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DILJA/097: Srebrenica oder die Zerschlagung Jugoslawiens - Teil 14 (SB)


Das "Massaker von Srebrenica" - nachgelieferte Letztbegründung für die gewaltsame Zerschlagung Jugoslawiens und Präzedenzfall der humanitär bemäntelten Kriegführung westlicher Hegemonialmächte


Teil 14: Sommer 1995 - Forensische Angaben sind im Westen nur dann von Interesse, wenn sich mit ihnen, wie brüchig auch immer, der "Völkermord von Srebrenica" beweisen läßt

Das "Massaker von Srebrenica" ist für die westlichen Staaten und ihre Jugoslawien-Politik von so unschätzbarem Wert, daß jede Infragestellung dieser vermeintlichen historischen Tatsache einem Sakrileg gleichkommt. Sie sollte nicht nur eine unhinterfragbare Rechtfertigung für die militärische Intervention der NATO in den bosnischen Bürgerkrieg und mehr noch für den Angriffskrieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien liefern, sondern auch für die aus westlicher Sicht politisch zwingend notwendige Aburteilung des früheren serbischen bzw. jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic vor dem Den Haager Tribunal sorgen. Dieser hatte vor dem von der damaligen US-Außenministerin Madeleine Albright als UN-Gremium ins Leben gerufenen Tribunal so stichhaltig und plausibel die Absichten der NATO-Staaten bloßgestellt, daß sein Freispruch faktisch einer Anerkennung seiner Argumentation gleichgekommen wäre, und so schien unter den Den Haager Anklägern das Interesse, Milosevic auf Biegen und Brechen zu verurteilen, weil nur so eine wenn auch nachträgliche Legitimation des Krieges gegen Jugoslawien zu erwirtschaften sein konnte, riesengroß geworden zu sein.

In der im November 2001 erweiterten Anklageschrift wurde Milosevic "Völkermord" zur Last gelegt. Er sei, so hieß es, für die "Massaker von Srebrenica" verantwortlich. Wenig später, im April 2002, hätte dieser Anklagepunkt wieder fallengelassen werden können, da der vom Niederländischen Institut für Kriegsdokumentation (NIOD) vorgelegte Bericht, der mit einem Gesamtumfang von 3496 Seiten auf der bis heute umfangreichsten Untersuchung zu Srebrenica beruht, Gegenteiliges festgestellte. Wie Cees Wiebes, einer der Verfasser des Berichts und verantwortlicher Wissenschaftler, erklärte, waren in der Untersuchung zur Frage der möglichen Verantwortung Milosevics folgende Aussagen gemacht worden [1]:

In unserem Bericht ... kommen wir zum Schluß, daß Milosevic keine Vorabkenntnis über die folgenden Massaker hatte. Was wir fanden, waren Beweise für das Gegenteil. Milosevic war empört, als er von den Massakern erfuhr.
(Observer, 10.10.2004)

Dessenungeachtet wird in der Anklageschrift behauptet, Milosevic sei schuld an der Ermordung von über siebentausend wehrlosen Muslimen, die im Juli 1995 nach der Einnahme Srebrenicas von serbischen Einheiten massakriert worden seien. Am 15. Juni 2005 wollte Milosevic in seinem Verfahren vor dem Den Haager Tribunal den serbischen Polizeigeneral Obrad Stevanovic als Zeugen befragen und dabei, wie er ankündigte, "unterdrückte Fakten über das sogenannte Massaker von Srebrenica" präsentieren. Doch dazu sollte es nicht kommen, weil Milosevic vom Vorsitzenden Richter Patrick Robinson lautstark daran gehindert wurde. Der Beisitzende Richter Ian Bonomy stellte Milosevic voller Empörung die Gretchenfrage - nämlich ob er bestreiten wolle, daß es in Srebrenica Massaker gegeben habe. Keineswegs, antwortete Milosevic und stellte klar, daß es ihm darum gehe, den tatsächlichen Ablauf zu rekonstruieren und dabei insbesondere die Beteiligung westlicher Geheimdienste aufzuklären. Im übrigen, so Milosevic, glaube er nicht, daß die offizielle Todeszahl haltbar sei.

