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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/310: Iran-Report Nr. 1 - Januar 2014


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 1 - Januar 2014
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand



Der Konflikt um das iranische Atomprogramm, die Wahlfälschung vom Juni 2009, die Verfolgung der Opposition und die Verletzung der Menschenrechte sind einige der wiederkehrenden Themen des Iran-Reports. Er wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus, auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter. Der Iran-Report wird einem breiten Interessentenkreis aus Politik, Wissenschaft und Medien zur Verfügung gestellt.


INNENPOLITIK

• Ultras formieren sich
• Zwanzig Abgeordnete forderten die Absetzung Sarifs
• Welayati: "Wir müssen mit den 5+1-Staaten bilateral verhandeln
• Rohani: "Nicht nur Zentrifugen, auch die Räder der Wirtschaft müssen sich drehen"
• Chatami: "Alle haben das Gefühl, abgehört zu werden"
• Präsidentenbüro dementierte Berichte
• Verlegung der Hauptstadt geplant
• HIV-Infektionen drastisch zugenommen
• Zweiten Affen ins All geschickt
• Angeblicher britischer Spion festgenommen
• Schicksal des US-Bürgers Levinson weiterhin ungewiss
• Drei Mitglieder der Pasdaran getötet
• Schutz der Atomwissenschaftler durch Pasdaran


ULTRAS FORMIEREN SICH

Der von Präsident Hassan Rohani proklamierte Kurs von "Mäßigung und Klugheit" lässt die Kritik seitens der Ultrakonservativen immer lauter werden.

Innenminister Abdolresa Rahmani Fasli verteidigte die Parole "Tod den USA" und sagte iranischen Medien zufolge am 21. Dezember, die Islamische Republik habe niemals der Regierung der Vereinigten Staaten getraut. Zu den laufenden Verhandlungen über den Atomkonflikt sagte er, "die Verhandlungen müssen nicht auf Vertrauen basieren". Er empfahl den Verhandlungsführern, "wachsam" zu sein. "Wenn wir leichtsinnig sind, werden wir überlistet", sagte er.

Der erzkonservative Geistliche, Mohammad Taghi Messbah Yasdi, sagte in einem Interview mit der neu erschienen Zeitschrift "9. Dey" am 22. Dezember: "Wenn es so weit kommen und sich herausstellen sollte, dass sich die neuen Ansichten gegen Grundsätze des Islam richten, werden wir gezwungen sein, weit deutlicher als bisher dagegen vorzugehen." Mit Blick auf "fragliche Parolen" der Regierung wie "Mäßigung" sagte Mesbah Yasdi: "Wir begnügen uns vorläufig mit einer sanften und einfachen Kritik, denn wir halten es nicht für richtig, sogleich mit Säbeln in die Kampfarena zu gehen."

Messbah Yasdi steht dem Revolutionsführer Ali Chamenei nah und verfügt über relativ großen Einfluss bei den Revolutionswächtern und der Milizorganisation Basidj. Bei den Präsidentschaftswahlen im vergangenen Juni unterstützte er den Ultrakonservativen Said Dschalili, der jedoch nur rund vier Millionen Stimmen bekam. Messbah Yasdi erklärte dazu kürzlich, er bereue seine Parteinahme für Dschalili nicht.

"Wenn wir die Wahl zwischen Recht und Unrecht haben, müssen wir uns für eine Seite entscheiden." Eine Mäßigung sei in solchen Fällen fehl am Platz. Die Mehrheit könne nicht zwischen Recht und Unrecht entscheiden, sagte Messbah Aysdi. Diese Ansicht hatte er vor einiger Zeit in der heiligen Stadt Ghom, wo er als islamischer Gelehrter tätig ist, erläutert. "Die Mehrheit tendiere eher zu leiblichen Begierden, die oft nicht mit den Grundsätzen des Glaubens übereinstimmen", sagte er.

Ähnlich wie Yasdi äußerte sich der ultrakonservative Vorsitzende des mächtigen Wächterrats Ahmad Dschannati. Vor einer Versammlung von Wahlmännern sagte er laut der Agentur Fars am 24. Dezember, "Menschen, die Gott dienen", hätten die Pflicht, die Islamische Republik zu schützen, selbst dann, wenn sie eine Minderheit bilden.

Die Proteste von 2009 führte Dschannati zurück auf "Mangel an Einsicht" bei gewissen Bevölkerungsschichten und warnte, "so etwas darf sich nicht wiederholen". Er bedauerte, dass "Reichtum und Macht" bei den Wahlen an Einfluss gewonnen hätten und erklärte, der Wächterrat müsse jenen, die "nur Karriere machen" wollten, entschieden Einhalt gebieten.

Der einflussreiche Ayatollah Nasser Makarem Schirasi, der als religiöse Instanz gilt, nahm laut der Agentur "Mehr" zu den Beziehungen Irans zum Westen Stellung. Iran könne möglicherweise in Atomfragen mit dem Westen Übereinkommen erzielen, nicht jedoch auf dem Gebiet der Menschenrechte, sagte er. Der Westen instrumentalisiere die Menschenrechte, um seine Gegner zu verurteilen. Iran müsse die "islamischen Menschenrechte" in der ganzen Welt verbreiten. Zu den Atomverhandlungen sagte Schirasi: "Wir müssen genau darauf achten, worüber wir verhandeln. Es kann sein, dass sie (die westlichen Verhandlungspartner) nach der Beilegung des Atomkonflikts über Menschenrechte verhandeln wollen. Sie wollen uns ihre Vorstellung von Menschenrechten aufzwingen. Wenn es Meinungsfreiheit gibt, sind auch wir frei, unsere Meinung zu sagen. Wir lassen uns nichts aufzwingen." Es sei überhaupt zu fragen, "weshalb sie uns ihre Auffassungen aufzwingen wollen" und nicht umgekehrt.

Justizchef Sadgh Laridschani hatte bereits vor Schirasi zu den Forderungen des Westens nach der Abschaffung der Todesstrafe gesagt, die Ablehnung der Todesstrafe sei im Grunde die Ablehnung des im Islam verankerten Vergeltungsrechts. "Unsere Justiz schenkt unlogischen Äußerungen und Lügen keine Beachtung, sie setzt ihre Arbeit entschlossen fort, denn wir sind davon überzeugt, dass die wertvollsten Menschenrechte im Islam verankert sind."

Parlamentspräsident Ali Laridschani kritisierte den Medien zufolge am 26. Dezember die Politik der USA im Nahen und Mittleren Osten, insbesondere Iran gegenüber. Er sagte: "Die USA sollten lieber ihre Optionen in die Tasche stecken und statt dessen die Vernunft auf den Tisch legen." Das Betonen Washingtons, alle Optionen, auch die militärische, lägen auf dem Tisch, sei inzwischen zu einer "Posse" geworden, die "das iranische Volk und andere Völker zum Lachen bringt".

Iran sei aufgrund seines religiösen Kampfwillens zu einer regionalen Macht gewachsen, andere Länder hingegen seien trotz hoher Öleinnahmen und großen Wohlstands in die Abhängigkeit geraten, weil sie nicht zum Kampf entschlossen seien, sagte Laridschani. "Heute sind wir zu Verhandlungen bereit, weil wir davon überzeugt sind, dass ihr den Atomkonflikt politisiert habt, den man aber auf dem Wege von Verhandlungen lösen kann. Glaubt aber ja nicht, dass dadurch eine Chance für abwegige Forderungen besteht", warnte Laridschani die USA. Genauso, wie sie (die westlichen Staaten) sich 2003 verrechnet und gemerkt haben, dass Iran Widerstand leistet und sein Atomprogramm ausbaut, werden sie heute, wenn sie sich verrechnen, überraschende Reaktionen erleben, sagte Laridschani. Die USA sollten sich an die getroffenen Vereinbarungen halten.


ZWANZIG ABGEORDNETE FORDERTEN DIE ABSETZUNG SARIFS

In einem Schreiben vom 8. Dezember an Präsident Rohani, forderten zwanzig Abgeordnete den Regierungschef auf, Außenminister Mohammad Dschawad Sarif abzusetzen. Sie warfen dem Minister vor, "die Würde und Größe Irans" missachtet und die "Ehre der islamischen Revolution und der Angehörigen der Märtyrer" verletzt zu haben. Zudem kritisierten laut der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA fünfzig Abgeordnete den Minister, "vor den Streitkräften des Feindes kapituliert und die geistige und militärische Macht der Islamischen Republik gering geschätzt" zu haben.

Die Kritik war eine Reaktion auf eine Äußerung Sarifs, der am 3. Dezember vor einer Versammlung von Studenten an der Universität Teheran gesagt hatte: "Die westlichen Staaten fürchten sich nicht vor unseren Panzern und Raketen, sie fürchten unser Volk. Glaubt ihr, dass die USA, die mit einer Bombe unser militärisches System zerstören können, sich vor unseren Militärs fürchten?"

Die kritisierenden Abgeordneten bezeichneten die Äußerungen Sarifs als "militärische Herausforderung der Feinde der Islamischen Republik und erklärten: "Unser Abwehrsystem basiert neben den militärischen Errungenschaften auf dem Märtyrertum, das nach den Worten des Revolutionsführers, imstande ist, wie ein kleiner Stein die Kriegsmaschinerie der Feinde lahm zu legen."

Auch der frühere Informationsminister, Heydar Moslehi, sagte ohne den Namen Sarifs zu erwähnen: "Sei still! Wie kannst du dir erlauben, so etwas zu sagen, wenn du von dem Verteidigungspotential der Islamischen Republik keine Ahnung hast und von den Grundsätzen der islamischen Revolution nicht überzeugt bist?"

Sarif erwiderte, man könne auf Verteidigungskraft Irans stolz sein, aber man könne die Realität nicht ignorieren.


WELAYATI: "WIR MÜSSEN MIT DEN 5+1-STAATEN BILATERAL VERHANDELN"

Der frühere Außenminister Ali Akbar Welayati, der gegenwärtig Revolutionsführer Chamenei in außenpolitischen Fragen berät und Vorsitzender des "Zentrums für strategische Forschung" ist, erklärte überraschend am 27. Dezember, Iran müsse mit den 5+1 Staaten (USA, Russland, China, Großbritannien, Frankreich und Deutschland) bilaterale Gespräche führen, denn die sechs Staaten seien sich in vielen Fragen nicht einig. "Sollten sie in Bezug auf Iran Einigung erzielen, müssen wir uns fragen, was wir falsch gemacht haben." Er fuhr fort: "Wir haben doch früher mit den USA über den Atomkonflikt, über Afghanistan und den Irak verhandelt, auch kürzlich haben wir mit ihnen Gespräche geführt." Solche Gespräche seien im Rahmen des Systems erlaubt, sagte Welayati.

Welayati, der elf Jahre lang Außenminister war, sagte, "unsere Politik basiert darauf, dass wir Diplomatie mit Diplomatie beantworten." Er betonte, dass Iran auch früher Verhandlungen nicht abgelehnt habe, deren Inhalte qualitativ richtig gewesen seien.

Politische Beobachter äußerten die Meinung, dass die eindeutige Stellungnahme Welyatis zu direkten Verhandlungen mit den USA, die der bisherigen Position des Revolutionsführers widerspricht, auf eine eindeutige Stellungnahme zugunsten der neuen Außenpolitik der Regierung deutet, die nun auch von Chamenei unterstützt wird.


