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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/263: Iran-Report Nr. 11 - November 2011


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 11 - November 2011
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand


Der von der Heinrich-Böll-Stiftung seit 2002 publizierte, monatlich erscheinende Iran-Report bietet einen Überblick über die innenpolitische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung im Iran und die iranische Außenpolitik. Der Konflikt um das iranische Atomprogramm, die Wahlfälschung vom Juni 2009, die Verfolgung der Opposition und die Verletzung der Menschenrechte sind einige der wiederkehrenden Themen des Iran-Reports. Er wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus, auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.

Der Iran-Report wird einem breiten Interessentenkreis aus Politik, Wissenschaft und Medien zur Verfügung gestellt.

Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin, im November 2011


Innenpolitik
- Chamenei stellt Direktwahl des Präsidenten in Frage
- Abgeordneter legt Mandat nieder
- Chatami und Nuri fordern abermals freie Wahlen
- Neue Kampagne gegen Parabolantennen
- Befragung des Kulturministers im Parlament
- Sechs Jahre Haft für Oppositionspolitiker
- Anwalt darf Iran nicht verlassen
- Drei Journalisten verhaftet
- Hohe Strafe für Panahi
- Schauspielerin wegen irankritischem Film verurteilt
- Chamenei stellt Direktwahl des Präsidenten in Frage
- Abgeordneter legt Mandat nieder
- Chatami und Nuri fordern abermals freie Wahlen
- Neue Kampagne gegen Parabolantennen
- Befragung des Kulturministers im Parlament
- Sechs Jahre Haft für Oppositionspolitiker
- Anwalt darf Iran nicht verlassen
- Drei Journalisten verhaftet
- Hohe Strafe für Panahi
- Schauspielerin wegen irankritischem Film verurteilt


Wirtschaft
- Vorauszahlung für russische Flugabwehrraketen zurückverlangt
- Rotes Telefon für Teheran und Washington
- Iraner sollen Gürtel enger schnallen
- Ahmadindeschad will Staatseigentum in Geld verwandeln
- Weißrussland 400 Millionen Dollar Anleihen versprochen
- Iran kann Drohnen aufspüren
- Internationaler Fluggesellschaften-Dachverband stellt Service für Iran ein
- 17 Millionen Facebook-User trotz Zensur
- Russland verkauft Geräte zur Störung von Sendern in Iran
- Oberstaatsanwalt: Hinter dem Finanzbetrug steckt ein Netzwerk


Außenpolitik
- Angeblich von Iran geplantes Attentat auf saudischen Botschafter in den USA
- Romney will Kriegsschiffe gegen Iran im Persischen Golf stationieren
- Französischer Botschafter warnt Iran vor Militäreinsatz
- Iran kündigt Entsendung von Marine-Schiffen an die Grenzen von US-Hoheitsgewässern an
- Ahmadinedschad: Niemand darf sich in Syriens Angelegenheiten einmischen
- Chamenei gegen Zwei-Staaten-Lösung
- Türkei und Iran gemeinsam gegen PKK
- Kritik an türkischer Außenpolitik
- Tod Gaddafis begrüßt
- Neue EU-Sanktionen gegen die Islamische Republik
- Al-Kaida kritisiert Ahmadinedschads Verschwörungstheorien
- Kommandeur spricht von "Amerikanischem Frühling"
- Bedenken wegen Afghanistan-Konferenz
- Trotz Einreiseverbots darf Irans Ölminister nach Europa


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Innenpolitik

Chamenei stellt Direktwahl des Präsidenten in Frage

Während seines Aufenthalts in der Provinz sagte Irans Revolutionsführer Ali Chamenei, wenn "eines fernen Tages" das Gefühl aufkäme, ein parlamentarisches System wäre besser, um den Chef der Exekutive zu bestimmen, sei es "kein Problem", die Direktwahl des Präsidenten durch das Volk abzuschaffen. Die ungewöhnliche Äußerung machte in iranische Medien Schlagzeilen und lieferte Anlass für Spekulationen. Ist dies als Hieb gegen den amtierenden Präsidenten Ahmadinedschad gemeint, zu dem der Revolutionsführer in den letzten Monaten aufgrund von Differenzen spürbar auf Abstand gegangen ist? Will Chamenei keinen Präsidenten dulden, der ihm zum Widersacher werden könnte? Wollte er dem Parlament mehr Macht in Aussicht stellen? Oder wollte er Wahlen, die in Iran für das Regime immer problematischer werden, wenn nicht für das Parlament so wenigsten für den Präsidenten abschaffen?

Bereits im vergangenen Monat hatte Chamenei eine Andeutung in diese Richtung gemacht. Er betonte, dass das System der Islamischen Republik (das System des Welayat-e Faghieh - Herrschaft des Geistlichen) durchaus flexibel sei. Der islamische Staat müsse sich "ständig erneuern", sagte er. Als vor einigen Wochen der Abgeordnete Hamid Reza Katuzian erklärte, unter den Politikern werde die Möglichkeit diskutiert, künftig die Spitze der Exekutive durch das Parlament wählen zu lassen und das Amt des Präsidenten gänzlich abzuschaffen, konnte niemand ahnen, dass diese Meinung von der höchsten Autorität der Islamischen Republik unterstützt wird.

Bis 1989 gab es in der Islamischen Republik neben dem Staatspräsidenten, der vom Volk gewählt wurde, auch einen vom Parlament gewählten Regierungschef. Das Amt wurde aber kurz nach dem Tod Ayatollah Chomeinis abgeschafft, weil es zwischen den beiden Ämtern immer wieder zu Auseinandersetzungen und Kompetenzgerangel gekommen war. Die Äußerung Chameneis wird allgemein als Reaktion auf die jüngsten Alleingänge Ahmadinedschads gesehen. Bislang hatte der Revolutionsführer den Präsidenten gegen jede Kritik in Schutz genommen. Noch im vergangen Jahr hatte Chamenei gesagt: "Diese Regierung unterscheidet sich von den bisherigen Regierungen darin, dass sie keine Doppelherrschaft anstrebt." Die nun in Aussicht gestellte Abschaffung des Präsidentenamtes würde zwar einerseits die Position des Revolutionsführers, der nach der Verfassung mit nahezu unbegrenzten Rechten und Befugnissen ausgestattet ist, stärken, andererseits aber auch dem Parlament mehr Gewicht geben. Wie auch immer, es wäre die größte Zäsur der islamischen Staatsordnung in der Ära Chamenei.

Auch Parlamentspräsident Ali Laridschani begrüßte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Mehr die Äußerungen des Revolutionsführers. "Wenn der Präsident vom Parlament gewählt werden würde, ließe sich besser mit ihm zusammenarbeiten und das Parlament könnte notfalls auch seine Befugnisse einschränken." Seiner Ansicht nach, sagte er, habe der Revolutionsführer nicht die Abschaffung des Staatspräsidentenamtes vorgeschlagen, sondern gemeint, der Präsident könnte statt direkt vom Volk vom Parlament gewählt werden. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur ISNA sagte Laridschani, viele Auseinandersetzungen zwischen dem Präsidenten und dem Parlament seien auf strukturelle Unstimmigkeiten zurückzuführen. "Diese Krankheit muss geheilt werden." "Unsere Verfassung ist sehr gut, es gibt keine Probleme, aber man könnte einiges korrigieren. Das muss selbstverständlich zu gegebener Zeit geschehen."

Auch der Abgeordnete Katuzian begrüßte die Äußerungen des Revolutionsführers. In einem Interview mit dem Internetdienst Khabar Online meinte er, der Vorschlag könne in den nächsten Jahren umgesetzt werden. "Die politische Ordnung unseres Landes hat offenbar dem Präsidenten den irrigen Eindruck vermittelt, er sei der zweite Mann im Staat. Deshalb gibt es immer Probleme, wenn das Parlament ihn zur Befragung einlädt", sagte Katuzian. Gegen den Vorschlag, das Amt des Staatspräsidenten abzuschaffen, stellte sich Ex-Staatspräsident Haschemi Rafsandschani, der zurzeit dem Schlichtungsrat vorsitzt. Er warnte vor jedem Schritt, der das Republikanische in der Staatsordnung der Islamischen Republik schwächen könnte. Republik und Islam seien zwei Säulen des Staates, schrieb Rafsandschani am 25. Oktober auf seiner Website. Die Abschaffung der Direktwahl des Staatspräsidenten würde die Willensäußerung des Volkes einschränken und das könne wohl der Revolutionsführer nicht gemeint haben, betonte Rafsandschani.


Abgeordneter legt Mandat nieder

Der Teheraner Abgeordnete im islamischen Parlament, Ali Mottahari, hat am 12. Oktober aus Protest gegen den Versuch, eine Befragung des Staatspräsidenten zu verhindern, sein Mandat niedergelegt. Bereits zuvor hatte Mottahari mit Rücktritt gedroht, sollte sein Antrag zur Befragung des Staatspräsidenten "unter politischem Druck" abgelehnt werden. Wenn er als Volkvertreter keine Möglichkeit bekäme, Fragen, die auch das Volk bewegen, an den Präsidenten zu stellen, sei er nicht mehr imstande, seinen Pflichten nachzukommen.

Der Antrag zu einem Impeachment des Präsidenten lag mit 100 Abgeordneten-Unterschriften dem Präsidium des Parlaments vor. Nach der Satzung hätte der Antrag "baldmöglichst" von einem Ausschuss geprüft und spätestens nach wenigen Wochen im Plenum debattiert werden müssen. Dies geschah zu der Zeit als Präsident Ahmadinedschad seinen Geheimdienstminister abgesetzt hatte, dieser jedoch auf Anordnung des Revolutionsführers Ali Chamenei auf seinen Posten zurückgekehrt war - ein Vorfall, der auf erhebliche Differenzen zwischen Chamenei und Ahmadinedschad deutete. Es lag jedoch im Interesse des gesamten Staates, dass die Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Staatsführung nicht öffentlich ausgetragen werden. Aus diesem Grund hatten Medienberichten zufolge 14 Abgeordnete ihre Unterschrift unter dem Antrag zurückgezogen. Dennoch hätte der Antrag gemäß der Satzung des Parlaments auf die Tagesordnung gesetzt werden müssen.

Das Mitglied des Parlamentspräsidiums, Mohammad Dehghan, erklärte, Mottahari werde wieder ins Parlament zurückkehren, falls der Antrag demnächst doch noch im Plenum debattiert würde. Mottahari gehört zu dem prominentesten Kritikern der Regierung Ahmadinedschad. Er wirft dem Präsidenten Missachtung der Beschlüsse des Parlaments sowie Veruntreuung von Staatsgeldern vor.


