Schattenblick →INFOPOOL →GEISTESWISSENSCHAFTEN → GESCHICHTE

BERICHT/251: Irland - Streit um Tara (epoc)


epoc 5/11
Das Magazin für Archäologie und Geschichte

Irland
Streit um Tara

Von Karin Krapp


Eine Autobahn entzweit die Iren: Der »Motorway 3« bedroht das Herzstück ihrer Identität, die historischen Stätten des Hill of Tara. Mit Beginn der Rettungsgrabungen brach offener Streit aus. Gegner fürchteten den Verlust jahrtausendealter Monumente, während die Befürworter auf neue Erkenntnisse über den heiligen Hügel hofften.


AUF EINEN BLICK

Grüne Seele in Aufruhr

1. Von zirka 2700 v. Chr. bis 700 n. Chr. diente der Hill of Tara als Kult- und Bestattungsplatz.

2. Ein Autobahnbau machte 2005 archäologische Grabungen im Umland nötig. Gegner mahnten, dass die Erdwerke zwar erforscht werden, aber durch die Freilegung auch verloren gingen.

3. Letztlich lieferten die Grabungen zahlreiche neue Erkenntnisse über das eisenzeitliche und mittelalterliche Tara.


Der Hill of Tara zieht sich fast unscheinbar durch das County Meath nordwestlich von Dublin. Grün ist es dort, sehr grün. Satte Wiesen, sanfte Hügel, ein paar Büsche und Bäume, in der Ferne vereinzelte Häuser. Nur der Horizont rettet das Auge vor dem unendlichen Grün. Doch so unspektakulär der Ort auch aussehen mag, den Iren ist er heilig.

25 sichtbare Monumente, meist kreisförmige Erhebungen, drängen sich auf seinem Rücken. 80 weitere schlummern verborgen unter der Erde. Der Hill of Tara war Bestattungsplatz, sakrales Zentrum und Krönungsstätte irischer Könige. Temair heißt der Hügel auf Gälisch - »Heiligtum«. Die älteste Anlage entstand um 2700 v. Chr., die jüngste im frühen Mittelalter. Mit Übernahme des Christentums im 6. Jahrhundert n. Chr. schwand die sakrale Bedeutung der Stätte, kurz auch Tara genannt, doch noch im Hochmittelalter stritten sich die Regionalherrscher Irlands um die Auszeichnung Ard Rí, König von Tara, Hochkönig der Iren.


Zerstörerisches Werk der Archäologen

Im Jahr 1169 bereitete Richard de Clare, zweiter Earl of Pembroke, Tara als Krönungs- und Erinnerungsort Irlands ein Ende. Der Anglonormanne fiel auf der Grünen Insel ein und enthob die alten Klanchefs ihrer Macht. Doch der Mythos Tara lebte weiter. Im »Book of Leinster« (siehe Kasten unten) aus dem 12. Jahrhundert finden sich Legenden und Geschichten, die sich um den Hügel rankten. 1843 versammelte Daniel O'Connell, irischer Politiker und Freiheitskämpfer, tausende Menschen auf dem Hügel und forderte die Unabhängigkeit Irlands von Großbritannien. »Der Hill of Tara«, rief O'Connell der Menge zu, »ist das Symbol der irischen Nation.« 2007 war in der »Irish Times« zu lesen: »Wenn Irland ein Herz hat, dann schlägt es in Tara und seiner Umgebung.«


Das Buch der Bücher der Iren

Ohne das »Book of Leinster« wäre nur wenig über die Legenden von Tara bekannt. Die umfangreiche Sammlung von Epen und Dichtungen bildet eine der wertvollsten Quellen für die Mythologie und Geschichte des frühen Irlands. Zu verdanken ist die Schrift dem Abt ‘ed Mac Crimthainn, der den Kodex in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts zusammentrug. Neben epischen und lyrischen Texten aus dem frühen Mittelalter umfasst die Handschrift auch Genealogien und Königslisten, die zum Teil bis in das 7. und 8. Jahrhundert zurückreichen.

Den Namen »Book of Leinster« erhielt das Werk erst im 19. Jahrhundert in Anlehnung an den Heimatort von Mac Crimthainn. Zuvor nannte man es nach der spätmittelalterlichen Kirche von Oughavall »Book of Núachongbáil«, wo es bis 1786 aufbewahrt wurde. Heute befindet es sich im Trinity College in Dublin. Beim »Book of Leinster« handelt es sich um die einzige überlieferte Handschrift dieser Mythensammlung.


