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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/442: Iran-Report Nr. 6 - Juni 2019


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 6 - Juni 2019
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand


Iran steht an einem Scheideweg. Nach dem Austritt der USA und der Wiedereinführung von Wirtschaftssanktionen droht das Atomabkommen zu scheitern. Der erhoffte wirtschaftliche Aufschwung, die Öffnung nach außen und vor allem auch die Liberalisierung der theokratischen Staatsordnung sind in weite Ferne gerückt. Über den Kurs des Landes, auch über die Rolle Irans in der Region, ist sich die Staatsführung nicht einig. Wie der Machtkampf, der schon seit geraumer Zeit zwischen Konservativen und Reformern tobt, ausgehen wird, ist ungewiss. Der Iran-Report wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus. Auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen, sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.


INNENPOLITIK

• Rohani verlangt Vollmachten
• Die Folgen der Überschwemmungen
• Rohanis Bruder zu Gefängnisstrafe verurteilt
• UN zeigt sich entsetzt über Hinrichtung von zwei Jugendlichen
• Gewaltsame Auseinandersetzungen am Tag der Arbeit


ROHANI VERLANGT VOLLMACHTEN

Bei einem Treffen mit Geistlichen am 21. Mai hat Präsident Hassan Rohani erweiterte Vollmachten der Regierung gefordert. Das Land befinde sich in einem "Wirtschaftskrieg." Durch die Sanktionen, die die USA gegen Iran verhängt hätten, seien tiefgreifende Probleme entstanden, die bewältigt werden müssten und rasche Entscheidungen nötig machten. Der Präsident verglich die Lage mit der in der Zeit des Iran-Irak-Kriegs (1980-1988). "Damals wurden alle Angelegenheiten des Krieges und der Wirtschaft von einem Obersten Rat geregelt und alle Entscheidungen von diesem Rat getroffen," sagte er.

Auch bei einem Treffen mit Journalistinnen und Journalisten am 25. Mai wiederholte Rohani seine Forderung nach erweiterten Vollmachten. Revolutionsführer Ali Chamenei habe ihn aufgefordert, "in der Ausnahmesituation" das Kommando über die Wirtschaft zu übernehmen. Der "Kriegszustand," in dem Iran sich befinde, unterscheide sich vom Normalzustand, sagte er.

Zuvor hatte Rohani sich über den engen Rahmen der Befugnisse der Regierung beklagt. Bei einem Treffen mit Vertretern verschiedener Fraktionen am 12. Mai sagte er, in einigen Bereichen habe die Regierung überhaupt keine Entscheidungsmöglichkeit. "Wenn Forderungen an uns gestellt werden, sollte man sich darüber informieren, inwieweit die Regierung dazu befugt ist, in dem betreffenden Bereich Entscheidungen zu treffen." Als Beispiel nannte er die Bereiche Außenpolitik, Kultur, und den Bereich Cybertechnologie. Die Frage sei, inwieweit die Regierung überhaupt dafür zuständig sei, Auswege aus der gegenwärtigen Krise zu beschließen, bemerkte Rohani.

Beim selben Treffen mit der Presse sagte Rohani, wenn es seine Regierung nicht gebe, wäre das Atomabkommen nicht zustande gekommen. Auch nach dem Abschluss des Abkommens habe seine Regierung Entscheidungen getroffen, die eine Kritik gegen das Land ausgeschlossen hätten. Die Folge sei, dass heute die Weltgemeinschaft nicht das Verhalten Irans, sondern das der USA verurteile. Darauf sei seine Regierung stolz.

Warum ohne seine Regierung das Atomabkommen nicht zustande gekommen wäre, führte Rohani nicht weiter aus. Gemeint waren vermutlich die Gegner des Abkommens im Inland, die der Regierung auch nach dem Abkommen ständig Steine in den Weg legten. Er wolle darauf nicht eingehen, das sei in dieser Krisensituation nicht angebracht, sagte er.

Vermutlich hatte Rohani bei seinen Äußerungen auch Revolutionsführer Chamenei im Blick. Chamenei hatte wenige Tage zuvor bei einer Rede Rohani und Außenminister Mohammad Dschawad Sarif wegen des Atomabkommens kritisiert. Vor einer Versammlung von Studenten hatte er gesagt, er habe seine Zustimmung zum Atomabkommen an bestimmte Bedingungen geknüpft. Dass das Abkommen ohne diese Bedingungen geschlossen worden sei, daran habe er keine Schuld. Er habe an dem Vertrag viel zu beanstanden gehabt und habe den Staatspräsidenten und Außenminister immer wieder auf diese Schwachpunkte aufmerksam gemacht.

Offenbar will Chamenei die Regierung für die gegenwärtige Lage, die nicht zuletzt mit dem Abkommen zu tun hat, verantwortlich machen. Dabei hatte Rohani während der Atomverhandlungen immer wieder öffentlich erklärt, dass die Regierung jeden Schritt mit dem Revolutionsführer bespreche und seine Zustimmung einhole.

Chamenei hatte auch früher einmal gedroht, sollten die USA das Atomabkommen "zerreißen," werde Iran es "verbrennen." Das hat er aber - zumindest bis jetzt - nicht getan.

Rohani wiederholte seine Forderung nach einer Volksbefragung über das Atomabkommen. Ein Referendum würde "die Sackgasse," in der Iran stecke, "durchbrechen," sagte er. Er hatte schon 2004, als er selbst Atomunterhändler war, eine Volksbefragung vorgeschlagen. Chamenei habe dem Vorschlag damals zugestimmt, doch es sei nichts daraus geworden, sagte Rohani.


DIE FOLGEN DER ÜBERSCHWEMMUNGEN

Die jüngsten Überschwemmungen in Iran haben schwere Schäden angerichtet. Die Flutkatastrophe war die Schlimmste seit mehr als fünfzig Jahren. Laut einem Bericht des Welternährungsprogramms (WFP) der Vereinten Nationen sind mehr als zwei Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen. Es gab mindestens 78 Tote und mehr als 1.100 Verletzte. 270.000 Menschen verloren ihre Unterkünfte. Die gegen Iran bestehenden Sanktionen haben Hilfeleistungen aus dem Ausland erheblich erschwert.


ROHANIS BRUDER ZU GEFÄNGNISSTRAFE VERURTEILT

Wie der Leiter des Verwaltungsgerichts, Hamidresa Hosseini, am 4. Mai mitteilte, wurde der Bruder des Präsidenten Rohani, Hossein Fereidun, zu einer nicht weiter konkretisierten Gefängnisstrafe verurteilt. Zu manchen Vorwürfen habe es einen Freispruch gegeben, andere habe das Gericht mit Gefängnis bestraft, sagte Hosseini. Es gebe noch eine weitere Akte, mit der sich das Gericht noch nicht befasst habe.

Ingesamt geht es um verschiedene Korruptionsfälle. Fereidun wurde im September vergangenen Jahres in Haft genommen, aber am nächsten Tag gegen eine hohe Kaution freigelassen. Der Prozess gegen ihn begann im Februar dieses Jahres.

Fereidun war ein enger Berater des Präsidenten. Er nahm auch an den Atomverhandlungen teil. Es wurde gemunkelt, er sei "Aug und Ohr des Präsidenten." Dass die beiden Brüder nicht denselben Familiennamen haben liegt daran, dass Rohani seinen Nachnamen bereits vor Jahrzehnten geändert hatte.

