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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/236: Iran-Report Nr. 11 - November 2009


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 11 - November 2009


Mit dem iran-report stellt die Heinrich-Böll-Stiftung der interessierten Öffentlichkeit eine Zusammenfassung ihrer kontinuierlichen Beobachtung relevanter Ereignisse in Iran zur Verfügung.

Nach der von der Heinrich-Böll-Stiftung im April 2000 veranstalteten Berlin-Konferenz und verstärkt infolge der Anschläge am 11. September stellen die Entwicklungen in Iran und der Region einen zentralen Arbeitsschwerpunkt der Stiftung dar.

Der iran-report erscheint monatlich (Nr. 12/2009 Anfang Dezember) und wird einem breiteren Interessentenkreis aus Politik, Wissenschaft und Medien zur Verfügung gestellt.

Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin, im November 2009

Innenpolitik
Angespannte Atmosphäre vor dem 4. November
Kundgebung bei der Medienmesse
Geschwächte Regierung unfähig zu Entscheidungen
Abgeordnete verklagen Mussavi
Mussavi und Karrubi wollen im iranischen TV Wahlbetrug beweisen
Anschlag auf Revolutionswächter ruft heftige Reaktionen hervor
Todesurteil für drei Oppositionelle
Miliband fordert Freilassung von Botschaftsmitarbeiter
Mehr als zwölf Jahre Haft für US-iranischen Akademiker
Oppositioneller gegen Kaution frei
Drei regierungskritische Zeitungen verboten
Kommandeur der Basidsch-Milizen ersetzt
Tochter von Ahmadinedschads Medienberater sucht Asyl in Deutschland

Wirtschaft
Harte Haltung im Atomstreit - dennoch kompromissbereit
Im Atomkonflikt keine eindeutige Antwort aus Teheran
Inspektoren aus Iran zurückgekehrt
Zeitung: Teheran verfügt über genügend Infos zum Bau von Atombomben
Angereichertes Uran im Angebot
Angriff Israels auf Iran vermeiden
US-Ausschuss verschärft Sanktionen gegen Zulieferer Irans
London untersagt Finanzinstituten Handel mit zwei iranischen Firmen
Iran spricht über Nabucco-Gaslieferungen
Iran will subventioniertes Benzin stärker rationieren
Keine Flak-Raketen aus Russland

Außenpolitik
USA stellen Finanzhilfe für "Dokumentationszentrum über Menschenrechte in Iran" ein
USA bald mit Super-Bombe
Gemeinsame Militärübung von USA und Israel
Jemen stoppt Schiff von mutmaßlichen Waffenschmugglern
Drohung gegen Israel bekräftigt
Irak sucht Aufnahmeland für Volksmodschahedin
Nürnberger Menschenrechtspreis an Soltani
Irans Außenminister in Washington
EU-Gipfel kritisiert Iran
Abschiebestopp für Iraner in Berlin
China will eng mit Iran kooperieren
Pakistan lässt elf festgenommene Iraner frei
Chavez: Iran hilft Venezuela bei Suche nach Uran
Iranischer Geheimdienst bedroht Regimegegner in Deutschland
Deutsche in Umfrage: Iran würde Atombombe zünden

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Innenpolitik

Angespannte Atmosphäre vor 4. November

Die iranische Opposition hat für den 4. November landesweite Demonstrationen und Kundgebungen angekündigt. Seit Wochen wird im Internet und per SMS für die Teilnahme geworben. Es ist der Jahrestag der Besetzung der US-Botschaft in Teheran vor 30 Jahren. Damals wurden 52 amerikanische Botschaftsangehörige als Geiseln genommen. Sie wurden 444 Tage festgehalten, die USA brachen 1980 ihre diplomatischen Beziehungen zu Iran ab.

Seitdem veranstaltet das Regime jedes Jahr am 4. November Kundgebungen und Demonstrationen. Nun hat die Opposition beschlossen, diesen Tag für Protestaktionen gegen die Regierung zu nutzen. Damit setzt sie die nach der brutalen Niederschlagung der Proteste Präsidentenwahl im Juni eingeschlagene Strategie fort. Statt sich durch Massendemonstrationen immer wieder der Gewalt auszusetzen, sollen vom Regime inszenierte Massenveranstaltungen zu Protestaktionen umfunktioniert werden. So geschah es am El Kuds-Tag am 18. September, so soll es auch am 4. November geschehen. Weitere Möglichkeiten bieten sich beim wöchentlichen Freitagsgebet, bei Fußballspielen oder bei religiösen Feier- und Trauertagen. Damit gerät das Regime, das auf Massenkundgebungen angewiesen ist, in eine schier ausweglose Situation. Sie kann es sich nicht leisten, all diese Veranstaltungen auszusetzen aber auch nicht dulden, dass die Feier-, Trauer und Gedenktage zu gewaltsamen Auseinandersetzungen führen.

Einer der für die Hauptstadt Teheran zuständigen Kommandanten der Revolutionswächter, Ali Fasli, warnte die Opposition vor dem 4. November. "Das Lager der Verschwörungen" sei am Werk und plane für den 4. November spitzbübische Aktionen. "Wir müssen wachsam sein und hart reagieren, sonst werden wir in Zukunft die Kontrolle verlieren", sagte Fasli am 27. Oktober der Agentur Fars.

Bereits zuvor hatte der radikale Geistliche Ahmad Djannati beim Freitagsgebet gesagt: "Einige Elemente, die von außen gesteuert werden und deren Verschwörungspläne am El Kuds-Tag vereitelt wurden, haben für den 4. November ähnliche Aktionen vorbereitet, aber sie werden auch dieses Mal scheitern".

Auch der Oberkommandierende der Ordnungskräfte Irans, Esmail Ahmadi Moghaddam, drohte, die Polizei werde auf Demonstrationen und Kundgebungen gegen die Regierung hart reagieren. Dennoch hat Oppositionsführer Mir Hossein Mussavi seine Anhänger aufgefordert, am 4. November auf die Straße zu gehen. Er erklärte am 31. Oktober auf seiner Webseite www.kaleme.com er werde seinen Kampf für einen politischen Wandel fortsetzen. Trotz des Drucks werde er "keinen Meter vom eingeschlagenen Weg" abweichen und weiterhin Reformen fordern. Das Vorgehen der Regierung gegen Demonstranten und Journalisten sei ein Verstoß gegen die Verfassung und die Scharia, das islamische Recht.


Kundgebung bei der Medienmesse

Anhänger der Opposition haben am 23. Oktober bei einer Medienmesse in Teheran eine spontane Kundgebung abgehalten. Schon während des Ausstellungsbesuchs des Oppositionspolitikers Mehdi Karrubi begannen die Schmährufe gegen die Regierung Ahmadinedschad, wie Augenzeugen berichteten. Es kam zu heftigen Prügeleien mit Anhängern der Regierung.

Karrubi musste das Gelände verlassen, offenbar bekam er selbst einige Schläge ab. Auf Fotos ist der Geistliche ohne seinen weißen Turban und mit einer roten Schramme im Gesicht zu sehen. Die Polizei nahm laut Nachrichtenagentur Mehr niemanden fest und machte den Auftritt des reformorientierten Politikers für die Schlägereien verantwortlich. Nachdem Karrubi die Messe verlassen hatte, setzten Anhänger der Opposition die spontane Kundgebung fort. Erst ein stärkeres Polizeiaufgebot setzte der Aktion auf dem Messegelände, auf dem Vertreter in- und ausländischer Presse anwesend waren, ein Ende.


Geschwächte Regierung unfähig zu Entscheidungen

Die Wiederwahl des Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad wurde zwar mit Betrug und Gewalt durchgesetzt, aber das Ergebnis ist eine schwache Regierung, die zu wichtigen Entscheidungen nicht fähig ist. Ahmadinedschad kann sich praktisch nur noch auf die Unterstützung der Revolutionswächter und der Basidsch-Milizen verlassen, in der Bevölkerung sowie im islamischen Establishment hat er große Teile seiner Basis eingebüßt. Das hat dazu geführt, dass nahezu jeder wichtige Beschluss, der von der Regierung gefasst wird, auf massiven Widerspruch stößt und daher nach kurzer Zeit revidiert oder gänzlich aufgehoben werden muss.

Selbst Revolutionsführer Ali Chamenei, der bislang alle Karten auf Ahmadinedschad gesetzt hatte und ihm den Rücken deckte, scheint auf Distanz zu gehen. Am deutlichsten kommt die Schwäche der Regierung in der Außenpolitik zum Ausdruck, namentlich bei den Atomverhandlungen mit der Internationalen Atombehörde und den UN-Vetomächten plus Deutschland. Ahmadinedschad und seine Kampfgefährten versuchten den Anfang Oktober in Genf verhandelten Kompromiss als großen Erfolg zu verkaufen. Iran sei es gelungen, trotz großen Widerstands seine nationalen Interessen gegenüber dem Westen durchzusetzen, ließ die Regierung propagieren. Sie erhielt für den Kompromiss im Westen viel Lob, im Inland aber erntete sie heftige Proteste.

Ranghohe Abgeordnete im iranischen Parlament lehnten die Vereinbarung strikt ab. "Dass wir unser gesamtes angereichertes Nuklearmaterial an andere Staaten abgeben sollen, damit diese den benötigten Brennstoff an Teheran liefern, kommt überhaupt nicht in Frage", sagte Kasem Dschalali der Agentur IRNA zufolge. Dschalali ist Sprecher des Parlamentsausschusses für nationale Sicherheit und Außenpolitik. Der Vorsitzende des Ausschusses, Alaeddin Borudscherdi, äußerte ebenfalls seine Bedenken: "Wir hegen ein tiefes Misstrauen in den Beziehungen zum Westen." Der Vorschlag der IAEA sehe keine Garantien vor, dass Iran das gelieferte Uran nach einer Anreicherung im Ausland tatsächlich wieder zurückerhalte.