Chatami und Nuri fordern abermals freie Wahlen

Wie die oppositionelle Internetseite Dscharas am 5. Oktober berichtete, forderten die beiden Politiker Mohammad Chatami und Abdollah Nuri bei einem Treffen in Teheran die Freilassung aller politischen Gefangenen, die Aufhebung des Hausarrest gegen die Oppositionspolitiker Mir Hossein Mussavi und Mehdi Karrubi und die Zusicherung von freien Wahlen. Nur so käme das Land aus der gegenwärtigen politischen Krise her aus, betonten sie.

Mohammad Chatami hatte bereits vor Monaten die Freilassung der politischen Gefangenen und korrekte und freie Wahlen zur Bedingung für die Teilnahme der Reformer an den für den kommenden März geplanten Parlamentswahlen gemacht. Die Konservativen reagierten mit Entrüstung auf die Äußerungen Chatamis. Ahmad Djannati, Vorsitzender des mächtigen Wächterrats, der für die Zulassung der Kandidaten zuständig ist und die Aufsicht über die Wahlen innehat, sagte: "Für die Teilnahme dieser Gruppe an den Wahlen besteht keine Notwendigkeit." Der ehemalige Innenminister Nuri und der ehemalige Staatspräsident Chatami erklärten, das Fehlen freier Wahlen, das Fehlen öffentlicher Kontrolle und das Fehlen unabhängiger Medien hätten "das Verderben im Staat" verbreitet. Die beiden bekundeten ihre Solidarität mit den Protestbewegungen in der Region und deren Streben nach Freiheit und Demokratie, sie kritisierten die iranische Außenpolitik und verlangten einen "gerechten und neutralen Blick" auf die Freiheitsbewegungen in der Region, "von Bahrain bis Syrien". Das Schicksal aller Länder der Region liege in der Hand der Menschen, die nach Freiheit und Demokratie streben, erklärten sie.

Auch Ex-Staatspräsident Haschemi Rafsandschani, zurzeit Vorsitzender des Schlichtungsrats, erklärte am 5. Oktober, nur mit der Akzeptanz der Forderungen von politischen Aktivisten, die um das Schicksal des Landes besorgt seien und der Duldung konstruktiver Kritik ließen sich die bevorstehenden Wahlen in einer "guten Atmosphäre" durchführen. Zur Präsenz seiner Person in der Tagespolitik sagte Rafsandschani: "Ich habe in den vergangenen zwei Jahren zahlreiche Vorschläge vorgelegt und werde weiterhin, soweit es die politische Lage erlaubt, meine Bemühungen zur Lösung der Probleme fortsetzen."

"Resignation und Hoffnungslosigkeit" seien für die Islamische Republik schädlich, sagte Rafsandschani weiter. Auch wenn einige Leute durch ihre Fehler dem Staat Schaden zugefügt hätten, dürfe man unter keinen Umständen die Hoffnung auf Reformen aufgeben. Mit einem Hinweis auf die Demokratiebewegungen in der Region sagte Rafsandschani, die Ära der Diktaturen und Alleinherrscher sei bald zu Ende.


Neue Kampagne gegen Parabolantennen

General Bahman Kargar, Stellvertreter des iranischen Polizeichefs, erklärte am 1. Oktober, das Verbot von Parabolantennen sei gesetzlich festgelegt. Seine Behörde sei fest entschlossen, ohne Zugeständnisse das Gesetz durchzusetzen. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Mehr sagte Kargar, das Einsammeln der Parabolantennen gehöre zu den Aufgaben der Polizei. Sollte die Polizei ihrer Pflicht nicht nachkommen, mache sie sich "verdächtig". Die Polizei werde allerdings einschreiten, wenn Antennenbesitzer trotz vorheriger Aufforderung nicht von selbst die Antenne beseitigen würden. In solchen Fällen müsse der Besitzer auch bestraft werden.

Zuvor hatte der Oberstaatsanwalt Gholamhossein Ejehie erklärt, die Polizei sei berechtigt, in Fällen, in denen bewusst das Gesetz missachtet werde, ohne richterlichen Befehl einzuschreiten. Eine solche Intervention könne auch nicht als Missachtung der Privatsphäre gedeutet werden. Bei einer Hausdurchsuchung sei allerdings ein Durchsuchungsbefehl notwendig.

Das Problem der Parabolantennen gehört zu den unlösbaren Konflikten, die seit Jahrzehnten die Bevölkerung in Iran beschäftigen. Für die Mehrheit der Menschen stellen die Antennen die einzige Verbindung zur Außenwelt dar. Dabei geht es nicht ausschließlich um politische Informationen, sondern auch um Unterhaltung. Ausländische Sender bieten auch in ihren Persischprogrammen oft Unterhaltungs- und Kultursendungen an, die in Iran von der Zensur nicht zugelassen werden würden. Daher haben diese Sender oft eine höhere Zuschauerzahl als einheimische staatliche Sender. Alle Monate einmal gibt es seitens der Ordnungskräfte einen Sturm auf die Parabolantennen. Dann werden die Antennen von den Bewohnern versteckt und sobald der Sturm vorbei ist, erneut installiert. Es ist ein nie endendes Katz-und-Maus-Spiel.

General Kargar nahm auch zu dem "Projekt zur sittlichen Sicherheit" Stellung. Dieses Projekt gelte nicht allein für eine bestimmte Jahreszeit, sondern für das ganze Jahr. Da jedoch in den Sommermonaten die Polizei auf den Straßen mehr sichtbar werde, könnten die Bürger den Eindruck gewinnen, die Maßnahmen gelten nur für den Sommer. Die Polizei werde gegen alle "Typen", die sich wie "Models" oder außerhalb bestehender Normen und Vorschriften kleiden, einschreiten.


Befragung des Kulturministers im Parlament

Bei einer nicht öffentlichen Sitzung des islamischen Parlaments am 23. Oktober musste der Minister für Kultur und islamische Führung den Abgeordneten Rede und Antwort stehen. Wie die Nachrichtenagentur Mehr, gestützt auf die Äußerungen des Mitglieds des Kulturausschusses Djalal Yahyazadeh berichtet, ging es dabei hauptsächlich um die iranische Filmproduktion, den Schmuggel von ausländischen Filmen und um Richtlinien für die Filmemacher.

Demnach hätten die meisten Abgeordneten die Ansicht vertreten, dass mit Hilfe von Staatsgeldern Filme produziert würden, die "einen Weg beschreiten, der sich nach den Zielen unserer Feinde richtet". Sie kritisierten den Inhalt der Filme und forderten das Ministerium auf, ihre Kontrollen zu verschärfen.

Auf derselben Sitzung soll Parlamentspräsident Ali Laridschani gesagt haben: "Wie ist es möglich, dass Verantwortliche für kulturelle Angelegenheiten nachts schlafen, während rund zwanzig feindliche Sender gegen uns Programme senden?" Es wurde vereinbart, dass das Ministerium für Kultur und islamische Führung dem Parlament in den nächsten Monaten einen genauen und ausführlichen Bericht über diese Angelegenheit vorlegt.


Sechs Jahre Haft für Oppositionspolitiker

Einem Bericht der Oppositionswebseite Kalameh vom 29. September zufolge wurde der Oppositionspolitiker Mohsen Armin zu sechs Jahren Haft verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen, an der Staatsführung feindlich gesinnten Versammlungen teilgenommen zu haben, um das Regime zu schwächen. Der ehemalige Parlamentsabgeordnete und Sprecher der 2010 verbotenen Organisation der Modschahedin der islamischen Revolution war Mitte Mai vergangenen Jahres verhaftet worden. Im September 2010 kam er gegen Zahlung einer hohen Kaution vorübergehend frei.

Die Organisation der Modschahedin der Islamischen Revolution hatte die Präsidentschaftskandidatur von Ex-Regierungschef Mir Hossein Mussavi im Juni 2009 unterstützt. Die von massiven Betrugsvorwürfen begleitete Wahl gewann Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad. Landesweite Proteste gegen das Ergebnis ließ die Führung in Teheran brutal niederschlagen. Zahlreiche Reformer wurden festgenommen und bekamen langjährige Haftstrafen.


Anwalt darf Iran nicht verlassen

Der Anwalt der zwei US-Bürger, die wegen Spionage in Iran verurteilt und Ende des vergangenen Monats gegen eine hohe Kaution freigelassen wurden, darf das Land nicht verlassen. Wie aus Justizkreisen verlautete, wurde Masud Schafii am 2. Oktober auf dem Teheraner Flughafen am Abflug in die USA gehindert. Sein Reisepass wurde beschlagnahmt, er blieb jedoch in Freiheit. Schafii sei bereits am 27. September in seinem Haus festgenommen und vor seiner Freilassung mehrere Stunden verhört worden. Seine Dokumente, sein Computer und Reisepass, die beschlagnahmt wurden, erhielt er zurück.

Schafii war zwei Jahre lang Anwalt der beiden US-Bürger Josh Fattal und Shane Bauer. Sie waren im Juli 2009 an der iranisch-irakischen Grenze festgenommen worden, wo sie sich nach eigenen Angaben auf einer Wanderung befanden und unwissentlich die Grenze überquert hatten. Die iranische Justiz warf ihnen Spionagetätigkeit und illegalen Grenzübertritt vor. Sie wurden zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Die Vorwürfe hatten sie stets bestritten.


Drei Journalisten verhaftet

Drei Journalisten und politische Aktivisten, Mohammad Heidari, Ali Akrami und Mehdi Afschar, wurden nach Berichten der oppositionellen Internetseite Kalameh zur selben Zeit in ihren Häusern festgenommen. Dem Bericht zufolge nahmen die Beamten auch gründliche Hausdurchsuchungen vor.

Ali Akrami war 2003 im Zuge einer Kampagne gegen Mitglieder der oppositionellen "Freiheitsbewegung" festgenommen und nach einem Monat wieder freigelassen worden. Bislang liegt keine Begründung für die Festnahme der Journalisten vor.