Die Verhaftung Fereiduns und das nun erfolgte Urteil haben sicherlich auch mit dem innenpolitischen Machtkampf zwischen den verschiedenen Lagern zu tun. Der Rivale von Rohani im Wahlkampf 2017, Ebrahim Raisi, der vom Revolutionsführer Ali Chamenei vor kurzem zum Justizchef ernannt wurde, hatte Rohani schon damals vorgeworfen, er habe versucht, die Justiz an der Strafverfolgung seines Bruders zu hindern.

Laut Hosseini ist das Urteil nicht endgültig. Fereidun könne dagegen Widerspruch einlegen. Fereidun bestreitet alle Vorwürfe.


UN ZEIGT SICH ENTSETZT ÜBER HINRICHTUNG VON ZWEI JUGENDLICHEN

UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet hat am 3. Mai mit aller Schärfe gegen die Hinrichtung von zwei Minderjährigen in Iran protestiert. "Ich bin entsetzt," sagte sie. Es sei ein klarer Verstoß gegen internationales Recht. Iran habe sowohl den UN-Zivilpakt als auch die UN-Kinderkonvention unterzeichnet. Auch das UN-Kinderhilfswerk UNICEF verurteilte die Hinrichtung.

Die beiden 17-jährigen waren vor zwei Jahren mit dem Vorwurf der Vergewaltigung und Raub festgenommen worden. Bachelet warf der iranischen Justiz vor, kein ordentliches Verfahren durchgeführt zu haben. Die Jugendlichen seien zu falschen Geständnissen gezwungen worden. Zudem seien weder die Verurteilten selbst noch ihre Anwälte und Angehörigen zuvor über die Hinrichtung, die am 14. April stattfand, informiert worden. Bachelet forderte Iran auf, die Hinrichtungen von Jugendlichen ab sofort einzustellen.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International veröffentlichte eine Erklärung, in der es heißt, die Jugendlichen Mehdi Sohrabfar und Amin Sedaghat seien in der südlich gelegen Stadt Schiras hingerichtet worden. Zuvor seien sie ausgepeitscht worden. Amnesty verurteilte die Hinrichtung auf das Schärfste.


GEWALTSAME AUSEINANDERSETZUNGEN AM TAG DER ARBEIT

Fast 20 unabhängige Arbeiterorganisationen hatten zum Tag der Arbeit am 1. Mai zu einer Kundgebung vor dem Parlament in Teheran aufgerufen. Auch einige Lehrer- und Studentenverbände hatten ihre Teilnahme angekündigt. Ordnungskräfte versuchten die Versammlung zu verhindern. Es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Einige Teilnehmer, darunter bekannte Gewerkschaftler, wurden festgenommen.

Die Demonstranten forderten höhere Löhne, protestierten gegen Privatisierungen und Repressalien gegen unabhängige Gewerkschaften. "Brot, Arbeit und Freiheit sind unsere verbrieften Rechte," skandierten sie.

Bereits vor Tagen wurde über Festnahmen von aktiven Gewerkschaftlern und Drohungen gegen sie berichtet. Hossein Solfaghari, Vizeinnenminister, erklärte Ende April, "wir dürfen nicht zulassen, dass Arbeiterversammlungen auf den Straßen veranstaltet werden."

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KULTUR

• Drei Mitglieder des Schriftstellerverbands zu je sechs Jahren Gefängnis verurteilt
• Schauspielerin Afschar wurde von der Justiz vorgeladen
• Frau wegen "Kulturinvasion" verurteilt
• Proteste wegen Kleidungsvorschriften an der Teheraner Universität


DREI MITGLIEDER DES SCHRIFTSTELLERVERBANDS ZU JE SECHS JAHREN GEFÄNGNIS VERURTEILT

Die 28. Abteilung des Revolutionsgerichts hat am 15. Mai drei Mitglieder des iranischen Schriftstellerverbands, Resa Chandan, Yektasch Abtin und Keywan Bajan, zu je sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Gegen dieses Urteil, das unter dem Vorsitz des Richters Mohammad Naghiseh gefällt worden war, veröffentlichte der Verein eine Erklärung. In dieser heißt es: "Das Urteil richtet sich nicht allein gegen die drei Mitglieder, auch nicht allein gegen den Verband, sondern gegen alle Schriftsteller und alle Menschen, die die Freiheit auf Meinungsäußerung beanspruchen." Das Gericht habe die drei Schriftsteller zu insgesamt 18 Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie Mitglieder des Schriftstellerverbands seien. Weil sie eine Kulturzeitschrift herausgegeben, einen Sammelband mit Dokumenten über die 50-jährigen Aktivitäten des Verbands veröffentlicht und sie die Gräber der Schriftsteller Ahmad Schamlu, Mohammad Mochtari und Dschafar Pujandeh besucht hätten. Zudem hätten sie eine Protesterklärung des Schriftstellerverbands gegen die Missachtung des Rechts der freien Meinungsäußerung, die Todesstrafe und die Zensur unterzeichnet.

(Schamlu war über Jahre der populärste Lyriker Irans, Mochtari und Pujandeh waren nachweislich im Auftrag des Geheimdienstes ermordet worden.)


SCHAUSPIELERIN AFSCHAR WURDE VON DER JUSTIZ VORGELADEN

Ein Geistlicher namens Ghaffar Daryabari hatte gegen die bekannte Schauspielerin Mahnas Afschar wegen "öffentliche Aufruhr und Verbreitung von Unwahrheiten" geklagt. Anlass der Klage war die Kritik von Afschar bezüglich eines Tweets mit dem Bild von Daryabari, das jedoch mit dem falschen Namen Mostafa Hedschasi veröffentlicht worden war. In dem Tweet waren Frauen, so viele wie möglich, dazu aufgefordert worden eine Zweitehe mit den irakisch-schiitischen Milizen zu schließen. Diese waren aus dem Nachbarland nach Iran gekommen, um die Hilfskräfte bei der Flutkatastrophe zu unterstützen. Afschar hatte den Aufruf als "beschämend" bezeichnet und kritisiert, dass die Aufforderung kein allgemeines Entsetzen hervorgerufen habe.

Daryabari erklärte, bei dem Tweet handele es sich um eine Fälschung. Er habe nie im Internet kommuniziert. Der Vorfall führte dazu, dass Afschar in den sozialen Netzwerken mit Beschimpfungen und Beleidigungen bombardiert wurde. Gegen sie besteht bereits eine weitere Anklage wegen "Aufforderung zur Prostitution." Diese Anklage bezieht sich auf Äußerungen Afschars über die jungen Frauen, die 2018 demonstrativ ihr Kopftuch in der Öffentlichkeit abgelegt hatten. Sie hatte diese Frauen verteidigt und die Kleidungsvorschriften in der Islamischen Republik kritisiert.

Das US-Außenministerium kritisierte die Anklage. In einer Erklärung des Ministeriums mit dem Titel "Unterdrückung der Frauenaktivistinnen durch das Regime in Iran" heißt es: "Die Vereinigten Staaten verurteilen die Zunahme der Repressionen gegen Frauenrechtlerinnen in Iran auf das Schärfste." In den letzten Tagen seien die Frauen Ariani, Arabschahi und Keschawars wegen Protest gegen Kleidungsvorschriften festgenommen worden. Ferner sei Vida Mowaheddi, die erste Frau, die öffentlich ihr Kopftuch abgelegt hatte und als Symbolfigur für die Protestbewegung gegen Kleidungsvorschriften gilt, zu einem Jahr Gefängnis und eine andere Frauenrechtlerin, Schaprak Schadjarisadeh aus dem selben Grund zu 20 Jahren Haft verurteilt worden.