Doch dieses Herz war mit Beginn des neuen Jahrtausends in ernsthafte Gefahr geraten. So sah es zumindest eine Gruppe von Wissenschaftlern und engagierten Bürgern. Der Grund: der Bau einer Autobahn, die den ländlichen Raum nordwestlich von Dublin mit der Hauptstadt verbinden und von Kells und Navan im Nordwesten bis Dunshaughlin im Südosten quer durch das County Meath führen sollte - also mitten durch die archäologische und historische Landschaft Taras. Im Jahr 2000 begannen die Planungen für die 60 Kilometer lange M3. In einem ersten Gutachten stellte die irische National Roads Authority (NRA) fest: »Die Bodendenkmäler um Tara können nicht als isolierte Fundplätze betrachtet werden. Sie sind Teil einer intakten archäologischen Landschaft, die unter keinen Umständen gestört werden sollte, weder äußerlich noch durch direkte Eingriffe in den Boden.«

Denn das Hauptproblem bestand darin, dass eine Autobahn von Dublin nach Navan zwangsläufig am Hill of Tara vorbeiführt. Der Archäologe Conor Newman, ehemaliger Direktor der staatlich geförderten Einrichtung Discovery Programme und damaliger Leiter des Archaeological Survey of Tara, warf der Regierung Verantwortungslosigkeit vor. Die NRA arbeitete 2001 für den Straßenabschnitt, der Tara passieren sollte, zehn verschiedene Varianten aus.

Mit Hilfe zahlreicher Untersuchungen, darunter etwa Magnetfeldmessungen, wollten die Planer ermitteln, welche Route dem Hill of Tara und seiner Umgebung am wenigsten schaden würde. Doch die Planungskommission musste auch Belange des Umwelt- und Lärmschutzes sowie der Grundstückseigentümer berücksichtigen.

Letztendlich entschied man sich im Jahr 2004 für eine Variante, die den Verkehr im Abstand von nur 1,5 Kilometern um den Hill of Tara leiten und immerhin über 160 Fundstellen betreffen würde - in den Augen vieler Iren ein Skandal. 2005 begann die von der NRA engagierte Ausgrabungsfirma ACS Ltd. mit den Rettungsgrabungen. Vor ihrem Büro versammelten sich die Gegner der Autobahn: Die Archäologen sollten die Arbeit verweigern.

»Die Fundstellen um Tara werden zwar wissenschaftlich erkundet - dadurch aber auch zerstört«, schrieb Conor Newman 2004 in einem öffentlichen Brief an die Regierung. »Der Hill of Tara und seine Umgebung müssen zu einer Schutzzone erklärt werden.« Newman und seine Mitstreiter gaben keine Ruhe, und so gelangte der Hill of Tara 2007 auf die Liste der 100 gefährdetsten Monumente des World Monuments Fund. Dort steht er auch heute noch, zusammen mit den archäologischen Stätten des kriegsgebeutelten Irak. Dabei hat Irland eines der strengsten Denkmalschutzgesetze der Welt, und man kann der National Roads Authority kaum Fehler vorwerfen. Die Autobahn wurde von der Regierung für notwendig erachtet, die archäologischen Voruntersuchungen, die Planung der Route und die baubegleitenden Ausgrabungen wurden sorgfältig organisiert und von Fachleuten durchgeführt.

Seit Juni 2010 rollen Autos über die M3. Doch die Wogen haben sich kaum geglättet. Die Debatte um den Hill of Tara scheint einen Keil zwischen die Archäologen der Grünen Insel getrieben zu haben. Wer nicht gegen das Projekt war, hüllt sich in Schweigen. Stuart Rathbone von ACS Ltd., der selbst Ausgrabungen an der M3 leitete, gehört zu den wenigen Ausnahmen: »Die ganze 'Save Tara Campaign' war vollkommen übertrieben. Sie wurde von Menschen ins Leben gerufen, deren Ansichten man schlicht als extremistisch bezeichnen kann«, sagt Rathbone. »Die Gegend um Tara ist eines der dichtbesiedeltsten Gebiete Irlands. Veränderungen sind unvermeidbar. Man muss dabei nur vorsichtig zu Werke gehen.« Archäologen wie Rathbone sehen die Ausgrabungen auch als Chance: »Es wurden in den wenigen Jahren an der M3 mehr Informationen über Tara gewonnen als in den fast 20 Jahren im Rahmen des Discovery Programme.«