Die Reaktion des Gerichts sprach Bände. Es hätte ihm bzw. seinen Anklägern eine willkommene Gelegenheit sein können, den von Milosevic angekündigten Versuch, in der Schlußbefragung seines Zeugen die Verstrickung westlicher Geheimdienste erhellend darzustellen, zu widerlegen oder/und den Zeugen im Kreuzverhör gegebenenfalls solange in Widersprüche zu verwickeln, bis von Milosevics Vorhaben nichts mehr übrig geblieben wäre. Wenn jedoch eine solche Zeugenbefragung durch eine Intervention des Gerichts von vornherein unterbunden wird, erhärtet dies nur den Verdacht, daß Milosevics Annahme zutreffend ist und die Richter und Ankläger des Tribunals aus eben diesem Grunde interveniert haben.

Wenige Wochen später, am 27. Juli 2005, erklärte der ehemalige niederländische UN-Offizier Hauptmann Shouten, der in der fraglichen Zeit der Massaker als einziger UN-Offizier in Bratunac, einem in der Nähe Srebrenicas gelegenen Dorf, stationiert war, gegenüber der niederländischen Zeitung "Het Parool" recht Unerwartetes [1]:

Jeder plappert jedem nach, aber keiner liefert harte Beweise. Ich stelle fest, dass die Leute in den Niederlanden um jeden Preis beweisen möchten, dass Völkermord begangen wurde. ... Wenn Hinrichtungen stattgefunden haben, dann haben die Serben das verdammt gut versteckt. So glaube ich nichts davon. Am Tag nach dem Zusammenbruch von Srebrenica, am 13. Juli, kam ich in Bratunac an und blieb dort acht Tage. Ich war in der Lage hinzugehen, wo ich wollte. Mir wurde alle mögliche Hilfe gewährt; nirgends wurde ich gestoppt.

Die Behauptung, in Srebrenica hätten nicht Hinrichtungen, sondern ein Völkermord an der muslimischen Bevölkerung der Stadt stattgefunden, wurde nicht erst im Milosevic-Verfahren, sondern schon weitaus früher von namhaften westlichen Persönlichkeiten in Frage gestellt. Michael Mandel etwa, Professor für öffentliches Recht an der York Universität im kanadischen Toronto, kam sogar zu der Schlußfolgerung, daß die Behauptung des Tribunals, in Srebrenica habe ein Völkermord stattgefunden, durch die vom Tribunal selbst angeführten Fakten sowie die vorgebrachten Rechtsgrundlagen nicht gedeckt sei. Die Kernbehauptung des Tribunals, bosnisch-serbische Streitkräfte hätten mehrere Tausend bosnisch-muslimische Männer hingerichtet, könnte, so Mandel, durch die spezifischen Ermittlungsbefunde des Tribunals nicht abgesichert werden. Das Tribunal würde lediglich "nahelegen", nicht jedoch beweisen, daß die überwiegende Zahl der insgesamt 2028 exhumierten Leichname durch Hinrichtungen ums Leben kam und nicht bei Gefechten zwischen der serbisch-bosnischen Armee und der 28ten Division der Armee der bosnischen Muslime, die sich von Srebrenica durch serbisch kontrolliertes Gebiet bis nach Tuzla durchkämpfte.