Sechs Jahre Haft und zwanzig Jahre Berufs- und Reiseverbot für Panahi

Trotz internationaler Proteste bestätigte ein Berufungsgericht das Urteil gegen den international renommierten Filmemacher Djafar Panahi: Sechs Jahre Gefängnis und zwanzig Jahre Berufs- und Reiseverbot. Darüber berichteten iranische Medien am 15. Oktober. Der fünfzig Jahre alte Regisseur habe mit seinen Propagandafilmen gegen die nationale Sicherheit verstoßen, urteilte das Gericht. Den Anlass für die Verfolgung Panahis lieferte ein geplanter Film über die Unruhen nach der Präsidentenwahl 2009. Panahi wurde 2010 gemeinsam mit einigen Mitarbeitern festgenommen und von einem Teheraner Revolutionsgericht zu sechs Jahren Gefängnis und zwanzig Jahren Berufsverbot verurteilt. Seine Anwältin legte gegen das Urteil, das selbst für iranische Verhältnisse ungewöhnlich hart ausgefallen war, Widerspruch ein. Panahi durfte bis zum endgültigen Urteil gegen eine hohe Kaution das Gefängnis verlassen, nicht jedoch das Land. So konnte er, obwohl er für die diesjährige Berlinale zum Jurymitglied gewählt worden war, nicht an dem Festival teilnehmen.

Panahi ist Träger zahlreicher internationaler Preise. 2006 bekam er für seinen Film "Offside" den Silbernen Bären. Bereits 1995 hatte er bei den Filmfestspielen in Cannes für seinen Debütfilm "Der Weiße Ballon" die Goldene Kamera erhalten. Im Jahr 2000 wurde er bei den Filmfestspielen in Venedig für seinen Film "Der Kreis" mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet. Die Bestätigung des Urteils gegen Panahi bildet einen neuen Höhepunkt der Repressionen gegen iranische Kulturschaffende, die nach der Präsidentenwahl 2009 erheblich verschärft wurden.

In Iran geht ein Gespenst um, das Gespenst von der sanften Revolution, die nach Meinung der Staatsführung vom Ausland gelenkt werde, um die Islamische Republik zum Sturz zu bringen. Träger dieser Revolution seien gekaufte Kulturschaffende, die unterschwellig und unbemerkt von staatlichen Kontrollinstanzen mit Hilfe von Büchern, Filmen, Musik- und Kunstwerken und Zeitungen verderbliches westliches Gedankengut unter das Volk bringen. Gegen diese Front müsse mit aller Härte vorgegangen werden, fordern konservative Politiker und staatliche Medien.

Im September wurden ein Kollege von Panahi, Modschtaba Miraftabi, der an Panahis jüngstem Projekt "In Film nist" (Dies ist kein Film) mitgearbeitet hatte, drei weitere Regisseure, eine Journalistin und Filmemacherin sowie eine Kinoproduzentin festgenommen. Ihnen wurde vorgeworfen, mit dem britischen Sender BBC, der auch in persischer Sprache sendet, zusammengearbeitet zu haben.

Ende Juli sagte Revolutionsführer Ali Chamenei vor einer Versammlung von Verlegern und Bibliothekaren: "Wir können den Buchmarkt nicht frei geben und damit zulassen, dass schädliche Bücher auf den Markt kommen." Noch deutlicher äußerte sich der Minister für Kultur und islamische Führung, Mohammad Hosseini. "Gute Bücher brauchen wir nicht zu zensieren. Doch manche Bücher sind für die Gesellschaft schädlich, manche sind politisch, aber schön kunstvoll getarnt und manche verfolgen andere Ziele und haben Probleme mit der islamischen Staatsordnung", sagte er. Die Buchzensur sei nicht nur kein Hemmnis, sie sei notwendig. Bücher gelten als "Nahrung der Seele" und müssen "gesund" sein. Und der Leiter der Presseabteilung des Ministeriums erklärte: "Man sagt, die Bürger haben ein Recht auf Information. Aber manchmal haben die Bürger auch ein Recht darauf, nicht informiert zu werden."

Bei der Zensurbehörde liegen tausende Manuskripte, die auf Freigabe warten. Die lange Wartezeit hat viele Autoren zur Aufgabe ihres Berufs gezwungen und zahlreiche Verlage in den Ruin getrieben. Hart betroffen von der Zensur sind auch Journalisten. Im Iran gibt es schon seit Jahren keine freie Presse mehr. Zahlreiche bekannte Journalisten sitzen im Gefängnis. Nach Angaben des Sprechers des längst verbotenen Vereins zur Verteidigung der Pressefreiheit, Maschallah Scham al Vaezin, haben in den letzten zwei Jahren rund 450 Journalisten das Land verlassen. Den verbliebenen Redakteuren und Herausgebern seien die "roten Linien und Verbotszonen" wohl bekannt. Die Selbstzensur funktioniere inzwischen perfekt, sagte al Vaezin.

Am meisten fürchten die iranischen Zensoren das Internet. Seit geraumer Zeit ist der Zugang zu zahlreichen Webseiten blockiert. Aus politischen Gründen oder mit der Begründung "unmoralische Inhalte" zu verbreiten oder wegen tatsächlicher pornographischer Darstellungen werden die Seiten gefiltert. Betroffen sind neben zahlreichen Blogs vor allem Webseiten von Oppositionellen und von europäischen und amerikanischen Medien sowie die Onlineplattformen Facebook und Twitter (s. S. 10 in diesem Report). Iran hat angekündigt, demnächst die Testversion einer neuen Internetinfrastruktur frei schalten zu wollen. Zudem hat die Regierung für Beginn 2012 den Start einer nationalen Suchmaschine mit dem Namen "ya Hagh" ("mein Gott") angekündigt. Die Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen warnte im August vor eine Abschottung der iranischen Bevölkerung vom globalen Internet.


Schauspielerin wegen Mitwirkung in irankritischem Film verurteilt

Wegen ihrer Mitwirkung in einem irankritischen Film wurde eine iranische Schauspielerin Medienberichten zufolge zu einer einjährigen Haftstrafe und 90 Peitschenhieben verurteilt. Wie die oppositionelle Webseite Kalameh.com am 10. Oktober berichtete, legte der Anwalt von Marsieh Wafamehr Berufung gegen das Urteil ein. Eine offizielle Erklärung gab es nicht. Die australischen Produzentinnen des Films, Julie Ryan und Kate Croser, erklärten am 11. Oktober, die Details der Vorwürfe gegen die Schauspielerin nicht zu kennen. Die Vorwürfe stünden aber vermutlich mit Filmszenen in Verbindung, in denen Wafamehr ohne einen Hidschab, ein Kopftuch, zu sehen sei. Sie seien schockiert und traurig über die Strafe, sagten die Frauen.


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Wirtschaft

Vorauszahlung für russische Flugabwehrraketen zurückverlangt

Verteidigungsminister Ahmad Wahidi gab am 7. Oktober bei einer Pressekonferenz in der westiranische Stadt Hamedan bekannt, dass Iran Vorauszahlung, die für die Lieferung von Flugabwehrraketen vom Typ S-300 an Russland geleistet worden waren, zurückbekommen habe. Der Vertrag zwischen Teheran und Moskau war 2007 unterzeichnet worden. In diesem Rahmen waren in den vergangenen Jahren eine ganze Anzahl iranischer Offiziere in Russland ausgebildet worden. Doch im November vergangenen Jahres hatte Russland im UN-Sicherheitsrat gemeinsam mit anderen Ratsmitgliedern Sanktionen gegen Iran beschlossen und unmittelbar danach erklärt, dass Moskau aufgrund des Beschlusses die Raketen an Iran nicht liefern könne.

Iran drohte mit Klagen wegen Vertragsbruchs, doch Russland erklärte, die beschlossenen Sanktionen seien wie "höhere Gewalt". Schuld daran sei "die schwache Diplomatie Irans". Die S-300 wird zur Erkennung und Vernichtung von Flugkörpern eingesetzt. Iran war an den Raketen interessiert, um sich mit deren Hilfe gegen mögliche Luftangriffe auf die eigenen Atomanlagen zur Wehr setzen zu können. Trotz Rückerhalt der Vorauszahlung sei die Akte nicht abgeschlossen, sagte Wahidi. Iran erwarte immer noch, dass Russland seinen eingegangenen Verpflichtungen nachkomme. Möglicherweise rechnet Teheran damit, dass die russische Entscheidung nur vorübergehend sein werde. Dazu äußerte sich aber Wahidi nicht.

Außenminister Ali Akbar Salehi musste sich am 9. Oktober vor dem iranischen Parlament wegen des geplatzten Deals mit Russland verantworten. Die Regierung habe in dieser Angelegenheit "ernste politische und juristische" Schritte unternommen, sagte Salehi. Zu den Forderungen Irans an Russland gehöre auch eine Entschädigung wegen Nichteinhaltung des Vertrags. Die russische Seite habe, um Iran von einer Anklage, die bereits von Anwälten in Paris vorbereitet werde, abzuhalten, verschiedene Vorschläge vorgelegt. Welche, sagte Salehi nicht. Auf den Vorwurf des Abgeordneten Mostafa Kawakebian, die Regierung habe versäumt, Irans Rechte durchzusetzen, wies Salehi auf die "besonderen Beziehungen Irans mit Russland und China" hin und fuhr fort: "In den Beziehungen zwischen Staaten gibt es bestimmte Probleme, über die ich hier in der öffentlichen Sitzung des Parlaments nicht reden möchte. Es gab zahlreiche Gründe, die zum Entschluss Russlands geführt haben, uns die S-300 Flugabwehrraketen nicht zu verkaufen."

Zu den diplomatischen Aktivitäten gehörten laut Salehi die Einbestellung des russischen Botschafters, die Stellungnahmen ranghoher Militärs und des Verteidigungsministers und das Treffen der Präsidenten Irans und Russlands. Der Abgeordnete Kawakebian zeigte sich mit den Erläuterungen des Außenministers unzufrieden. "Ich sehe in Ihren Erläuterungen keinen Schritt, der das Problem lösen könnte", sagte er. "Die Russen gehen mit uns, soweit sie es sich vor den Westmächten leisten können. Wird der Druck zu groß, opfern sie uns."


Rotes Telefon für Teheran und Washington

Wahidi nahm auf der bereits erwähnten Pressekonferenz am 7. Oktober zu einigen Berichten über die Einrichtung eines "Roten Telefons" für Teheran und Washington Stellung. Eine solche Verbindung gab es während des Kalten Kriegs zwischen Washington und Moskau, um übereilte Entscheidungen, vor allem zu einem atomaren Angriff, vermeiden zu können. Der Vorschlag für einen direkten Draht zwischen Teheran und Washington kam von einem amerikanischen Politiker, der mit dem Hinweis auf die Präsenz amerikanischer Kriegsschiffe im Persischen Golf und auf eine mögliche Eskalation die Einrichtung als "dringend nötig" bezeichnete.