Parlamentspräsident Ali Laridschani warf dem Westen "Betrug" vor. "Die Westler bestehen darauf, in eine Richtung zu gehen, um uns zu täuschen und uns Dinge aufzudrücken", sagte er am 24. Oktober der Nachrichtenagentur ISNA. Das Angebot sehe vor, Iran das auf 20 Prozent angereicherte Uran für den Teheraner Forschungsreaktor nur zu liefern, wenn Teheran sein angereichertes Uran hergeben. "Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen diesen beiden Sachen", sagte Laridschani.

Auch die Opposition verwarf den Kompromissvorschlag. Bei einem Treffen zwischen den beiden Oppositionsführern Mir Hossein Mussavi und Mehdi Karrubi am 28. Oktober bezeichnete Karrubi den Kompromiss als "wirklich erstaunlich". Mussavi sagte: "Sollten die Vereinbarungen in Genf tatsächlich umgesetzt werden, würden sie alle Bemühungen von tausenden Wissenschaftlern in unserem Land zunichte machen. Wenn sie aber nicht umgesetzt werden, werden sie den Weg für weitreichende Sanktionen ebnen.

Es ist schon verwunderlich, dass man einerseits der Opposition eine Verbindung und Zusammenarbeit mit Westen und Osten unterstellt, selbst jedoch so offen vor den USA kriecht." Es gäbe zwei Erklärungen, sagte Mussavi. "Entweder haben manche Herren den Auftrag, das Land und die gesamte Staatsordnung zu zerschlagen und zu vernichten, oder sie sind nicht fähig über den Tag hinaus zu denken."

Angesichts dieses massiven Widerstands ist es nicht verwunderlich, dass die Regierung der internationalen Gemeinschaft keine eindeutige Antwort auf den in Genf mündlich ausgehandelten Kompromiss erteilen kann. Ja, mehr noch: Sie musste sogar das am 29. Oktober übergebene Schreiben an die Atombehörde faktisch zurücknehmen. Das sei keine offizielle Antwort, verlautete aus Teheran. Es drücke lediglich die "positive Einstellung" und Bereitschaft der iranischen Regierung aus, über den Vorschlag zu verhandeln, berichtete die amtliche Nachrichtenagentur IRNA am 30. Oktober. Ein namentlich nicht genannter iranischer Regierungsvertreter erklärte, das Schreiben enthalte keine Antwort. Iran werde seinen Standpunkt in künftigen Gesprächen darlegen, meldete die Agentur weiter. Wie kann eine so handlungsunfähige Regierung die akuten außen- und innenpolitischen und wirtschaftlichen Probleme des Landes lösen, ist die Frage, die in Iran immer lauter gestellt wird.


Abgeordnete verklagen Mussavi

100 iranische Parlamentsabgeordnete haben rechtliche Schritte gegen Oppositionsführer Mir Hossein Mussavi wegen dessen Protesten nach der Präsidentenwahl gefordert. In ihrem Schreiben an die Staatsanwaltschaft heißt es, Mussavi habe dem Ansehen der islamischen Gesellschaft geschadet. Wie die Agentur IRNA am 20. Oktober weiter berichtete, erwarten die Unterzeichner, dass sich ihrer Aktion noch andere Abgeordnete anschließen.


Mussavi und Karrubi wollen im iranischen TV Wahlbetrug beweisen

Die bei den Präsidentschaftswahlen unterlegenen Kandidaten Mir Hossein Mussavi und Mehdi Karrubi wollen im staatlichen Fernsehen ihre Vorwürfe des Wahlbetrugs beweisen. Wie die reformierte Zeitung Sarmajeh am 12. Oktober berichtete, fordern sie einen öffentlichen Auftritt im Fernsehen, um Behauptungen zu begegnen, sie hätten keine Beweise für ihre Vorwürfe. Mussavi warf den iranischen Behörden zudem vor, "falsche Informationen" im Zusammenhang mit den Protesten nach der umstrittenen Wiederwahl Ahmadinedschads zu verbreiten.

"Wenn Sie so sicher sind, wieso haben Sie dann Angst, dass wir im Fernsehen auftauchen", sagte Mussavi der Zeitung an die Adresse der iranischen Behörden: "Warum öffnen Sie die Wahlurnen nicht direkt im Fernsehen?"

Mussavi verglich die Methoden der Regierung bei der Zerschlagung der Proteste mit denen der Inquisition. "Es scheint, als wollten uns einige Leute zurück in das Zeitalter der Inquisition bringen", sagte er nach Angaben der Zeitung Etemad während des Treffens mit Karrubi.

Die iranischen Behörden ermitteln jetzt gegen Karrubi, weil er öffentlich von Vergewaltigungen in Staatsgefängnissen gesprochen hatte, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur IRNA am 13. Oktober. Karrubis Vorwürfe seien haltlos, lautete die offizielle Begründung für das gegen ihn eröffnete Verfahren.


Anschlag auf Revolutionswächter ruft heftige Reaktionen hervor

Mindestens 50 Tote gab es nach offiziellen Angaben bei einem verheerenden Selbstmordanschlag auf iranische Revolutionswächter.

Laut Medienberichten befanden sich unter den Toten auch sieben hohe Kommandeure. Zahlreiche Menschen seien bei dem Blutbad vom 18. Oktober in der Provinz Sistan-Belutschistan im Südosten Irans verletzt worden.

Nach Angaben des staatlichen Fernsehens bekannte sich eine radikale Sunnitengruppe namens Dschundullah (Gottessoldaten) zu dem Anschlag. Die Gruppe soll unter anderem im Drogenhandel aktiv sein. Präsident Ahmadinedschad rief die pakistanische Regierung auf, die Gruppe Dschundullah zu zerschlagen. Das iranische Außenministerium bestellte laut Medienberichten den pakistanischen Geschäftsträger ein, um gegen das Eindringen der Dschundullah aus pakistanischem Territorium zu protestieren.

Die Revolutionswächter wollten sich mit Stammesführern in Pischin treffen. Das Staatsfernsehen berichtete, sie seinen von einem einzelnen Selbstmordattentäter angegriffen worden. Auch Stammesführer sollen sich unter den Toten befunden haben. Die Revolutionswächter warfen in einer Erklärung "Elementen mit Bezug auf globale Arroganz" - gemeint sind USA und Großbritannien - vor, für den Anschlag verantwortlich zu sein. Einzelheiten nannten sie nicht. Ahmadinedschad verurteilte den Anschlag und kündigte eine harte Reaktion an. Die "terroristischen Elemente" hinter der Tat bekämen bald eine "entschiedene Antwort", sagte Ahmadinedschad der Nachrichtenagentur Fars zufolge.

Auch die USA verurteilten die Bluttat. "Wir verurteilen diese terroristische Tat und betrauern den Tod Unschuldiger. Berichte über eine angebliche US-Beteiligung sind völlig falsch", teilte Außenamtssprecher Ian Kelly am 18. Oktober in Washington mit. Nach Ansicht der Behörden könnte die Tat auch einen kriminellen Hintergrund haben. Der Dschundullah wird vorgeworfen, in den Drogenhandel verstrickt zu sein. Das Drei-Länder-Eck im Südosten Irans gilt als Hauptroute von Drogenhändlern, die Rauschgift aus Pakistan und Afghanistan nach Europa schmuggeln. Derzeit sitzt Abdolhamid Rigi, der Bruder von Dschundullah-Führer Abdulmalik Rigi, wegen Mordes, Entführung und Drogenhandels in der Todeszelle. Erst im Juli waren 13 Dschundullah-Mitglieder im iranischen Zahedan hingerichtet worden.

Zwischen Dschundullah und iranischen Sicherheitskräften kommt es regelmäßig zu Zusammenstößen. Die Gruppe ist in der Vergangenheit auch für Terroranschläge in der Provinz verantwortlich gemacht worden. Im Mai starben bei einem Anschlag auf eine Moschee in Zahedan 25 Gläubige, rund 80 wurden verletzt. Der Parlamentsabgeordnete für die Provinzhauptstadt Zahedan, Peyman Forusesch, erklärte, "Feinde der Revolution" wollten Zwietracht zwischen Schiiten, die in Iran in der Mehrheit sind, und Sunniten im Südosten des Landes säen.

Der Heereschef der Revolutionswächter, Mohammad Pakpur, erklärte, die Rebellengruppe Dschundullah werde von britischen und US-Geheimdiensten ausgebildet. Im staatlichen Fernsehen sagte er am 19. Oktober, die Basis der Rebellen befinde sich in den Nachbarländern Irans. "In diesen Ländern arbeiten US- und britische Geheimdienste", und die Rebellengruppe Dschundullah "wird von den amerikanischen und britischen Geheimdiensten trainiert".

Noch deutlicher äußerte sich der Oberkommandierende der Revolutionswächter Mohammad Ali Dschafari. "Hinter diesem Vorgang stecken amerikanische und britische Geheimdienst-Apparate", sagte er der Nachrichtenagentur ISNA. "Es wird Vergeltungsmaßnahmen geben müssen, um sie zu bestrafen. Der iranische Geheimdienst habe Dokumente vorgelegt, die direkte Verbindungen von Dschundullah zu den Geheimdiensten der USA, Großbritanniens und Pakistans bewiesen. Abulmalek Rigi stehe "unzweifelhaft unter dem Schutz dieser Organisationen", sagte Daschafari.