Zudem protestierte das Ministerium abermals gegen das "brutale Urteil" gegen die Menschenrechtsaktivistin Nasrin Sotudeh, die kürzlich zu 32 Jahren Haft und 148 Peitschenschlägen verteilt worden war.

Wie oft zu Beginn des Sommers wurden auch in diesem Jahr die Kontrollen der Kleidung von Frauen auf den Straßen und öffentlichen Plätzen verschärft. Neu in diesem Jahr ist, dass zahlreiche Frauen in Teheran per SMS gewarnt wurden, ohne Kopftuch Auto zu fahren. Sie wurden aufgefordert, sich bei der Sittenpolizei zu melden. Peinlich, dass die Empfänger nicht selten keine Frauen, sondern Männer waren. Manche Frauen, die die Warnung erhalten hatten, waren überhaupt nicht mit ihren Fahrzeugen unterwegs gewesen.

Am 25. April versammelten sich so viele Frauen vor der Sittenpolizei, dass es zu einem Verkehrsstau kam. Zunächst wurden die anwesenden Frauen aufgefordert, eine Warngebühr zu zahlen. Als die Versammlung immer größer wurde, verteilte die Polizei ein Formular, in dem die Frauen versichern sollten, nie mehr ohne Kopftuch Auto zu fahren. Und als schließlich immer mehr Frauen dazu kamen, wurden die Frauen aufgefordert, nach Hause zu gehen. Die Sache sei erledigt, sagte ein Sprecher der Sittenpolizei.


FRAU WEGEN "KULTURINVASION" VERURTEILT

Laut einem Bericht der dpa vom 13. Mai ist eine Iranerin, die beim Kulturinstitut British Council angestellt war und sowohl in Iran als auch in England arbeitete, unter dem Vorwurf der "Kulturinvasion" zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Sie habe, sagte Justizsprecher Gholamhossein Esmaili, im Auftrag des britischen Geheimdienstes M16 "unmoralische Projekte" initiiert und "Kulturinvasion" betrieben. Aus seinen Ausführungen war nicht zu entnehmen, ob die Frau neben der iranischen auch die britische Staatsbürgerschaft besitzt.

Die Frau, die nach Angaben des Justizsprechers verschiedene, falsche Namen benutzte, sei während ihres Studiums in England vom britischen Geheimdienst angeheuert worden. Sie sollte für M16 in Iran im Bereich der Kultur arbeiten, mit dem Ziel, die islamischen Werte, vor allem unter Jugendlichen, zu untergraben. Sie habe unter anderem Theaterprojekte initiiert und mit Jugendlichen zusammengearbeitet. Die Frau habe ihre Straftaten zugegeben, sagte Esmaili. Sie sei im vergangenen Jahr verhaftet worden.

Ebenfalls in Haft befindet sich Nazanin Zaghari-Ratcliffe, eine 40-jährige mit iranisch-britischer Staatsbürgerschaft. Sie war 2016 kurz vor ihrem Abflug aus Teheran festgenommen worden. Der Projektmanagerin der Thomas-Reuters-Stiftung war Spionagetätigkeit im Auftrag verschiedener britischer Geheimdienste vorgeworfen worden. Alle Bemühungen der britischen Regierung um ihre Freilassung waren bisher vergeblich.


PROTESTE WEGEN KLEIDUNGSVORSCHRIFTEN AN DER TEHERANER UNIVERSITÄT

Eine Gruppe von Studentinnen und Studenten der Universität Teheran protestierte am 13. Mai gegen die Verschärfung der Kleidungsvorschriften und Kontrollen durch die Sittenpolizei. Die Gruppe versammelte sich vor der Fakultät für schöne Künste, wollte ins Amphitheater ziehen, wurde aber von Studenten der Basidsch-Milizen angegriffen. Es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen.

Die versammelten Studentinnen und Studenten waren einem Aufruf verschiedener studentischer Organisationen gefolgt. Darin heißt es: "Wir betrachten die Präsenz der Sittenpolizisten neben des Sicherheitspersonals als einen Angriff auf die Privatsphäre der Studentinnen und als einen eklatanten Verstoß gegen ihre Menschenrechte. Wir versammeln uns, um kund zu tun, dass wir die Kleidungsvorschriften und die moralischen Bevormundungen auf das Schärfste verurteilen." Weiter heißt es in dem Aufruf, die Studierenden hätten mit ihrem Widerstand ein Mindestmaß an freier Wahl der Kleidung an der Universität Teheran erreicht. Die Freiheit der Wahl der Kleidung sei ein verbrieftes Recht aller Bürgerinnen und Bürger.

Die AFP zitierte in einer Meldung von 14. Mai den Universitätsvertreter Madschid Sarangi, der behauptete, er habe mit den Studierenden diskutieren wollen, sei jedoch mit Gewalt daran gehindert worden. Er bestritt, dass die Sittenpolizei das Gelände der Universität betreten habe. Weiter sagte er, wie dpa am 13. Mai berichtete, die Kundgebung sei nicht genehmigt worden. Zudem gebe es keine neuen Maßnahmen bezüglich des vorgeschriebenen Kopftuchs. Es sei jedoch selbstverständlich, dass Studentinnen gerade während des Fastenmonats die Vorschriften befolgen sollten.


INTERNET SOLL SCHÄRFER KONTROLLIERT WERDEN

Irans Oberstaatsanwalt und der neue Staatsanwalt der Hauptstadt Teheran haben eine schärfere Kontrolle des Internets gefordert. Sie warfen dem Minister für Kommunikation und Technologie vor, diesen Bereich vernachlässigt zu haben.

Oberstaatsanwalt Mohammad Dschafar Montaseri sagte bei der Amtseinführung des neuen Teheraner Staatsanwalts Ali Alghassi Mehr: "Die Justiz kann und wird die Fortsetzung des jetzigen Zustands nicht dulden. Sollten keine grundlegenden Änderungen folgen, werden wir selbst handeln."

Es ist nicht das erste Mal, dass der Oberstaatsanwalt den Minister kritisiert. Im Januar dieses Jahres sagte er, "Minister Mohammad Dschawad Dschahromi ist persönlich dafür verantwortlich, dass das Internet nicht gesäubert wird, dass Gesetze und Bestimmungen nicht befolgt werden und die Zusammenarbeit zwischen seinem Ministerium und der Justiz nicht funktioniert." Er forderte den Minister auf, im staatlichen Fernsehen Rede und Antwort zu stehen.

Montaseri bezeichnete das Internat als "Quelle des Verderbens, der Unmoral und als günstigsten Ort für Straftaten." Die Statistiken zeigten eindeutig, dass das Internet ein "Fluch" für das Land sei, sagte er. Der Minister für Kommunikation müsse erklären, warum er den Beschluss des Revolutionsführers, ein nationales Internet zu gründen, nicht umgesetzt habe. Und warum er die einheimischen Netzwerke nicht gestärkt und er die Gelder, die er zur Unterstützung der eigenen Netzwerke einsetzen sollte, für "verdammte Netzwerke wie Telegram und Instagram" ausgegeben habe.