Präsident Ahmadinedschad begrüßte auf einer Pressekonferenz den Vorschlag und sagte: "Es ist gut, wenn solche Warnsysteme existieren, um Fehler vermeiden zu können." Zugleich kritisierte er die amerikanische Präsenz am Persischen Golf und meinte, eine grundsätzliche Lösung gebe es dann, wenn Streitkräfte eines jeden Landes auf eigenem Territorium bleiben würden. Demgegenüber äußerte sich Wahidi ablehnend zu dem Vorschlag: "Wir denken, das Argument der Amerikaner zur Einrichtung eines direkten Drahts ist nicht haltbar. Die Amerikaner sagen, ein direkter Draht zu Teheran sei notwendig, um Auseinandersetzung zu vermeiden. Wir sagen, wenn die Amerikaner sich aus der Region zurückziehen würden, würde es keine Auseinandersetzungen geben." Irans Außenminister Ali Akbar Salehi erklärte, die Entscheidung über solche Pläne liege beim Obersten Nationalen Sicherheitsrat.


Iraner sollen Gürtel enger schnallen

Präsident Mahmud Ahmadinedschad forderte bei seinem Besuch in der westiranischen Stadt Hamedan am 5. Oktober die Bevölkerung auf, "drei Monate lang weniger Geld auszugeben". Es gebe Kräfte, die versuchten, "das Gleichgewicht des Marktes zu stören und die Preise in die Höhe zu treiben". Ihr Plan sei, "die Taschen der Menschen zu leeren". Zum Beispiel kauften sie alle Dollars, die die Zentralbank auf den Markt bringt, auf, um den Preis für Devisen in die Höhe zu treiben. Ohne konkrete Angaben zu den "Kräften" zu machen, verdächtigte sie der Präsident, "den Markt provozieren" zu wollen und Unfrieden und Unruhe zu stiften.

Um diesem Treiben entgegen zu wirken, forderte Ahmadinedschad die Bevölkerung auf, mit ihrem Guthaben nur das "aller Notwendigste" zu kaufen. In Iran sind die Preise in den letzten Jahren ständig in die Höhe geklettert. Dieser Trend wurde beschleunigt, nachdem im vergangenen Jahr staatliche Subventionen für Energie und Grundnahrungsmittel abgeschafft wurden.

Während unabhängige Sachverständige die Art und Weise des Subventionsabbaus kritisieren, möchte Ahmadinedschad ihn als Erfolg seiner Regierung verbuchen. So behauptete er entgegen vorliegender Statistiken, die Inflationsrate befinde sich seit Wochen im Sinken, sie müsse jedoch "einstellig" werden. Er betonte auch, dass das Land ausreichend über Devisen verfüge, "so viel, dass wir alle Bedürfnisse des Landes erfüllen und alle benötigten Waren importieren können". Auch für Auslandsreisen seien genug Reserven vorhanden, sagte der Präsident. Der Dollar sei zurzeit in Iran keine 900 Tuman wert, behauptete Ahmadinedschad, obwohl die Zentralbank am selben Tag den Dollar-Preis auf 1066 Tuman festgelegt hatte.


Ahmadinedschad an die Provinzkommandanten: Verkauft Staatseigentümer und verwendet das Geld für den Aufbau

Präsident Ahmadinedschad forderte die Provinzkommandanten auf, staatliche Gebäude und Grundstücke, die nicht benutzt würden, zu verkaufen und die Gelder in Aufbauprojekte zu investieren. Vor einer Versammlung der Kommandanten am 11. Oktober in Teheran sagte der Präsident, der Etat des Staates sei begrenzt und die Regierung müsse sparen. Daher sei es notwendig, alle Möglichkeiten rational einzusetzen, um die Entwicklung des Landes vorantreiben zu können. Gerichtet an den Innenminister Mostafa Mohammad Nadschar, der anwesend war, sagte er: "Wenn Staatseigentümer im Aktivitätsbereich der Kommandanten vorhanden sind, können die Kommandanten sie verkaufen und den Erlös für ihre regionalen Projekte verwenden."

Der Präsident forderte den Innenminister ebenso auf, eine Arbeitsgruppe einzurichten, die die Bürger dazu bewegt, für die Gründung von Werkstätten zu spenden. Das würde die Produktion steigern und die Einnahmen der Bürger erhöhen. Kritiker werfen der Regierung vor, sie verfolge mit der Politik, die Subventionen für Energie und Grundnahrungsmittel zu streichen und stattdessen Teilen der Bevölkerung Bargeld zukommen zu lassen, eigene Interessen, wolle mit der direkten Hilfe für sich werben und die Menschen an sich binden. Diese Politik belaste den Haushalt und schränke staatliche Subventionen für Aufbauprojekte stark ein.


Weißrussland 400 Millionen Dollar Anleihen versprochen

Weißrussland ist nahezu bankrott. Um die Wirtschaft wieder ankurbeln zu können, will das Land neben einem Milliardenkredit aus China nun auch 400 Millionen Dollar von Iran leihen. Die Chefin der Nationalbank, Nadeschda Jermakowa, sagte am 3. Oktober in Minsk, die Führung in Teheran habe den Kredit "im Prinzip" bereits zugesagt. Mit der Anleihe sollten die Staatsreserven aufgefüllt werden. Zu den Bedingungen äußerte sich Jermakowa aber nach Angaben von Staatsmedien nicht. Bereits Ende September hatte China Weißrussland einen Kredit in Höhe von mehr als eine Milliarde Dollar gewährt.

Außerdem will die ehemalige Sowjetrepublik den Internationalen Währungsfonds (IWF) um weitere sieben Milliarden Dollar bitten. Das autoritär regierte Weißrussland ist in der schwersten Finanzkrise seit seiner Unabhängigkeit vor 20 Jahren auf ausländische Kredite angewiesen. Eine Milliarde US-Dollar versprach das größte russische Geldhaus Sberbank. Im Gegenzug verpfändet Weißrussland dem Finanzinstitut 51 Prozent der Anteile an der staatlichen Raffinerie Naftan.


Iran kann Drohnen aufspüren

Den Angaben eines Generals zufolge soll Iran neuerdings in der Lage sein, mit Hilfe von Radar unbemannte Drohnen in seinem Luftraum aufzuspüren. Sie könnten abgeschossen werden, sagte General Farsad Esmaili am 8. Oktober in einem Interview der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA. Esmaili ist Kommandeur des Flugabwehr-Hauptquartiers Chatam al Anbia. Im Januar hatte Iran erklärt, zwei unbemannte US-Spionageflugzeuge abgeschossen zu haben, die seinen Luftraum verletzt hätten. Die US-Streitkräfte erklärten, sie hätten keine Kenntnis von einem solchen Vorfall.


International Air Transport Association stellt Dienstleistungen für Iran ein

Die International Air Transport Association (IATA) hat ab 5. Oktober sämtliche Dienstleistungen für die Fluggesellschaft der Islamischen Republik (Iran Air) eingestellt. Wie der Leiter der Abteilung für Medien und Kommunikation der Gesellschaft, Anthony Concil, dem britischen Sender BBC schriftlich am 9. Oktober mitteilte, wurde diese Entscheidung im Zuge der US-Sanktionen gegen die Islamische Republik getroffen. Konkret finde die Maßnahme im Rahmen der Entscheidungen des Amtes für die Kontrolle ausländischer Guthaben des US-Finanzministeriums (OFAC) statt. Die Entscheidungen dieser Behörde würden auch für die IATA gelten: "Auf dieser Grundlage waren wir verpflichtet, unsere gesamten Dienstleistungen für die Iran Air am 5. Oktober einzustellen." Dennoch könne Iran Air direkt eigene Kunden bedienen, fügte Concil hinzu.

Der Wirtschaftreporter des Persisch-Programms der BBC, Amir Paywar, sagte, diese Maßnahme habe sämtliche Verrechnungen der Iran Air mit der IATA brachgelegt. Die Verschärfung der Sanktionen in den vergangenen Monaten durch den UN-Sicherheitsrat, die USA und die EU stellen den iranischen Luftverkehr vor schwere Probleme. Zahlreiche Länder weigern sich bereits, iranische Flugzeuge zu betanken. Als kürzlich Präsident Ahmadinedschad nach New York fliegen wollte, musste deswegen seine Maschine in Mauretanien zwischenlanden. Iran hat die Sanktionen scharf kritisiert und sich vorbehalten, westliche Fluggesellschaften genauso zu behandeln. Ramin Mehmanparast, Sprecher des iranischen Außenministeriums, hat mehrmals betont, dass die Sanktionen gegen die iranische Fluggesellschaft illegal seien und internationalen Vereinbarungen ignorierten. Er sagte, westliche Fluggesellschaften hätten erklärt, dass sie die Maßnahmen auf Druck der Regierungen beschlossen hätten.


17 Millionen Facebook-User trotz Zensur

Trotz Internetzensur nutzen mindestens 17 Millionen Iraner das Netzwerk Facebook. Das teilte einer Meldung der dpa vom 6. Oktober zufolge ein Sprecher der Revolutionswächter mit. Alle Bemühungen der Regierung, den freien Informationsaustausch in der Cyber-Welt zu kontrollieren, seien gescheitert, gab der Sprecher zu. In Iran sind Berichten zufolge mehr als fünf Millionen Seiten im Internet gesperrt. Als Teil der strengen Internetkontrollen hat das Regime in den vergangenen Jahren Filter eingerichtet. Seit kurzem gibt es eine "Cyber-Polizei", um Internetaktivitäten der Menschen noch strenger zu überwachen.

Nach den Präsidentenwahlen 2009 nutzten viele Demonstranten während der "Grünen Bewegung" das Internet, soziale Netzwerke und Twitter, um Proteste zu organisieren und ihre Ideen zu propagieren. Rund 70 Millionen Menschen leben in Iran, davon sind ungefähr zwei Drittel unter 30 Jahre alt.


Russland verkauft Geräte zur Störung von Sendern an Iran

Einem Bericht der französischen Nachrichtenagentur AFP vom 25. Oktober zufolge erklärte der Vizechef der russischen Organisation für militärische und technische Zusammenarbeit, Konstantin Briolin, dass der Verkauf von Senderstörgeräten auf Transportern zu einer vertraglich vereinbarten Lieferung gehört, die Russland trotz bestehender Sanktionen an Iran zu verkaufen hofft. "Dies ist ein Verteidigungssystem. Es ist also keine Rede von Kampfflugzeugen, Unterseebooten oder Abwehrraketen vom Typ S-300. Wir reden hier über die Sicherheit des iranischen Staates", sagte Briolin. Er sagte nicht, wie viele Störgeräte bereits an Iran verkauft worden und wie viele schon geliefert worden seien. "Wir verhandeln auch mit Iran ständig über die Lieferung von militärischem Know-how, das nicht von Sanktionen des UN-Sicherheitsrats betroffen ist."