Das britische Außenministerium wandte sich gegen die Anschuldigungen. "Wir weisen den Vorwurf, Großbritannien habe in irgendeiner Weise mit dem Attentat zu tun, unmissverständlich zurück", hieß es in einer Erklärung. Der iranische Innenminister Mostafa Mohammad Nadschar forderte das Nachbarland Pakistan auf, "schnellstmöglich die Terroristen an Iran auszuliefern", berichtete das staatliche Fernsehen. Pakistan wies die Behauptung zurück, in den Anschlag verwickelt zu sein. Ministerpräsident Seyd Yusuf Raza Gilani verurteile den "schrecklichen Terrorakt", teilte sein Büro in Islamabad am 19. Oktober mit. Zuvor hatte schon das Außenministerium den Vorfall verurteilt.


Todesurteil für drei Oppositionelle

Im Massenprozess nach den Wahlprotesten in Iran sind drei Angeklagte nach Medienberichten vom 10. Oktober zum Tod verurteilt worden. Zwei wurden der halbamtlichen Nachrichtenagentur ISNA zufolge wegen der Mitgliedschaft in einer monarchistischen Gruppe, die den Sturz der Republik zum Ziel habe, schuldig gesprochen. Der dritte Angeklagte, der Kontakte zu den Volksmodschahedin haben soll, sei wegen Verbindungen zu einer terroristischen Gruppe verurteilt worden.

Justizsprecher Sahed Baschiri Rad sagte, die Urteile seien noch nicht endgültig. Die Beschuldigten hätten die Möglichkeit, vor dem Obersten Gerichtshof Berufung einzulegen. Nach iranischem Recht muss ein Todesurteil vom Berufungsgericht und vom Obersten Gerichtshof bestätigt werden.

Die drei Todesurteile seien nicht die einzigen vom Revolutionsgericht verhängten Strafen im Zusammenhang mit den Protesten, fügte Rad hinzu. 18 Beschuldigte hätten Berufung gegen ihr Urteil eingelegt, sagte Rad, ohne nähere Angaben zur Art der Strafe und den Verurteilten zu machen.

Der Prozess, in dem sich mehr als 100 Aktivisten und prominente Oppositionelle verantworten müssen, begann im August. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International gab den Namen eines der Verurteilten mit Mohammad Resa Ali Samani an und appellierte an Teheran, das Urteil zurückzunehmen. Das Urteil gegen den 37-Jährigen könnte den Weg zu weiteren Todesurteilen für Oppositionelle ebenen, warnte Amnesty. Bei der Niederschlagung der Proteste gegen die umstrittene Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad am 12. Juni waren nach Angaben der Opposition 79 Menschen getötet worden.

Das Auswärtige Amt in Berlin hatte zuvor erklärt, das Urteil gegen Ali Samani sei "ohne Rechtfertigung" und müsse "umgehend aufgehoben" werden. "Iran bleibt aufgefordert, die internationalen Verpflichtungen zum Schutz der zivilen politischen Rechte seiner Bürger einzuhalten", erklärte das Außenministerium. Indes hat die UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay die iranischen Berufungsgerichte zur sofortigen Prüfung der Todesurteile aufgerufen. Gemäß dem Völkerrecht dürfe die Todesstrafe nur unter strengen Bedingungen angewandt werden, sagte sie am 13. Oktober. Dazu gehörten insbesondere faire Verfahren. Nach Ansicht der meisten UN-Menschenrechtsgremien verstoße Iran mit den Todesstrafen für Verbrechen ohne Todesfolge gegen internationale Abkommen, die auch von Iran selbst unterzeichnet seien.

Pillay zeigte sich außerdem bestürzt über die Erhängung eines Minderjährigen am 11. Oktober. Ein UN-Sonderberichterstatter erklärte, er habe wegen des Falls dreimal an die iranische Regierung geschrieben. Das Hinrichtungsverbot für Beschuldigte, die zur Tatzeit nicht volljährig gewesen sind, sei ein eindeutiger und wichtiger Menschenrechtsstandard.


Miliband fordert Freilassung von Botschaftsmitarbeiter

Der britische Außenminister David Miliband hat von den iranischen Behörden die Rücknahme eines "harschen" Urteils gegen einen Mitarbeiter der britischen Botschaft in Teheran gefordert. Wie die Nachrichtenagentur AP am 29. Oktober berichtete, ist der Iraner Hossein Rassam, politischer Chefanalyst der Botschaft, Berichten aus Teheran zufolge wegen Spionage zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden. Die iranischen Behörden hatten ihn im Juni zusammen mit hunderten anderen Regimegegnern bei der blutigen Niederschlagung der Proteste gegen die umstrittene Wiederwahl des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad festgenommen. Miliband bezeichnete die Berichte über das Urteil als "sehr besorgniserregend".

Der iranische Botschafter in Großbritannien wurde ins Außenministerium einbestellt, um den Vorgang zu erklären. "Eine solche Entscheidung ist vollkommen ungerechtfertigt und stellt eine weitere Bedrohung des Botschaftspersonals bei der Verfolgung ihrer regulären und rechtmäßigen Aufgaben dar", heißt es in einer Erklärung Milibands. Der Minister forderte die iranischen Behörden zu einer raschen Einleitung eines Berufungsverfahrens auf, das zur Aufhebung des Urteils führen müsse.


Mehr als zwölf Jahre Haft für US-iranischen Akademiker

Wegen Beteiligung an den Unruhen nach der Präsidentenwahl wurde ein amerikanisch-iranischer Akademiker zu mehr als zwölf Jahren Haft verurteilt. Kian Tajbakhsh wurde unter anderem der Spionage bezichtigt, wie IRNA am 20. Oktober meldete. Die US-Regierung erklärte, Tajbakhsh sei unschuldig, und forderte dessen sofortige Freilassung. Tajbakhsh stelle keine Gefahr für die Regierung oder die nationale Sicherheit Irans dar, sagte ein Außenamtssprecher in Washington. Er sei ein international anerkannter und unabhängiger Wissenschaftler, der sich um eine bessere Verständigung zwischen Iran und den USA sowie Iran und der internationalen Gemeinschaft bemüht habe.

Tajbakhsh' Anwalt erklärte, das genaue Strafmaß und weitere Details des Prozesses dürfe er nicht bekannt geben, doch müsse sein Mandant für mehr als zwölf Jahre ins Gefängnis. Tajbakhsh ist der einzige der nach der Präsidentenwahl angeklagten Oppositionellen, der auch die amerikanische Staatsbürgerschaft besitzt. Der Sozialwissenschaftler an einem US-Institut wurde bereits 2007 vier Monate lang inhaftiert, weil ihm eine Gefährdung der nationalen Sicherheit Irans vorgeworfen wurde. Er hat dies stets zurückgewiesen.

Oppositioneller gegen Kaution frei

Ein prominenter Dissident in Iran ist nach drei Monaten Haft gegen Zahlung einer Kaution wieder frei. Said Hadscharian wird vorgeworfen, zu gewaltsamen Protesten nach der umstrittenen Wahl von Präsident Ahmadinedschad aufgerufen zu haben. Hadscharian gilt als führender Kopf der Reformbewegung. Er gehörte zu den mehr als 100 Oppositionellen, die seit August wegen der Unruhen vor Gericht standen.

Hadscharian sei am 1. Oktober gegen eine Kaution von 200.000 Dollar nach 110 Tagen Gefängnis freigelassen worden, meldete die Tageszeitung "Iran". In seinem offenbar erzwungenen Geständnis vor Gericht hatte der Stratege der Reformbewegung eingeräumt, zu den Unruhen beigetragen zu haben und bat um Vergebung. Ferner widerrief er sämtliche seiner bisherigen politischen Ansichten und kündigte seinen Rücktritt aus der Moscharekat-Partei an, an deren Aufbau und Aktivitäten er führend beteiligt war. Während des Wahlkampfs hatte Hadscharian den Kandidaten der Reformer Mir Hossein Mussavi unterstützt. Er war auch Berater des ehemaligen Präsidenten Mohammad Chatami.


Drei regierungskritische Zeitungen verboten

Die iranischen Behörden haben drei oppositionsnahe Tageszeitungen verboten. Das meldeten staatliche Medien am 10. Oktober. Die Teheraner Zeitungen Farhag-e Aschti und Arman sowie die in Schiras erscheinende Tahlil-e Rus hatten kritisch über Präsident Ahmadinedschad berichtet. In den vergangenen Jahren wurden mehr als hundert unabhängige und liberale Zeitungen in Iran mit einem Erscheinungsverbot belegt.


Kommandeur der Basidsch-Miliz ersetzt

Nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA wurde am 5. Oktober der Kommandeur der gefürchteten Basidsch-Miliz, die für die Gewalt bei der Niederschlagung der Wahlproteste verantwortlich gemacht wird, ersetzt. Revolutionsführer Ali Chamenei habe den bisherigen Leiter Hossein Taeb gegen Mohammad Resa Naghdi ausgetauscht, meldete IRNA. Taeb wurde auf einen anderen Posten versetzt.

Laut einer Resolution des Weltsicherheitsrates vom März 2008 steht Naghdi mit der mutmaßlichen Weiterführung heikler Atom-Aktivitäten oder der Entwicklung von Liefersystemen für Atomwaffen in Verbindung. Deswegen wurden gegen ihn und andere UN-Sanktionen verhängt. Der ehemalige Chef des Polizei-Geheimdienstes billigte Übergriffe auf Versammlungen reformierter Studenten und auf politische Aktivisten, die den damaligen Präsidenten Mohammad Chatami während dessen Amtszeit 1997 bis 2005 unterstützten.

Reformer werfen Naghdi außerdem vor, für die Folter mehrerer inhaftierter Behördenvertreter in den 90er Jahren verantwortlich zu sein. Vor Gericht wurde er in diesem Anklagepunkt freigesprochen, aber wegen Missachtung von Befehlen und Beleidigung verurteilt. Naghdi wurde laut IRNA am 5. Oktober für den Kommandoposten ernannt. Dem Bericht zufolge wurden außerdem zwei weitere Posten bei den Sicherheitskräften neu besetzt.