Es versteht sich nahezu von selbst, daß in einer solch juristisch prekären wie politisch hochbrisanten Streitfrage ein besonderes Augenmerk auf forensische Untersuchungsergebnisse zu legen wäre. Hier allerdings ergibt sich ein äußerst diffuses und widersprüchliches Bild. Zwischen Kriegstoten oder/und den Opfern von Kriegsverbrechen scheint es in der öffentlichen Wahrnehmung einen wesentlichen Unterschied zu geben. Sie werden, zum Teil unter grober Mißachtung forensischer Ergebnisse, dann ins Rampenlicht einer ohnehin auf antiserbischen bzw. antijugoslawischen Kurs getrimmten internationalen Medienwelt gestellt, wenn sie zur Verifizierung der vorab konstatierten serbischen Alleinschuld an den Kriegsgreueln geeignet zu sein scheinen. Andernfalls finden entsprechende Untersuchungen ohne Beteiligung der vorherrschenden Medien statt, die nicht zur Kenntnis nehmen und nicht verbreiten, was sich nicht mit dem ihnen längst vorgegebenen Mythos vom (alleinigen) Massaker in Srebrenica in Übereinstimmung bringen läßt.

Dies führte zu zum Teil bizarren Ergebnissen, wie sich anhand der Angaben des international renommierten serbischen Gerichtsmediziners Dr. Zoran Stankovic beispielhaft nachzeichnen läßt. Die bosnisch-serbische Zeitung "Javnost" hatte am 23. Dezember 1995 die Zahl der von den bosnischen Muslimen unter Befehl des Stadtkommandeurs von Srebrenica, Naser Oric, in der Umgebung der Stadt verübten Verbrechen mit 192 verbrannten Dörfern, 2.800 getöteten und 6000 verletzten Serben angegeben. Diese Angaben wurden vom Kommandeur der UNPROFOR-Soldaten in Srebrenica, Thom Karremans, bestätigt. Der Pathologe Stankovic berichtete dazu [3]:

Wir haben seinerzeit auf eben diesem Gebiet 1000 ermordete Serben identifiziert, wovon wir Richard Goldstone in Kenntnis gesetzt haben, aber für diese Erkenntnisse hat sich niemand interessiert.

Zur Erläuterung: Bei Richard Goldstone handelt es sich um den Chefermittler des Den Haager Tribunals, eines eigens zur Aufarbeitung der auf dem Gebiet des früheren Jugoslawien verübten Kriegsverbrechen eingerichteten Gerichts, das allerdings auf allen anderen als dem serbischen Auge blind zu sein scheint. Diese so gut es eben geht in Vergessenheit gebrachten Verbrechen stünden den "Massakern von Srebrenica" vom Juli 1995, so diese denn in dem allgemein behaupteten Umfang überhaupt stattgefunden haben, in nichts nach. Bezeichnend ist das Desinteresse, das die vorgeblich an der Durchsetzung der Menschenrechte im Bürgerkriegsjugoslawien so hochinteressierten Weststaaten gegenüber diesen schweren Vorwürfen an den Tag legten. Dr. Stankovic berichtete, daß er an über 500 Serben, die nach der im April 1993 erfolgten Erklärung Srebrenicas zur UN-Schutzzone von Orics Truppen getötet worden sein sollen, Autopsien vorgenommen und davon Fotos erstellt habe. Doch diese Toten stießen nicht minder auf das beredte Desinteresse der internationalen Politik wie auch westlicher Medien, die voll und ganz damit beschäftigt waren, eine der drei beteiligten Bürgerkriegsparteien - nämlich die serbische - zum Urbösen zu stigmatisieren.

Dr. Stankovic untersuchte auch die Opfer eines Massakers, das 1995 von der kroatischen Armee kurz vor Kriegsende an Serben begangen worden sein soll. Auf dem serbischen Friedhof in Mrkonjic Grad in der Nähe von Banja Luka wurden in fünftägiger Arbeit insgesamt 181 Leichen exhumiert. Bei ihnen soll es sich um Menschen im Alter zwischen 22 und 89 Jahren - viele von ihnen Zivilisten und unter ihnen auch elf Frauen - gehandelt haben, die von kroatischen Truppen mißhandelt und getötet worden sein sollen, nachdem der Ort mit Unterstützung der NATO eingenommen worden war. Nach der Exhumierung fand sich am Ort des Geschehens kein einziger internationaler Journalist ein. Nach langen Vorbereitungen kam schließlich ein Pathologenteam aus Belgrad, um unter der Leitung von Dr. Stankovic in Anwesenheit von Militärstaatsanwälten und -richtern aus Banja Luka mit den Obduktionen zu beginnen.