Auch der neue Teheraner Staatsanwalt, Ali Alghassi Mehr, forderte schärfere Kontrollen des Internets. Das Internet dürfe nicht zu einer Basis für Zweifler an der Staatsordnung der Islamischen Republik werden. "Wir beobachten, dass der Schaden, den das Internet gegen die Grundsätze des Islam anrichtet, bei weitem größer ist als der in der realen Welt," sagte er.

Ali Alghassi Mehr war eine Woche zuvor vom Justizchef Ebrahim Raisi als Nachfolger von Abbas Dolatabadi zum Teheraner Staatsanwalt ernannt worden. Zuvor war er Chef der Justiz in der Provinz Fars.

Mikel Hall, Direktor der Firma Syphon, die Software zur Umgehung von Filterungen herstellt, sagte in einem Interview mit der BBC am 13. Mai, Iran verfüge über das fortschrittlichste System des Filterns im Internet. Zuvor hatte China diese herausragende Stellung, aber Iran habe China inzwischen überholt. "Iran verfügt über clevere Leute, die gegen unsere cleveren Leute kämpfen."

Zwischen anderthalb und zwei Millionen Nutzer verwenden die Software, um die Filterung zu umgehen, sagte Hall. Als im Winter 2018 das soziale Netzwerk Telegram zensiert worden sei, sei die Zahl der Nutzer von Syphon auf mehr als 20 Millionen gestiegen.

Hall sprach von einem "Zermürbungskrieg", den Syphon in Iran führe. Denn bei den Versuchen der iranischen Behörden, Syphon zu neutralisieren, schädige das Land das eigene Finanz- und Handelssystem und erschwere auch für die Behörden die Nutzung des Internets.

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WIRTSCHAFT

• Atomabkommen in Gefahr
• Benzin-Rationierung vertagt
• IWF: Inflation in Iran kann 40 Prozent übersteigen
• Deutsche Unternehmen ziehen sich aus Iran zurück


ATOMABKOMMEN IN GEFAHR

Der zunehmende Druck der USA auf Iran, und die Untätigkeit der Partner innerhalb des Atomabkommens, treiben Iran immer weiter in Richtung einer Aufkündigung des Abkommens. Irans Vizeaußenminister Abbas Araghtschi sagte am 1. Mai der Zeitung Etemad: "Wir haben der Diplomatie ausreichend Zeit gegeben, aber genug ist genug. Das Atomabkommen bewegt sich daher rapide in Richtung Endpunkt."

Iran erwartet, dass, nach dem Ausstieg der USA aus dem Abkommen im Mai vergangenen Jahres, die anderen Vertragspartner (China, Russland, Deutschland, Frankreich und Großbritannien) dafür sorgen, dass Irans Interessen gewahrt bleiben. Doch faktisch ist außer verbaler Bekundungen zum Erhalt des Abkommens, so gut wie nichts geschehen. Der "maximale" Druck der USA hat dazu geführt, dass Iran wirtschaftlich am Rand des Abgrunds steht. Es besteht dringender Handlungsbedarf. Entweder können die anderen Partner Iran helfen, oder Iran steigt aus dem Abkommen aus. Diese Position findet in Iran immer mehr Befürworter.

Am 8. Mai gab Teheran bekannt, einen Teil seiner übernommenen Verpflichtungen aus dem Atomabkommen nicht mehr erfüllen zu wollen. Es geht um die geltenden Beschränkungen bei den Beständen an angereichertem Uran und um Schwerwasser. "Die Islamische Republik Iran sieht sich derzeit nicht verpflichtet, den Beschränkungen bei der Lagerung von angereichertem Uran und von Schwerwasserreserven nachzukommen," hieß es in einer Erklärung des Nationalen Sicherheitsrats. Zudem stellte Präsident Hassan Rohani auf einer im Fernsehen übertragenen Kabinettssitzung ein Ultimatum. Sollten die verbliebenen Vertragspartner innerhalb der nächsten 60 Tagen ihre Zusagen "insbesondere im Öl- und Banksektor" nicht nachkommen, werde Iran die festgesetzte Grenze der Urananreicherung nicht mehr beachten, den Schwerwasserreaktor in Arak weiter ausbauen und weitere Maßnahmen in Angriff nehmen." "Diese zweimonatige Frist wird definitiv nicht verlängert," sagte Araghtschi. "Wir wollen die Umsetzung des Atomdeals, nicht ein Wort mehr, nicht ein Wort weniger. Die nächsten 60 Tage sind daher die letzte Chance für eine diplomatische Lösung." Geschieht bis dahin nichts, werde Iran die Urananreicherung ohne Einschränkung wiederaufnehmen und den Umbau des Schwerwasserreaktors in Arak vollenden.

Die Bundesregierung zeigte sich über die Entscheidung besorgt. Außenminister Heiko Maas sagte, Deutschland werde weiterhin an dem Abkommen festhalten. Die Bundesregierung verlange aber von Iran eine "vollständige Umsetzung." Der britische Außenminister Jeremy Hunt warnte Iran. "Ich beschwöre Iran, keine weiterreichenden Schritte zu unternehmen und seine Verpflichtungen einzuhalten," sagte er am 8. Mai in London nach einem Treffen mit US-Außenminister Mike Pompeo. "Sanktionen sind im Gegenzug für eine Begrenzung des Atomprogramms aufgehoben worden. Sollte Iran aufhören, seine Verpflichtungen zu erfüllen, hätte das Konsequenzen."

Pompeo sagte, die Ankündigung Irans sei vage. Washington wolle abwarten, was Iran tatsächlich beabsichtige.

Frankreichs Präsident Manuel Macron rief am 9. Mai laut dpa beim EU-Gipfel im rumänischen Sbiu zum geschlossenen Einsatz für das Atomabkommen auf. Zugleich sagte er, das Abkommen sei nicht vollständig. Auch das iranische Raketenprogramm sowie die Aktivitäten Irans in der Region müssten hinzukommen. "Iran muss in dem Abkommen bleiben und wir müssen alle darauf hinarbeiten, dass er bleibt."

Die EU lehnte laut Reuters am 9. Mai das Ultimatum Irans ab. In einer gemeinsamen Erklärung betonten EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und die Außenminister Frankreichs, Deutschlands und Großbritanniens, sie stünden weiter voll hinter dem Abkommen sowie dessen "Bewahrung und Umsetzung." Sie wiesen das Ultimatum zurück und forderten Iran "mit Nachdruck auf, seinen Verpflichtungen aus dem Abkommen wie bisher in vollem Umfang nachzukommen und eskalierende Schritte zu unterlassen."

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag, Robert Röntgen, rief laut dpa vom 9. Mai die EU auf, ihre Geschlossenheit zu wahren und rasch zu handeln. "Wir brauchen jetzt eine europäische Initiative für den Mittleren Osten, die sich um Iran, aber auch um die Nachbarschaft kümmert. Wir haben eine grundlegende Differenz mit den USA und darum müssen wir es selber in die eigenen Hände nehmen." Iran sei bislang seinen Verpflichtungen nachgekommen. Schuld an der gegenwärtigen Krise seien die USA. "Das ist eine weitere Umdrehung in der Eskalationsspirale, die von den USA in Gang gesetzt worden ist. Sie haben von ihrer Macht Gebrauch gemacht, dieses Abkommen in seiner wirtschaftlichen Dimension im Wesentlichen zu zerstören," sagte der CDU-Politiker im Zweiten Deutschen Fernsehen. Er räumte ein, dass Iran "eine aggressive, expansive Regionalmacht" sei. Aber der Gedanke, das Land zur Kapitulation zwingen zu können, sei abwegig. Mit dieser Politik lasse sich das Problem nicht lösen, sondern nur weiter verschärfen.