Die Basidsch-Miliz ist eine den Revolutionswächtern unterstellte paramilitärische Freiwilligenorganisation, die sich nach der islamischen Revolution als "Sittenwächter" betätigte und heute häufig gegen Dissidenten eingesetzt wird. Schätzungen zufolge hat sie inzwischen mehrere Millionen Mitglieder, die häufig in Zivilkleidung aktiv sind. Sie sind überall, an allen staatlichen Institutionen, an den Universitäten und Schule vertreten und leisten auch Spitzeldienste. Nicht alle Basidschis sind bewaffnet. Viele Mitglieder widmen sich, vor allem in der Provinz, dem ursprünglichen Ziel, das heißt, dem Aufbau des Landes. Doch seit einigen Jahren werden die Milizen immer häufiger zur Niederschlagung von Unruhen und Streiks eingesetzt, so auch bei den Unruhen nach der Präsidentenwahl im Juni.


Tochter von Ahmadinedschads Medienberater sucht Asyl in Deutschland

Die Tochter des Medienberaters des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad sucht offenbar Zuflucht in Deutschland. Die iranische Regisseurin Narges Kalhor habe die Organisation des Nürnberger Filmfestivals der Menschenrechte informiert, dass sie Asyl in Deutschland beantragt habe, sagte Festival-Sprecher Matthias Rüd am 13. Oktober der AP.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wollte dazu unter Verweis auf Datenschutz nicht Stellung nehmen. Die 25-jährige Narges Kalhor ist die Tochter von Mehdi Kalhor, der als engster Vertrauter Ahmadinedschads gilt und ihn in Medienfragen berät. Die Regisseurin präsentierte auf dem Nürnberger Festival ihren Kurzfilm "The Rake" ("Die Egge"), in dem sie die Folter in totalitären Systemen unter Bezug auf Iran anprangert.

In einem Video, das am 12. Oktober auf YouTube erschien, äußerte Narges Kalhor ihre Unterstützung für die Reformbewegung in Iran. Sie und ihr Vater hätten unterschiedliche Meinungen, sagte Kalhor weiter. Sie sei sich sicher, dass er ihren Film nicht gesehen habe. Dennoch hoffe sie auf seine Unterstützung. "Eine Person kann sich jederzeit ändern", erklärte Kalhor.

Ihr Vater sagte der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA am 13. Oktober, die Opposition in Iran unterstütze den Versuch seiner Tochter, die Regierung herauszufordern. Dies sei Ausdruck eines Medienkriegs, den die Opposition führe, zitierte ihn die Agentur. Er habe keine Informationen über den Film seiner Tochter oder über ihre Ausreisepläne, erklärte Mehdi Kalhor demnach. Bis vor einem Monat habe er Narges für ihr Studium regelmäßig Geld überwiesen. Von ihrer Mutter habe er sich scheiden lassen, da seine Frau eine Gegnerin von Ahmadinedschad sei.


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Wirtschaft

Harte Haltung im Atomstreit - dennoch kompromissbereit

Iran hat im Atomstreit kurz vor einem wichtigen Treffen bei der Internationalen Atombehörde in Wien seine harte Haltung bekräftigt. "Solange diese Regierung im Amt ist, wird sie nicht ein Jota von den unbestreitbaren Rechten der iranischen Nation abweichen", kündigte Präsident Mahmud Ahmadinedschad am 29. Oktober in einer im staatlichen Fernsehen übertragenen Rede an. Zugleich begrüßte er die Angebote der westlichen Länder für eine Zusammenarbeit bei atomaren Brennstoffen, Kraftwerken sowie Technologie. Das Angebot, atomaren Brennstoff für einen Teheraner Forschungsreaktor zu liefern, sei für Iran die Gelegenheit, die Aufrichtigkeit der Weltmächte sowie der internationalen Atombehörde zu prüfen.

Der als radikal bekannte Präsident sprach von einer neuen Phase der Zusammenarbeit mit dem Westen. Dieser habe sich bezüglich des iranischen Atomprogramms "von der Konfrontation zur Kooperation" bewegt, erklärte er auf einer Kundgebung in der nordwestlichen Stadt Maschad. Der Boden für eine Kooperation in den strittigen Nuklearfragen sei bereitet, und Iran sei auch zur Zusammenarbeit mit der Internationalen Atombehörde bereit.


Im Atomkonflikt keine eindeutige Antwort aus Teheran

Die mit Spannung in Wien erwartete Antwort Irans auf das Angebot der Internationalen Atombehörde fiel nach bisherigen Meldungen zweideutig aus. Zwar stimmte Teheran dem Angebot, das wohl auch von den Vetomächten im UN-Sicherheitsrat und Deutschland unterstützt wird, grundsätzlich zu, verlangte aber in wichtigen Punkten Änderungen, die die Verhandlungen in die Länge ziehen oder auch gänzlich scheitern lassen könnten.

El Baradei hatte Iran vorgeschlagen, etwa 75 Prozent seiner Uran-Bestände von schätzungsweise 1,5 Tonnen in Russland anreichern und in Frankreich zu Brennstäben weiterverarbeiten zu lassen. Das gilt als Möglichkeit, die Vorräte des Landes an spaltbarem Material unter die für den Bau von Waffen notwendige Menge zu drücken. Die Islamische Republik übergab am 29. Oktober ihre Antwort der UN-Atombehörde in Wien. Darin fordert die Regierung in Teheran einem Zeitungsbericht zufolge grundlegende Änderungen in der zentralen Frage, unter welchen Bedingungen Iran sein Uran außer Landes bringen soll. Da die Gegenvorschläge den Plan von IAEA-Chef Mohammad El Baradei in zwei wichtigen Punkten unterlaufen würden, gilt eine Zustimmung des Westens als höchst unwahrscheinlich.

Damit drohen Iran schärfere Sanktionen durch den UN-Sicherheitsrat. In Wien bestätigte die IAEA den Eingang einer "ersten Antwort" Irans - die Frist dafür war bereits sechs Tage zuvor abgelaufen. El Baradei kündigte weitere Gespräche mit den beteiligten Ländern an. Er hoffe auf eine baldige Lösung, sagte er. Allerdings sagte ein westlicher Diplomat der Nachrichtenagentur Reuters in Wien: "Wenn die iranische Position tatsächlich dem entspricht, was man hört, dann führt uns die IAEA ins Nichts." Die Iraner würden El Baradei in den Rücken fallen. Dieser habe ihnen mit seinem Vorschlag eine goldene Brücke gebaut, damit sie die friedlichen Absichten ihres Programms beweisen könnten.

Nach einem iranischen Zeitungsbericht will das Land nun zwei Änderungen an dem vorliegenden Atomvorschlag durchsetzen. So soll das niedrig angereicherte Uran nur in mehreren Schritten außer Landes gebracht werden und nicht in einer Lieferung, wie die regierungsnahe Tageszeitung Javan ohne Angaben von Quellen am 29. Oktober berichtete.

Demnach will Iran einen gleichzeitigen Austausch seines niedrig angereicherten Urans gegen höher angereicherten Brennstoff erreichen. Nach den IAEA-Vorschlag hätte Iran sein Uran eigentlich erst nach der Verarbeitung im Ausland zurückbekommen. Dies würde dem Westen etwa ein Jahr mehr Zeit für weitere Verhandlungen bringen. Ein sofortiger Tausch des niedrig angereicherten Urans gegen höher angereichertes Material, wie es Iran nun offenbar fordert, würde dagegen keinen Spielraum für Gespräche garantieren. Auch eine schrittweise Lieferung des Urans ins Ausland dürfte auf Ablehnung stoßen, weil dadurch die kritische Menge von spaltbarem Material für den Bau einer Atombombe nicht unterschritten werden dürfte. Die iranischen Behörden lehnten eine Stellungnahme zu dem Bericht ab.


Inspektoren aus Iran zurückgekehrt

Nach ausgiebiger Inspektion einer neuen iranischen Atomanlage ist eine Delegation der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) nach Wien zurückgekehrt. Er werde IAEA-Generalsekretär Mohammad El Baradei in Kürze ausführlich Bericht erstatten, erklärte Herman Nackaerts, Leiter des Inspektoren-Teams, am 29. Oktober. Er sprach von einer erfolgreichen Reise.

Die Inspektoren überprüften eine im Bau befindlichen Anlage zur Urananreicherung nahe der heiligen Stadt Ghom südlich von Teheran. Die Existenz der unterirdischen Fabrik war erst Ende September bekannt gegeben worden, was internationale Kritik an Iran auslöste. Die Inspektionen erfolgten vor dem Hintergrund der Aufforderung an Teheran, auf eine eigene Urananreicherung zu verzichten und Brennstäbe für seine geplanten Atomkraftwerke in Russland produzieren zu lassen.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief Iran dazu auf, dieses Kompromissangebot anzunehmen.


Zeitung: Teheran verfügt über genügend Infos zum Bau von Atombomben

Iran verfügt nach einer vertraulichen Analyse der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) über genügend Informationen für die Entwicklung und den Bau einer "funktionierenden" Atombombe. Neben den Informationen von ausländischen Experten habe das Land sein Wissen auch durch eigene umfangreiche Forschung und Tests ausgebaut, heißt es in der Analyse weiter, wie die New York Times am 4. Oktober unter Berufung auf europäische Regierungsvertreter berichtete.

Nach Angaben der Zeitung wurden für die Analyse mit dem Titel "Mögliche militärische Dimensionen des iranischen Nuklearprogramms" eine Reihe von Atomwaffenexperten innerhalb und außerhalb der IAEA herangezogen. Im Bericht ist von einem komplexen Programm unter Leitung des iranischen Verteidigungsministeriums die Rede. Ziel sei die Entwicklung einer atomaren Sprengladung für Schahab-3-Raketen - diese können den Nahen Osten oder Teile Europas erreichen. Nach Informationen der IAEA begann das Programm bereits Anfang 2002.