ROHANI: "NICHT NUR ZENTRIFUGEN, AUCH DIE RÄDER DER WIRTSCHAFT MÜSSEN SICH DREHEN"

Präsident Hassan Rohani sprach am "Tag des Studenten" (7. Dezember) an der Beheschti-Universität in Teheran vor Studenten und warb dabei für eine größere Offenheit der Gesellschaft. "Mit Vernunft und Mäßigung können wir die Probleme lösen", sagte er. "Meine Regierung steht zu ihren Versprechen, aber wir müssen einen internen Konsens herstellen, um unsere Ziele zu erreichen. Wir brauchen mehr Toleranz und Geduld."

Rohani berichtete über die Erfolge seiner Atompolitik, betonte jedoch: "Unser Grundsatz basiert auf dem Gebot: nicht nur die Zentrifugen, sondern auch die Räder der Wirtschaft müssen sich drehen." Die Wirtschaft dürfe dem Atomprogramm nicht geopfert werden.

Mit ihrer Atompolitik und der Vereinbarung mit der Gruppe 5+1 habe seine Regierung "einen wichtigen Knoten in der Außenpolitik der vergangenen zehn Jahre gelöst", sagte Rohani. Sie habe auch bei der Verhinderung eines neuen Krieges in der Region und Weichenstellungen im Syrien-Konflikt eine wichtige Rolle gespielt.

Rohani rechtfertigte seine scharfe Kritik, die er vor zwei Wochen gegen die achtjährige Regierung Ahmadinedschad geübt und die bei Ultrakonservativen Unmut ausgelöst hatte. "Wenn ich gesagt habe, dass das Wirtschaftswachstum im vergangenen Jahr negativ war und bei minus 5,8 lag, entsprach dies den offiziellen Statistiken. Da sollte sich niemand beleidigt fühlen."

Rohani kritisierte erneut auch die Atompolitik seines Vorgängers, die das Land in die Isolation geführt hätte. "In der jetzigen Welt ist es sehr schwer, wenn nicht unmöglich, ohne wirtschaftliche Zusammenarbeit Fortschritte zu erzielen. Wir können nicht die Tür zur Außenwelt schließen." Man könne über Einzelheiten verschiedener Meinung sein, sich sogar streiten, aber wenn es um nationale Angelegenheiten gehe, sollte man die Einheit bewahren. "Wie sollen wir sonst komplizierte außenpolitische Probleme lösen, wenn wir nicht unsere eigenen lösen können", sagte Rohani.


CHATAMI: "ALLE HABEN DAS GEFÜHL, ABGEHÖRT ZU WERDEN"

Ex Staatspräsident Mohammad Chatami hat laut einem Bericht der Agentur ISNA vom 17. Dezember vor einer Versammlung von Provinzgouverneuren das Abhören von "Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und politischen Aktivisten" beklagt und erklärt: "Man hat eine Atmosphäre erzeugt, in der alle das Gefühl haben, abgehört zu werden."

"Ich spreche auch von mir selbst", sagte Chatami. "Ich würde mich ja nicht beklagen, wenn wenigstens das, was gehört wird, wahrheitsgetreu weitergeleitet wird, statt glatte Lügen als direkte Zitate von mir zu verbreiten, die den Verantwortlichen vorgelegt und in Broschüren gedruckt werden." Um welche Zitate es sich handelte und wem diese vorgelegt wurden, erläuterte Chatami nicht.

Das Abhören bezeichnete Chatami als "Missachtung der elementaren Bürgerrechte" und "Missachtung der Sicherheit und Freiheit der Individuen". Das Abhören richte sich gegen die in der Verfassung verankerten Rechte, sagte der Ex-Präsident. Nach Artikel 25 der Verfassung seien "Missachtung des Postgeheimnisses, Aufzeichnung der Telefongespräche, Fax- und Telegrafensendungen und deren Zensur, Benutzen von Abhörgeräten und Wanzen" verboten.

In der Islamischen Republik geht man davon aus, dass jeder, der politisch aktiv ist oder gesellschaftlich eine herausragende Rolle spielt, von den Sicherheitsdiensten abgehört wird. Vor fünf Monaten gab der populäre Abgeordnete, Ali Mottahari, bekannt, dass in seinem Büro versteckte Abhörgeräte und Videokameras entdeckt worden seien. Er forderte das Informationsministerium auf, die Täter zu nennen und zu bestrafen. Am 14. Dezember sagte er vor dem Parlament, der neue Informationsminister Mahmud Alawi habe ihm bei einem Treffen im Beisein eines seiner Stellvertreter und eines Staatssekretärs mitgeteilt, dass Abhörgeräte in seinem Büro auf Anordnung eines früheren Staatssekretärs im Informationsministerium angebracht worden seien. Der Abgeordnete Mohammad Salehdschu, Mitglied des Sicherheitsausschusses, sagte, das Abhören sei nichts Neues. "Können Sie mir jemanden zeigen, dessen Telefon nicht abgehört wird?"


PRÄSIDENTENBÜRO DEMENTIERTE BERICHTE

Das Büro von Präsident Rohani dementierte am 25. Dezember "einige Zitate und Äußerungen" die in einigen Medien dem Regierungschef zugeschrieben wurden. Das Dementi erfolgte zwei Tage nach der Veröffentlichung eines Artikels in der Süddeutschen Zeitung, der von Rohani stammen soll. In dem Artikel, der am 22. Dezember erschien, heißt es, Iran sei bestrebt, seine Beziehungen zu den Vereinigten Staaten und den Staaten Europas zu bessern. Iran werde das Auftauchen neuer Probleme in der Beziehung zu den Vereinigten Staaten zu verhindern und alte Konflikte zu beseitigen versuchen.

Dieser Teil des Artikels wurde am 23. Dezember ohne Quellenangabe im englischsprachigen Twitter als Zitat von Rohani wiedergegeben.

Der Berater des Präsidenten, Mohammad Resa Sadegh, sagte am 23. Dezember der Agentur IRNA: "Das Gerede von einem vom Präsidenten verfassten Leitartikel in einer deutschen Zeitung ist ohne jede Grundlage." Indes sagte der Chefredakteur von "Project Syndicate", der erschienene Artikel sei die Kurzfassung einer Rede Rohanis, für deren Veröffentlichung die iranische Vertretung bei der UNO die Erlaubnis erteilt habe. "Nach einigen Gesprächen über die von uns erstellte Kurzfassung, haben wir am 11. Dezember unsere Endfassung per Mail an die Vertretung geschickt und am 13. Dezember die Zustimmung erhalten. ,Sehr gut, kann erscheinen', lautete die Antwort.

Es sei zwar richtig, dass Rohani keinen Artikel für eine deutsche oder westliche Zeitung geschrieben habe, sagte der Chefredakteur. "Aber wir haben die Erlaubnis für die Kurzfassung erhalten." Zeitungen, die Mitglied des Syndikats seien, sei es erlaubt, die von uns zur Verfügung gestellten Texte zu veröffentlichen. Die Korrespondenz mit der iranischen UN-Vertretung liege vor. "Mag der Präsidentenberater so oft dementieren, wie er möchte, aber wir haben dafür offiziell die Erlaubnis erhalten." Die Süddeutsche Zeitung ist "Mitglied bei Project Syndicate"; einer NRO, in der 430 Zeitungen und Zeitschriften aus 150 Ländern arbeiten.

Das Büro Rohanis erklärte, ohne den umstrittenen Artikel zu nennen, Stellungnahmen und Ansichten des Präsidenten werden ausschließlich nach Autorisierung durch sein Büro auf seinem Portal veröffentlicht.


VERLEGUNG DER HAUPTSTADT GEPLANT

Am 24. Dezember beschloss das Parlament der Agentur IRNA zufolge mit 110 Ja-Stimmen, 67 Ablehnungen und 10 Enthaltungen eine Vorlage zur Verlegung der politischen Hauptstadt und der Verwaltung. Demnach wird sich ein Gremium aus hochrangigen Politikern mit den Plänen gegen die Überbevölkerung Teherans und für die Verlegung der Hauptstadt beschäftigen. Den Vorsitz des Gremiums übernimmt der Staatspräsident oder sein erster Stellvertreter. Teilnehmer werden die Minister für Inneres, Verkehr und Städtebau, Energie, Landwirtschaft, Wirtschaft und Handel und Ölminister sein sowie zwei Abgeordnete des Parlaments, Vorsitzender der Planungsabteilung des Präsidialamts, Leiter des Amts für Kulturerbe, der Teheraner Bürgermeister und der Oberkommandierende der Streitkräfte.

Das Gremium hat die Aufgabe, Forschungsergebnisse zu sammeln und zu bewerten, Lösungsvorschläge für bestehende Probleme vorzulegen, deren praktische Umsetzung zu prüfen und einen geeigneten Ort für die neue Hauptstadt zu suchen. Das Gremium soll laut Beschluss innerhalb von zwei Jahren seine Arbeit abschließen.

In der Debatte, bei der Gegner und Befürworter sprachen, erklärte der parlamentarische Vizepräsident, Madjid Ansari, die Regierung sei gegen eine Verlegung der Hauptstadt. Teheran habe sich seit Jahrzehnten zu einer Metropole entwickelt und biete inzwischen für die Regierung und Verwaltung Möglichkeiten, die an keinem anderen Ort auch nur annähernd vorzufinden seien.

Das wichtigste Argument für die Verlegung der Hauptstadt ist, dass ein Beben in der erdbebengefährdete Stadt Teheran eine Katastrophe von ungeahntem Ausmaß hervorbringen würde. Ansari sagte dagegen, es gäbe keinen Ort in Iran, der nicht erdbebengefährdet sei. Auch finanziell sei eine Verlegung der Hauptstadt kaum zu leisten, fügte Ansari hinzu. Zudem überschreite eine solche folgenreiche Entscheidung die Kompetenzen des Parlaments. Sie könne nur vom Revolutionsführer Chamenei getroffen werden. Auch Parlamentspräsident Laridschani stimmte mit dem Hinweis auf gigantische finanzielle Belastungen gegen die Vorlage.

Neben der Erdbebengefährdung gibt es weitere Gründe, um nach einem Ausweg zu suchen. Teheran platzt mit rund 14 Millionen Einwohnern aus allen Nähten. Die Luft ist so verschmutzt, dass öfters im Jahr die Schulen und auch die städtischen Behörden schließen müssen. So müssen, wenn nicht durch die Verlegung der Hauptstadt, die finanziell und organisatorisch kaum zu leisten wäre, Lösungen für die dringenden Probleme Teherans gefunden werden, zum Beispiel durch eine streng technische Überwachung der Fahrzeuge, eine bessere Müllversorgung und strengere Bauvorschriften.


HIV-INFEKTIONEN DRASTISCH ZUGENOMMEN

Wie das staatliche Fernsehen am 2. Dezember berichtete, haben die HIV-Infektionen in den vergangenen Jahren ständig zugenommen und inzwischen einen dramatischen Höhepunkt erreicht. Laut Angaben des Gesundheitsministers Hassan Ghasisadeh soll die Zahl der mit HIV infizierten Personen um das Neunfache auf 27.000 gestiegen sein. Dies sei jedoch lediglich die Zahl der Registrierten, während die tatsächliche Zahl nach Schätzung der Experten weit höher liege und vermutlich die Grenze von 100.000 überschritten habe.