Irans Botschafter bei den Vereinten Nationen, Madschid Tachtrawantschi, erklärte in einem Interview mit dem Sender "PBS America" am 9. Mai, das Fenster der Diplomatie sei offen. "Wir hatten keinen anderen Ausweg, als die Frist von 60 Tagen zu setzen. Selbstverständlich bleibt aber das Fenster der Diplomatie offen," sagte er.

Der Sonderbeauftragte der US-Regierung für Iran, Brain Hook, sagte in einem Interview mit der BBC am 9. Mai zu den jüngsten Maßnahmen Irans, das Ultimatum mache ihn nicht nervös, aber "wir beobachten genau, was Iran tut." Mit dem Ultimatum wolle Iran die Europäer erpressen. Seit langem treibe Iran mit den Europäern dieses diplomatische "Katz und Maus Spiel." Es habe das Ziel, ihnen die Angst einzujagen, Teheran könnte das Abkommen kündigen. "Zum Glück haben wir das Abkommen verlassen, sind also nicht nervös und werden nicht so reagieren, wie Iran es wünscht." Wichtig sei, ob Iran mit den neuen Schritten, die Zeit verkürzt, um zum Bau von Atombomben gelangen zu können.

Zu der Gefahr eines Krieges mit Iran sagte Hook, die Maßnahmen, die die USA ergriffen hätten, seien rein defensiv. Es gebe klare Indizien dafür, dass Iran "Angriffe gegen unsere Interessen und die Interessen einiger unserer Verbündeten erwägt." Dazu machte Hook keine konkreten Angaben.

Indes kritisierte Irans Außenminister Sarif die EU-Staaten. "Anstatt von Iran zu erwarten, sich einseitig an ein internationales Abkommen zu halten, sollte die EU selbst ihren Verpflichtungen aus dem Abkommen nachkommen," schrieb Sarif am 10. Mai auf Twitter. Mit ihrem Ausstieg hätten die USA die EU ein ganzes Jahr lang unter Druck gesetzt, doch die EU habe, statt zu handeln, immer nur ihr Bedauern ausgedrückt. Das genau sei der Grund dafür, dass das Abkommen vor dem Ende stehe.

Überraschend erklärte am 18. Mai Irans Botschafter in London, Hamid Baidinedschad, in einem Interview mit der BBC, Iran werde auch nach Ablauf des Ultimatums nicht aus dem Abkommen aussteigen. "Unsere weiteren Maßnahmen bleiben im Rahmen des Abkommens," sagte er. Zwar sei die Kündigung eine Option, aber derzeit sei ein solcher Schritt nicht geplant.

Am 20. Mai gab der Sprecher der iranischen Atom-Organisation, Behrus Kamalwandi, bekannt, dass Iran sein niedrig angereichertes Uran (3,67 Prozent) in der Atomanlage Natans um das Vierfache erhöht habe. Im Atomvertrag ist das bis auf 3,67 Prozent angereicherte Uran auf 300 Kilogramm begrenzt. Was darüber hinausgeht muss an ein Drittland verkauft werden. Zudem erklärte der Nationale Sicherheitsrat: "In Anbetracht der nationalen Sicherheit und des Interesses des iranischen Volkes und der im Atomabkommen vereinbarten Rechte Irans wird verordnet, einige eingegangenen Verpflichtung im Abkommen einzustellen." Diese Maßnahme sei eine Reaktion auf den Austritt der USA aus dem Abkommen und auf unzureichende Gegenmaßnahmen der restlichen Vertragspartner. Sollte der internationale Handel Irans weiter verhindert und das Abkommen bis Anfang Juli nicht vertragsgerecht umgesetzt werden, werde Iran sein Uran unbegrenzt anreichern. Den Aussagen Kamalwandis zufolge, könnte Iran die Anreicherung innerhalb von vier Tagen auf 20 Prozent erhöhen. Über all dies habe Iran die Internationale Atombehörde informiert.


BENZIN-RATIONIERUNG VERTAGT

Obwohl Iran zu den Ländern mit den größten Erdölquellen gehört, plant die Regierung wegen US-Sanktionen das Benzin zu rationieren. Die Agenturen "Tasnim" und "Mehr" meldeten, ab 1. Mai werde jeder Käufer von Benzin nur noch 60 Liter im Monat zum bisherigen Preis (10.000 Rials, 0,22 Euro) erhalten. Wer mehr kaufen möchte, müsse dafür mehr als das Doppelt bezahlen. Die beiden Agenturen stehen den Revolutionsgarden nahe. Die Folgen der Meldung waren lange Schlangen an Tankstellen und Proteste der Bevölkerung. Selbst das Parlament übte scharfe Kritik. "Die Entscheidung kann ohne parlamentarische Billigung nicht umgesetzt werden," sagte der Abgeordnete Ali Bachtiar, Mitglied des Energieausschusses.

Die Regierung sah sich zu Dementis gezwungen. Innenminister Abdolresa Rahmani Fasli bezeichnete, ohne die Namen der Agenturen zu nennen, die Meldung als "gefährlich." Iran habe keine Probleme bei der Energieversorgung, sagte er. Eine Entscheidung über Benzinpreise und mögliche Rationierung sei nicht getroffen worden. Die Meldung habe viel Aufruhr gestiftet, die Menschen seien besorgt.

Auch Ölminister Bijan Sangeneh warf den Agenturen vor, Lügen zu verbreiten. "Sie lügen immer." Er kündigte an, später das Thema ausführlich zu erläutern.

Die Zeitung Dschumhuri Eslami berichtete, nach der Meldung seien die Taxigebühren mitunter bis über 30 Prozent gestiegen. Die Agentur Fars meldete, laut "einer Quelle im Ölministerium" hätten "technische Probleme und die Hysterie im Parlament" die Regierung zur Rücknahme der Entscheidung gezwungen.

Vizepräsident Eshagh Dschahangiri sagte, während des Besuchs der Teheraner Buchmesse, den Journalisten, es sei nicht ausgeschlossen, dass Benzin rationiert werde. Mit Blick auf die wirtschaftliche Lange und die weitreichenden Sanktionen sagte er, die Regierung habe zwei Möglichkeiten, um der Krise entgegenzuwirken. Entweder müsse sie sich direkt in die Wirtschaft einmischen oder der Wirtschaft freie Hand lassen und die Bevölkerung mit Bargeld unterstützen.

Zu der ersten Möglichkeit sagte er, "angesichts dessen, dass wir in Richtung Einschränkungen schreiten, wird die Rolle des Staates in der Wirtschaft immer größer." "Vielleicht werden wir gezwungen sein, einige Güter zu rationieren." Die zweite Möglichkeit bestehe darin, der Wirtschaft freie Hand zu lassen und anstatt einige Waren zu rationieren, die ärmeren Teilen der Bevölkerung finanziell zu unterstützen. Dschahangiri forderte alle Sachverständigen auf, zu diesen Vorschlägen Stellung zu nehmen. "Wir müssen uns bald entscheiden," sagte er.

