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BUCHTIP/230: Kaiser Konstantin - mehr Staatsmann oder Christ? (idw)


Ruhr-Universität Bochum - 27.06.2007

Kirche und Staat historisch betrachtet

Kaiser Konstantin - mehr Staatsmann oder Christ?
Neuer Band der "Fontes Christiani": Vita Constantini


Die Konstantinische Wende gilt als Geburtsstunde des Christentums als Staatsreligion. Doch ging ihr wirklich die Bekehrung Kaiser Konstantins voraus? In seiner Vita Constantini zeichnet Bischof Eusebius von Caesarea das Bild eines demütigen Dieners Gottes und trägt damit entscheidend zur historischen Deutung Konstantins als erstem christlichen Kaiser bei. Die rechtzeitig zur Eröffnung der Trierer Ausstellung "Konstantin der Große" in der Reihe "Fontes Christiani" (Herausgeber: Prof. Dr. Wilhelm Geerlings, Alte Kirchengeschichte) erschienene Übersetzung von PD Dr. phil. Horst Schneider, eingeleitet durch den Althistoriker Prof. Dr. Bruno Bleckmann (Düsseldorf), bietet reichlich Diskussionsstoff zur Person Konstantins wie zum Verhältnis von Kirche und Staat.


Rückblick in Zeiten der Säkularisierung

"Die Konstantinische Wende ist das einschneidende Ereignis der antiken Religionsgeschichte. Der römische Staat verwandelte sich von einem Verfolger zu einem Förderer des Christentums", so Bruno Bleckmann. Die kaiserliche Förderung stabilisierte die christliche Kirche und war für das Überleben der Kirche bis in die heutige Zeit ebenso wichtig wie ihre inneren Glaubenskräfte. Erst in der Gegenwart stellt sich die Frage, wie die christliche Kirche den Herausforderungen der Säkularisierung ohne staatliche Hilfe begegnen wird. Hier gewinnt Eusebs Lebensbeschreibung Kaisers Konstantins höchste Aktualität.


Glaube - äußerlich und innerlich

So unbestritten es ist, dass mit der Regierungszeit Konstantins ein neues Kapitel in der antiken Religionsgeschichte aufgeschlagen wurde, so unsicher ist die Motivation des Kaisers selbst. Wird er zu Recht als der erste christliche Kaiser bezeichnet? Seine persönliche Lebensführung kann kaum christlichen Vorstellungen genügen: So ließ er seinen Stiefsohn Crispus und seine Frau Fausta umbringen und war auch sonst nicht zimperlich im Umgang mit Feinden. Erst auf dem Sterbebett ließ er sich taufen.


Der weit blickende Staatsmann

Konstantin bezeichnete sich selbst als Bischof für die äußeren Dinge und wollte als dreizehnter Apostel in der Grabeskirche beigesetzt werden. Seine Bemühungen um die kirchliche Einheit gegen die Donatisten in Nordafrika und gegen den Arianismus durch das Konzil von Nizäa von 325 lassen ihn als einen weit blickenden Staatsmann erscheinen, dem die Einheit des Reiches am Herzen lag. Ob er innerlich vom christlichen Glauben ergriffen war, lässt sich nicht erkennen.


Lebensbeschreibung folgt Propagandapolitik

Eusebius ordnet den Kaiser ganz in die Linie der konstantinischen Propagandapolitik ein. Unter seinem Vater Constantius Chlorus und unter Konstantin herrschte ein christenfreundliches Klima der Toleranz, während die anderen Herrscher des Reiches an der alten Politik festhielten. Konstantin - so behauptet Eusebius - wurde durch eine Vision in seine Rolle gerufen, siegte unter christlichen Feldzeichen "im Namen Gottes" über seine Gegner Maxentius und Licinius. Endgültig setzte er seine Religionspolitik als Herrscher des Gesamtreiches durch. Eine umfangreiche Kirchenbautätigkeit signalisierte die Rolle des Christentums gegenüber der heidnischen Religion.


Übersetzt, kommentiert und eingeleitet

Übersetzung und Kommentierung in den Anmerkungen erfolgten durch den Byzantinisten PD Dr. phil. Horst Schneider, Mitarbeiter bei den "Fontes Christiani", Ruhr-Universität Bochum. Die Einleitung übernahm der Althistoriker Prof. Dr. Bruno Bleckmann (Heinrich Heine Universität, Düsseldorf). Die neue Übersetzung ist sprachlich auf de Höhe der Zeit. Sie steht dem griechischen Urtext gegenüber und ermöglicht dem Liebhaber einen Blick nach links. Der Konstantinkenner Bleckmann fasst souverän den gegenwärtigen Forschungsstand zusammen.

Titelaufnahme
Über das Leben Konstantins
De Vita Constantini, Eusebius von Caesarea, Brepols
(Fontes Christiani, Bd 83), ISBN 978-2-503-52559-4

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Ruhr-Universität Bochum, Dr. Josef König, 27.06.2007
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E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juni 2007