Ursache der Krankheit sei die Drogensucht. Zweidrittel der Fälle seien durch gemeinsam genutzte Spritzen verursacht worden, ein Drittel durch Sex. Das Gesundheitsministerium ist seit Jahren bemüht, dem Trend durch Aufklärung entgegenzuwirken.


ZWEITEN AFFEN INS ALL GESCHICKT

Nach Angaben der Behörden ist es Iran zum zweiten Mal gelungen, einen Affen ins All zu schicken. Wie iranische Medien am 14. Dezember berichteten, dient das Unternehmen der Raumforschung. Präsident Rohani gratulierte den Wissenschaftlern für den erfolgreichen Versuch und äußerte seine Freude darüber, dass der Affe "Fargam" wohlbehalten auf die Erde zurückgekehrt sei. Es sei zum ersten Mal gelungen, mit einer mit Flüssigbrennstoff getriebenen Raumkapsel in die Erdlaufbahn zu gelangen, schrieb der Präsident.

Einem Bericht der IRNA zufolge konnte die Kapsel mit dem Affen an Bord aus einer Höhe von 120 Kilometern innerhalb von 15 Minuten auf der Erde landen. Bereits im Januar 2013 hatte Iran einen Affen ins All geschickt.

Die iranische Raumfahrttechnik hat im Westen Befürchtungen ausgelöst, das Land könnte die Technik auch für militärische Zwecke nutzen, was Iran entschieden bestreitet.


ANGEBLICHER BRITISCHER SPION FESTGENOMMEN

Der Vorsitzende des Revolutionsgerichts in der Provinz Kerman, Dadkhoda Salari, erklärte am 14. Dezember, Sicherheitsbeamte hätten eine Person festgenommen, die für den britischen Geheimdienst gearbeitet habe. Der Mann habe sich elfmal mit britischen Geheimdienstlern im In- und Ausland getroffen und ihnen geheime Informationen zur Verfügung gestellt. Iranische Sicherheitsdienste hätten den Mann sieben Monate lang beobachtet und ihn schließlich verhaftet. Er habe mit vier britischen Geheimdienstoffizieren in Kontakt gestanden. Der Gerichtsprozess gegen den Mann habe bereits begonnen.

Spione werden in der Islamischen Republik gewöhnlich mit dem Tod bestraft. Zuletzt wurden am 10. Mai 2013 zwei Personen, die beschuldigt wurden, mit dem israelischen bzw. amerikanischen Geheimdienst zusammengearbeitet zu haben, erhängt. Nach Angabe der Teheraner Staatsanwaltschaft belieferte einer der beiden Männer, Mohammad Heidari, die israelischen Geheimdienste im Ausland mit Informationen, während der zweite, Kurosch Ahmadi, den US-Geheimdienst CIA bediente.


SCHICKSAL DES US-BÜRGERS LEVINSON WEITERHIN UNGEWISS

Das Schicksal des amerikanischen Staatsbürgers Robert Levinson, der nach Angaben der US-Regierung 2007 auf der Insel Kisch im Persischen Golf verschwunden war, bleibt weiterhin ungewiss. Der Fall machte erneut Schlagzeilen, nachdem die Nachrichtenagentur AP und die Washington Post am 12. Dezember berichteten, dass der früheren FBI-Agent von einem CIA-Team den Auftrag erhalten hatte, Informationen über das iranische Atomprogramm zu sammeln. Den Recherchen zufolge wurde Levinson von CIA-Mitarbeitern nach Iran geschickt, die dafür gar nicht autorisiert gewesen seien. Ermittlungen hätten dann dazu geführt, dass drei CIA-Mitarbeiter entlassen und gegen sieben weitere Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden. Gleichzeitig berichtete Reuters unter Berufung auf Levinsons Anwalt, der pensionierte FBI-Agent habe in Iran Informationen über Geldwäsche der iranischen Regierung gesammelt. Bisher hatte die US-Regierung behauptet, Levinson sei als privater Bürger geschäftlich nach Iran gereist. Die Familie von Levinson habe von der Regierung 2,5 Millionen Dollar erhalten, dafür sollte sie den Fall nicht öffentlich machen, berichteten die Medien. Sie habe nun ihr Schweigen gebrochen, weil sie einen ernsthaften Einsatz der Regierung und Sicherheitsbehörden vermisste und seit drei Jahren kein Lebenszeichen mehr von Levinson erhalten hatte.

Der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, bezeichnete die Berichte als "höchst unverantwortlich", sagte aber nicht, warum sich Levinson in Iran aufgehalten habe. "Bob Levison war kein Angestellter der US-Regierung", betonte Carney. Medienberichte könnten die Sicherheit des Vermissten gefährden, warnte er. Das wichtigste Anliegen der US-Regierung sei es, Levinsons Spuren zu finden, sagte Carney. Er wies die Behauptung der Familie Levinsons zurück, die Regierung kümmere sich zu wenig um den Fall. "Wir werden alles unternehmen, Levinson gesund wieder in die Heimat zurückzuholen", sagte Carney.

Iran hat stets behauptet, keinerlei Informationen über den Verbleib von Levinson zu haben. Levinson werde nicht in Iran festgehalten, sagte Außenminister Sarif am 15. Dezember dem Sender CBS. "Es gibt keine Spur von ihm in Iran." Nach den neuesten Berichten forderte Irans Presseberater bei der UNO die US-Regierung auf, endlich klarzustellen, was Levinson genau vor hatte, als er nach Iran gereist war.

Der Darstellung Irans widersprach Dawud Salahuddin, der sich nach eigenen Angaben mit Levinson geschäftlich auf der Insel Kisch treffen wollte. In einem am 17. Dezember in der Zeitung "Christian Science Monitor" veröffentlichten Interview sagte Salauddin, er habe beobachtet, wie sein Partner in einem Hotel von Zivilbeamten abgeführt wurde. "Sie haben mich weggeführt, und als wir die Lobby verließen, wurde Levinson von vier iranischen Polizisten umstellt."

Der einflussreiche US-Senator Jon MacCain sagte in einem Interview in der Sendung "State of Union" des Nachrichtensenders CNN, CIA habe dem Kongress nicht die Wahrheit gesagt. Er kritisierte die US-Regierung und sagte, er habe keinen Zweifel, dass Teheran genau wisse, in welcher Lage sich Levinson befinde. Demgegenüber sagte Außenminister John Kerry in der Sendung "This Week" des Senders ABC, die US-Regierung habe immer wieder durch Vermittlungspersonen Iran aufgefordert, über den Fall Auskunft zu geben, zuletzt bei den Atomverhandlungen in Genf.

Das bislang letzte Lebenszeichen erhielt die Familie Levinson 2010 über eine anonym gesendete Videoaufnahme von 45 Sekunden, in der Levinson bittend sagte: "Helft mit, dass ich nach Hause komme."


DREI MITGLIEDER DER PASDARAN GETÖTET

Drei Mitglieder der Revolutionsgarden (Pasdaran) gerieten iranischen Medien zufolge am 18. Dezember an der Grenze zu Pakistan in eine Sprengfalle und wurden getötet. Radschab Ali Scheichsadeh, Vizegouverneur der Provinz Sistan-Belutschistan, berichtete über den Vorfall. Die Opfer seien Angestellte der technischen Abteilung der Pasdaran gewesen, die mit einem Dienstwagen in der Grenzstadt Sarvan unterwegs waren.

Wenige Stunden nach der Bekanntgabe übernahm eine Gruppe mit dem Namen "Dscheisch al Adl" die Verantwortung für das Attentat. Auf ihrer Webseite heißt es, sie habe mit einer von der Ferne bedienbaren Mine ein Fahrzeug der Pasdaran angegriffen und einige Insassen, darunter einen hohen Offizier, getötet. Dies sei ein Racheakt für die "sunnitischen iranischen Märtyrer und unschuldige junge Belutschen, Kurden und Araber, die kürzlich erhängt wurden".

Der Einsatz von Minen im Grenzgebiet zwischen Iran und Pakistan bzw. Afghanistan, die durch Berührung der Fahrzeuge oder durch Fernzündung detonieren, ist nicht ungewöhnlich. In den letzten Monaten haben sich bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen iranischen Grenztruppen und Rebellen gehäuft.

Die Gruppe "Dscheisch al Adl" bezeichnet sich selbst auf ihrer Webseite als Verfechter der Rechte der iranischen Sunniten und Unterstützer der Rebellen in Syrien. Die Gruppe beschuldigt die Islamische Republik, die Rechte der Sunniten in der Provinz Sistan und Belutschistan zu ignorieren und dem Regime in Syrien beizustehen.

Bei der bislang blutigsten Aktion der Gruppe, die Ende November stattfand, wurden vierzehn iranische Grenzbeamte getötet. Als Vergeltung hat die Justiz sechzehn Gefangene hinrichten lassen, was im In- und Ausland heftige Proteste hervorgerufen hat.


SCHUTZ DER ATOMWISSENSCHAFTLER DURCH PASDARAN

Ein hoher Angestellter der Revolutionsgarden (Pasdaran) sagte der Fars-Agentur zufolge am 25. Dezember, der Schutz der iranischen Atomwissenschaftler liege bei den Pasdaran. Der stellvertretende Kommandant für Schutzaufgaben, Mohammad HassanKasemi, sagte: "Nach den Terroranschlägen gegen iranische Atomwissenschaftler wurde der Schutz dieser Personengruppe auf die Pasdaran übertragen, und wir sehen, dass danach kein erfolgreiches Attentat mehr stattgefunden hat."

In den vergangenen Jahren wurden einige iranische Atomwissenschaftler Opfer von Terroranschlägen. Der Physiker Masud Ali Mohammadi war der erste, der im Januar 2009 ermordet wurde. Ein Sprengkörper detonierte, als er seine Wohnung verließ.

Ein Jahr später fiel der Atomphysiker Madjid Schahriari einer Bombe zum Opfer, die unter seinem Auto versteckt war. Am gleichen Tag wurde auf den Wissenschaftler Abbas Dawani ein Anschlag verübt, den er aber überlebte. Er übernahm später in der Regierungszeit Ahmadinedschads die Leitung der iranischen Atombehörde.

Das bislang letzte Attentat fand im Januar 2012 gegen Mostafa Ahmadi Roschan, Leiter der Finanzabteilung der Urananreicherungsanlage in Natans statt.

Iran macht Israel für die Attentate verantwortlich und beschwerte sich daher bei den Vereinten Nationen.

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WIRTSCHAFT

• Atomkonflikt
• Iran forderte von Indien Unterstützung beim Devisentransfer
• Treffen des Generalsekretärs von Eni mit Irans Ölminister
• Saisonarbeiter legen die Arbeit nieder
• Österreich um Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen mit Iran bemüht
• 140.000 weitere Arbeiter am Rande der Arbeitslosigkeit
• Halkbank wies Vorwürfe zurück


ATOMKONFLIKT

Die Euphorie, die mit den ersten Verhandlungen in Genf und dem vorläufigen Abkommen einherging, flaut allmählich ab. Umso mehr machen sich die realen Probleme bemerkbar. Es gibt zu viele Kräfte, die einer Beilegung des Konflikts entgegenwirken, in den USA, in Iran, bei den arabischen Staaten am Persischen Golf und nicht zuletzt in Israel. Schwierigkeiten bereiten auch die komplizierten technischen und juristischen Fragen.