Laut Parlamentspräsident Ali Laridschani hat das Parlament am 6. Mai in einer nichtöffentlichen Sitzung, in Anwesenheit des Ölministers und des Chefs der Planorganisation, eine Rationierung des Benzins mehrheitlich abgelehnt. Auch eine Preissteigerung des Benzins sei abgelehnt worden, sagte er. Hingegen habe die Mehrheit vorgeschlagen, ein "Kartensystem" einzuführen. Der Abgeordnete Behrus Nemati meinte, mit einem "Kartensystem" könne der Benzinschmuggel vermieden werden. Mit diesem System lasse sich der Kauf und Verkauf von Benzin kontrollieren. Wie dieses System genau funktionieren soll, wurde nicht erläutert.


IWF: INFLATION IN IRAN KANN 40 PROZENT ÜBERSTEIGEN

Den Angaben des Internationale Währungsfonds (IWF) zufolge haben die US-Sanktionen die Lebenshaltungskosten in Iran enorm in die Höhe getrieben. Demnach könnte die Inflation in diesem Jahr bis auf 40 Prozent steigen. Die von den USA zusätzlich verhängten Sanktionen sowie die Weigerung der USA, die Ausnahmegenehmigung für bestimmte Länder bei Geschäften mit Iran zu verlängern "werden sich eindeutig negativ auf die iranische Wirtschaft auswirken, sowohl was das Wachstum betrifft als auch was die Inflation angeht," zitierte Reuters am 29. April den für die Region zuständigen IWF-Experten Jihad Azour. "Die Inflation könnte in diesem Jahr 40 Prozent oder sogar mehr erreichen," sagte er. Auch das Bruttoinlandsprodukt werde wahrscheinlich um sechs Prozent schrumpfen. Bereits 2018 sank die Wirtschaftsleistung um 3,9 Prozent.


DEUTSCHE UNTERNEHMEN ZIEHEN SICH AUS IRAN ZURÜCK

Volker Treier, Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), hat den Einbruch des deutsch-iranischen Handels verkündet. Er sagte am 26. Mai laut dpa, die Sanktionen der USA gegen Iran hätten dazu geführt, dass von 120 deutschen Unternehmen, die in Iran aktiv gewesen seien, nur noch 60 im dem Land geblieben sind. Deutsche Exporte nach Iran seien im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent zurückgegangen, die iranischen nach Deutschland um 42 Prozent. Die Exporte Deutschlands liegen nur noch bei 330 Millionen Euro. In den ersten drei Monaten des laufenden Jahres lieferte Iran Waren im Wert von 60 Millionen Euro nach Deutschland.

"Die wirtschaftliche Situation ist delikat und alles andere als ermutigend für deutsche Unternehmen," sagte Treier der Deutschen Presseagentur. "Die US-Sanktionen wirken auf die Wirtschaftsbeziehungen wie ein Vollembargo, weil der Finanzsektor betroffen ist."

Die Hoffnung der Unternehmen in Europa und Iran konzentrierte sich zuletzt auf die geplante Einrichtung einer Ersatzgesellschaft, Instex genannt, die den Handel zwischen Iran und den EU-Staaten abwickeln sollte. Doch offenbar ist man bislang damit nicht weit gekommen. Dazu sagte Treier laut dpa: "Instex ist ein Symbol den Amerikaner gegenüber - dass Europa wirtschaftspolitisch etwas gegen sie zu setzen hat. Aber Instex läuft noch nicht so, wie es sich deutsche Unternehmen erhofft hatten." Iran müsste zum Beispiel Öl nach Europa exportieren können, um es gegen Maschinen austauschen. Aber das ist wegen Sanktionen gegen den Ölexport nicht möglich. Man müsse schließlich die Waren miteinander verrechnen können. "So viel Pistazien und Nüsse kann Iran nicht verkaufen," sagte Treier.

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AUSSENPOLITIK

• Konflikt zwischen Iran und USA erreicht einen neuen Höhepunkt
• USA verlegen Flugzeugträger in die Region
• Iran setzt seine Verpflichtungen aus Atomabkommen teilweise aus
• Unterschiedliche Stellungnahmen Irans zu Verhandlungen mit den USA
• Die Gefahr eines Krieges wächst
• Gibt es geheime Gespräche zwischen Teheran und Washington?
• Die Mehrheit der US-Bürger erwartet Krieg mit Iran
• Iran und die Nachbarstaaten
• Frankreich könnte gegen Iran Sanktionen verhängen
• Großbritannien teilt die Sorgen der USA
• Russland und China kritisieren die USA
• Bundesregierung um Erhalt des Atomabkommens bemüht
• Israel will eine nukleare Bewaffnung Irans verhindern
• Großbritannien: Doppelstaatler sollen Reise nach Iran vermeiden


KONFLIKT ZWISCHEN IRAN UND USA ERREICHT EINEN NEUEN HÖHEPUNKT

Die Lage zwischen Iran und USA droht weiter zu eskalieren. Nachdem die USA am 8. April die iranischen Revolutionsgarden als terroristisch eingestuft und Iran im Gegenzug "das Regime der USA" als Unterstützer des Terrorismus und das US-Zentralkommando Centcom als "terroristisch" bezeichnet hatte, haben die Beziehungen ihren vorläufigen Tiefpunkt erreicht. Politische Beobachter äußerten die Befürchtung, dass gar ein unbeabsichtigter Zwischenfall zu einer folgenreichen militärischen Auseinandersetzung führen könnte, die die gesamte Region in Mitleidenschaft ziehen würde. Ein Ausweg aus dieser gefährlichen Lage ist nicht in Sicht. Die Hardliner, sowohl in den USA als auch in Iran, schüren das Feuer weiter. Es hat aber auch Schlichtungsversuche gegeben.

Einen Versuch unternahm der als moderat bekannte iranische Außenminister Mohammad Dschawad Sarif. Er schlug bei einer UN-Sitzung in New York einen Gefangenenaustausch zwischen Iran und den USA vor. Inhaftierte Iraner in den USA könnten gegen ausländische Gefangene in Iran ausgetauscht werden, sagte er. "Wir haben diesen Vorschlag bereits vor sechs Monaten gemacht. Aber die US-Regierung hat darauf nicht reagiert."

Bei einer Veranstaltung der Asia Society in New York sagte Sarif, er glaube, dass die Feinde Irans versuchten, US-Präsident Donald Trump auf einen höchst gefährlichen Kurs zu bringen. Während Trump Iran zur Kapitulation zwingen wolle, um dann Verhandlungen zu führen, seien andere, wie Sicherheitsberater John Bolton entschlossen, "mindestens einen Regimewechsel" wenn nicht den "Zerfall Irans" herbeizuführen.

Sarif sprach von einem B.B.B.-Team, das auf Trump einzuwirken versuche. Er meinte damit, neben Bolton, Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und den saudischen Kronprinzen Mohammad bin Salman. Diese Leute versuchten, "verrückte und abscheuliche" Aktivitäten der USA zu provozieren. Sarif warnte Trump vor einer "Falle," die ihm das Team gestellt habe. Er drohte den USA mit Konsequenzen, sollten sie versuchen, Irans Ölexport zu unterbinden. "Wir werden weiter Käufer für unser Öl finden und wir werden weiter die Straße von Hormus als sicheren Transportweg für den Export unseres Öls nutzen. Sollten jedoch die USA zu der verrückten Maßnahme greifen und versuchen, uns davon abzuhalten, sollten sie sich auf Konsequenzen einstellen." In einem Interview mit der Agentur Reuters am 25. April sagte Sarif, er glaube nicht, dass Trump einen Krieg wolle. "Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass er sich in einen hineinziehen lässt."