Wie weit die Arbeit an der Atombombe bereits fortgeschritten ist, lässt der Bericht offen. Zudem weist er in seiner Einleitung darauf hin, dass es sich nur um vorläufige Schlussfolgerungen handele, die weiterer Bestätigung bedürften. Die bisherigen Indizien für das Programm stammten demnach von eigenen Ermittlungen sowie von Geheimdiensten. Laut New York Times gehen die Schlussfolgerungen der vertraulichen IAEAAnalyse weiter als die bisher öffentlich vertretenen Positionen der meisten Regierungen einschließlich Washingtons.

Das Dokument sei laut Angaben eines europäischen Beamten in diesem Jahr erstellt worden. Danach sei es überarbeitet und erweitert worden. Die Hauptschlussfolgerungen seien aber unverändert geblieben. Es sei jedoch nicht reif genug für ein offizielles Dokument, wird der Beamte zitiert. In den vergangenen Monaten habe es einen Disput darüber gegeben, ob die Analyse veröffentlicht werden sollte, berichtete die New York Times. Das sei zwischen IAEA-Chef Mohammad El Baradei einerseits und andererseits IAEAMitarbeitern und ausländischen Regierungen, die den Druck auf Iran erhöhen wollen, strittig. El Baradei war lange Zeit gegen eine Konfrontationsstrategie, da er sie als kontraproduktiv ansehe. Auf Forderungen nach einer Veröffentlichung des Berichts hin meldete er Zweifel an seiner Vollständigkeit und Verlässlichkeit an.


Angereichertes Uran im Angebot

Nach Angaben von Präsident Mahmud Ahmadinedschad haben mehrere Länder Iran angereichertes Uran angeboten. Iranische Unterhändler würden bald mit den betreffenden Ländern Gespräche über die genauen Bedingungen ihres Angebots führen, kündigte Ahmadinedschad am 7. Oktober einer Meldung der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA zufolge an. Auch die USA kämen als Lieferant für das bis zu 20 Prozent angereicherte Uran in Frage, fügte er hinzu. Weitere Details nannte Ahmadinedschad nicht. Bei den jüngsten Atomgesprächen Anfang Oktober in Genf hatte sich Iran nach Angaben westlicher Diplomaten in Grundzügen damit einverstanden erklärt, etwa 80 Prozent seiner Bestände von niedrig angereichertem Uran nach Russland und Frankreich zu schicken. Dort soll es von einem Anreicherungsgrad von 3,5 Prozent auf knapp 20 Prozent verdichtet und anschließend an Iran zurückgegeben werden. Ahmadinedschad ging auf diesen Vorschlag nicht ein, nannte aber die Genfer Gespräche mit Vertretern der fünf UN-Vetomächte und Deutschland "konstruktiv und einen positiven Schritt nach vorn".


Angriff Israels auf Iran vermeiden

Frankreich setzt im Falle eines Fehlschlags der Atomgespräche mit Teheran auf entscheidende Wirtschaftssanktionen, um einen israelischen Militärschlag gegen Iran zu vermeiden. "Wenn die Verhandlungen scheitern, muss alles getan werden, um einen Krieg zu verhindern", sagte der Generalsekretär des Präsidentenpalastes, Claude Guéant, dem Pariser Blatt "Le Figaro". Dabei gehe es "namentlich um eine von Israel beschlossene Initiative zu Bombenangriffen". Guéant tritt in Krisenherden direkt als Gesandter von Präsident Nicolas Sarkozy auf und kam gerade aus Syrien zurück.

Der türkische Präsident Abdullah Gül sagte dem "Figaro", als Nachbar Irans wolle die Türkei unbedingt eine diplomatische und politische Lösung. Ankara nehme am Verhandlungsprozess teil. "Wir haben mit Iran ernsthafte, offene und ehrliche Gespräche. Ich bin der einzige Staatschef der Verbündeten, der auf allen Ebenen einschließlich der religiösen Führung mit Iranern sprechen kann."

Außenminister Ahmet Davutoglu hat sich strikt gegen neue Sanktionen gegen Iran ausgesprochen. "Wir glauben nicht, dass dies ein Ergebnis bringt", zitierte ihn die türkische Tageszeitung Radikal am 1. Oktober. Er bemühe sich neue Sanktionen zu verhindern. Auch die Möglichkeit eines Militärschlags müsse vom Tisch, forderte der Minister.

Zuvor hatte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan ebenfalls vor einem Militärschlag gegen Iran gewarnt. Solch ein Angriff wäre "verrückt" und werde nicht nur für Iran schlimme Folgen haben, sagte er. "Wir sind gegen Atomwaffen in Nahost. Aber es gibt im Nahen Osten ein Land mit Atomwaffen, Israel. Der Unterschied ist, Iran ist Mitglied der Internationalen Atomenergiebehörde, Israel ist es nicht", wurde Erdogan zitiert. (Anm. d, Red.: Israel ist Mitlied in der IAEA, hat aber nicht den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet.)

Für seine Positionierung wurde Erdogan von Ahmadinedschad gelobt. "Was für eine Gerechtigkeit ist das, wenn ein illegitimer Staat (Israel) Atomwaffen hat und anderen Ländern der Zugang zu friedlichen Atomprogrammen verweigert wird", zitierten staatliche iranische Medien Ahmadinedschad am 27. Oktober nach einem Treffen mit Erdogan in Teheran. Erdogan habe erklärt, wer nukleare Abrüstung fordere, solle bei sich selbst beginnen.

Erdogan war am 26. Oktober zu einem dreitägigen Staatsbesuch in Teheran eingetroffen. Auf dem Programm standen auch Gespräche mit Revolutionsführer Ali Chamenei und Parlamentspräsident Ali Laridschani. Dabei wurden die bilateralen Beziehungen intensiviert und die jüngsten internationalen Entwicklungen besprochen.

Indes hat der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak bei den Bemühungen um einen Kompromiss im Atomstreit mit Iran zur Vorsicht gemahnt. Barak sagte dem israelischen Rundfunk am 29. Oktober, grundsätzlich sei ein Einlenken Irans zu begrüßen. "Wenn die Vereinbarung umgesetzt wird, wird sie Iran technisch um etwa ein Jahr zurückwerfen." Negativ sei jedoch, dass damit grundsätzlich anerkannt werde, dass Iran Uran anreichert. Die könnte Iran bei der Behauptung helfen, es strebe nur eine friedliche Nutzung von Atomenergie an. "Es ist wichtig, auf einen (vollständigen) Stopp der Urananreicherung in Iran zu bestehen", sagte der Verteidigungsminister.


US-Ausschuss verschärft Sanktionen gegen Zulieferer Irans

Im Streit um das iranische Atomprogramm sind die USA einer Verschärfung der Sanktionen gegen Zulieferer Teherans einen Schritt näher gekommen. Der einflussreiche außenpolitische Ausschuss des Repräsentantenhauses stimmte am 28. Oktober für einen Gesetzesvorschlag, der härtere Strafmaßnahmen gegen Kraftstoff-Lieferanten Irans vorsieht. Betroffen von diesen Sanktionen wären unter anderem Zulieferer aus Großbritannien, der Schweiz, Frankreich und Indien. US-Präsident Barack Obama könnte den Unternehmen künftig eine Geschäftstätigkeit in den USA untersagen, wenn sie Iran mit Ölraffinerie-Produkten beliefern.

Das US-Gesetz wäre eine Erweiterung einer seit 1996 bestehenden Sanktionsregelung, nach der Firmen in den USA mit Strafmaßnahmen rechnen müssen, die mehr als 20 Millionen Dollar in iranische Öl- und Gasstrukturen investiert haben. Zudem sollen künftig auch Firmen bestraft werden können, die den Kraftstoff nach Iran verschiffen. Das Repräsentantenhaus hatte dem Text zuvor bereits zugestimmt. Es steht nur noch die Unterschrift von US-Präsident Barack Obama aus, um ihn in Kraft zu setzen. Die Initiatoren des Sanktionsprojekts, die republikanischen Senatoren Susan Collins und John Kyl, begrüßten die Verabschiedung: "Dieser Schritt sendet eine Botschaft an jene Unternehmen, denen Profit vor Sicherheit geht", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Verabschiedet wurde der Entwurf als Zusatz zum Budget des Energieministeriums mit 80 zu 17 Stimmen.


London untersagt Finanzinstituten Handel mit zwei iranischen Firmen

Wegen angeblicher Verbindungen zum iranischen Atomprogramm hat Großbritannien den Finanzinstituten des Landes den Handel mit zwei iranischen Unternehmen untersagt. Die Sperre betrifft die iranische Bank Mellat und die staatliche Reederei Islamic Republic of Iran Shipping Lines, hieß es am 12. Oktober in einer Erklärung der britischen Finanzstaatssekretärin Sarah McCarthy-Fry an das britische Unterhaus.

Bank Mellat sei in Transaktionen zur Finanzierung des iranischen Raketen- und Nuklearprogramms verwickelt gewesen, begründete das Finanzministerium die Entscheidung. Die Reederei habe wiederum Waren für die umstrittenen Atomprogramme transportiert. "Wir können und werden die spezifischen Aktivitäten der iranischen Firmen nicht ignorieren, die eine von der UNO als bedenklich eingestufte Absicht Irans unterstützen", erklärte McCarthy-Fry. Britischen Finanz- und Kreditinstituten werde es daher nicht länger möglich sein, in Transaktionsgeschäfte oder Geschäftsbeziehungen mit den beiden Firmen zu treten, bevor diese nicht vom Finanzministerium genehmigt seien. Dies betreffe auch laufende Geschäfte.