Oberstaatsanwalt: Hinter dem Finanzbetrug steckt ein Netzwerk

Oberstaatsanwalt Gholamhossein Ejehie, der den großen Finanzbetrug von drei Milliarden untersucht, erklärte auf einer Pressekonferenz am 25. Oktober in Teheran, hinter dem Betrug stehe ein Netzwerk. Der Fall beschäftigt seit Wochen die Gemüter in Iran. Täglich werden neue Details bekannt. Dennoch liegt noch vieles im Dunkeln. Es ist vor allem noch nicht klar, inwieweit hochrangige Mitglieder der Regierung in den Fall verwickelt sind. Ejehie hatte bei seiner ersten Pressekonferenz zu dem Fall zwei Wochen zuvor vom Verhör von 22 und der Festnahme von elf Personen gesprochen. Inzwischen seien insgesamt 67 Personen verhört und 32 festgenommen worden, sagte Ejehie. Es handele sich um Personen, die dem Unternehmen des Hauptbeschuldigten Masur Aria nahe stehen, aber auch um ihre "Unterstützer". Namen nannte er nicht und er sagte auch nicht, ob zu diesen Unterstützen auch hochrangige Politiker gehören.

Zunächst habe es den Anschein gehabt, als sei der Betrug das Werk eines Einzelnen oder einer kleinen Gruppe, sagte Ejehie weiter. Doch die Recherchen hätten gezeigt, dass hier ein Netzwerk planmäßig vorgegangen sei. Die Beteiligten seien zunächst sicher gewesen, dass der Fall nicht auffliegen werde. Doch nun, nachdem Einzelheiten bekannt geworden seien, hätten einige bereits ihre Beteiligung bestätigt.

Der Fall stelle nicht nur einen verbrecherischen Finanzbetrug dar, er sei zugleich eine "Zerstörung der Wirtschaftsordnung des Staates", führte Ejehie aus. Während ein Finanzbetrug juristisch als Wirtschaftsdelikt gilt und mit Gefängnis bestraft wird, wird der Vorwurf, die Wirtschaftsordnung zerstört zu haben, als ein politisches Vergehen eingestuft.

Es sei klar gewesen, dass bei diesem "gigantischen Betrug" und der Beteiligung von zahlreichen Personen auch Druck auf die Justiz ausgeübt werde, erklärte Ejehie. "Aber wir hoffen, gegen diesen Druck Widerstand leisten zu können." Der Oberstaatsanwalt forderte den entlassenen Geschäftsführer der Zentralbank, der zu den Hauptbeschuldigten gehört, auf, nach Iran zurückzukommen. Mahmud Resa Khawari war wenige Tage nach seiner Absetzung nach Kanada gereist. Es wurde bekannt, dass er neben der iranischen auch die kanadische Staatsbürgerschaft besitzt. Den Gesetzen zufolge dürfen Personen mit doppelter Staatsbürgerschaft keine hohen Staatsämter übernehmen. Es wäre zu Khawaris Vorteil, wenn er zurückkehren würde, sagte Ejehie. Denn dann könne er sich gegen die Vorwürfe verteidigen. Die Erfahrung habe gezeigt, dass Personen, die ins Ausland flüchten, "keine gute Zukunft haben".


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Außenpolitik

Angeblich von Iran geplantes Attentat auf saudischen Botschafter in den USA

Am 12. Oktober gaben die USA bekannt, ein von Iran gegen den saudischen Botschafter in den USA geplantes Attentat rechtzeitig entdeckt zu haben. US-Präsident Barack Obama bezeichnete den Versuch als Verstoß gegen das Völkerrecht. Die Pläne bedeuteten eine eklatante Verletzung des internationalen Rechts, erklärte das US-Präsidialamt am 12. Oktober. Obama bekräftigte die Bereitschaft der USA, ihren Verpflichtungen nachzukommen und die Sicherheit der Diplomaten im Land zu gewährleisten. Iran müsse zur Rechenschaft gezogen werden, erklärte die Regierung. US-Außenministerin Hillary Clinton drängte auf eine Verschärfung der im Atomkonflikt gegen Iran verhängten Sanktionen. Sie hoffe, dass der Vorfall bislang noch zögerliche Staaten dazu bewege, diesen Schritt nun zu tun, sagte sie der Agentur Reuters am 12. Oktober.

Die USA warfen Iran vor, die Anschlagspläne geschmiedet und die Attentäter angeheuert zu haben. Zwei Männer mit Verbindungen zur Regierung in Teheran hätten geplant, den saudischen Botschafter Adel al-Dschubeir zu töten, teilte die US-Polizei mit. Einer der beiden Männer, der Autohändler Mansur Arbabsiar, wurde demnach am 29. September auf dem New Yorker Flughafen John F. Kennedy aus Mexiko kommend festgenommen, der zweite, Gholam Schakuri, soll sich in Iran aufhalten. Beide haben nach Hinweisen von Justizminister Eric Holder Verbindungen zu den Revolutionsgarden Irans und deren Eliteeinheit El Kuds, die als wichtigste Stütze des schiitischen Systems gelten. Die beiden Männer wurden unter anderem wegen Verschwörung zu einer Terrortat und zum Einsatz einer Massenvernichtungswaffe angeklagt. Behördenangaben zufolge kann auch ein einfacher Sprengsatz als Massenvernichtungswaffe eingestuft werden. Arbabsiar und Schakuri sollen in Mexiko ein vermeintliches Mitglied eines Drogenkartells als Auftragsmörder angeheuert haben. Der Mann war jedoch Informant der US-Drogenbehörde DEA und verriet die Anschlagspläne unter dem Codenamen "Chevrolet" an die Behörden.

Nach den Worten von FBI-Direktor Robert Mueller waren in die seit Mai laufenden Planungen auch Drogenkartellen in Mexiko verwickelt. Von dort habe die US-Polizei den entscheidenden Tipp bekommen, sagte Mueller. Zudem seien hohe Geldsummen geflossen und es sei ein Anschlagsversuch in einem Restaurant in Washington unternommen worden. "Auch wenn sich der Plan wie ein Drehbuch für einen Hollywoodfilm liest, wären die Folgen sehr real gewesen und viele Menschen hätten ihr Leben verloren", sagte er.

Die mexikanische Regierung hat nach eigenen Angaben wesentlich zur Verhinderung des Anschlags beigetragen. Julian Ventura, Unterstaatssekretär im Außenministerium, teilte am 12. Oktober nach einem Bericht der Tageszeitung "El Universal" mit, die mexikanischen Behörden seien von Anfang an informiert gewesen. Im Zusammenhang mit den Ermittlungen sei bereits am 28. September der US-Bürger Arbabsiar der mexikanischen Einwanderungsbehörde ins Netz gegangen und umgehend in die USA zurückgeschickt worden.

Arbabsiar lebt seit Jahrzehnten im US-Staat Texas. Zuletzt wohnte er nach Behördenangaben in der Ortschaft Round Rock nördlich von Austin. Ein Nachbar sagte, er habe Arbabsiar häufig in der Gegend gesehen, wie er rauchte und in einer fremden Sprache telefonierte. Zuvor hatte Arbabsiar in der Region Dallas/Fort Worth und in Corpus Christi gewohnt. Er wurde mehrmals festgenommen, unter anderem wegen Diebstahls.

Das US-Außenministerium hat am 12. Oktober sogleich eine weltweite Terrorwarnung veröffentlicht. Die jüngste Verschwörung "könnte auf einen aggressiveren Ansatz der iranischen Regierung bei terroristischen Aktivitäten hinweisen", hieß es in der Mitteilung. Angriffe auf der ganzen Welt könnten sich vor allem gegen Diplomaten aus Staaten richten, die Iran kritisch gegenüberstehen. Wie die nun aufgedeckten Pläne zeigten, seien jedoch auch Anschläge in den USA denkbar, hieß es in der Warnung weiter.

Saudi-Arabien bedankte sich am 12. Oktober bei der US-Regierung. Der Attentatsplan sei "eine abscheuliche Verletzung der internationalen Normen, Standards und Konventionen und steht nicht im Einklang mit den Prinzipien der Menschlichkeit", hieß es in der Stellungnahme der saudischen Botschaft in Washington. In dem Text wurde die iranische Regierung nicht erwähnt.

Unmittelbar nach Bekanntgabe der Anschlagspläne hat Washington die Sanktionen gegen Iran ausgeweitet. Das US-Ministerium setzte nach eigenen Angaben die iranische Fluglinie Mahan Air auf die Schwarze Liste. Alle Guthaben der Airline in den USA würden damit eingefroren, US-Bürgern seien Geschäftsbeziehungen mit dem Unternehmen fortan untersagt.

Mahan Air unterstützt nach Angaben des Finanzministeriums die El-Kuds-Einheit der iranischen Revolutionsgarden, die wiederum angeblich hinter den Attentatsplänen stecken sollen. Mahan Air fliegt keine Ziele in den USA an, unterhält aber mehrere Verbindungen von Teheran nach Asien und Europa - darunter nach Düsseldorf.

Das US-Außenministerium startete eine diplomatische Initiative gegen Iran und verschickte streng geheime Depeschen an alle US-Botschaften und Konsulate in der Welt. Darin wurde darum gebeten, den Fall den jeweiligen Regierungen darzulegen und diese zu Maßnahmen gegen Iran zu bewegen.

Unterdessen traf der stellvertretende Außenminister William Burns im State Department mit dem gesamten diplomatischen Korps in Washington zusammen. Die US-Botschafterin bei der UNO, Susan Rice, sowie andere US-Regierungsvertreter unterrichteten Mitglieder des UN-Sicherheitsrats über das mutmaßliche Vorhaben Teherans. Der Vorsitzende des Militärausschusses im US-Senat erklärte, das mutmaßliche iranische Komplott könne eine kriegerische Handlung gegen die USA darstellen. Zunächst wolle er aber die Folgen prüfen, die sich aus der Verwendung dieses Begriffs ergäben, sagte der demokratische Senator Carl Levin. Ganz sicher sei das vermeintliche Vorhaben eine ernsthafte Bedrohung für die USA.