In der Tat gibt es trotz enormer Fortschritte in der Entwicklung zerstörungsfreier Prospektionsmethoden noch kein gründlicheres und umfassenderes Verfahren als die Ausgrabung. Bei dem Projekt Archaeological Survey of Tara des Discovery Programme ging es vor allem darum, den heiligen Hügel zerstörungsfrei zu erkunden - beispielsweise mit Hilfe von Laserscannern. Alles in allem gab es nur zwei umfangreiche Ausgrabungen auf Tara, und zwar in den 1950er Jahren. Umso gespannter sahen viele Forscher den Untersuchungsergebnissen infolge des Autobahnbaus entgegen. »Wir haben Gräber, Gebäudespuren, Wallanlagen und Kultstätten aus jeder Epoche ausgegraben, und viele stehen definitiv in Verbindung mit Tara«, sagt Rathbone. »Das Beste dabei: Es ging nicht so sehr um die einzelne Entdeckung, sondern um die große Anzahl von Fundstellen. Sie machten die komplexe Gestaltung im Umland von Tara deutlich.«

Um die Neuentdeckungen entlang der M3 richtig einzuordnen, muss zunächst die Fundsituation auf dem Hill of Tara näher betrachtet werden. Schon vor etwas mehr als 4500 Jahren bestatteten Menschen ihre Toten auf diesem Hügel und legten einen Holz- oder Grabenkreis von zirka 250 Meter Durchmesser an, der wahrscheinlich kultischen Zwecken diente. Zu größerer Bedeutung gelangte Tara erst in der Eisenzeit zwischen 400 v. Chr. bis 500 n. Chr. Es wurde religiöses Zentrum und wohl auch Königssitz. Damals legten Irlands Altvorderen vier große Ringhügelgräber an, die von oben aussehen wie Atolle (siehe Bild S. 60). Das größte von ihnen hat einen Durchmesser von 80 Metern und ist damit eines der mächtigsten im ganzen Land. Ein weiteres, mit Namen Forradh, zu Deutsch Krönungshügel, ist von einer beachtlichen Wallanlage von ungefähr 1000 Meter Durchmesser umgeben. Nördlich und südlich davon findet sich jeweils ein weiteres eisenzeitliches Bauwerk - gleichfalls kreisrunde Erdanhäufungen. Der südliche Ringwall diente wahrscheinlich zur Verteidigung des heiligen Hügels. Welche Funktion der nördliche Bau besaß, ist unklar. Offensichtlich war der Ort, Fort der Synoden genannt, aber stark frequentiert, und seine Nutzer pflegten Kontakte ins Ausland.

Bei den erwähnten Ausgrabungen in den 1950er Jahren fanden die Archäologen Gebäudereste und jede Menge Keramikscherben aus dem römisch besetzten Britannien. Ob hier die Priester des Heiligtums lebten? Oder gar der König von Tara? Der Sage nach eroberte das Volk der Milesier Irland und begründete das Königtum von Tara. Möchte man in den Milesiern Kelten erkennen, die in den letzten Jahrhunderten vor Christi Geburt schrittweise in Irland einwanderten, mag die Legende einen wahren Kern haben. Allerdings halten einige Wissenschaftler dieses Königtum für eine Erfindung des frühen Mittelalters. Wie dem auch sei, der Hill of Tara muss in der Eisenzeit eine beachtliche Macht und Strahlkraft besessen haben. In ganz Irland findet man kein größeres und komplexeres Heiligtum.


Befestigte Rituallandschaft?

Glaubt man den Schriftquellen, wurden nicht nur auf dem Hügel Kulthandlungen vollzogen, sondern auch im unmittelbaren Umfeld. Die Legenden berichten von einem »heiligen Zirkel«, in dem man geheimnisvolle Wasserrituale durchführte und Feuer entzündete. Fünf Prozessionswege sollen durch diese Zeremonienlandschaft hinauf auf den heiligen Hügel geführt haben. Die Archäologen des Discovery Programme suchten nach Spuren dieses »Zirkels« und wurden fündig: In einem Radius von 1,5 Kilometern stießen sie auf eine Reihe beachtlicher Erdwerke, die sich im Halbkreis um den Hill of Tara legten. Bislang vermuteten die Wissenschaftler in ihnen Verteidigungsanlagen, die den »heiligen Zirkel« Taras schützen sollten.

Im Nordosten mit dem so genannten Rath Lugh beginnend, folgen gegen den Uhrzeigersinn der Rathmiles im Norden, zwei parallel laufende Wälle von mehr als einem Kilometer Länge im Westen und der Ringelstown Rath im Südwesten. Im Osten klafft eine Lücke, dort fand man keine Befestigungsanlage. Die Forscher deuten sie als Straße, die Tara mit dem östlich gelegenen Hügel von Skreen verbunden haben soll. Die Theorie klingt bestechend, hat aber einen Haken - keines der genannten Erdwerke ist hieb- und stichfest datiert.