Iran spricht über Nabucco-Gaslieferungen

Iran lotet ungeachtet des Atomstreits Möglichkeiten für Gaslieferungen über die geplante Nabucco-Pipeline nach Europa aus. Es gebe mehrere Gespräche mit europäischen Energieunternehmen, sagte der iranische Gasmanager Resa Kasisadeh am 31. Oktober der Nachrichtenagentur Mehr. Angaben zu den Firmen machte er nicht. Iran verfügt nach Russland über die zweitgrößten bekannten Gasvorkommen der Welt.

Wegen des Widerstands der USA und Handelssanktionen ist Iran von dem Nabucco-Projekt bisher ausgeschlossen. Für eine Beteiligung Irans setzt sich vor allem das Nachbarland Türkei ein, das bereits eine verstärkte Zusammenarbeit angekündigt hat.

Für die Pipeline, die von 2014 an Erdgas aus dem Kaspischen Raum durch die Türkei nach Europa transportieren soll, sind Kosten von 7,9 Milliarden Euro veranschlagt. Die Leitung soll Europa unabhängiger von Importen aus Russland machen. An dem Projekt ist unter anderem der deutsche Energiekonzern RWE beteiligt.

Über die 3300 Kilometer lange Pipeline soll unter Umgehung Russlands Erdgas etwa aus Aserbaidschan, Kasachstan oder Turkmenistan quer durch die Türkei über Bulgarien, Rumänien und Ungarn zunächst bis nach Österreich gebracht werden. Ein Konsortium von Unternehmen aus Deutschland, Österreich, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und der Türkei plant die von der EU unterstützte Pipeline.

Russlands Gasriese Gazprom plant zusammen mit der italienischen Eni eine eigene Pipeline, die durch das Schwarze Meer führt (South Stream). Russland kritisiert das Nabucco-Projekt seit Jahren und bemüht sich selber um Vereinbarungen mit Förderländern, um das Gas über South Stream liefern zu lassen.


Iran will subventioniertes Benzin stärker rationieren

Iran will die Ausgabe von staatlich bezuschusstem Benzin offenbar drastisch reduzieren. Nach den Plänen der Regierung würden Kraftfahrer künftig nur noch 55 Liter subventionierten Sprit im Monat erhalten, berichtete das staatliche Fernsehen am 8. Oktober unter Berufung auf Äußerungen von Ölminister Massud Mirkasemi. Derzeit bekommen sie noch 100 Liter zu einem deutlich reduzierten Preis. Sollte das Parlament dem Vorschlag der Regierung zustimmen, dürften künftig nur noch vier Millionen Liter subventioniertes Benzin pro Tag verkauft werden. Die Regierung hatte die Ausgabe von staatlich bezuschusstem Benzin 2007 auf 100 Liter pro Monat und Kraftfahrer festgelegt. Der vergünstigte Sprit kostet umgerechnet knapp 7 Cent pro Liter, alles was darüber hinausgeht etwa viermal soviel.

Iran ist zwar einer der größten Erdölexporteure der Welt, wegen zu geringer Raffineriekapazitäten muss das Land jedoch bis zu 40 Prozent seines wachsenden Benzinbedarfs importieren. Derzeit drohen Iran wegen seines Atomprogramms neue Sanktionen. Dabei ist auch eine Einschränkung der Benzin-Einfuhren im Gespräch.

Einem Zeitungsbericht zufolge warnte Mirkasemi jedoch Ölkonzerne davor, infolge derartiger Bestrebungen westlicher Länder ihre Lieferungen an die Islamische Republik einzustellen. In diesem Fall würden die Unternehmen von der Liste der Lieferanten gestrichen, drohte der Ölminister. Branchenkreisen zufolge haben in den vergangenen Monaten unter anderem Royal Dutch Shell, die Total-Tochter Tosta, Vitol, Glencore International, die Lukoil-Tochter Litasco und das chinesische Staatsunternehmen Zhuhai Zhenrong Benzin an Iran geliefert. Iranische Medien hatten zudem im vergangenen Monat berichtet, Venezuela habe der Islamischen Republik Benzinlieferungen von 20 000 Barrel pro Tag zugesagt.

Präsident Ahmadinedschad erklärte, der Energieverbrauch sei in Iran viermal höher als der tatsächliche Bedarf. Seinen Angaben zufolge werde in Iran jährlich Energie im Wert von 110 Milliarden Dollar verbraucht. Der durchschnittliche Verbrauch liege um das Mehrfache höher als der Verbrauch in großen Staaten.

Während einer Ansprache zur Eröffnung neuer Entwässerungsanlagen in der Hauptstadt Teheran am 8. Oktober sagte der Präsident: "Wir verbrauchen täglich 4,2 Millionen Barrel Erdöl. Bei einem Preis von 70 Dollar pro Barrel beträgt der tägliche Verbrauch 300 Millionen Dollar. Das sind im Jahr 110 Milliarden Dollar." Experten schätzten jedoch den tatsächlichen Bedarf auf 30 Milliarden Dollar pro Jahr.

Auch Revolutionsführer Ali Chamenei forderte Anfang des iranischen Jahres die Bevölkerung auf, sparsam mit Energie umzugehen. Er erklärte das Jahr zum "Jahr des vorbildlichen Konsums". Daran anknüpfend sagte Ahmadinedschad, der größte Teil des Energiekonsums werde vom Staat subventioniert. Die wohlhabendsten zehn Prozent der Bevölkerung verbrauchten dreißig Mal mehr Energie als die ärmsten zehn Prozent. "In Teheran gibt es Familien, die monatlich 600 Kilowatt Strom verbrauchen", sagte der Präsident. Daneben gibt es in derselben Stadt Familien, die mit 60 Kilowatt Strom auskämen. Und diese seien nicht einmal dazu in der Lage, die Kosten dafür zu tragen. "Daher sollten nur Bedürftige vom Staat bezuschusst werden und jene, die über ein höheres Einkommen verfügen, die vollen Kosten selbst tragen." Einen entsprechenden Antrag hatte die Regierung bereits vor einem Jahr dem Parlament vorgelegt. Doch die Abgeordneten befürchteten eine hohe Inflation und lehnten den Antrag ab. Nun will die Regierung noch einmal den Versuch unternehmen, das Parlament von dem Vorhaben zu überzeugen.

Angesichts der Knappheit des im Inland produzierten Benzins will Iran mit einer größeren Benzinproduktion seine Abhängigkeit von Import verringern. Bis 2012 werde der Ausstoß um 50 Prozent steigen, zitierte ISNA am 10. Oktober den Chef des staatlichen Raffinerie-Unternehmens Nureddin Schahnasisadeh.


Keine Flak-Raketen aus Russland

Russland hat offiziellen Angaben zufolge noch keine Flugabwehrraketen vom Typ S-300 nach Iran geliefert. Das teilte der für die Rüstungsindustrie zuständige stellvertretende Ministerpräsident Sergej Iwanow am 28. Oktober mit. Iwanow nannte das Waffensystem defensiv.

Die USA und Israel dringen darauf, dass Russland die im Westen als SA-20 bekannten Raketen nicht in die Islamische Republik liefert. Die Regierung in Jerusalem befürchtet, dass Iran mit den Raketen seine Atomeinrichtungen gegen mögliche Luftangriffe schützen will. Die S-300 kann Flugzeuge sowie Marschflugkörper bekämpfen und gegen Ziele in 150 Kilometer Entfernung eingesetzt werden. Die Rakete kann pro Sekunde mehr als zwei Kilometer zurücklegen.


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Außenpolitik

USA stellen Finanzhilfe für "Dokumentationszentrum über Menscherechte in Iran" ein

Washington hat einem Bericht des britischen Senders BBC zufolge die Finanzhilfe für "das Dokumentationszentrum über Menschenrechte in Iran" eingestellt, betonte jedoch, an der Strategie zur Unterstützung der Menschenrechte und der Zivilgesellschaft im Nahen Osten weiterhin festhalten zu wollen. Diese Maßnahme werde nicht zur Einstellung der Aktivitäten des Zentrums führen, sagte ein Sprecher des Zentrums der BBC. Bei dem Zentrum handele es sich um eine unabhängige Institution ohne politische Zielsetzung.

Das Zentrum wurde 2004 mit einer Million Dollar Finanzhilfe aus Washington in New Haven im US-Staat Connecticut gegründet. Seine Aufgabe besteht hauptsächlich darin, Unterlagen über die Missachtung der Menschenrechte in Iran zu sammeln und diese zu analysieren. Ian Kelly, ein Sprecher des US-Außenministeriums, erklärte am 7. Oktober, er wisse nicht, warum die Finanzhilfe eingestellt worden sei. Zugleich betonte er, dass die Einstellung an dem Ziel seines Ministeriums, die Zivilgesellschaften in den Ländern des Nahen Ostens zu unterstützen, nichts geändert habe.

Doch der Leiter des Zentrums meinte im Gespräch mit der BBC, die Einstellung der Finanzhilfe sei damit begründet worden, dass es dem Zentrum nicht gelungen sei, Menschenrechtsverletzungen in Iran rechtzeitig, insbesondere nach der Präsidentenwahl im Juni, zu registrieren und öffentlich zu machen. Doch das Zentrum habe über die Ereignisse nach der Wahl eine Dokumentation in Vorbereitung. Zudem habe das Zentrum im August dieses Jahres unter dem Titel "Die tödliche Fatwa" eine umfangreiche Dokumentation über die Massenhinrichtungen im Jahr 1989 vorgelegt.

Wie der Leiter weiter berichtete, habe das US-Außenministerium seit 2004 das Zentrum mit rund drei Millionen Dollar unterstützt. Damit seien etwa neunzig Prozent der Ausgaben des Zentrums gedeckt worden. Die Finanzhilfe sei jeweils auf der Webseite des Zentrums bekannt gegeben worden.