Die britische Regierung teilte mit, sie berate mit den USA und anderen Staaten über neue internationale Sanktionen gegen Iran. Das französische Außenministerium sprach in einer Stellungnahme von einer "äußerst ernsten Angelegenheit und einer skandalösen Aktion".

Iran hat den Vorwurf der USA, ein Attentat auf den saudischen Botschafter geplant zu haben, entschieden zurückgewiesen. Irans Botschafters bei den Vereinten Nationen, Mohammad Khasai, schickte am 12. Oktober ein Schreiben an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, in dem er den Vorwurf als "konstruiertes Szenario" bezeichnete. Iran lehne die Behauptungen Washingtons, die sich auf "verdächtige Aussagen" einer einzigen Person stützten, entschieden ab, heißt es dort. Staaten könnten durch falsche Behauptungen einander denunzieren und "Geschichten erzählen". Doch derartige Machenschaften könnten zu einer Methode werden, die die friedlichen Beziehungen zwischen Staaten stark gefährden könnte.

Iran habe stets den Terrorismus verurteilt, denn das Land sei selbst Opfer des Terrorismus, betonte Khasai und verwies auf die Attentate gegen iranische Atomwissenschaftler, die von Israel ausgeführt und von den USA unterstützt worden seien.

Irans Parlamentspräsident Ali Laridschani bezeichnete den "Rummel um den Fall" als einen "politischen Herzinfarkt der USA". "Es zeichnete sich schon gestern ab, dass die USA dieses 'dumme Spiel' medial groß inszenieren wollten", sagte Laridschani am Mittwoch, den 12. Oktober. Zugleich sei klar gewesen, dass es sich um den Versuch handelte, von eigenen Problemen abzulenken und zwischen Iran und Saudi-Arabien "einen Keil zu treiben". "Wir haben normale Beziehungen zu Saudi-Arabien und es gibt für uns keinen Grund, solche kindischen Aktionen zu planen." Er glaube die Nachbarn Irans seien klug genug, um die Machenschaften der USA zu durchschauen, sagte der Parlamentspräsident.

Tatsächlich sind aber die Beziehungen zwischen Iran und Saudi-Arabien seit langem gestört. Die beiden Länder konkurrieren um die Vormachtstellung in der Region. Auch die engen Beziehungen zwischen Riad und Washington, die massive Waffenlieferungen an das arabische Königreich und die Errichtung von Militärstützpunkten in der Region einschließen, sind Grund genug für Teheran, die Saudis wenn schon nicht als Gegner so doch als Rivalen zu betrachten.

Die Konflikte zwischen den beiden Staaten erreichten einen neuen Höhepunkt, als der Golfkooperationsrat im März dieses Jahres beschloss, Truppen zur Niederschlagung der Aufständischen nach Bahrain zu entsenden. In einer von 257 Abgeordneten des iranischen Parlaments unterzeichneten Protesterklärung wurde Saudi-Arabien vor den Folgen der Intervention in Bahrain gewarnt. Die Völker in den arabischen Staaten würden ihren Widerstand "bis zum Sturz illegaler Regierungen" fortsetzen, hieß es.

Am 9. April rief Präsident Mahmud Ahmadinedschad Saudi-Arabien auf, seine Truppen aus Bahrain abzuziehen. Die Stationierung saudischer Soldaten in Bahrain sei eine "hässliche Sache", sagte er. Einen Tag zuvor hatte der Golfkooperationsrat Iran vorgeworfen, konfessionelle Spannungen in Bahrain zu schüren. Der Rat zeigte sich "tief besorgt" über die "andauernde iranische Intervention in interne Angelegenheiten der Staaten des Golfkooperationsrats". Ende Mai erklärte der Staatssekretär im Teheraner Außenministerium, Amir Hossein Abdollahian, die Normalisierung der Beziehungen zwischen Teheran und Riad setze den Abzug saudischer Truppen aus Bahrain voraus. Er äußerte die Hoffnung, dass die Saudis ihren "Fehler in Bahrain", einsehen werden.

Bereits einen Tag nach dem Bekanntwerden des Anschlags räumten US-Vertreter Lücken in der Beweislage ein. Dem Bericht der Agentur Reuters vom 13. Oktober zufolge äußerten sie die Meinung, der angebliche Komplott sei ungewöhnlich schlecht organisiert worden. "Wir hätten erwartet, dass die El-Kuds-Truppe ihre Spuren effektiver verwischt", sagte einer von ihnen. Ein Iran-Experte des Kongresses meldete ebenfalls Zweifel an. "Ein Autoverkäufer aus Texas, der nicht wirklich selbst ein El-Kuds-Mitglied ist und seit vielen Jahren in den USA lebt - das passt nicht zusammen", sagte Kenneth Katzman. "Es kann dazu einen gewissen Kontakt mit der El Kuds gegeben haben, aber die Idee eines voll durchdachten Plans, genehmigt von hohen Stellen der iranischen Führung, strapaziert die Gutgläubigkeit."

Am 18. Oktober forderte Saudi-Arabien eine unabhängige Untersuchung des Komplotts durch den UN-Sicherheitsrat. Der aufgedeckte Plan stelle nicht nur "ein abscheuliches Verbrechen", sondern auch "einen maßgeblichen Verstoß" gegen internationale Verträge dar, hieß es in einem Brief der saudischen UN-Vertretung an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Iran mahnte Saudi-Arabien zur Vorsicht. Außenminister Salehi sagte: "Sicherlich wissen die Verantwortlichen in Saudi-Arabien, dass das jüngste Szenario das Ziel hat, zwischen den Staaten der Region Konflikte zu erzeugen. Ich hoffe, dass unsere saudischen Freunde diesem Umstand mehr Beachtung schenken."

Am 18. Oktober erklärte Irans Außenminister Ali Akbar Salehi laut IRNA, sein Land sei bereit, die Anschuldigungen der USA zu prüfen, auch wenn es sich um "erfundene" Vorwürfe handele. Seine Regierung habe die USA aufgefordert, die vorhandenen Informationen zu dem Fall und den darin verwickelten Verdächtigen vorzulegen. Demgegenüber sagte Regierungschef Ahmadinedschad in einem Interview mit dem Fernsehsender El Dschasira International: "Warum sollten wir eine Untersuchung vornehmen? Jeden Tag erheben die USA einen neuen Vorwurf gegen Iran." Die USA täuschten sich, wenn sie glaubten, "durch das Ausüben von Druck Ergebnisse zu erzielen". Niemand könne glauben, dass Iran in die USA gehe, um einen Anschlag auf den Botschafter "eines befreundeten Lands" zu verüben. "Wer das hört, muss lachen". Die US-Regierung wolle mit diesen Vorwürfen einen Keil zwischen Iran und Saudi-Arabien treiben und von den wirtschaftlichen Problemen im eigenen Land ablenken.

Am 21. Oktober wurden die beiden Verdächtigen Arabsiar und Schkuri formal angeklagt. Nach Justizangaben billigten die Geschworenen der Grand Jury in New York die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft. Auch die EU verhängte Sanktionen gegen fünf Verdächtige, die in die Anschlagspläne verwickelt sein sollen. Iran reagierte auf die Anklageerhebung mit scharfen Worten. Geheimdienstminister Heidar Moslehi nannte die Vorwürfe "dumm", die Pläne seien "zu schlecht, um wahr zu sein". Aus Sicht der Geheimdienste gebe es viele Widersprüche, sagte Moslehi laut iranischem Staatsfernsehen. Unglaubwürdig sei vor allem die angebliche Einbindung eines mexikanischen Drogenkartells. Am 24. Oktober erklärte sich der Angeklagte Arbabsiar für nicht schuldig. Er wies bei einer Anhörung die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zurück. Das Gericht setzte eine weitere Anhörung für den 21. Dezember an, der Prozess könne dann im Januar beginnen.


Romney will Kriegsschiffe gegen Iran im Persischen Golf stationieren

Der wohl aussichtsreichste Kandidat der Republikaner für die nächste Präsidentenwahl in den USA, Mitt Romney, kündigte an, er werde im Falle seiner Wahl, amerikanische Kriegsschiffe dauerhaft im Persischen Golf und im östlichen Mittelmeer gegen Iran stationieren. Dies sagte er am 7. Oktober während eines Vortrags, bei dem er die Prioritäten seiner künftigen Außenpolitik erläuterte. Romney kritisierte die Außenpolitik der Regierung Obama und warf ihr vor, "zu schwach" gegen andere Staaten aufzutreten. Während der Regierungszeit Präsident Barack Obamas seien die Bereiche Außenpolitik, Wirtschaft, Militär und die Werte der amerikanischen Gesellschaft erheblich geschwächt worden, sagte Romney.

Mit Bezug auf Iran sagte er: "Stellen Sie sich die Welt in vier Jahren, das heißt am 7. Oktober 2015, vor. Wird sich Iran zu diesem Zeitpunkt zu einer Atommacht entwickelt haben, einer Macht, die ihre Nachbarn bedroht und an der Straße von Hormos internationale Öltransporte kontrolliert? Eine Atommacht Iran in der Hand der Ayatollahs wird nicht weniger sein als eine ernste Gefahr für die Existenz Israels. Iranische Extremisten wären dann in der Lage, die Welt zu erpressen."


Französischer Botschafter warnt Iran vor einem Militäreinsatz

Der französische UN-Botschafter Gérard Araud hat Iran vor einem Militäreinsatz gewarnt, sollte das Land an seinem umstrittenen Atomprogramm festhalten. Wenn es keine neuen Verhandlungen über das Programm gebe, bestehe ein "hohes Risiko" eines militärischen Eingreifens, sagte der Diplomat am 28. September in New York. Araud ließ offen, welche Länder sich an einem solchen Einsatz beteiligen könnten. Ein Eingreifen könnte jedoch "katastrophale Folgen in der Region" haben, warnte er.


Iran kündigt Entsendung von Marine-Schiffen an US-Gewässer-Grenzen an

Iran hat die Entsendung von Marineschiffen an die Grenzen von US-Hoheitsgewässern angekündigt. Da der "globale Unterdrücker" USA Schiffe nahe der Seegrenze Irans habe, werde die iranische Marine eine "starke Präsenz" unweit der Hoheitsgewässer der USA haben, erklärte Marine-Chefkommandeur Habibollah Sajari laut der iranischen Nachrichtenagentur IRNA am 27. September. Bereits im Juli hatte der Admiral angekündigt, Iran werde eine "Flotte in den Atlantik entsenden". Die iranische Marine verstärkt bereits seit dem vergangenen Jahr ihre Präsenz in internationalen Gewässern. Regelmäßig werden Schiffe in den Indischen Ozean und den Golf von Aden entsendet, um iranische Handelsschiffe in der Region vor Angriffen somalischer Piraten zu schützen. Im Februar hatte Iran erstmals zwei Kriegsschiffe ins Mittelmeer geschickt.