Der iranische Vizeaußenminister Abbas Araghtschi sagte, das vorläufige Abkommen in Genf schwäche die UN-Resolutionen gegen Iran. In einem Interview mit der Agentur "Mehr" vom 2. Dezember sagte er: "Tatsache ist, dass fünf ständige Mitgliedstaaten des UN-Sicherheitsrats, die die UN-Resolutionen beschlossen haben, nun ein Abkommen unterzeichnet haben, das den Resolutionen nicht entspricht."

Wichtigster Punkt der UN-Resolutionen sei die Aufforderung an Iran, die Urananreicherung gänzlich einzustellen. Doch im Genfer Abkommen wird, wenn auch indirekt, Irans Recht zur Anreicherung akzeptiert.

Nach Einschätzung des US-Präsidenten Barack Obama stehen die Chancen auf dauerhafte Einigung im Atomkonflikt auf "nicht mehr als 50:50". "Aber wir müssen es versuchen, sagte Obama am 7. 12. bei einer Diskussionsveranstaltung zur Nahostpolitik in Washington. Die USA seien aber nicht so naiv, um andere Optionen aus der Hand zu geben. Gemeint ist wohl die militärische Option.

Am 8. Dezember besuchten, wie vereinbart, UN-Experten die Schwerwasserfabrik in Arak. Die Besichtigung gehört zu den Hauptforderungen des Westens, da man befürchtet, dass beim Betrieb des Schwerwasserreaktors Plutonium abfallen und zum Bau von Atombomben verwandelt werden könnte.

Am 12. Dezember beschloss der US-Kongress, vorerst auf eine Verschärfung der Sanktionen gegen Iran zu verzichten, um die ausgehandelte Vereinbarung nicht zu gefährden. "Ich unterstütze scharfe Sanktionen", sagte der demokratische Vorsitzende des Bankausschusses Tim Johnson. Die Forderung der Regierung nach einer "diplomatischen Pause" schien ihm jedoch vernünftig. Man könne jedoch rasch neue Sanktionen beschließen, sollte sich Iran nicht an die Vereinbarungen halten. Sein republikanischer Vertreter Michael Crapo, forderte die Behörden auf, die bestehenden Sanktionen "energisch" umzusetzen.

Anstelle des Kongresses verschärfte das US-Finanzministerium die Sanktionen. Dutzende neuer Namen ausländischer Unternehmen und Personen wurden am 12. Dezember auf die schwarze Liste gesetzt, ihr Vermögen in den USA wurde eingefroren und US-Firmen verboten, mit ihnen Geschäfte zu machen. Das Ministerium erklärte: "Das heutige Vorgehen sollte für Unternehmen, Banken und Händler überall eine starke Erinnerung sein, dass wir unsere Sanktionen weiter unnachgiebig durchsetzen werden".

Aus iranischer Sicht stellte diese Maßnahme einen Bruch der Vereinbarung von Genf. Darin hatte sich die 5+1-Gruppe verpflichtet, in den kommenden sechs Monaten auf weitere Sanktionen zu verzichten. Folgerichtig protestierte Teheran dagegen. Die Sprecherin des Außenministeriums, Marsieh Afkham, sagte am 13. Dezember der Presse: "Leider herrscht bei den Entscheidungen und Stellungnahmen der USA eine "ernste Verwirrung". Die Verantwortung für die Folgen solcher unbedachter Maßnahmen (neue Sanktionen) liegen bei den USA." Es gäbe innerhalb und außerhalb der US-Regierung Kräfte, die die Vereinbarung von Genf verhindern wollen, fuhr Afkham fort. "Diese Leute glauben irriger Weise, dass die Lösung des Konflikts durch Sanktionen und nicht durch Vereinbarungen erreicht werden könnte."

Am 12. Dezember verließ das iranische Team nach viertägigen, intensiven Expertengesprächen aus Protest die Verhandlungen mit den Experten der Gruppe 5+1 und kehrte nach Teheran zurück. Verhandlungsführer Araghtschi erklärte gegenüber der Presse, die Maßnahmen des US-Finanzministeriums widersprächen dem Geist der Genfer Vereinbarung. Iran müsse die neue Situation analysieren, um angemessen reagieren zu können.

Vor Journalisten in Tel Aviv sagte US-Außenminister Kerry am 13. Dezember: "Es ist zu erwarten, dass die Gespräche in den kommenden Tagen fortgesetzt werden. Wir machen Fortschritte, aber ich glaube, dass wir in den Verhandlungen einen Punkt erreicht haben, an dem die Leute einen Moment innehalten und sich beraten müssen."

Am 15. Dezember teilte Außenminister Sarif über Facebook mit, dass Iran trotz der Provokation aus den USA die Verhandlungen fortsetzen werde. "Wir werden die Genf-Gespräche fortführen. Wir werden eine angemessene, austarierte, zielgerichtete, und kluge Reaktion auf jegliche unangemessene und unkonstruktive Aktion zeigen", schrieb Sarif.

Frankreichs Außenminister äußerte am 19. Dezember sein Zweifel über erfolgreiche Verhandlungen mit Iran zu einem endgültigen Abkommen. Laurent Fabius sagte in einem Interview am 19. Dezember mit dem "Wall Street Journal", er sei sich nicht sicher, dass Iran tatsächlich auf die Möglichkeit zum Bau von Atombomben verzichten werde. Diese Möglichkeit müsse jedoch gänzlich ausgeschlossen werden.

Am 19. Dezember wurde im US-Senat ein Entwurf zu einem Strafpaket eingebracht, das während der sechsmonatigen Laufzeit des Übergangsabkommens gewissermaßen zur Bewährung abgesetzt werden sollte. Es würde in Kraft treten, sollte Iran sich nicht an die Vereinbarungen halten. Das Weiße Haus erklärte dazu, Präsident Obama werde, sollte der Entwurf verabschiedet werden, sein Veto dagegen einlegen. Auch Deutschland wandte sich gegen neue Sanktionen. "Die Bundesregierung geht davon aus, dass die amerikanische Regierung zu dem steht, was am 24. November vereinbart worden ist", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am 20. Dezember der dpa zufolge. Die vorläufige Vereinbarung sähe vor, dass Iran einen Teil seines Programms einfriert und im Gegenzug einige Sanktionen gelockert werden. "Das ist die Grundlage, auf der wir jetzt weiter operieren möchten", hieß es.

Am 21. Dezember wurden die Verhandlungen in Genf fortgesetzt. Sie gingen, "schleppend" voran, sagte Sarif bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seiner italienischen Amtskollegin Emma Bonino. Er hoffe aber, dass sie früher oder später abgeschlossen werden. "Alle Parteien sollten es vermeiden, Themen anzusprechen, die zu Problemen führen könnten", sagte der Minister. Die Verhandlungen in Genf auf Expertenebene wurden, mit einer Unterbrechung in den Weihnachtstagen am 30. Dezember fortgesetzt. Sie dauerten bin in die Nacht hinein. Dabei habe es "Fortschritte" gegeben, sagte Araghtschi der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA am 31. Dezember. Eine formelle Einigung war aber noch nicht in Sicht. Araghtischi sagte, er wolle sich Anfang Januar mit der Stellvertreterin der EU-Außenbeauftragten Cathrin Ashton, Olga Schmitt, treffen.

Am 25. Dezember brachten 100 Abgeordnete einen Gesetzesentwurf ins iranische Parlament ein, der eine Urananreicherung auf einen Reinheitsgrad von 60 Prozent vorsieht. Das Gesetz solle in Kraft treten, falls die USA oder andere Länder weiter Sanktionen gegen Iran beschließen sollten. Dies sei eine Reaktion auf den Beschluss des US-Senats, sagte der Abgeordnete Mehdi Mussavinejad, Mitglied im Atomausschuss.


IRAN FORDERTE VON INDIEN UNTERSTÜTZUNG BEIM DEVISENTRANSFER

Laut einem Bericht der Zeitung Indian Express vom 5. Dezember forderte Irans Minister für Industrie, Handel und Bergbau, Mohammad Resa Nematsadeh, die indische Zentralbank auf, zuzustimmen, dass 55 Prozent der Einnahmen Irans durch den Ölverkauf an Indien in Euro in ein Drittstaat transferiert werden. Nematsadeh hatte an einem Ministertreffen der Welthandelsorganisation (WTO) in Indonesien teilgenommen und am Rande der Veranstaltung mit dem indischen Handelsminister ein Gespräch geführt. In einem Interview mit der indischen Agentur PTI sagte Nematsadeh, wichtigstes Thema des Gesprächs mit dem indischen Minister sei der Ausbau der Handelsbeziehungen zwischen den beiden Staaten gewesen, was natürlich eine für Teheran akzeptable Regelung der Finanzen voraussetze.

Indien gehörte zu den Hauptabnehmern des iranischen Erdöls. Doch die über Iran verhängten Sanktionen haben dazu geführt, dass der Geldtransfer zwischen den beiden Staaten eingestellt wurde. Zurzeit werden die Einnahmen Irans aus dem Ölgeschäft mit Indien zum Teil auf ein Sonderkonto einer indischen Bank eingezahlt und zum Teil in Rupien zum Kauf von indischen Waren Iran zur Verfügung gestellt.

Ursprünglich hatte Indien Iran aufgefordert, die Auszahlung der gesamten Einnahmen in Rupien zu akzeptieren, was Iran ablehnte. Schließlich wurde vereinbart, dass ein Teil der Einnahmen in einer international gängigen Währung auf ein Sonderkonto in Indien überwiesen werden.

Nematsadeh sagte, Iran habe versichert, für die 45 Prozent seiner in Indien erzielten Einnahmen, die in Rupien ausgezahlt werden, indische Waren zu kaufen. Der Rest solle nun in Euro ausgezahlt werden. Iran sei an einer Ausweitung seiner Handelbeziehungen zu Indien sehr interessiert. "Wir haben noch mehr Öl zu verkaufen und wollen Wege finden, um mehr Öl nach Indien zu exportieren", sagte der Minister.

Indien hatte im Geschäftsjahr 2011/2012 rund 21 Millionen Tonnen Rohöl aus Iran importiert, doch im vergangenen Jahr wurde diese Menge aufgrund von Sanktionen um 13 Millionen Tonnen reduziert. Kürzlich hatte der indische Energieminister erklärt, Indien wolle elf Millionen Tonnen Rohöl aus Iran einführen und dabei werde es bleiben. Er fügte hinzu, eine Erhöhung des Ölimports aus Iran setze neue Planung voraus. Indien sei zwar an eine Erhöhung des Ölimports interessiert. Dies hänge jedoch von der Lösung des Atomkonflikts ab.