Auch Revolutionsführer Ali Chamenei kündigte Reaktionen an, nachdem die USA erklärt hatten, sie würden die für acht Länder erteilten Ausnahmegenehmigungen von US-Sanktionen nicht verlängern. Die Sanktionen der USA seien "feindliche Maßnahmen," die "nicht ohne Reaktion bleiben werden," schrieb er am 24. April auf Twitter. Die Revolutionsgarden drohten mit der Schließung der Straße von Hormus. Der Oberbefehlshaber der Al-Kuds Brigade, einer Abteilung der Revolutionsgarden für Auslandseinsätze, General Ghassen Soleimani, lehnte Verhandlungen mit den USA ab. "Eine solche Erniedrigung werden wir niemals hinnehmen", sagte er am 29. April auf einer Versammlung von Polizeioffizieren. Die Straße von Hormus, die den Persischen Golf mit dem Golf von Oman, dem Arabischen Meer und dem Indischen Ozean verbindet, ist für den Öltransport enorm wichtig. Ihre Schließung würde die internationale Energieversorgung vor große Probleme stellen. Washington will dies unter allen Umständen verhindern. Rund ein Fünftel des weltweit gehandelten Öls wird durch die Straße von Hormus transportiert.

Iran Präsident Hassan Rohani bezeichnete Trump als einen "Halbstarken," der ständig versuche, die diplomatischen Bemühungen Irans zu torpedieren. "Diplomatie ist nur dann möglich, wenn gegenseitiger Respekt herrscht und kein Druck ausgeübt wird," sagte er in einer Kabinettssitzung am 24. April. Das sei aber mit einem "Halbstarken" nicht möglich. Die "Voraussetzung zu Verhandlungen, Diskussionen und Argumentationen" seien derzeit nicht gegeben. "Wir müssen zunächst dafür sorgen, dass die USA ihr Verhalten bereuen und ihnen beweisen, dass ihre Rechnung nicht aufgehen kann." "Krieg oder Diplomatie, wir können beides," sagte der Präsident. "Alle amerikanischen Verschwörungen gegen Iran sind in den letzten 40 Jahren gescheitert, und auch dieses Mal wird es nicht anders sein."

Am 4. Mai verkündeten die USA neue "Restriktionen" gegen Irans Atomprogramm. Demnach sollte jede Unterstützung für eine mögliche Erweiterung des Atomreaktors in Bushehr mit Sanktionen bestraft werden, so die Sprecherin des State Department, Morgan Ortagus. Auch der Export von angereichertem Uran zum Tausch gegen Natururan solle bestraft werden. Ein Vorgang, der im Atomabkommen ausdrücklich akzeptiert wurde. Dasselbe betrifft die Lagerung von Schwerwasser, die künftig ebenfalls bestraft würde.


USA VERLEGEN FLUGZEUGTRÄGER IN DIE REGION

John Bolton, nationaler Sicherheitsberater der USA, hat am 6. Mai in Washington erklärt, die USA hätten den Flugzeugträger "USS Abraham Lincoln" und eine "Bomberstaffel" in die Region verlegt. Dies sei eine Reaktion auf "eine Reihe von beunruhigenden und eskalierenden Indizien und Warnungen." Die Maßnahme sei eine klare Warnung an Iran. Washington habe nicht die Absicht, gegen Iran Krieg zu führen, betonte Bolton. Mit der Verlegung des Flugzeugträgers werde die Botschaft an Iran ausgesendet, dass die US-Regierung entschlossen sei, auf jeden Angriff auf Interessen der USA und deren Verbündete mit "unerbittlicher Härte" zu reagieren. Genauere Angaben zu der Maßnahme machte Bolton nicht.

Ein Mitarbeiter des Pentagon, der nicht genannt werden wollte, sagte laut AP vom 6. Mai, Grund für die Entsendung des Flugzeugträgers in die Region sei die Vermutung, dass Iran und seine Verbündeten eine Attacke auf US-Truppen planten. Dafür gebe es "klare Indizien." Ziel des Angriffs seien US-Truppen auf See und an Land.

Die US-Marine hatte Anfang April bekannt gegeben, dass der Flugzeugträger zuvor die USA verlassen hätte. Zuletzt waren "USS Abraham Lincoln" und dessen Einsatzträgergruppen im Mittelmeer stationiert. Nun sollen sie dem US-Zentralkommando, das für den Nahen und Fernen Osten zuständig ist, unterstellt werden. Es wird vermutet, dass sie im Arabischen Meer stationiert werden. Derzeit verfügen die USA über keinen Flugzeugträger im Persischen Golf.

Auf dem Rückflug von einer Europareise sagte US-Außenminister Mike Pompeo laut dpa am 6. Mai vor Journalistinnen und Journalisten, die Verlegungen militärischer Einheiten seien seit geraumer Zeit geplant gewesen. "Wir haben eskalierende Aktionen der Iraner erlebt." Das sei genauso absolut sicher, wie es sicher sei, dass die USA jedes Vergehen der Iraner gegen amerikanische Interessen vergelten würden. Selbst wenn es sich um Aktionen handelte, die von Verbündeten Irans, wie die libanesische Hisbollah, durchgeführt würden, würde Washington die iranische Führung dafür verantwortlich machen, so Pompeo.

Die USA werfen Iran viel vor, unter anderem, Iran unterstütze den internationalen Terrorismus. Zuletzt beanstanden sie, Iran unterstütze in Venezuela die Regierung von Nicolas Maduro, dessen Sturz Washington forciert.

Teherans Reaktion auf den Aufmarsch der USA war gelassen. Der Versuch, Iran militärisch einzuschüchtern, sei "dilettantisch", sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, Keywan Chosrawi, am 6. Mai. "Bolton wollte sich nur aufspielen. Die USA hätten "sicherlich kein Interesse" das Potential der iranischen Militärmacht kennen zu lernen. "Boltons Erklärung ist die tollpatschige Wiederauflage einer Maßnahme der psychologischen Kriegsführung."


IRAN SETZT SEINE VERPFLICHTUNGEN AUS ATOMABKOMMEN TEILWEISE AUS

Iran gab 15. Mai bekannt, die Erfüllung einiger Verpflichtungen aus dem Atomabkommen gestoppt zu haben. Über diese Maßnahme hatte Teheran zuvor die noch verbliebenen Vertragspartner, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland und China, informiert. Demnach wird Iran die Einschränkung der Produktion vom angereicherten Uran auf bis zu 3,67 Grad und 130 Tonnen Schwerwasser nicht akzeptieren. Zudem forderte Iran die Partner auf, innerhalb von 60 Tagen Maßnahmen zu treffen, die Iran vor den Wirtschaftssanktionen der USA schonen. Sollten diese Staaten der Forderung nicht nachkommen, werde Teheran sein ursprüngliches Atomprogramm wiederaufnehmen und Uran in großen Mengen, bis auf 20 Prozent, anreichern. Revolutionsführer Ali Chamenei sagte, Iran werde es nicht schwerfallen, Uran zum atomfähigen Material anzureichern. "20 Prozent Anreicherung zu erreichen ist der wichtigste Schritt. Die nächsten Schritte sind einfacher als dieser Schritt." Chamenei betonte, dass Iran trotz zunehmender Spannungen keinen Krieg mit den USA beabsichtige. Aber verhandeln mit den USA werde Iran auch nicht.