Ahmadinedschad: Niemand darf sich in Syriens Angelegenheiten einmischen

In einem Interview mit dem US-Nachrichtensender CNN vom 22. Oktober sagte Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad, Iran sei seit geraumer Zeit bemüht, die syrische Regierung zu Verhandlungen mit den Aufständischen zu bewegen und fügte zugleich hinzu, niemand dürfe sich in syrische Angelegenheiten einmischen. Denn "eine Einmischung von außen macht die Sache schlimmer". Niemand sollte Waffen nach Syrien schicken und alle sollten sich bemühen, zur Verständigung zwischen Regierung und Opposition beizutragen.

Ahmadinedschad kritisierte die syrische Führung, Gewalt gegen die Gegner angewendet zu haben. "Niemand darf andere töten, weder die Regierung noch die Aufständischen", sagte Irans Präsident. Überall in der Welt müssten die Forderungen der Bevölkerung akzeptiert werden. "Gerechtigkeit, Freiheit und Achtung vor den Rechten des Individuum" seien verbriefte Rechte aller Menschen. "Wir verurteilen das Töten. Alle müssen sich zusammenraufen, um Lösungen aus der Krise zu finden. Mit dem Töten löst man keine Probleme." Das Töten zeige langfristig seine negative Wirkung. Es erzeuge Rachegefühle, die nicht mehr so leicht verschwinden. Ahmadinedschad kritisierte die Einmischung der NATO in Libyen. "Man hätte das Problem viel leichter lösen können", sagte er. "Wir hatten von Anbeginn vorgeschlagen, eine internationale Vermittlungsgruppe nach Libyen zu entsenden. Doch die Gier des Westens nach libyschen Ölquellen verhinderte die Annahme unseres Vorschlags."

Zu der Ankündigung des US-Präsidenten Barack Obama, die amerikanischen Truppen bis zum Jahresende aus dem Irak abzuziehen, sagte Ahmadinedschad, dies sei eine "gute Sache", habe aber viel eher geschehen müssen. "Die Amerikaner sind im Nahen Osten verhasst, sie müssen sich aus der gesamten Region zurückziehen." Der Abzug werde auch "eine Veränderung der Beziehungen zwischen Teheran und Bagdad mit sich bringen". Genauere Angaben darüber machte er aber nicht. Gefragt, ob es zwischen den beiden Staaten auch eine militärische Zusammenarbeit geben werde, sagte der Präsident, er wolle "die Entscheidung der irakischen Regierung" abwarten.

Obama hatte am 21. Oktober den vollständigen Abzug der 39.000 im Irak stationierten US-Soldaten bis zum Jahresende angekündigt und damit ein Abkommen eingehalten, das 2008 zwischen Washington und Bagdad vereinbart worden war. Spätere Verhandlungen über den möglichen Verbleib mehrerer tausend US-Soldaten zur Ausbildung irakischer Truppen waren offenbar gescheitert, weil der Irak den Soldaten keine Immunität gewähren wollte. US-Außenministerin Hillary Clinton warnte Ahmadinedschad, er solle den Abzug der USA aus dem Irak nicht missverstehen. In Interviews mit mehreren US-Sendern sagte sie am 23. Oktober, die USA würden den Irak weiterhin unterstützen. "Niemand, insbesondere Iran, sollte sich über unsere Verantwortung gegenüber Irak täuschen", sagte Clinton. Die USA würden ihre Zusammenarbeit mit dem Irak bei der Ausbildung von Sicherheitskräften im Rahmen eines Programms fortsetzen, so wie sie es zum Beispiel in Kolumbien tun. Auch wenn sie ihre Kampftruppen aus dem Irak abzögen, zeigten sie doch durch ihre Stützpunkte in der Region weiterhin eine starke Präsenz, die Iran besser nicht ignorieren sollte. Auch diplomatisch würden die USA weiterhin stark im Irak vertreten sein, betonte Clinton. "Zudem haben wir in den Nachbarstaaten Stützpunkte, auch die Türkei gehört zu unseren Verbündeten."

Auch US-Verteidigungsminister Leon Panetta versicherte, dass die US-Streitkräfte trotz des Abzugs aus dem Irak weiterhin imstande sein würden, radikale Kräfte in Schach zu halten. Zusätzlich zu den Soldaten in Afghanistan seien vierzigtausend US-Soldaten in der Region stationiert und in der Lage jederzeit Drohungen zu begegnen. Die Republikaner haben Obamas Beschluss zum Rückzug aus dem Irak scharf kritisiert. Senator John McCain sagte, die Staaten der Region interpretierten den Beschluss als einen Sieg für Iran. Der Abzug sei ein "schwerer Fehler". "Wir hätten mit dem Irak Einverständnis erzielen können. Ich bin äußerst besorgt über die Zunahme des Einflusses Irans im Irak."


Chamenei gegen Zwei-Staaten-Lösung

Revolutionsführer Ali Chamenei erklärte bei der Eröffnung der internationalen Palästina-Konferenz in Teheran am 1. Oktober, "jeder Plan, der eine Teilung Palästinas vorsieht, ist zu verurteilen". "Unser Ziel ist die Freiheit für Palästina, nicht die Freiheit für einen Teil Palästinas", sagte er. Die Palästinenser sollten sich nicht auf einen Staat basierend auf den Grenzen von 1967 beschränken. Das gesamte Land gehöre den Palästinensern. Der Plan einer Teilung Palästinas, der nun durch den Antrag zur Vollmitgliedschaft in die Vereinten Nationen "salonfähig" gemacht werden solle, sei nichts anderes als die "Kapitulation" vor der Forderung der Zionisten, ihren Staat anzuerkennen. Dies bedeute wiederum nichts anderes als eine Missachtung der Rechte Palästinas, der historischen Rechte der Flüchtlinge und der Bewohner der palästinensischen Gebiete von 1948. Die Grenzen Palästinas seien die von 1948. Zugeständnisse, die dieses Territorium antasten wollten, seien für islamische Staaten nicht annehmbar.

"Wir verlangen nicht, dass die jüdischen Immigranten ins Meer geworfen werden, auch nicht die Intervention der Vereinten Nationen, wir verlangen eine Befragung aller Palästinenser", sagte Chamenei. "Wir wollen die Freiheit Palästinas, nicht die Freiheit von Palästina." Mit dieser Stellungnahme reihte sich die Islamische Republik in jene Staaten ein, die angeführt von den USA die Initiative des Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmud Abbas zur Vollmitgliedschaft in der UNO ablehnen.

An der Konferenz in Teheran hatten Vertreter von rund 50 Staaten teilgenommen, darunter Parlamentspräsidenten Libanons, Iraks, Katars, Afghanistans und Indonesiens. Auch Delegationen aus Simbabwe, Moldawien, Bangladesh, Oman, Algerien, Bolivien, Polen, Dänemark, Kanada und Pakistan gehörten zu den Konferenz-Teilnehmern. Zu den Gästen gehörten auch der in Syrien lebende politische Führer der Palästinenser-Organisation Hamas, Chalid Maschal und der Führer der Djihad Islami Palästinas Ramasan Abdullah. Maschal sagte, beim Plan zur Zweistaatenbildung sei die Kraft der Palästinenser unterschätzt worden. Zur Initiative von Mahmud Abbas sagte er, es sei nicht klar gewesen, wo der Staat liege, dessen Aufnahme in die UNO beantragt worden sei. Dennoch bezeichnete er die Initiative als "mutig und begrüßenswert". Man könne nicht leugnen, dass der Antrag einen "symbolischen Wert hatte und erfolgreich" gewesen sei. Damit seien Israel und die USA isoliert worden und die Welt habe ihr "hässliches Gesicht" sehen können. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärte am 2. Oktober, "die Gift streuenden Äußerungen" des iranischen Revolutionsführers zielten auf die "Vernichtung Israels" und bestätigten die Richtigkeit der israelischen Sicherheitspolitik.


Türkei und Iran gemeinsam gegen PKK

Wie der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan am 25. September bekannt gab, planen die Truppen seines Landes und des Nachbarstaates Iran, gemeinsam gegen die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vorzugehen. Beide Länder seien dazu entschlossen, es gebe keine Verzögerungen.

Ziel der gemeinsamen Operationen sind die Stützpunkte der PKK in den Kandil-Bergen der iranisch-irakischen Grenze, tief im irakischen Territorium. "Es tut mir leid, das zu sagen, aber es wird einen Preis haben", sagte Erdogan mit Blick auf die Opfer, die es geben wird. Ob die beiden Staaten neben den Angriffen aus der Luft, auch den Einsatz von Bodentruppen planen, sagte Erdogan nicht. Der Einsatz ist völkerrechtlich nicht zulässig. Ein Einverständnis der irakischen Regierung bzw. der kurdischen Regierung im Irak ist nicht bekannt. Auch bisher hat es sowohl von iranischer als auch von türkischer Seite Angriffe gegen die PKK gegeben, ebenso wie Proteste der Kurden im Irak dagegen.


Kritik an der türkischen Außenpolitik

Ein hochrangiger Militärberater des Revolutionsführers Ali Chamenei griff die Türkei in ungewöhnlich scharfem Ton an. Die Regierung in Ankara müsse ihren politischen Kurs radikal ändern, zitierte ihn die halbamtliche Nachrichtenagentur Mehr am 9. Oktober. Konkret nannte er die türkische Kritik an der Niederschlagung der Proteste in Syrien, die Unterstützung des Nato-Partners USA für ein Raketenabwehrschild der Militärallianz und das Werben von Ministerpräsident Tayyip Erdogan für eine Säkularisierung des Islam. Andernfalls riskiere die Regierung Auseinandersetzungen mit ihrem eigenen Volk und mit den Nachbarn.


Tod Gaddafis begrüßt

Teheran hat den Tod des gestürzten libyschen Machthabers Muammar el Gaddafi begrüßt und ein sofortiges Ende des NATO-Einsatzes in dem Land gefordert. "Das unausweichliche Schicksal aller Diktatoren und Unterdrücker, die die Rechte der Völker nicht respektieren, ist der Untergang", sagte Außenamtssprecher Ramin Mehmanparast laut der Nachrichtenagentur IRNA am 21. Oktober. "Iran begrüßt diesen großen Sieg und gratuliert dem muslimischen libyschen Volk sowie dem nationalen Übergangsrat."