Die indische Zentralbank hatte 2010 die Verbindung zu iranischen Banken abgebrochen und erklärt, sie sei aufgrund der verhängten Sanktionen nicht in der Lage, den Wünschen der indischen Importeure zur Erleichterung des Handels mit Iran zu akzeptieren. Laut Indian Express überwies Indien bis Juli 2011 55 Prozent der iranischen Einnahmen in Euro an eine Bank in der Türkei. Von dort aus wurden die Gelder an iranische Banken weitergeleitet. Die restlichen 45 Prozent wurden in Rupien bei einer indischen Bank eingezahlt.


TREFFEN DES GENERALSEKRETÄRS VON ENI MIT IRANS ÖLMINISTER

Am 5. Dezember fand laut Medienberichten ein Treffen zwischen dem Generalsekretär des italienischen Ölkonzerns Eni, Paolo Scaroni, mit Irans Ölminister Bija Namdar Sangeneh in Wien statt. Dies war das erste Treffen eines hochrangigen Vertreters eines ausländischen Ölkonzerns mit einem Vertreter der iranischen Regierung nach dem vorläufigen Atomabkommen in Genf. Vor dem Treffen hatte Namdar Sangeneh bekannt gegeben, dass sieben westliche Ölkonzerne, darunter Eni, Interesse bekundet hätten, nach der möglichen Aufhebung der Sanktionen in Iran zu investieren. Er nannte neben den europäischen Ölkonzernen Total, Royal Duch Shell, Eni, Statoil und BP auch die US-Konzerne Exxon Mobil und ConocoPhillips. Er sei mit einigen europäischen Konzernen bereits im Gespräch. Bis kommenden April sollen die Bedingung für Investitionen und Kooperation ausgearbeitet werden.

Scaroni sagte nach dem Treffen mit Sangeneh der Presse: "Wir hatten ein relativ langes und sehr angenehmes Gespräch mit dem iranischen Minister, den wir bereits gut kennen." Sangeneh war in der Zeit der Regierung von Mohammad Chatami acht Jahre lang Ölminister gewesen. "Wir waren seit 1955 in Iran aktiv und haben niemals, selbst in schwierigen Zeiten, das Land verlassen", sagte Scaroni. Er äußerte die Hoffnung, dass die Sanktionen gegen Iran in den nächsten sechs Monaten aufgehoben werden.

Die Ölproduktion Irans ist infolge von Sanktionen inzwischen um rund eine Million Barral pro Tag gesunken. Während das Land 2011 noch 4,3 Millionen Barrel pro Tag produzierte, betrug die Produktion im November nur noch 2,65 Millionen Fässer. Iran besitzt die viertgrößten Erdölreserven und die zweitgrößten Erdgasreserven der Welt.

Westliche Unternehmer hatten nach der Verhängung von Strafmaßnahmen aus Furcht vor Konsequenzen keine Investitionen mehr in der iranischen Ölindustrie getätigt oder ihre Aktivitäten im Land stark eingeschränkt. Iran schuldete zu Beginn des von der EU verhängten Ölembargos dem Ölkonzern Eni rund eine Milliarde Dollar. Daher erhielt der Konzern die Erlaubnis, weiterhin bis zum Ausgleich dieser Summe aus Iran Öl zu importieren.


SAISONARBEITER LEGEN DIE ARBEIT NIEDER

Rund 650 Saisonarbeiter des Industrie- und Landwirtschaftskonzerns Hafttappeh haben am 9. Dezember ihre Arbeit niedergelegt. Begründet wurde die Aktion damit, dass die Konzernleitung die Forderungen der Arbeiter völlig ignoriert habe, berichtete die Agentur ILNA. Einer der Streikteilnehmer sagte der Agentur: "Seit Jahren verlangen die Arbeiter die Angleichung der Krankenversicherung an die schwer zu leistenden und gesundheitsschädigenden Arbeitsvorgänge. Sie fordern eine realistische Kategorisierung der Arbeitsvorgänge. In diesem Jahr habe es zudem keine Lohnerhöhungen gegeben, was eine Missachtung der verbrieften Rechten der Arbeiter bedeute. Zu diesen Forderungen habe die Konzernleitung nie eine befriedigende Stellungnahme abgegeben. Das Einkommen der Saisonarbeiter, die sechs Monate im Jahr ohne Arbeit seien, sei zu gering und reiche für den Lebensunterhalt nicht aus.


ÖSTERREICH UM AUSBAU DER WIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN MIT IRAN BEMÜHT

Wie die österreichische Wirtschaftskammer laut einem Bericht von Reuters bestätigte, begab sich eine Wirtschaftsdelegation mit Vertretern von rund zehn Firmen am 4. Dezember nach Iran. Laut der Tageszeitung "Presse" waren unter anderem der Seilbahnbauer Doppelmayr, der Autolieferer AVL List, der Maschinenbauer Plasser & Theurer, die Schallungstechnikfirma Doka und die Infrastrukturberatungsfirma ILF darunter.

Seit dem Atomabkommen von Genf zeigen westliche Unternehmen großes Interesse an der Wiederbelebung ihrer Beziehungen zu der Islamischen Republik. Österreich hat traditionell die Wirtschaftsbeziehungen zu Iran gepflegt. Neben Deutschland gehörte Österreich zum beliebtesten Handelspartner Irans. Viele Wirtschaftsaktivitäten Österreichs im Iran waren zwar von den Sanktionen nicht betroffen. Sie wurden jedoch eingestellt, weil es internationalen Banken nicht erlaubt war, mit Iran Geschäfte abzuwickeln.

Wie Reuters berichtete, bestätigte der Seilbauer Doppelmayr die Teilnahme an dem Besuch. Das Unternehmen war bis 2010 im Iran aktiv. Bis dahin hatte es neun Anlagen dort gebaut. Da die Firma im touristischen Bereich tätig war, wurde sie von den Sanktionen nicht tangiert.


140.000 WEITERE ARBEITER AM RANDE DER ARBEITSLOSIGKEIT

Arbeitsminister Ali Rabii sieht die Gefahr, dass rund 140.000 weitere Arbeiter in die Arbeitslosigkeit gedrängt werden könnten. "Manche Statistiken weisen daraufhin, dass zurzeit ein Viertel der Arbeitsfähigen in Iran arbeitslos sind", sagte der Minister. Seine Regierung plane jedoch die gänzliche Beseitigung der Arbeitslosigkeit, sagte der Minister. "Wir müssen mit einer grundsätzlichen und vorausschauenden Planung die Arbeitslosigkeit reduzieren und die Werte der Arbeit und Berufsausübung strukturell verbreiten." Zurzeit bestünden 2,5 Millionen freie Arbeitsplätze im Land, die nicht in Anspruch genommen würden, sagte Rabii.

Zuverlässige Statistiken über die Arbeitslosigkeit gibt es in Iran nicht. Manche Berichte beziffern die Arbeitslosigkeit oder versteckte Arbeitslosigkeit auf 25 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung. Die Wirtschaftskrise, die Privatisierungsmaßnahmen sowie die harten Sanktionen treiben nahezu täglich die Zahl der Arbeitslosen in die Höhe.


HALKBANK WIES VORWÜRFE ZURÜCK

Die staatlich türkische Halkbank, wies Vorwürfe entschieden zurück, die internationalen Sanktionen gegen Iran missachtet und illegale Goldgeschäfte mit dem Land abgewickelt zu haben. Sie habe sich bei ihren finanziellen Vermittlungsdiensten, die sie Iran bei Handelsaktivitäten angeboten habe, stets an bestehende Regeln gehalten, berichtete Reuters am 23. Dezember. Auch habe sie, nach Strafandrohungen aus den USA, am 10. Juni sämtliche Geschäfte mit Iran eingestellt. Die Bank steht im Zentrum eines großen Korruptionsskandals, der bereits die gesamte türkische Regierung in Mitleidenschaft gezogen und zum Rücktritt bzw. Entlassung von einer ganzen Reihe von Kabinettsmitgliedern geführt hat. Der Chef der Halkbank, Suleyman Aslan wurde am 21. Dezember unter Bestechungsverdacht in Haft genommen. Die Polizei hatte Berichten zufolge in seinem Haus Schuhkartons gefunden, in den insgesamt 4,5 Millionen Dollar versteckt waren. Auch die Söhne des Innenministers Muarrem Güler und Wirtschaftsministers Zafar Caglayan sowie eine ganze Reihe von Managern befinden sich bereits in Haft.

Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, dessen Regierung schwer in Bedrängnis geraten ist, spricht von einer vom Ausland organisierten Verschwörung.

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KULTUR

• Schwarze Liste der Schriftsteller
• Streit über Nutzung der Sozialnetze hält an
• Populärer Popsänger festgenommen
• Journalistenverband bald wieder aktiv


SCHWARZE LISTE DER SCHRIFTSTELLER

Der Vizeminister für Kultur und islamische Führung, Abbas Salehi, sagte in einem Interview mit der Regierungszeitung "Iran" am 29. Dezember, in der Regierungszeit von Ahmadinedschad habe es eine schwarze Liste für Schriftsteller gegeben. Sie habe aber nicht schriftlich, sondern nur mündlich existiert. "Es wurde angeordnet, dass die Werke einiger Schriftsteller nicht veröffentlicht werden", sagte Salehi. Es habe auch eine Liste für unerwünschte Verleger gegeben, die sei aber kleiner gewesen.

Die Diskussion über verbotene Schriftsteller wurde aktuell, als Präsident Rohani vor einem Monat bei einem Bericht über die ersten hundert Tage seiner Regierung sagte, inzwischen seien "verbotene Schriftsteller zu Schnellschreibern geworden". Gegen diese Äußerung protestierte der frühere Minister für Kultur und islamische Führung.

Bereits zuvor hatte der neue Kulturminister, Ali Dschannati, in einem Interview mit der Zeitung "Iran" bestätigt, dass es bei der Vorgängerregierung eine schwarze Liste von unerwünschten Schriftstellern gegeben habe. "Es genügte schon, wenn der Name eines dieser Schriftsteller auf dem Umschlag stand, um ein Buch zu verbieten", sagte der Minister. Es habe rund 400 Bücher gegeben, die aus diesem Grund nicht veröffentlicht werden durften. Schuld seien die Zensoren gewesen, die sich dem Diktat der Sicherheitsdienste gebeugt hätten.


STREIT ÜBER NUTZUNG DER SOZIALNETZE HÄLT AN

Der Streit zwischen der Regierung und den Sicherheits- und Justizbehörden über die Legalisierung der Sozialnetze Facebook und Twitter geht weiter. Am 2. Dezember sagte Hamid Schariari, Leiter des Zentrums für Angelegenheiten des Internets im Justizministerium laut iranischer Medien "nicht die Mitgliedschaft in Facebook ist strafbar, strafbar ist das, was Facebook macht. Wir sind nicht gegen Facebook, sondern gegen die Kampagne, die Facebook gegen unser Land veranstaltet." Bereits am Vortag hatte Schahriari gesagt, über Facebook würden Informationen an ausländische Geheimdienste weitergeleitet.

Indes gab der Parlamentsabgeordnete Ramesan Schodjai Kiaseri, Mitglied im Kulturausschuss, bekannt, dass der Ausschuss mit der Untersuchung sozialer Netzwerke begonnen habe. Der Umgang mit den Sozialnetzen müsse gesetzlich geregelt werden.