Als das Pathologenteam zehn Tage später mit seiner grauenvollen Arbeit fertig war und in Banja Luka eine Pressekonferenz unter Beteiligung des Militärstaatsanwalts Srboljub Jovicinac abhielt, ging das Interesse westlicher Medien und Organisationen gegen Null: Nicht ein einziger ausländischer Repräsentant oder Medienvertreter war anwesend. John Garns, der als Vertreter des Den Haager Tribunals nach Mrkonjic Grad gekommen war, verließ den Ort, ohne gegenüber den serbischen Bewohnern eine Erklärung abgegeben zu haben. Diese hatten, nachdem sie nach viermonatiger Besetzung durch kroatische Truppen in ihre Stadt zurückkehren konnten, weitere unbestattete 68 Leichname vorgefunden. Garns erklärte lediglich, daß er keine vorschnellen Erklärungen abgebe. Ein Repräsentant der zivilen UN-Verwaltung merkte lediglich an, daß er nicht mit Journalisten zusammenarbeiten wolle. Offensichtlich hatten sie alle nicht nur ihr Haupt-, sondern ihr alleiniges Augenmerk auf Verbrechen gelegt, die von serbischer Seite begangen worden waren oder dieser zumindest zugelastet werden konnten. Alles übrige, sprich die mutmaßlich von kroatischer und muslimischer Seite im bosnischen Bürgerkrieg verübten Kriegsgreuel und -verbrechen, wurden in voraus- wie nacheilendem Gehorsam als nicht berichtenswert eingestuft.

Das Informationsministerium der Republik Serbien hatte in der im Juni 1996 veröffentlichten Ausgabe seiner "Nachrichten, Kommentare, Dokumente, Tatsachen, Analysen" über die Exhumierung in Mrkonjic Grad berichtet und dies mit dem Vermerk versehen, daß die "präsentierten Meinungen nicht unbedingt die Standpunkte der Regierung der Republik Serbien darstellen" [4]. Selbstverständlich sind größte Vorsicht und Umsicht geboten, um nicht unter Umständen fälschlicherweise Vorwürfe wegen schwerster Kriegsverbrechen zu erheben. Doch wie können die Sachverhalte aufgeklärt werden, um eine Aufarbeitung der Kriegsereignisse und damit ein (wieder) friedliches Zusammenleben der zutiefst verhaßten Kriegsparteien zu ermöglichen, wenn die der serbischen Seite zur Last gelegten Verbrechen von den internationalen Gremien wie auch den westlichen Medien selbst dann wie schier unhinterfragbare Tatsachen behandelt werden, wenn sich Fragwürdigkeiten auftun, auf der anderen Seite jedoch so getan wird, als könnten Verbrechen, denen serbische Bürger zum Opfer gefallen sind, per definitionem gar nicht stattgefunden haben?

Ejup Ganic, der im Juli 1995, also zum Zeitpunkt der Einnahme Srebrenicas durch Kräfte der bosnisch-serbischen Armee, Vizepräsident der muslimisch-kroatischen Föderation gewesen ist, erklärte später: "Die Knochen aus Srebrenica sind das Fundament unseres Staates." [4] Eine solche Äußerung deutet auf die hohe politische Brisanz hin, die mit den Exhumierungsarbeiten und forensischen Ergebnissen, so makaber dies auch klingen mag, bis heute verbunden sind. Daß "die Knochen von Srebrenica" von den Kriegsgegnern der bosnischen Serben als maßgeblich für die mit dem Vertrag von Dayton im November 1995 besiegelte Teilung Bosnien-Herzegowinas bewertet wurden, macht nachvollziehbar, warum die mutmaßlich von serbischer Seite begangenen Kriegsverbrechen in der späteren Aufarbeitung und Darstellung eine so exponierte Stellung einnahmen. Unter Forensikern scheint sich in der insofern besonders heiklen Frage nach den Massakeropfern von Srebrenica fast so etwas wie ein Expertendisput aufgetan zu haben.