Nun gebe es für die NATO "keinen Vorwand mehr" für ihren Militäreinsatz in Libyen, sagte Mehmanparast weiter. Es sei daher nötig, dass die Truppen "umgehend abziehen, damit das libysche Volk seine Zukunft selbst bestimmen kann". Iran hatte den Volksaufstand gegen Gaddafi unterstützt, den Nationale Übergangsrat jedoch nicht als Vertretung des Landes anerkannt. Auch Ahmadinedschad nahm zum Tod Gaddafis Stellung. Bei einer Rede in der Stadt Birdjand am 25. Oktober sagte er: "Manche sind der Meinung, man habe diesen Herren getötet, damit er nicht Geheimnisse preisgeben kann, so wie sie es bei Bin Laden gemacht haben."

"Ich habe genaue Informationen aus den NATO-Staaten, dass sie sich nun zusammengesetzt haben, um die Beute Libyen unter sich aufzuteilen. Einer sagt, diesen Teil den Ölquellen nehmen wir, den anderen Teil könnt ihr haben. Der Dritte sagt, wir nehmen die Wege, Straßen und Städte", zitierte die Nachrichtenagentur IRNA den Präsidenten. Ahmadinedschad kritisierte auch den UN-Sicherheitsrat. "Ihr habt ein Stück Papier von dem UN-Sicherheitsrat bekommen, ... seid in Libyen einmarschiert, habt Menschen getötet und heute wollt ihr euch die Ehre und den Reichtum Libyens teilen."

Der Präsident sagte, er erinnere sich an ein Gespräch mit einem amerikanischen Journalisten, der ihn zu den Beziehungen zwischen Iran und Libyen gefragt habe. "Ich habe ihm gesagt, schaue dir die iranische Geschichte an. Gibt es einen iranischen Staatspräsidenten oder Vizepräsidenten, der Libyen besucht hat? Und zeige mir einen amerikanischen Präsidenten, der nicht Libyen besucht und Verträge mit Gaddafi abgeschlossen hat." Offenbar ist dem Präsidenten entgangen, dass 1984 der damalige iranische Staatspräsident Ali Chamenei zu einem Staatsbesuch nach Libyen gereist war und von Gaddafi herzlich empfangen wurde!


Neue EU-Sanktionen gegen die Islamische Republik

Die EU hat am 10. Oktober drei weitere ranghohe Politiker Irans wegen Verletzung der Menschenrechte mit Sanktionen belegt. Es handelt sich um den Geheimdienstminister Haidar Moslehi, den Justizminister Said Mortesa Bachtiari und den Minister für Kultur und islamische Führung Mohammad Hosseini. Auch der ehemalige Innenminister Sadegh Mahsuli, der 2009 für die Durchführung der Präsidentenwahlen zuständig war, gehört zu den Bestraften. Dem Geheimdienstminister werden willkürliche Festnahmen und die Verfolgung von Oppositionellen vorgeworfen. Der Kulturminister wird für die Zensur der Presse, Kunst und Literatur sowie der Meinungsäußerung verantwortlich gemacht. Der Justizminister wird beschuldigt, die Verfolgung von Oppositionellen im Ausland angeordnet zu haben.

Die EU-Außenminister beschlossen bei ihrem Treffen in Luxemburg Maßnahmen gegen weitere 29 Personen. Ihre Konten in Europa werden gesperrt und sie werden künftig keine Reiseerlaubnis für die EU-Staaten erhalten. Die Namen der 29 Personen wurden am 11. Oktober veröffentlicht. Inzwischen sind insgesamt 61 Iraner von den Strafmaßnahmen betroffen, darunter mehrere Staatsanwälte, Richter, Kommandanten der Revolutionsgarden, Provinzgouverneure.

In einer Erklärung verurteilten die EU-Außenminister die Repressionen gegen die iranischen Staatsbürger, insbesondere gegen Menschenrechtsaktivisten, Anwälte, Journalisten, Filmemacher, Frauenrechtlerinnen, Blogger, Angehörige ethnischer und religiöser Minderheiten. Sie forderten die Führung in Teheran auf, alle politischen Gefangenen sofort freizulassen, die Unterdrückung der Opposition zu beenden und Freiheitseinschränkungen von Oppositionelle, darunter die gegen Mir Hossein Mussavi und Mehdi Karrubi, aufzuheben. Ferner wurden im Hinblick auf die permanente Störung der Auslandssender die Verantwortlichen aufgefordert, die Störungen einzustellen und die rigorose Zensur des Internets zu beenden. Der britische Außenminister William Hague sagte, die Sanktionen richteten sich gegen Personen, die für die Verletzung der Menschenrechte in Iran verantwortlich seien. In Iran seien allein in diesem Jahr bereits mehr 500 Menschen, darunter ein Siebzehnjähriger, hingerichtet worden. Hague drohte, die EU werde die Sanktionen weiter verschärfen und ausweiten.


Al-Kaida kritisiert Ahmadinedschads Verschwörungstheorien

Das Terrornetzwerk Al-Kaida hat Äußerungen des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad scharf kritisiert. Es sei "lächerlich" die US-Regierung für die Anschläge vom 11. September verantwortlich zu machen. Diese Ansicht widerspreche jeder Logik und allen Beweisen, hieß es in einem am 29. September in Al-Kaidas englischsprachigem Online-Magazin "Inspire" veröffentlichten Artikel. Ahmadinedschad hatte bei seinem Auftritt auf der diesjährigen UN-Vollversammlung in New York behauptet, dass das World Trade Center nicht durch die Flugzeuge, sondern durch explosives Material eingestürzt sei. Er warf dabei den USA zwar nicht direkt vor, die Anschläge inszeniert zu haben, sagte aber, dass er als gelernter Ingenieur sicher sei, dass die Zwillingstürme nicht durch Flugzeuge zum Einsturz gebracht worden seien.

Der Autor des "Inspire"-Artikels, Abu Suhail, warf Iran vor, auf den "Erfolg" der Al-Kaida bei den Anschlägen vom 11. September neidisch zu sein. Weil Teheran die USA selbst nicht angreifen könne, wollten die Iraner den 11. September diskreditieren, schrieb Abu Suhail. Gleichzeitig warf er Iran vor, mit Anti-Amerikanismus politisches Kleingeld machen zu wollen. "Iran ist antiamerikanisch, wenn es ihm passt, und kollaboriert mit den USA, wenn es ihm passt", schrieb Abu Suhail und zitierte einige Fälle, in denen Iran mit den USA zusammengearbeitet habe, darunter auch die Unterstützung, die das Land bei der US-Invasion in Afghanistan den US-Streitkräften gewährte. Die Al-Kaida, deren Mitglieder sunnitische Extremisten sind, betrachten die Schiiten, insbesondere die in Iran, als Feinde.


Kommandeur spricht von "Amerikanischem Frühling"

Ein Kommandeur der iranischen Revolutionsgarde hat die sich ausweitenden Proteste gegen die Wall Street in den USA als Beginn eines "Amerikanischen Frühlings" bezeichnet. General Massud Dschasayeri sagte laut einem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA am 10. Oktober, die Proteste gegen Unternehmensgier und die Kluft zwischen Arm und Reich seien eine sich entfaltende Revolution, die das "westliche kapitalistische System" stürzen werde. Die Wahlversprechen von US-Präsident Barack Obama bezüglich eines Wandels hätten eine Sackgasse erreicht.


Bedenken wegen Afghanistan-Konferenz

Iran meldet Vorbehalte gegen die Afghanistan-Konferenz, die Anfang Dezember in Bonn stattfinden soll. "Diese Konferenz kann nur dann wirklich nützlich sein, wenn die wahren Vertreter Afghanistans und die Nachbarstaaten in eine Lösung eingebunden werden", sagte der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Ramin Mehmanparast, am 4. Oktober in Teheran. Falls wieder der Westen über die Zukunft Afghanistans bestimmen wolle, hätte die Konferenz keine große Bedeutung.

"Ob beziehungsweise auf welcher politischen Ebene wir teilnehmen werden, hängt davon ab, wie seriös diese Konferenz geplant ist", sagte der Sprecher. Afghanistans Rolle sei aus strategischer Sicht für Iran enorm wichtig. Die Konferenz mit mehr als tausend Teilnehmern soll am 5. Dezember in Bonn stattfinden. Dazu eingeladen haben Bundesaußenminister Guido Westerwelle und sein afghanischer Kollege Zalmai Rassoul gemeinsam. Teheran hatte im Dezember 2001 an der ersten Konferenz auf dem Petersberg bei Bonn teilgenommen. Auch bei der Vorbereitungskonferenz im vergangenen Monat in New York, zu der alle Nachbarstaaten eingeladen waren, war Iran dabei. Offen ist noch, ob bei der nächsten Petersburger Konferenz auch Vertreter der radikal-islamischen Taliban-Milizen mit am Tisch sitzen werden.


Trotz Einreiseverbots darf Irans Ölminister nach Europa

Laute einem Bericht der BBC vom 29. September darf der iranische Ölminister Rostam Ghassemi an einem Kongress in Wien teilnehmen, obwohl sein Namen auf der am 26. Juli beschlossenen Liste jener Iraner steht, denen im Rahmen der gegen Iran verhängten Sanktionen der EU die Einreise nach Europa verweigert wurde. Dem Bericht zufolge sagte ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton in Brüssel, Ghassemis Name bleibe auf der Liste, auch wenn er nach Europa reisen dürfe. Den Widerspruch begründete der Sprecher damit, dass es sich bei der Konferenz in Wien um eine Zusammenkunft der OPEC handele und Österreich als Gastgeber fungiere.

Auch iranische Medien berichteten, dass der Minister trotz verhängter Sanktionen an der Konferenz teilnehmen werde. Die Nachrichtenagentur IRNA berichtete, Ghassemis Name sei aus der Liste der mit Sanktionen Bestraften gänzlich herausgenommen worden, damit der Ölminister seinen internationalen Verpflichtungen nachgehen könne. Ghassemi war bereits vor der Übernahme seines Ministeramts als Kommandant des Stützpunkts Chatam al Anbia der iranischen Revolutionswächter auf die Liste gesetzt worden. Nach Meinung der EU steht der Stutzpunkt direkt mit dem iranischen Atomprogramm in Verbindung.


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Autor: Bahman Nirumand
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. November 2011