Medienberichten zufolge hatte Mohammad Resa Sadegh, Berater des Präsidenten, bekannt gegeben, dass sechs Minister ihre Beratungen über die Aufhebung der Einschränkungen zur Nutzung der Sozialnetzwerke aufgenommen haben. Dies forderte die Kritik der Abgeordnete Fatemeh Rahbar heraus. Das Parlament werde sich sicherlich mit dieser Angelegenheit befassen, sagte sie.

Seit vier Jahren werden Facebook und Twitter in Iran gefiltert. Mit der Regierungsübernahme Rohanis begann eine allgemeine Debatte über die Nutzung der Sozialnetze. Während die Regierung, deren Mitglieder selbst die Sozialnetze nutzen, für eine Aufhebung der Einschränkungen eintritt, fordern Radikale im Parlament, in der Justiz und bei den Geheimdiensten die Beibehaltung der einschränkenden Maßnahmen.

Bereits wenige Wochen nach der Bildung der neuen Regierung sagte Touradj Kasemi, Vizechef der Cyber-Polizei, die Aufhebung der Filterung sei möglich. Es gäbe kein Gesetz, das die Nutzung von Facebook verbiete. Wenige Tag danach sagte der Berater des Obersten Staatsanwalts, Abdolsamad Khorramabadi, eine Aufhebung der Filterung sei nicht möglich. Dies sei nicht geplant, es stehe nicht auf der Tagesordnung.

Am 17. Dezember trat der Minister für Kultur und islamische Führung, Ali Dschannati, abermals unzweideutig für die Freigabe der Medien, einschließlich der Sozialnetze ein. Einem Bericht der Nachrichtenagentur IRNA zufolge sagte er, die Untersuchungen hätten ergeben, dass 71 Prozent der Bewohner der Hauptstadt Teheran ausländische Programme im Fernsehen anschauen. Die Einschränkungen, die bisher den Nutzern der Medien auferlegt worden seien, hätten nicht zum erwünschten Ergebnis geführt. Er bezeichnet manche Maßnahmen als unsinnig und warnte: "Tun wir nichts, was wir in fünf Jahren als lächerlich empfinden werden", sagte der Minister. "In der Vergangenheit waren Videogeräte verboten. Heute empfinden das viele als lächerlich. Aber vielleicht werden wir in fünf Jahren die jetzigen Einschränkungen lächerlich finden."

Vor fast zwanzig Jahren hatte das iranische Parlament Ausrüstungen für den Empfang ausländischer Fernsehsendungen verboten. Das Gesetz wurde von einer überwiegenden Mehrheit der Iraner missachtet. Auf den Dächern der Häuser wurden als Klimaanlagen getarnte Satellitenschlüssel installiert, die zwar immer wieder von der Polizei und Sicherheitskräften in verschiedenen Bezirken eingesammelt, aber bald wieder ersetzt wurden. Schätzungsweise schauen sich heutzutage 70 Prozent der Iraner ausländische Fernsehsendungen an.

Bereits vor Monaten hatte Dschannati das Verbot und die Störung von ausländischen Sendern kritisiert und gemeint, solche Maßnahmen würden die Menschen nicht davon abhalten, ausländische Sender zu schauen. "Wir sollten andere Auswege suchen und interessante Sendungen produzieren, um die Menschen für einheimische Sendungen zu gewinnen", sagte er.

Mit dem Hinweis auf zahlreiche Maßnahmen, die in den vergangenen drei Jahrzehnten beschlossen wurden, um die Bürger moralisch zu schützen, sagte Dschannati, "wir sollten untersuchen, wo wir im Vergleich zu vor zehn Jahren stehen". Der Minister zeigte sich besorgt, "dass die gesellschaftliche Moral sinkt". "Wir müssen die Ursachen der Verbreitung von Lügen, Täuschung und Verrat in unserem Land erforschen und nach Wegen suchen, um zur Wahrheit, Zuverlässigkeit und Treue zu gelangen."

Dschannati verwies auf den "Rat für allgemeine Kultur" hin und sagte, der Rat bestehe aus 31 Mitgliedern. Solche Räte gäbe es in allen Städten und in der Provinz, so dass rund zehntausend Personen in diesen Räten beschäftigt seien. "Nun müssen wir schauen, was diese Räte uns gebracht haben und wieweit sie unseren Zielen dienlich waren."

Der Rat für allgemeine Kultur ist richtungsweisend für die Kulturpolitik des Landes. Den Vorsitz des Obersten Rats hat der Minister für Kultur und islamische Führung. Mitglieder sind Verantwortliche für Kultur, Propaganda und Sicherheit.

Dschannati ist bereits für Aufhebung der staatlichen Einschränkungen der Nutzung der Internetdienste und Zensur von Buch und Presse eingetreten. Mit diesen Positionen löste er bei den Konservativen und Radikalen heftige Proteste aus.

Abdolsamad Khorramabadi, der für "schuldhaftes Verhalten im Internet" zuständig ist, sagte laut der Agentur Fars am 9. Dezember, Facebook sei ein Organ der Spionage. Das Sozialnetz habe bei den Unruhen von 2009 die Verschwörungen gegen die Islamische Republik unterstützt. Es sammle Informationen und stelle sie anderen Staaten zur Verfügung, unter anderem den USA, die das Netzwerk für einen Sturz der Islamischen Republik instrumentalisiert hätten. Zudem würden im Facebook hunderte von Millionen Texte mit strafbaren Inhalten gegen die Islamische Republik, gegen die islamische Moral und Ethik sowie gegen die die Sicherheit Irans verbreitet. Da man in diesem Netzwerk strafbare Inhalte von harmlosen nicht trennen könne, müssen dessen Aktivitäten insgesamt als strafbar eingestuft werden. Daher bestehe kein Zweifel, dass das Netzwerk gefiltert werden müsse. Auch die Regierung habe bislang keinen Antrag zur Aufhebung der Einschränkungen gestellt. Khorramabadi verwies auf eine entsprechende Äußerung des Revolutionsführers Ali Chamenei und ähnliche Äußerungen religiöser Instanzen und sagte, es sei kaum denkbar, dass jemand eine solche "abwegige Forderung" nach Aufhebung der Einschränkungen stellen würde.


POPULÄRER POPSÄNGER FESTGENOMMEN

Laut einer Meldung von AFP vom 4. Dezember sind ein bekannter Popsänger und mehrere Mitarbeiter einer Internetfirma festgenommen worden. Die Festnahme des Sängers, Amir Tataloo wurde nach Informationen der Tageszeitung Etemad, die der Reformfraktion nahe steht, mit "Sicherheitsfragen" begründet. Die Polizei bestätigte die Festnahme Tataloos und forderte die, wie er sagte, "Musiker im Untergrund" auf, sich an die Vorschriften und Gesetze zu halten. Zahlreiche der 570.000 Anhänger Tataloos in Facebook forderten seine sofortige Freilassung.

Die Mitarbeiter der Webseite Narendschi (Orange) wurden laut der Agentur Fars in der südlich gelegenen Stadt Kerman festgenommen. Die Festgenommenen werden, wie aus Kreisen der Sicherheitsdienste verlautete, beschuldigt, mit Ausländern Kontakte gepflegt und andere "Verbrechen" begangen zu haben.

Indes hat ein Gericht den Polizisten, dem vorgeworfen wurde, den Blogger Sattar Beheschti im Oktober 2012 getötet zu haben, freigesprochen. Der 35-jährige Blogger war wenige Tage nach seiner Festnahme in dem im Süden von Teheran gelegenen Gefängnis Kahrisak gestorben. Die Untersuchungen des Parlaments, der Gerichtsmedizin und der Staatsanwaltschaft ließen keinen Zweifel darüber, dass Beheschti im Gefängnis gefoltert wurde. Doch sowohl die Gerichtsmedizin wie nun auch das Gericht führen den Tod des Angeklagten nicht auf die Folterungen zurück. Sie behaupten, Beheschti sei in Folge eines Schocks gestorben.


JOURNALISTENVERBAND BALD WIEDER AKTIV

Die Tageszeitung Schargh zitierte am 25. Dezember den Vorsitzenden des Verbands, Badr al Sadat Mofidi mit den Worten: "Der Verband der Journalisten wird bald seine Arbeit wieder aufnehmen. Bei den Gesprächen, die wir mit dem Minister für Kultur und islamischen Führung, Ali Dschannati und zuvor mit dem Arbeits- und Sozialminister Ali Rabii hatten, wurde uns versichert, dass der Verein seine Arbeit bald wieder aufnehmen kann." Auch der Informationsminister Saif Mahmud Alawi habe der Wiedereröffnung zugestimmt, sagte Mofidi. Sobald die Genehmigung offiziell erteilt werde, werde es eine außerordentliche Sitzung geben, auf der die Satzung des Verbands überarbeitet und ein neuer Vorstand gewählt werden würde.

Der einzige offizielle Ankläger des Verbands ist das Informationsministerium. Sobald die Anklage zurückgenommen wird, kann der Verband die Arbeit wieder aufnehmen.

Der Verband iranischer Journalisten wurde 1997 nach der Regierungsübernahme von Mohammad Chatami gegründet. 2009 wurde er auf Anweisung des Verwaltungsgerichts geschlossen.

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AUSSENPOLITIK

• Vizeaußenminister Araghtschi zu Gesprächen in Deutschland
• Obama beschwichtigt Saudi-Arabien
• Teheran lehnt Abkommen zwischen USA und Afghanistan ab
• Peres zu einem Treffen mit Rohani bereit
• Britischer Geschäftsträger zum ersten Besuch in Teheran
• Iran bemüht sich um die Gunst der Golfstaaten
• 35.000 US-Soldaten weiterhin in der Golfregion
• Teilnahme Irans an der Syrienkonferenz umstritten
• UN-Resolution als "Schwarzmalerei" bezeichnet
• Kritik an Treffen der Europaparlamentarier mit Panahi und Sotudeh
• Fischer im Teheraner Krankenhaus behandelt


VIZEAUßENMINISTER ARAGHTSCHI ZU GESPRÄCHEN IN DEUTSCHLAND

Irans Vizeaußenminister für juristische und internationale Angelegenheit besuchte am 15. Dezember die Bundesrepublik Deutschland. Ziel des Besuchs waren laut Medien Gespräche über den Atomkonflikt und dieTeilnahme an einer Konferenz der Körber Stiftung. Wie die Agentur ISNA berichtete, traf Araghtschi, der zugleich Chefunterhändler bei den Atomverhandlungen mit der Gruppe 5+1 ist, gleichrangige Kollegen im Berliner Außenministerium. Bei seiner Teilnahme an der Konferenz der Körberstiftung erläuterte Araghtschi das in Genf vereinbarte vorläufige Abkommen und legte die Position seiner Regierung im Bezug auf ein endgültiges Abkommen dar.

Der offizielle Besuch des iranischen Vizeaußenministers in Deutschland fand statt, in den Tagen, in denen zwischen Iran und der 5+1-Gruppe, vor allem zwischen Iran und den USA gewisse Unstimmigkeiten aufgetaucht waren, weil das US-Finanzministerium zusätzliche Sanktionen gegen Iran verhängt hatte, was nach Darstellung Teherans dem vereinbarten Abkommen widersprach (s. Bericht im Wirtschaftsteil).