Abgesehen von dem lang gestreckten Wall im Westen handelt es sich bei allen anderen Anlagen um kreisförmige Erdwälle mit Gräben, von denen es tausende in Irland gibt. Sie alle auf Grund ihrer Form und Größe verschiedenen Zeiten und Funktionen zuzuordnen, birgt zahlreiche Probleme. So könnten die runden Erdwerke - nach Ansicht von Conor Newman - eisenzeitliche Verteidigungsanlagen gewesen sein. Andere Archäologen hingegen sind der Meinung, zumindest zwei der Bauten, Rathmiles und Ringelstown Rath, würden ihrer Form nach eher ins frühe Mittelalter (zirka 500 bis 1100 n. Chr.) gehören. Tatsächlich fand der Archäologe Stuart Rathbone Anhaltspunkte dafür, dass Rathmiles jünger ist. Als Grabungsleiter stieß er während der Autobahnarbeiten keine 150 Meter nördlich des Erdwerks auf frühmittelalterliche Siedlungsspuren, die mit dem Bau in Verbindung zu stehen scheinen. Doch zu dieser Zeit hatte sich bereits das Christentum in Irland durchgesetzt - einen »heiligen Zirkel« musste im frühen Mittelalter niemand mehr schützen. Löst sich damit die Theorie des eisenzeitlichen Schutzrings um Tara in Luft auf?

Blickt man von Rathmiles zirka zwei Kilometer nach Südosten, sieht man den Rath Lugh, eines der Erdwerke im mutmaßlichen Verteidigungsring. Dieser entzieht sich jeglicher zeitlicher Bestimmung - ob Bronze-, Eisenzeit oder frühes Mittelalter, alles ist denkbar. Doch nur 500 Meter weiter im Nordwesten schlummerte, ebenfalls von den Bauarbeiten betroffen, ein außergewöhnliches Bauwerk in der Erde: die Ringanlage von Lismullin. Im Gegensatz zu anderen bekannten Anlagen dieser Art, die man weithin sichtbar auf einer Anhöhe platzierte, schmiegte sich das von zwei Pfostenreihen umstandene Kreisheiligtum von Lismullin wie ein römisches Amphitheater in eine natürliche Senke.

Die meisten Pfosten waren aus Eschenholz, dem in jener Zeit eine heilende Wirkung zugeschrieben wurde. Sicher war das kein Zufall. »Möglicherweise ist hier die Sonne verehrt worden«, vermutet der Leiter der Ausgrabung, Aidan O'Connell von der Grabungsfirma ACS Ltd. Radiokarbondatierungen bewiesen, dass der Kultort vom 6. bis ins ausgehende 4. Jahrhundert v. Chr. genutzt wurde. Somit bestand die Ringanlage bereits vor der Blüte des heiligen Hügels. Doch bald nachdem der Stern Taras aufgegangen war, wurde sie aufgegeben - warum, ist unklar. Von der Kultstätte aus sah man sowohl den Hill of Tara als auch den Rath Lugh. Eine Verbindung zwischen den drei Stätten ist somit nicht ausgeschlossen. Vielleicht störte der Kultplatz von Lismullin den »heiligen Zirkel« Taras und musste deswegen weichen. Eine solche Zeremonienlandschaft wäre durchaus denkbar, doch die These eines eisenzeitlichen Verteidigungsrings gerät durch die überraschend hohe Dichte frühmittelalterlicher Fundorte entlang der M3 gefährlich ins Wanken.


Fürstliche Festungen

Neben vielen kleineren Siedlungsspuren, bei denen es sich um Erdverfärbungen von Holzpfosten und Abfallgruben handelt, fanden die Ausgräber zwei große Bestattungsplätze sowie vier mächtige Ringforts - Höfe oder kleinere Siedlungen, die durch einen Ring aus einem oder mehreren Wällen befestigt sind.

Insbesondere das Fort von Baronstown verdient Beachtung. Mit einem Umfassungsgraben von vier Meter Breite und drei Meter Tiefe zählt es zu den größten seiner Art. Frappierend ist, dass sich diese Festung perfekt in den vom Discovery Programme postulierten Tara-Schutzring einfügt. Sie liegt ziemlich genau 1,5 Kilometer östlich von Tara und bildet die direkte Fortsetzung der Anlagen von Rathmiles und Rath Lugh. Doch im Gegensatz zu diesen kann man Baronstown zeitlich genau einordnen.