Nach der Bekanntgabe der Einstellung der Finanzhilfe äußerten manche politische Beobachter die Vermutung, die Maßnahme sei Folge der neuen US-Strategie gegenüber Iran. Zu dieser Vermutung wollte sich der Leiter des Zentrums nicht äußern.

Demgegenüber meinte der in Kanada lehrende iranische Rechtswissenschaftler Payam Akhawan in einem Interview mit der BBC, es bestehe die Gefahr, dass die Regierung Barack Obamas sich auf den Atomkonflikt konzentriert und dabei die Frage der Menschenrechte ignoriert. Zwar betonen Vertreter der US-Regierung immer wieder, dass sie wegen der Verletzung der Menschenrechte in Iran besorgt seien und die "legalen Ziele" der Opposition unterstützen. Doch in der Praxis scheint die Obama-Regierung sich tatsächlich auf den Atomkonflikt konzentriert zu haben. Akhawan äußerte die Meinung, Obamas Vorgänger George W. Bush und seine Regierung hätten die Menschenrechte zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele instrumentalisiert.

2006 stimmte der US-Kongress einem Antrag der Bush-Regierung zu, in dem Gelder in Höhe von 75 Millionen Dollar zur Unterstützung der Demokratiebewegung in Iran eingesetzt werden sollten. Diese Maßnahme forderte viel Kritik heraus, weil sie den Machthabern in Iran einen Vorwand lieferte, Oppositionelle im eigenen Land als Kollaborateure zu verfolgen.

Das Zentrum ist nach eigenen Angaben auch ohne die Unterstützung des Außenministeriums in der Lage, seine Aktivitäten vorerst bis 2010 fortzusetzen. Für die Zeit danach bemühe man sich um Spenden.


USA kurz vor Fertigstellung von Super-Bombe

Die USA stehen kurz vor der Fertigstellung einer neuen Super-Bombe, die im Falle eines Einsatzes tief im Erdreich verborgene Militäranlagen zerstören kann. Der 30.000 Pfund schwere "Massive Ordnance Penetrator" (MOP) könne sich durch das Erdreich graben und "Einrichtungen von feindlichen Staaten" zerstören, die dem Bau von Massenvernichtungswaffen dienten, sagte Pentagon-Sprecher Geoff Morrell am 8. Oktober in Washington.

Morrell wollte nicht ausdrücklich bestätigen, dass sich die Bombe gegen Staaten wie Iran oder Nordkorea richte, die nach Einschätzung der US-Geheimdienste in unterirdischen Anlagen an Atombomben arbeiteten. "Man kann nicht über die möglichen Ziele dieser Bombe spekulieren", sagte der Sprecher. "Wir leben in einer Welt, in der es Leute gibt, die Massenvernichtungswaffen anstreben - und dies in geheimer Weise tun."

Nach Morrells Angaben soll die Mop-Bombe "in einigen Monate" einsatzbereit sein. Es wäre die bislang größte konventionelle Bombe der US-Streitkräfte. In der vergangenen Woche hatte das Pentagon dem Luftfahrtkonzern McDonnell Douglas für 51,9 Millionen Dollar den Auftrag erteilt, B-2-Kampfflugzeuge der US-Luftwaffe für den Transport der Super-Bombe nachzurüsten.


Gemeinsame Militärübung von USA und Israel

Israel und die USA haben am 21. Oktober ihre größte gemeinsame Militärübung zum Schutz Israels vor Raketenangriffen begonnen. An dem mehrwöchigen Manöver "Juniper Cobra" werden nach Angaben der israelischen Armee jeweils 1000 Soldaten aus Israel und den USA teilnehmen. Ein ranghoher israelischer Militär sagte im Rundfunk, die Übung diene der Vorbereitung auf eine mögliche Konfrontation mit Iran. In einer Erklärung der israelischen Armee hieß es, das gemeinsame Militärmanöver mit den USA sei keine Reaktion auf eine veränderte Bedrohungslage, vielmehr hätten die Vorbereitungen bereits vor eineinhalb Jahren begonnen.

Medienberichten zufolge sollen mehrere Raketenabwehrsysteme getestet werden, die Israel vor Angriffen mit Langstreckenraketen schützen sollen. Das Manöver soll bis zum 5. November dauern.


Jemen stoppt Schiff von mutmaßlichen Waffenschmugglern

Die Küstenwacht des Jemen hat ein Schiff gestoppt, das Medienberichten zufolge Waffen zu den schiitischen Rebellen schmuggeln sollte. Sechs Seeleute seien festgenommen worden, darunter drei Iraner, erklärte das Innenministerium am 28. Oktober. Das Schiff sei illegal in jemenitische Hoheitsgewässer eingefahren, hieß es. Der Jemen hat in letzter Zeit wiederholt Iran und schiitischen Gruppen außerhalb des Landes vorgeworfen, sie unterstützten die Rebellen, die in der Provinz Saada kämpfen. Belege dafür gibt es aber nicht. Medienberichten zufolge handelte es sich bei dem Schiff um ein iranisches.


Drohung gegen Israel bekräftigt

Iran hat seine Drohungen gegen Israel für den Fall eines militärischen Angriffs bekräftigt. "Wenn auch nur eine amerikanische oder zionistische Rakete unser Land trifft, werden, noch ehe der Staub sich gesenkt hat, iranische Raketen das Herz Israels in die Luft jagen", sagte Modschtaba Solnur nach einem Bericht der Agentur IRNA vom 10. Oktober. Solnur ist der stellvertretende Repräsentant des Revolutionsführers Ali Chamenei bei den Revolutionswächtern. Israel hat nicht ausgeschlossen, Iran mit militärischen Mitteln am Bau einer Atombombe zu hindern.


Irak sucht Aufnahmeland für Volksmodschahedin

Die irakische Regierung sucht nach eigenen Angaben ein Aufnahmeland für 36 Mitglieder der iranischen Volksmodschahedin. Sie sollten nicht nach Iran abgeschoben werden, wo ihnen die Festnahme drohe, hieß es am 4. Oktober aus dem Büro von Ministerpräsident Nuri Maliki. Stattdessen wolle der Irak sie in ein Drittland schicken. Die 36 Mitglieder waren im Juli bei einer Razzia im irakischen Internierungs- und Flüchtlingslager Aschraf festgenommen worden, die Justiz hat ihre Freilassung angeordnet, sie wurden nach Bagdad gebracht. Nach Angaben der Volksmodschahedin wurden sie gewaltsam an einen geheimen Ort transferiert. Den vom Hungerstreik Geschwächten drohe der Tod.

Die Anfänge von Camp Aschraf reichen in das Jahr 1986 zurück. Damals erlaubte der irakische Präsident Saddam Hussein den iranischen Volksmodschahedin die Ansiedlung, sie erhielten reichlich Waffen und Geld. Dafür unterstützten sie Irak im Krieg gegen Iran und im Kampf gegen kurdische und schiitische Aufständische.


Nürnberger Menschenrechtspreis für Soltani

Dem iranischen Bürgerrechtler Abdolfattah Soltani wurde am 4. Oktober der Nürnberger Menschenrechtspreis verliehen. Er konnte jedoch wegen eines Ausreiseverbots die Auszeichnung nicht selbst entgegennehmen. In Vertretung des 55-Jährigen erhielt dessen Ehefrau Masoumeh Dehghan bei einem Festakt im Nürnberger Opernhaus den mit 15000 Euro dotierten Preis. Mit der Auszeichnung würdigt die Stadt Nürnberg Soltanis Engagement für verfolgte iranische Oppositionelle.

Der Bürgerrechtler hat gemeinsam mit anderen Anwälten vor einigen Jahren in der iranischen Hauptstadt Teheran ein "Zentrum für Menschenrechtsverteidiger" gegründet. Er war deshalb in seinem Heimaltland mehrfach inhaftiert worden - zuletzt in diesem Sommer.

Auch seine Reise nach Deutschland war immer wieder infrage gestellt worden. Nachdem ihm die iranischen Behörden schließlich doch einen Reisepass ausstellten, wurde ihm zwei Tage vor der Preisverleihung überraschend die Ausreise verweigert. Mehrere Männer hätten dem Bürgerrechtler in der Nacht vor dem Abflug am Teheraner Flughafen seinen Reispass wieder abgenommen und gesagt, er müsse sich im Präsidialbüro melden, berichtete die Stadt Nürnberg. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) kritisierte die Regierung in Iran. "Menschrechte wie die Reisfreiheit werden systematisch missachtet, Willkür und Machtmissbrauch stehen auf der Tagesordnung", sagte er laut einer Mitteilung der Stadt Nürnberg.

Der Internationale Nürnberger Menschenrechtspreis wird sei 1995 alle zwei Jahre vergeben. Ausgezeichnet werden Bürgerrechtler, die sich unter erheblichen Risiken für die Menschenrechte einsetzen.

Nach Angaben der iranischen Nachrichtenagentur IRNA protestierte Iran offiziell gegen "undiplomatische Äußerungen" von Günter Gloser, Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, bei der Preisverleihung. Gloser hatte Vorwürfe der iranischen Opposition wiedergegeben, wonach der Wahlsieg von Präsident Ahmadinedschad nur durch massive Fälschungen möglich gewesen sei, und betont, diese Darstellungen seien bis heute noch nicht ausgeräumt. Das Auswärtige Amt in Berlin wies den Protest zurück. Man unterstütze den Einsatz des Preisträgers und werde auch weiter das Thema Menschenrechte offen ansprechen, sagte ein Sprecher am 14. Oktober in Berlin. Er bestätigte, dass die Geschäftsträgerin der deutschen Botschaft in Teheran wegen des Vorgangs in das iranische Außenministerium gebeten worden war.