OBAMA BESCHWICHTIGT SAUDI-ARABIEN

US-Präsident Brack Obama ist bemüht, neben Israels auch Saudi-Arabiens Befürchtungen über eine mögliche Lösung des Atomkonflikts mit Iran zu vertreiben. Die genannten Länder befürchten, dass die Beilegungen des Atomkonflikts und folglich eine Annäherung zwischen Teheran und Washington Irans Einfluss in der Region erheblich steigern könnte.

Obama informierte laut einer Mitteilung des Weißen Hauses am 28. November den saudischen König Abdullah über das vorläufige Atomabkommen mit Iran. Er versprach, künftig den saudischen König in den Prozess der Verhandlungen einzubeziehen und über Details eines endgültigen Abkommens zu informieren (s. auch Bericht über Irans Bemühungen um die Gunst der Golfstaaten).

Noch wichtiger als die Beschwichtigung Saudi-Arabiens sollen die Kritiker des Abkommens mit Iran in Israel beschwichtigt werden. Das Weiße Haus teilte am 15. Dezember laut einem Bericht der BBC mit, dass sich die Sicherheitsberaterin des Präsidenten, Susan Rice, am 12. und 13. Dezember zu Gesprächen mit der israelischen Regierung in Tel Aviv aufgehalten habe. Ziel der Reise sei gewesen, die Führung in Israel von der Richtigkeit des Abkommens mit Iran zu überzeugen. Israel gehört zu den wenigen Staaten, die das Abkommen scharf kritisiert haben. Bereits im vergangenen Monat (am 24. November) hatte Obama in einem langen Telefongespräch versucht, die Zustimmung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu dem Abkommen zu erlangen. Er versicherte Netanjahu, jeden weiteren Schritt im iranischen Atomkonflikt mit der israelischen Regierung abzusprechen. Der Besuch von Rice sollte zeigen, dass Obama sein Versprechen einhalten will.

Rice, die von hohen Beamten des Außen- und Finanzministeriums begleitet wurde, versuchte ihre israelischen Gesprächspartner zu erklären, dass das Ziel der USA nichts anderes sei als Iran daran zu hindern, Nuklearwaffen zu bauen.


TEHERAN LEHNT ABKOMMEN ZWISCHEN USA UND AFGHANISTAN AB

Teheran forderte die Regierung in Afghanistan auf, das bereits ausgehandelte Sicherheitsabkommen mit den USA abzulehnen. Die Sprecherin des Außenministeriums Marsieh Afkham bezeichnete am 3. Dezember vor der Presse den Vertrag, der den weiteren Verbleib eines Teils der US-Militärs nach 2014 in Afghanistan vorsieht, als nicht nützlich für Afghanistan.

Seit Jahren fordert Iran den Abzug ausländischer Streitkräfte aus dem Nachbarland, mit dem Iran eine 950 Kilometer gemeinsame Grenze hat. Der Verbleib von US-Soldaten in Afghanistan werde für die gesamte Region negative Folgen haben, sagte Afkhami. Dieser Standpunkt wurde auch dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai eine Woche später bei seinem Besuch in Teheran mitgeteilt.

Karsai selbst will, obwohl das Abkommen von der Stammesversammlung bewilligt wurde, die Unterzeichnung seinem Nachfolger überlassen. Die Amtszeit Karsais endet im Frühjahr 2014. Demgegenüber drängen die USA auf rasche Unterzeichnung und drohen mit einem vollständigen Abzug ihrer Truppen im neuen Jahr.

Am 8. Dezember stimmte Karsai bei seinem Besuch in Teheran während eines Treffens mit Rohani einem langfristigen Freundschaftsvertrag zwischen Iran und Afghanistan zu. Ein Sprecher Karsais erläuterte in Kabul, der Vertrag diene der regionalen Sicherheit und beinhalte auch wirtschaftliche und kulturelle Kooperation. Die formale Umsetzung werde bald erfolgen.


PERES ZU EINEM TREFFEN MIT ROHANI BEREIT

Als der israelische Präsident Schimon Peres laut einem Bericht der AFP von einem Journalisten am 8. Dezember gefragt wurde, ob er zu einem Treffen mit Irans Staatspräsident Hassan Rohani bereit wäre, sagte er: "Warum nicht? Ich habe keine Feinde; es geht nicht um Personen, sondern um Politik. Wir müssen Feinde in Freunde verwandeln." Einschränkend fuhr er jedoch im Interview mit dem Wirtschaftsforum in Tel Aviv fort, er wäre zuversichtlicher, wenn es nur um Rohani ginge. "Aber da gibt es ja noch andere Strukturen, die iranischen Revolutionsgarden, die Terror in der ganzen Welt verbreiten. Und ich bin nicht sicher, dass die ihren Präsidenten unterstützen", zitierte AFP Peres.


BRITISCHER GESCHÄFTSTRÄGER ZUM ERSTEN BESUCH IN TEHERAN

Ajay Sharma, der neue britische Geschäftsführer, traf am 3. Dezember in Teheran ein. Er ist der erste britische Diplomat, der seit der Schließung der Botschaft Großbritanniens in Teheran, die iranische Hauptstadt besucht. Zufrieden mit dem ersten Eindruck sagte Sharma laut einer Erklärung des Londoner Außenministeriums, er habe "einen guten ersten Besuch" in Teheran gehabt. Er habe im Teheraner Außenministerium Gespräche über eine "schrittweise" Annäherung und auf "wechselseitiger Grundlage" geführt. Diese seien "detailliert und konstruktiv" gewesen.

Die Beziehung zwischen Teheran und London war nach einem Angriff von Demonstranten gegen die britische Botschaft in Teheran 2011auf Eis gelegt worden. Beide Länder hatten ihre Botschaften im jeweils anderen Land geschlossen. Mit der Amtsübernahme der Regierung Rohani begann ein Tauwetter. Inzwischen haben beide Länder einen Geschäftsträger (chargé d'affaires) für das andere Land ernannt und die konsularischen Aktivitäten wieder aufgenommen. Großbritannien beauftragte den langjährigen Iran-Spezialisten im Londoner Außenministerium, Ajay Sharma, Iran beauftragte Mohammad Hassan Habibsadeh. Beide Geschäftsträger nahmen sogleich nach der Ernennung ihre Arbeit auf.


IRAN BEMÜHT SICH UM DIE GUNST DER GOLFSTAATEN

Die Regierung von Hassan Rohani hat von Beginn ihrer Amtsübernahme an immer wieder betont, dass sie der Pflege freundschaftlicher Beziehungen zu den Staaten am Persischen Golf besondere Bedeutung beimesse und sich bemühen werde, etwaige Differenzen zu beseitigen. Dieser außenpolitischen Zielsetzung zufolge machte sich der iranische Außenminister Mohammad Dschwad Sarif Anfang Dezember auf den Weg in einige Golfstaaten. Am 1. Dezember traf der Außenminister in Kuwait ein, am 2. Dezember besuchte er Oman und setzte seine diplomatische Tour mit einem nicht zuvor geplanten Besuch in Katar fort.

Sarif sagte laut BBC, er wolle sich auch um die Besserung der Beziehungen zu Saudi-Arabien bemühen. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Iran und Saudi-Arabien sei im Interesse aller Golfstaaten und diene der Sicherheit der Region. Er bezeichnete Saudi-Arabien als ein Land mit großem Einfluss in der Region und in der gesamten islamischen Welt. Er habe die Absicht, so bald wie möglich auch Riad zu besuchen.

In den letzten Jahren waren die Beziehungen Irans vor allem zu Saudi-Arabien und Katar zeitweise stark betrübt. Abgesehen von bestimmten Rivalitäten um den Einfluss in der Region hatten die Niederschlagung des Aufstands der Schiiten in Bahrain mit Hilfe Saudi-Arabiens sowie die starken Kontroversen im Bezug auf die Rebellion in Syrien die Beziehungen stark belastet. Auch das neue vorläufige Abkommen zwischen Iran und der Gruppe 5+1 über das iranische Atomprogramm und die sich abzeichnende Annäherung zwischen Teheran und Washington hatten vor allem in Riad Unmut ausgelöst. Saudi-Arabien befürchtet, dass eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Teheran und Washington die Rolle, die das Land in den letzten Jahren mit massiver Hilfe der USA in der Region eingenommen hatte, zu verlieren, während Iran als regionale Großmacht seinen Einfluss erheblich steigern könnte. Dieselbe Befürchtung wird auch von Israel geteilt.

Das Atom-Abkommen werde keinem Land in der Region schaden, sagte Sarif. In Abu Dhabi lud Sarif im Namen von Präsident Rohani den Präsidenten der Vereinigten Arabischen Emirate, Scheich Chalifa bin Said al-Nahjan, offiziell zu einem Besuch in Teheran ein.

Zum ersten Mal nach dem Amtsantritt Rohanis im August kam der irakische Ministerpräsident Nuri-al-Maliki am 4. Dezember zu einem dreitägigen Besuch nach Teheran. Die wichtigsten Themen bei den Gesprächen, die er mit Revolutionsführer Ali Chamenei, Staatspräsident Rohani und hochrangige Politiker führte, waren der Krieg in Syrien und die bilateralen Beziehungen zwischen Teheran und Bagdad, berichteten iranische Medien.

Die Beziehungen zwischen den Nachbarstaaten, die in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts einen achtjährigen Krieg gegeneinander führten, sind seit dem Sturz des Diktators Saddam Hussein zunehmend intensiviert worden. Beide Länder werden mehrheitlich von Schiiten bewohnt. Iran verfügt inzwischen über einen großen Einfluss im Irak. Viele Iraker, Geistliche und Politiker, die heute Träger hoher Ämter sind, haben lange Jahre im iranischen Exil gelebt und dabei auch persönliche Freundschaften mit Verantwortlichen in Iran geschlossen.


35.000 US-SOLDATEN WEITERHIN IN DER GOLFREGION

Einer Meldung der AFP zufolge will die US-Regierung trotz der begonnen Annährung an Iran die Zahl ihrer Soldaten in der Region am Persischen Golf nicht reduzieren. Dies gab der amerikanische Verteidigungsminister Chuk Hagel bei seinem Besuch in Bahrain am 7. Dezember bekannt. Es werde "keine Anpassung" geben, sagte der Minister. Die USA sind zurzeit mit 35.000 Soldaten in der Golfregion präsent. Es sind Soldaten der Luft-, Boden- und Seestreitkräfte.


TEILNAHME IRANS AN DER SYRIENKONFERENZ UMSTRITTEN

Einer Meldung der AFP vom 12. Dezember zufolge sollen laut Diplomaten auch Iran und Saudi-Arabien an der für den 22. Januar geplanten Syrien-Konferenz zur Teilnahme eingeladen worden sein. Insgesamt seien 22 Länder zu der Konferenz geladen, andere Länder könnten noch hinzu kommen, da "alle kommen wollen", sagte demnach ein arabischer Diplomat. Die Tagung solle in Montreux stattfinden, da in der Zeit die ursprünglich für die Konferenz vorgesehene Stadt Genf aufgrund einer internationalen Uhrenmesse für den Empfang von Konferenz-Teilnehmern und Journalisten nicht geeignet sei.

