im Rahmen von Agrarumweltmaßnahmen oder Agrarumwelt-Klima-Maßnahmen im Rahmen der zweiten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik stillgelegt oder in Grünlandnutzung überführt wurden, nicht zu Dauergrünland werden. Der Deutsche Bauernverband hält diese Klarstellung jedoch für unzureichend, da die Aussagen nicht für freiwillige Maßnahmen außerhalb der von der EU genehmigten ländlichen Entwicklungsprogramme gelten, z.B. Wasserschutzkooperationen, Vertragsnaturschutz, PiK etc. Vor diesem Hintergrund fordert der Deutsche Bauernverband dringend eine Aussage der EU-Kommission, dass die Dauergrünlanddefinition insgesamt nicht die im Rahmen der Definition von Ackerland genannten brachliegenden Flächen erfasst. Erforderlich ist ferner eine Klarstellung durch die EU-Kommission, dass auch solche Flächen den Ackerstatus behalten, die im Rahmen freiwilliger Umwelt-, Natur- oder Gewässerschutzmaßnahmen vorübergehend als Dauergrünland deklariert werden. Ohne diesen wichtigen Vertrauensschutz besteht die Gefahr, dass ohne Not die Motivation und das Interesse an freiwilligen Umwelt- und Naturschutzleistungen leiden werden.


3.) Den Gedanken von Ökologischen Vorrangflächen nicht ad absurdum führen!

Nicht zufriedenstellend ist für den Deutschen Bauernverband ferner die Hilfslösung, wonach betroffene Flächen vorübergehend als Brache im Rahmen der Ökologischen Vorrangflächen angegeben werden sollen. Damit sind die praxisfremden Brüsseler Interpretationen zum Dauergrünlandbegriff langfristig nicht zu beheben. Für die Landwirte stellt die sogenannte "ÖVF-Brache" keine verlässliche Option dar und gibt den Betrieben nur einen Aufschub für den Erhalt des Ackerstatus der Flächen. Vielmehr besteht seitens des Deutschen Bauernverbandes die Befürchtung, dass sich die Landwirte auch nicht dauerhaft darauf verlassen können, brachliegende Flächen im Rahmen der Ökologischen Vorrangflächen wie zuvor als Acker nutzen zu können.

Völlig abstrus sind nach Einschätzung des Deutschen Bauernverbandes aktuelle Diskussionen, wonach Landwirte künftig besonders im Fokus der Kontrollen stehen sollen, wenn sie bei den Ökologischen Vorrangflächen mehr als die geforderten 5 Prozent bereitstellen. Vor dem Hintergrund, dass Landwirte nach EU-Recht "mindestens 5 Prozent der Ackerfläche" im Umweltinteresse nutzen sollen, ist es widersinnig, diejenigen Landwirte mit zusätzlichen Kontrollen zu überziehen, die beispielsweise 10 Prozent oder mehr Ökologische Vorrangflächen bereitstellen. Den Landwirten in diesen Fällen einen Umgehungstatbestand zu unterstellen und nicht zu berücksichtigen, dass die Landwirte hiermit noch mehr des politisch gewollten Greening umsetzen, ist absurd. Selbst wenn Landwirte zum Erhalt des Ackerstatus von aus der Produktion genommenen Flächen solche als Ökologische Vorrangfläche anlegen, leisten sie einen höheren ökologischen Beitrag und verzichten hierfür auf Ertragspotentiale. Der Deutsche Bauernverband fordert die Verwaltungsstellen sowohl auf europäischer als auch nationaler Ebene auf, solche Diskussionen umgehend zu beenden.

Darüber hinaus müssen die Landwirte Flächen grundsätzlich freiwillig als Ökologische Vorrangflächen erklären können, so auch zum Beispiel stillgelegte Flächen, die der Förderung der Produktionsaufgabe-Rente unterlagen. Auch müssen von den Greeningverpflichtungen befreite Weinbaubetriebe ihre unbestockten Rebflächen als brachliegende Flächen im Rahmen der Ökologischen Vorrangflächen deklarieren können.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 12. Mai 2015
Deutscher Bauernverband, Pressestelle
Claire-Waldoff-Straße 7
10117 Berlin
Tel.: 030 / 31 904 407
Fax: 030 / 31 904 431
Mail: presse@bauernverband.net
Internet: www.bauernverband.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Mai 2015

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