Irans Außenminister in Washington

Der iranische Außenminister Manuchehr Mottaki reiste im Anschluss an seine Teilnahme an der UN-Vollversammlung in New York in die US-Hauptstadt Washington. Wie das US-Außenministerium am 1. Oktober mitteilte, statteten Mottaki und seine Frau mit Erlaubnis der US-Behörden der iranischen Interessenvertretung in der pakistanischen Botschaft in Washington einen Kurzbesuch ab. Ein Treffen mit US-Regierungsvertretern habe es nicht gegeben, berichtete die Washington Post online. Die Islamische Republik und die USA unterhalten keine direkten diplomatischen Beziehungen.

Ein Zusammenhang des Besuchs mit den Atomgespräche der fünf Vetomächte im UN-Sicherheitsrat und Deutschlands mit einer iranischen Delegation am 1. Oktober in Genf habe nicht bestanden, sagte der Sprecher des US-Außenamts, Phillip Crowley, laut Washington Post.


EU-Gipfel kritisiert Iran

Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union zeigten sich besorgt über Menschenrechtsverletzungen in Iran. Im Entwurf einer Erklärung des EU-Gipfels vom 30. Oktober in Brüssel heißt es, die EU-Regierungen seien "zutiefst besorgt über die Verhängung der Todesstrafe, die gewaltsame Unterdrückung von Opposition und Massen-Gerichtsverfahren gegen Journalisten, Menschenrechtler und politische Aktivisten". Der EU-Gipfel forderte auch eine "rasche und bedingungslose Freilassung" von verhafteten Mitarbeitern der Botschaften von EU-Staaten. In der Erklärung erneuerten die Staats- und Regierungschefs auch ihre "ernste Sorge" über das Atomprogramm Irans. Sie forderten Teheran auf, die Vorschläge der Internationalen Atombehörde IAEA zur Anreicherung von Uran im Ausland anzunehmen.


Abschiebestopp für Iraner in Berlin

Berlins Innensenator Ehrhard Körting (SPD) hat einen Abschiebestopp für Flüchtlinge aus Iran erlassen. Grund ist die Lage der Menschenrechte in Iran, wo Proteste der Opposition seit Juni gewaltsam unterdrückt werden. Aktuell sei kein iranischer Flüchtling in der Hauptstadt von Abschiebung bedroht, sagte am 1. Oktober eine Sprecherin der Innenverwaltung. Die Anweisung sei vorsorglich ergangen. Der rheinland-pfälzische Innenminister Karl Peter Bruch (SPD) hatte bereits drei Wochen zuvor einen bundesweiten Abschiebestopp für Iraner gefordert.


China will eng mit Iran kooperieren

Der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao hat die Zusammenarbeit seines Landes mit Iran gewürdigt und eine Vertiefung der Beziehungen angekündigt. China wolle das Verhältnis ausweiten und auch in internationalen Fragen eng mit der Führung der Islamischen Republik kooperieren, sagte Wen nach einer Meldung der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua bei einem Treffen mit Irans erstem Vizepräsidenten Mohammad Resa Rahimi. Auch im Atomstreit mit Iran wolle die Volksrepublik eine konstruktive Rolle spielen.

Die USA und ihre europäischen Verbündeten dringen darauf, dass Iran seine Atom-Aktivitäten offen legt, und schließen eine weitere Sanktionsrunde gegen das Land nicht aus. Wens Äußerungen deuten darauf hin, dass China nicht bereit sein dürfte, durch Unterstützung der US-Position im Atomstreit seine wirtschaftlichen Bindungen zu Iran aufs Spiel zu setzen.


Pakistan lässt elf festgenommene Iraner frei

Pakistan hat am 27. Oktober elf Iraner freigelassen, die am Tag zuvor in der Nähe der gemeinsamen Grenze festgenommen worden waren. Die Behörden hatten zunächst erklärt, bei den Festgenommenen handele es sich um Mitglieder der Revolutionswächter, später aber nur noch von Sicherheitskräften gesprochen. Sie sollen im Bezirk Mashkel auf die Reifen eines mit zwei Schmugglern besetzten Autos geschossen haben. Ein pakistanischer Polizeisprecher erklärte, die elf Iraner seien nach Ermittlungen freigelassen worden.


Chavez: Iran hilft Venezuela bei Suche nach Uranvorkommen

Iran hilft Venezuela nach den Worten von Präsident Hugo Chavez bei der Suche nach Uranvorkommen. Sein Land arbeite mit mehreren Ländern zusammen, auch mit der Islamischen Republik und mit Russland, sagte Chavez am 18. Oktober während eines Treffens südamerikanischer Präsidenten im bolivianischen Cochabamba. Seine Regierung wolle jedoch Atomenergie ausschließlich zu friedlichen Zwecken nutzen. Weder Venezuela noch Iran planten den Bau einer Atombombe, betonte Chavez. Seine Regierung erachte die Entwicklung einer Uran-Bergbauindustrie als "strategisch".

Im vergangenen Monat hatte der Bergbauminister Venezuelas erklärt, iranische Experten hätten auf der Suche nach Uran Bodenproben genommen. Erste Tests deuteten auf große Vorkommen hin.

Die US-Regierung äußerte sich bereits besorgt über die enger werdenden Beziehungen Venezuelas zur Islamischen Republik. Chavez hatte im vergangenen Monat zugesagt, Iran mit 20.000 Fass Benzin pro Tag zu versorgen. Iran beliefert das südamerikanische Land mit Traktoren und Konsumgütern.


Iranischer Geheimdienst bedroht Regimegegner in Deutschland

Der iranische Geheimdienst bedroht nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes Kritiker des Regimes in Deutschland. Auch die Anhänger des neuen "grünen Protests" geraten sehr wahrscheinlich verstärkt ins Blickfeld, wie der stellvertretende Leiter des Hamburger Landesamts für Verfassungsschutz, Manfred Murck, am 15. Oktober der Nachrichtenagentur AP sagte. "Es spricht vieles dafür, dass nicht nur wie bisher die klassischen Oppositionsgruppen beobachtet werden", meinte er. Ob auch mehr iranische Agenten in Deutschland aktiv seien, könne man aber nicht sagen.

Im vergangenen halben Jahr gab es nach den Worten des stellvertretenden Behördenleiters zudem Anhaltspunkte dafür, "dass sich die internen Spannung im Verhältnis des engeren Staatsapparates um Präsident Mahmud Ahmadinedschad und der Geistlichkeit zunehmend im Ausland niederschlagen". Diese Kontroversen zeigten sich auch am Islamischen Zentrum Hamburg (IZH), "der wichtigsten religiösen Institution des Mullah-Regimes in Deutschland", sagte Murck.

Dass Teheran in Deutschland gegen Regimekritiker aktiv ist, ist grundsätzlich bereits seit längerem bekannt. "Insbesondere der iranische Nachrichtendienst VAVAK konzentriert sich hier auf die Beobachtung und Zersetzung der iranischen Oppositionsgruppen", heißt es im Bericht des Hamburger Landesamts für Verfassungsschutz 2008. "Wir wissen, dass der iranische Dienst bei Demonstrationen Leute mitlaufen lässt", sagte Murck dem ARD-Magazin Panorama. Der Geheimdienst versucht demnach bei Protestaktionen gegen die Regierung des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad einzelne Demonstranten zu identifizieren. "Wir haben Belege dafür, dass videographiert wird, dass der Dienst Leute gezielt ausfindig machen will", wird Murck in der Sendung weiter zitiert, die am 15. Oktober ausgestrahlt wurde.

Organisatoren der Proteste gegen die gefälschte Wiederwahl Ahmadinedschads in Deutschland berichteten in Panorama von Drohanrufen und Repressalien gegen Demonstrationsteilnehmer und ihre Familien in Iran, wie das Magazin mitteilte. Murck bestätigte demnach, dass der iranische Geheimdienst mit diesen Methoden gegen in Deutschland lebende Regimekritiker vorgeht. Bei Heimreisen nach Iran habe der Geheimdienst die Gelegenheit, massiv gegen Betroffene vorzugehen.

Laut Bundesamt für Verfassungsschutz betreibt Iran in Deutschland aktiv die Ausforschung eigener Oppositioneller sowie die Unterwanderung ihrer Organisationen. Einer der Hauptträger der nachrichtendienstlichen Aktivitäten ist demnach der zivile In- und Auslandsnachrichtendienst des Ministeriums für Information und Sicherheit (Ministry of Information an Security MOIS, in Farsi Vezarat-e Ettelaat Va Amniat-e Keshvar VEVAK).

"Schwerpunktaufgabe des iranischen Nachrichtendienstapparates ist die intensive Beobachtung und Bekämpfung oppositioneller Gruppierungen im In- und Ausland", heißt es im Verfassungsschutzbericht 2008 der Bundesbehörde weiter. "Das MOIS unterhält an der iranischen Botschaft in Berlin eine Legalresidentur, die mit der Beobachtung von in Deutschland lebenden Oppositionellen beauftragt ist. Daneben leistet sie logistische Unterstützung für nachrichtendienstliche Operationen der MOIS-Zentrale in Teheran".

Deutsche in Umfrage: Iran würde Atombombe zünden

Fast zwei Drittel der Deutschen (63 Prozent) sind laut einer Umfrage davon überzeugt, dass Iran eine Atombombe einsetzen würde, wenn er sie bauen könnte. In einer am 11. Oktober veröffentlichten Umfrage des Nachrichtenmagazins Focus sagten 30 Prozent, Iran werde keine Atombombe einsetzen. Sieben Prozent machten keine Angaben. Das Meinungsforschungsinstitut polis/USUMA befragte für Focus im Oktober 1006 repräsentativ ausgewählte Personen.


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Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Vera Lorenz
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
8. Jahrgang


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Quelle:
Iran-Report Nr. 11/2009 - November / 8. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. November 2009