Erbaut wurde das Ringfort um 700 n. Chr. Laut Ausgrabungsleiter Steve Linnane von der ACS Ltd. war es stark befestigt gewesen. »Außergewöhnlich an den Funden aus Baronstown ist«, so Linnane, »dass die meisten für einen hohen gesellschaftlichen Status der Bewohner sprechen.« Beispiel: eine fein gearbeitete Vogelkopfbrosche (siehe Bild). Linnane vermutet daher, dass hier ein hochrangiger Fürst residierte, wie sie andernorts für den Schutz der Klanvorräte und die Sicherheit der im Umkreis siedelnden Bevölkerung zuständig waren. Ihre Festungen lagen allerdings nicht am Rand des Klanterritoriums, sondern in der Mitte. »Interessanterweise«, so betont Linnane, »liegt Baronstown genau in der Mitte der heutigen Baronie Skreen, die ungefähr dem frühmittelalterlichen Klangebiet von Tara entspricht.« Es spricht also einiges dafür, dass Rathmiles und die anderen Erdwerke weniger dem eisenzeitlichen Heiligtum Schutz boten als den Klans des Frühmittelalters.

Bleibt zu hoffen, dass Irlands Archäologen ihren Entdeckungen weiter auf den Grund gehen können. Im Moment liegen nämlich sämtliche Forschungs- und Publikationsvorhaben rund um die M3-Ausgrabungen brach. Die National Roads Authority hatte den Planungspunkt »Auswertung und Publikation« zeitlich und finanziell unterschätzt.

Hoffnung gibt es auch auf Seiten der Grabungsgegner: Im Frühjahr 2011 stellte die Europäische Union Unregelmäßigkeiten beim Bau der M3 fest. Grundsätzlich sei die Autobahn rechtens, doch die Kreisanlage von Lismullin hätte nach europäischem Recht durch die Ausgrabungen nicht zerstört werden dürfen - sie war kurz zuvor zum National Monument ernannt worden. Irland drohen nun Sanktionen, und Tara soll zusammen mit seinem kulturell wertvollen Umland zum archäologischen Schutzgebiet erklärt werden - eine spät gewonnene Schlacht der Taraschützer.


Karin Krapp ist Archäologin und Wissenschaftsjournalistin. Sie lebt in Stuttgart.


*


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Abb. S. 60-61:
Es ist der bedeutendste Erinnerungsort der Iren: Nordwestlich von Dublin erhebt sich der Hill of Tara mit seinen bis zu 4700 Jahre alten Bodenmonumenten. Bis ins 7. Jahrhundert n. Chr. war der »heilige Hügel« Begräbnisplatz, sakrale Stätte und Krönungsort irischer Könige.

Abb. S. 62:
Die Autobahn M3 verläuft in einer Entfernung von etwa 1,5 Kilometern um den Hill of Tara - und kreuzt mehrere historische Stätten.

Abb. S. 63:
Die Ringanlage von Lismullin diente vermutlich vom 6. bis ins 4. Jahrhundert v. Chr. rituellen Zwecken. Im Abstand von 32 Metern wurden mit Pfosten zwei Kreise abgesteckt, von denen der innere (im Bild) einen Durchmesser von 16 Metern aufwies.

Abb. S. 64:
Die Bewohner von Baronstown schützten ihre Siedlung mit mehreren Wällen und Gräben. Das Ringfort war vermutlich vom 6. bis zum 11. Jahrhundert n. Chr. Sitz eines einflussreichen Lokalfürsten.

Abb. S. 66:
Die hochwertige Bronzebrosche mit vogelkopfgestaltigen Enden befand sich wohl im Besitz einer hochstehenden Person von Baronstown. Verloren ist die Nadel des 1300 Jahre alten Schmuckstücks, die am Broschenbogen befestigt war.


© 2011 Karin Krapp, Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg


*


Quelle:
epoc 5/11, Seite 60 - 66
Herausgeber: Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
Postfach 104840, 69038 Heidelberg
Telefon: 06221/9126-600, Fax 06221/9126-751
Redaktion:
Telefon: 06221/9126-776, Fax 06221/9126-779
E-Mail: redaktion@epoc.de
Internet: www.epoc.de

epoc erscheint zweimonatlich.
Das Einzelheft kostet 7,90 Euro,
das Abonnement 40,50 Euro pro Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. September 2011