Im Vorfeld der Konferenz werde der UN-Sondergesandte für Syrien, Lakhdar Brahimi, bilaterale Vorgespräche sowohl mit den Delegierten der syrischen Regierung als auch mit denen der Opposition führen, berichtete Ap. Jede Seite solle bis zum 27. Dezember neun Delegierte nennen. Da bekanntlich die syrische Opposition nicht einig sei, sind Probleme bei der Auswahl von Delegierten nicht ausgeschlossen.

Bislang lehnen die USA die Teilnahme Irans an der Syrien-Friedenskonferenz ab. Dies teilte Brahimi am 21. Dezember laut AFP mit. "Zum Iran haben wir uns nicht geeinigt", sagte er. "Es ist kein Geheimnis, dass wir von den Vereinten Nationen eine Teilnahme Irans begrüßen würden, aber unsere Partner in den Vereinigten Staaten sind nicht überzeugt, dass Irans Teilnahme richtig wäre." Auch ein US-Regierungsvertreter in Genf sagte: "Wir finden es schwierig, uns die Iraner bei dieser Konferenz vorzustellen." Die Äußerung begründete er damit, dass Iran den Beschluss der ersten Syrienkonferenz von 2012, eine Übergangsregierung in Syrien zu bilden, nicht unterstützt habe. Auch die Unterstützung, die Iran den syrischen Streitkräften sowie der libanesischen Hisbollah gewährt, die an der Seite der syrischen Streitkräfte gegen die Rebellen kämpft, wird als Grund der Ablehnung angegeben.

Demgegenüber möchte Iran an der Konferenz teilnehmen. "Falls alle Seiten an einer pragmatischen Lösung des Syrienkonflikts interessiert sind, sollte Iran an der Konferenz teilnehmen", sagte der iranische Außenminister Sarif auf einer Pressekonferenz am 22. Dezember in Teheran. "Alle Staaten sollten berücksichtigen, dass sie nicht über Syrien entscheiden, sondern dem syrischen Volk lediglich bei seiner Entscheidung helfen sollen."

Auch Parlamentspräsident Ali Laridschani reagierte auf die Ablehnung der USA und sagte, Iran bestehe nicht auf die Einladung zur Syrienkonferenz. Auch bei der ersten Konferenz sei Iran nicht dabei gewesen, und sie habe keine Lösung gebracht. "Ihr sollt nicht für die Einladung Irans Dank erwarten, ihr müsst im Gegenteil Iran bitten, teilzunehmen, denn Iran spielt heute eine entscheidende Rolle in der Region."

Der UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon unterstützte die iranische Position und stellte sich damit gegen die Position der USA. "Iran sei "eine wichtige Regionalmacht", sagte Ban am 24. Dezember in New York. Daher sei seine Teilnahme "logisch, praktisch und realistisch". Dennoch fehlte Irans Name auf der Teilnehmerliste, die Brahimi am 20. Dezember in Genf der Presse bekannt gab.

Nun hat auch die syrische Regierung sich eindeutig für die Teilnahme Irans ausgesprochen. Syriens Außenminister Walid Muallem sagte am 30. Dezember einer Meldung der amtlichen Nachrichtenagentur Sana zufolge, seine Regierung sei weiterhin für die Teilnahme Irans an der Konferenz. Die Ablehnung durch die USA oder die "so genannte Opposition" sei "unlogisch".

Politische Beobachter vermuten, dass die Ablehnung durch die USA noch mehr als die vorgegebenen Gründe, aus der Befürchtung erfolge, dass Iran durch die Teilnahme aufgewertet und seinen Einfluss in der Region steigern könnte. Israel sowie die Staaten am Persischen Golf, allen voran Saudi-Arabien, unterstützen die Position der USA.


UN-RESOLUTION ALS "SCHWARZMALEREI" BEZEICHNET

Teheran hat die UN-Resolution über Verletzung der Menschenrechte in Iran als "Schwarzmalerei" bezeichnet. Die Sprecherin des Außenministeriums, Marsieh Afkham, sagte laut Medienberichten am 19. Dezember, grundsätzlich stütze sich die Resolution auf Unwahrheiten, die von westlichen Medien und terroristischen Organisationen verbreitet würden. Sie äußerte ihr Bedauern, dass die Weltorganisation die Menschenrechte politisch instrumentalisiere. "Die Staaten, die den Anspruch auf Verteidigung der Menschenrechte erheben, haben sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart auf erschreckende Weise und systematisch die Menschenrechte verletzt", sagte Afkham.

Die UN-Vollversammlung hatte sich am 18. Dezember über die "Verletzung der Menschenrechte in Iran" besorgt gezeigt. Genannt wurden unter anderem Einschränkungen der freien Meinungsäußerung, Verletzung der Rechte der Minderheiten, ungleiche Behandlung von Männern und Frauen, häufige Vollstreckung von Todesurteilen und Anwendung von Folter.

86 Staaten stimmten der Resolution zu, 36 Staaten, darunter Syrien, China und Russland lehnten sie ab, 61 Staaten enthielten sich. Die UNO hatte den Sonderbeauftragten Ahmad Schahid zur Berichterstattung über die Lage der Menschenrechte in Iran beauftragt. Doch bislang verweigert Iran dem Beauftragten die Einreiseerlaubnis. Begrüßt werden die Bemühungen des neuen iranischen Präsidenten Hassan Rohani, mehr auf die Rechte der Bürger zu achten und vor allem den Rechten der Frauen und Minderheiten mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

Die Zahl der Hinrichtungen in Iran ist gemessen an der Anzahl der Bevölkerung weltweit die höchste. Die Organisation Reporter ohne Grenzen hat Iran als zweitgrößtes Gefängnis der Welt für Journalisten bezeichnet.


KRITIK AN TREFFEN DER EUROPAPARLAMENTARIER MIT PANAHI UND SOTUDEH

Das Treffen der Delegierten des Europaparlaments mit dem Filmemacher Djafar Panahi und der Rechtanwältin Nasrin Sotoudeh erzeugte vor allem bei den Radikalen in Iran scharfe Kritik. Iranischen Medien zufolge sagte der Leiter des Verwaltungsgerichts, Mohammad Djafar Montaseri, das Treffen mit zwei Aktivisten bei den Unruhen von 2009 habe deutlich gezeigt, wer die eigentlichen Drahtzieher der Unruhen gewesen seien. Den Verantwortlichen, die dem Treffen zugestimmt haben, warf er "Verrat" vor und sagte: "Ich hoffe, die Sicherheitsorgane werden die Angelegenheit untersuchen und die Öffentlichkeit darüber aufklären."

Montaseri äußerte auch die Befürchtung, die Europäer könnten ermutigt durch das Atomabkommen nun auch noch die Freilassung jener Gefangenen fordern, die wegen der Teilnahme an den Unruhen von 2009 bestraft worden seien.

Nasrin Sotoudeh war im September 2010 wegen "Aktivitäten gegen die nationale Sicherheit, Propaganda gegen die Islamische Republik und Mitgliedschaft im Verein zur Verteidigung der Menschenrechte" festgenommen und zu zwanzig Jahren Gefängnis, zwanzig Jahren Berufsverbot und zum Ausreiseverbot verurteilt worden. Sie wurde vor einigen Monaten freigelassen.

Panahi war 2009 verhaftet worden, weil er einen Film über die Ereignisse von 2009 plante. Er wurde zu sechs Jahren Gefängnis und zwanzig Jahren Berufsverbot verurteilt. Ihm wurde auch untersagt, mit in- und ausländischen Medien Kontakt aufzunehmen.

Nach Darstellung der iranischen Staatsführung wurden die Proteste gegen die Wiederwahl Ahmadinedschads, die zu monatelangen Unruhen geführt hatten, vom Ausland gesteuert. Die Ereignisse wurden als "Verschwörung" bezeichnet.

Eine achtköpfige Delegation des Europaparlaments, die auf Einladung des iranischen Parlaments unter der Leitung der finnischen Grünen-Politikerin Tarja Cronberg zu einem sechstägigen Besuch nach Teheran gekommen war, hatte am 13. Dezember in der griechischen Botschaft in Teheran Sotoudeh und Panahi getroffen. Der für den Besuch zuständige Abgeordnete, Kazem Djalali, kritisierte auf einer Pressekonferenz am 14. Dezember das Treffen mit den beiden Dissidenten und erklärte, dieses "heimliche Treffen" sei "unannehmbar". Dafür sei aber auch die griechische Botschaft verantwortlich. "Wir haben das Außenministerium gebeten, die Angelegenheit zu klären." Es sei vor dem Besuch über solche Treffen nicht gesprochen worden, sagte Djalali weiter. Es sei seitens der Delegation gegenüber dem Außenministerium der Wunsch geäußert worden, auch Oppositionelle zu treffen. "Wir haben diesen Wunsch abgelehnt. Die Europäer haben oft genug die Meinungen der Opposition gehört, jetzt ging es darum, die Position der Regierung zu hören."

Bei dem Treffen mit Sotoudeh und Panahi, überreichten die Europaparlamentarier den beiden den Sacharow-Preis. Das Europaparlament hatte im Dezember 2012 die beiden mit dem Preis für ihren Einsatz für die Meinungsfreiheit ausgezeichnet, doch bis dato noch keine Gelegenheit bekommen, ihnen den Preis zu überreichen.

Das Treffen in der griechischen Botschaft führte zu einer Auseinandersetzung innerhalb der iranischen Staatsführung. Wie die Medien berichteten, hatte Mohammad Dschawad Laridschani, Berater der Justiz für internationale Angelegenheiten, dem Treffen zugestimmt. Dschalali berichtete dem Parlament, er habe Laridschani gefragt, ob er die Erlaubnis erteilt habe. "Er sagte ja, ich habe die Erlaubnis erteilt, weil die beiden ihre Strafe verbüßt haben und jetzt frei sind. Wir haben nichts zu verbergen, die beiden können sich mit jedem treffen, den sie treffen wollen."

Parlamentspräsident Ali Laridschani, erklärte, das Vorgehen der Europäer sei "verwerflich", aber man sollte nun die Angelegenheit nicht "übermäßig aufbauschen". Dschalali erklärt, die Debatte habe ihn nicht überzeugt, er werde diesbezüglich eine Anfrage an den Informationsminister, den Justizminister und den Außenminister stellen.

Die Delegation führte während ihres sechstägigen Besuchs zahlreiche Gespräche mit hochrangigen Politikern, unter anderem mit Ex-Staatspräsident Haschemi Rafsandschani, dem Außenminister, dem Parlamentspräsidenten und einigen Abgeordneten.


FISCHER IM TEHERANER KRANKENHAUS BEHANDELT

Laut Medienberichten wurde der frühere deutsche Außenminister Joschka Fischer wegen Kreislaufproblemen in einem Teheraner Krankenhaus behandelt. Weshalb sich Fischer Anfang Dezember in der iranischen Hauptstadt aufhielt, ist nicht bekannt. Fischer ist mit einer Iranerin verheiratet, was ein Grund für die Reise nach Iran sein könnte. Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, sagte am 2. Dezember der Presse, der 65-jährige Ex-Politiker habe als "unabhängige Person" Iran besucht. Allerdings habe Fischer die Regierung zuvor über seine Reisepläne informiert.

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Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Bernd Asbach
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
13. Jahrgang

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Quelle:
Iran-Report Nr. 01/2014 - Januar 2014 / 13. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Januar 2014