So hat der bereits erwähnte Pathologe Dr. Zoran Stankovic, der als internationaler Experte für militärische Forensik anerkannt ist, die Befunde der sechs vom Den Haager Tribunal beauftragten Experten überprüft. Dr. Stankovic zufolge sind die Untersuchungen nach allgemeinen Verfahrensgrundsätzen fehlerhaft durchgeführt worden. Einigen vom Tribunal beauftragten Pathologen, so monierte Dr. Stankovic, hätte die Vertrautheit mit durch Militärmunition verursachten Wunden gefehlt. Die offiziell in Den Haag verwendeten Ergebnisse stünden, zumindest teilweise, "im Widerspruch zu allgemein akzeptierten forensischen Standards". [2] Konkret brachte der serbische Pathologe vor, daß viele der Toten, die den Massakern von Srebrenica zum Opfer gefallen sein und aus 17 Gräberfeldern stammen sollen, sich in einem bereits weit vorangeschrittenem Stadium des Zerfalls - "auf das Skelett reduziert, mit ausgerenkten Gelenken und zerfallen" - befunden hätten. Dazu erklärte er [2]:

Die Feststellung der Todesursache ist in Fällen von zersetzten Leichen generell extrem schwierig und in den meisten Fällen unmöglich. Es ist nicht statthaft, dass [ICTY-] Experten in dieser Hinsicht ihre Meinung äußern und eine Annahme vortragen, die in den Autopsiebefunden keine Grundlage hat.

Dr. Stankovic geht wie seine Fachkollegen davon aus, daß in Srebrenica und Umgebung Exekutionen stattgefunden haben, die von paramilitärischen Kräften wie auch der Söldnertruppe um den in Teil 13 dieser Reihe bereits vorgestellten Drazan Erdemovic begangen wurden. Die zwischen 200 und 300 bei den Exhumierungen mitausgegrabenen Augenbinden und Handfesseln seien, so Dr. Stankovic, sichere Anzeichen für Exekutionen. Wie berichtet wurde Erdemovic zu einem der wichtigsten Zeugen der Den Haager Ankläger, gestand er doch, zusammen mit sieben anderen Mitgliedern seiner Einheit auf der Militärfarm Branjevo in der Nähe von Pilica über eintausend Menschen, von denen Erdemovic einhundert eigenhändig getötet haben will, hingerichtet zu haben. Weil er, wie es in Den Haag hieß, "dem Büro der Anklage" eine wichtige Zusammenarbeit geleistet hatte, mußte er seine ohnehin geringe, von zehn auf fünf Jahre Gefängnis reduzierte Strafe nicht vollständig verbüßen.

Da durch die umfangreichen Exhumierungsarbeiten auch zehn Jahre später noch immer nicht einmal annähernd die behauptete Zahl von sieben- bis achttausend Massakeropfern bestätigt werden konnte, könnte die Antwort auf die Frage, warum ein Soldat wie Drazan Erdemovic die ihn selbst aufs schwerste belastende Aussage, sich an einer Massenexekution von über eintausend Menschen beteiligt und hundert selbst getötet zu haben, gemacht haben könnte, von großem Interesse sein. Möglicherweise ging es dem Den Haager Tribunal im Fall Erdemovic gar nicht darum, einen Menschen zu präsentieren, der wie kaum ein Zweiter dem Bild des serbischen Schlächters zu entsprechen schien, und ihn seiner wenn auch angesichts der Schwere der Tat unverständlich geringen Strafe zuzuführen. Möglicherweise ging es vielmehr darum, durch Erdemovics Geständnis die seit Juli 1995 behaupteten und schon zwei Jahre zuvor möglicherweise zwischen Clinton und Izetbegovic verabredeten "Massaker von Srebrenica" mit mindestens fünftausend Toten vor Gericht, genauer gesagt vor dem Den Haager Tribunal, in vermeintlich beweiskräftiger Form zu bestätigen.

In dem Verfahren gegen den serbischen General Radislav Krstic, in dem der serbische Offizier Momir Nikolic als Zeuge ausgesagt hatte, an einer Massenexekution beteiligt gewesen zu sein, trat auch Drazan Erdemovic als Schlüsselfigur auf. Nikolic gestand später ein, in diesem Prozeß gelogen zu haben, tatsächlich sei er nicht einmal an dem Ort des Geschehens gewesen. Erdemovic wiederum machte die Aussage, auf einer Militärfarm in der Nähe von Pilica auf Befehl eines unbekannten Oberstleutnants mit sieben weiteren Angehörigen seiner Einheit eine Massenexekution an über eintausend Menschen begangen zu haben. Das Den Haager Tribunal bewahrte seinen wertvollen Zeugen jedoch vor dem Kreuzverhör, indem nun beschlossen wurde, daß sein "geistiger Zustand" die Teilnahme an dem Verfahren nicht gestatte.

Gleichwohl wurde Erdemovic in einem Schauprozeß gegen den früheren bosnisch-serbischen Präsidenten Radovan Karadzic und dessen Oberbefehlshaber Ratko Mladic medienwirksam präsentiert. In einem solchen "Hearing" ist ein Kreuzverhör, in dem ein präparierter Zeuge nach hartnäckigem Nachfragen der Verteidigung zusammenbrechen und offenlegen könnte, welchen Kuhhandel er mit den ihm so freundlich gesonnenen Den Haagern Anklägern womöglich eingegangen ist, gar nicht erst vorgesehen. In diesem Fall nährte dies den ohnehin bestehenden Verdacht, daß ein Zeuge wie Drazan Erdemovic zum Geständnis einer Massenexekution, die möglicherweise nicht in dem behaupteten Ausmaß stattgefunden hat, genötigt oder verleitet wurde, nur um endlich einen zumindest nach Ansicht des Tribunals und seiner stillen Auftrag- und Geldgeber justitiablen Beweis für die Massaker-These zu erbringen.

Ungeachtet der Frage, wieviele Menschen auf welche Weise und in wessen direkter wie auch indirekter Verantwortung im Juli 1995 in und um Srebrenica getötet worden sind, stellt diese These nämlich bis heute eine unverzichtbare Säule in der Rechtfertigung der inzwischen beendeten Zerschlagung Jugoslawiens dar sowie für die Etablierung eines militärischen Interventionsrechtes, von dem die führenden NATO-Staaten nach eigenem Gutdünken und in völliger Mißachtung bisheriger internationaler Schutzverträge zunehmend Gebrauch zu machen gedenken unter dem Vorwand, für die Durchsetzung der Menschenrechte Sorge tragen zu wollen.


[1] zitiert aus: "Entlastung für Milosevic. Niederländischer Armeebericht zu Srebrenica", von Jürgen Elsässer, junge Welt vom 16. Juni 2005

[2] zitiert aus: Srebrenica und die Politik der Kriegsverbrechen,
eine Analyse von George Bogdanich, vom 17. Juni 2005,
www.free-slobo.de/notes/050617gb.pdf

[3] zitiert aus: "Muslimischer Kommandant von Srebrenica vor dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag. Teil 1", von Jürgen Elsässer, junge Welt vom 16. April 2003

[4] zitiert aus: "Der Mythos Srebrenica und Massaker. Legendenbildung und - verschwiegene - Wahrheit", von Dr. Hans-Georg Ruf, 21.9.2005
PDF-Download siehe forum solidarisches und friedliches augsburg,
www.forumaugsburg.de/s_3themen/Internationales/051010_srebrenica/index.htm

(Fortsetzung folgt)

10. Oktober 2008