Auch die USA erklärten, keinen Krieg mit Iran zu planen. Dies sagte der Sonderbeauftragte der US-Regierung für Iran, Bryan Hook, am 8. Mai in einem Telefongespräch mit Journalistinnen und Journalisten. Das Ziel sei, einen "maximalen Druck" auf Iran auszuüben, solange bis das Land eine Kursänderung vornehme.

Am 8. Mai traf US-Außenminister Mike Pompeo überraschend in Bagdad ein. Dort sprach er von unmittelbaren Bedrohungen, die von Iran gegen die Einheiten der USA in der Region ausgingen. "Die Botschaft, die wir hoffentlich an die Iraner gesendet haben, bringt uns in eine Position der Abschreckung, in der die Iraner es sich zweimal überlegen werden, amerikanische Interessen anzugreifen," sagte der Minister, der zuvor seinen geplanten Besuch in Berlin abgesagt hatte. Geheimdienste hätten über drohende Angriffe der Iraner berichtet, sagte er, ohne dazu konkrete Angaben zu machen.

Am 9. Mai ordnete Präsident Trump weitere Sanktionen gegen Iran an. Diese nehmen Irans Metallexporte ins Visier, genauer, die iranische Eisen-, Stahl-, Aluminium-, und Kupferindustrie. Demnach sollen Unternehmen oder Banken, die mit Iran in diesen Bereichen Geschäfte machen, mit Sanktionen bestraft werden. Sollte Iran sein Verhalten nicht ändern, werde der Druck verstärkt, erklärte Trump. Die neue Maßnahme solle laut Trump Iran daran hindern, mit Metallexporten Umsätze zu erzielen, die ins Atomprogramm fließen könnten.

Am 10. Mai kamen widersprüchliche Signale aus den USA. Während Trump Iran zur Aufnahme von Verhandlungen aufforderte, warnte Pompeo Iran vor Angriffen auf US-Interessen. "Das Regime in Teheran sollte verstehen, dass Angriffe von ihm oder seiner Stellvertreter jeglicher Identität gegen US-Interessen oder US-Bürger mit einer schnellen und entschlossenen US-Reaktion beantwortet werden," erklärte der Minister. "Unsere Zurückhaltung bis jetzt sollte von Iran nicht mit einem Mangel an Entschlossenheit verwechselt werden."

Auf die Frage an Trump, ob die USA einen Krieg gegen Iran planten, sagte der Präsident: "Ich möchte nicht nein sagen. Aber hoffentlich wird das nicht geschehen." Er forderte die iranische Führung auf, mit ihm Kontakt aufzunehmen. "Was sie tun sollten, ist mich anzurufen. (...) Wir können einen Deal machen, einen fairen Deal. Wir wollen nur nicht, dass sie Atomwaffen haben."

Am gleichen Tag schloss ein General der iranischen Revolutionsgarden, Jadollah Dschawani, Verhandlungen mit den USA aus. "Es wird keine Verhandlungen geben," sagte er. Zudem sagte er, die USA würden es nicht wagen, Iran anzugreifen.

Am selben Tag warnte die US-Seefahrtsbehörde heimische Frachter und Öltanker vor möglichen Angriffen, die von Iran oder dessen Verbündeten in der Region ausgeübt werden könnten. Am nächsten Tag schickten die USA ein weiteres Kriegsschiff und Flugabwehrraketen in den Nahen Osten. Den Angaben des Pentagons zufolge handelte es sich um das Kriegsschiff "USS Arlington." Das Schiff hat Marineinfanteristen und Amphibienfahrzeuge sowie ein Raketensystem des Typs Patriot an Bord. Wieder begründeten die USA die Verstärkung ihrer Militärkraft mit Hinweisen auf angebliche iranische Angriffspläne, ohne konkrete Angaben zu machen. Bolton sprach von "einer Reihe beunruhigender und eskalierender Hinweise und Warnungen."

Außenminister Pompeo erläuterte in einem Interview mit dem Sender CNBC am 12. Mai die Forderungen der USA an Iran. Zunächst gehe es darum sicherzustellen, dass es für den Iran keinen Weg zu einer Atomwaffe geben werde und dass Iran, gemäß der UN-Resolution, sein Raketenprogramm einstellen müsse. Außerdem seien die "revolutionären Bemühungen, arabische Hauptstädte wie Damaskus, Beirut oder Sanaa zu kontrollieren, keine angemessene Betätigung. Das destabilisiert, und wir bitten sie, sich den normalen Dingen, die normale Staaten tun, anzupassen. Nicht mehr." Zu den Differenzen mit Europa über das Atomabkommen sagte Pompeo: "Wenn ich mit ihnen spreche, verstehen sie die Gefahr, die von der Islamischen Republik Iran ausgeht. Mit dem Atomabkommen haben sie einen anderen Weg eingeschlagen."


UNTERSCHIEDLICHE STELLUNGNAHMEN IRANS ZU VERHANDLUNGEN MIT DEN USA

Die iranische Führung ist über den nächsten Schritt im Konflikt mit den USA uneins. Während Revolutionsführer Ali Chamenei, der in Iran bei Entscheidungen das letzte Wort hat, sowie die Militärs und die konservative Geistlichkeit Verhandlungen mit den USA kategorisch ablehnen, lassen Präsident Rohani und Außenminister Sarif die Tür für Gespräche einen Spalt weit offen. Bei einem Treffen mit politischen Aktivisten am 12. Mai knüpfte Rohani mögliche Verhandlungen mit Washington an Bedingungen. Die USA sollten zunächst den Austritt aus dem Atomabkommen zurücknehmen und die Sanktionen gegen sein Land aufheben. Dann wäre Iran zu Verhandlungen bereit, so der Präsident. Die Hoffnung der USA, durch Druck Iran zur Kapitulation zu zwingen, sei abwegig. "Kapitulation ist mit unserer Mentalität nicht vereinbar, und wir werden daher in dieser Situation auch nicht kapitulieren."

Rohani gab zu, dass sein Land sich zurzeit in einer schwierigen Lage befindet. Die Situation sei ähnlich wie die während des Iran-Irak-Krieges, aber problematischer. "Damals hatten wir nicht die Probleme mit unserem Ölexport und der Zusammenarbeit mit internationalen Banken." Aber auch in dieser Situation werde Iran aufrecht bleiben.

Anders als Rohani äußerten sich die Militärs. Amir Ali Haschisadeh, Chef der Luftwaffe der Revolutionsgarden, zeigte sich unbeeindruckt von der amerikanischen Militärpräsenz in der Region. "Die Bedrohungen sind zu Gelegenheiten geworden," sagte er am 12. Mai laut Isna. "Wenn sie sich (die Amerikaner) bewegen, werden wir sie am Kopf treffen. Auch der neue Chef der Revolutionsgarden, Generalmajor Hossein Salami, warf während einer Sitzung im Parlament den USA vor, einen psychologischen Krieg in der Region begonnen zu haben.


DIE GEFAHR EINES KRIEGES WÄCHST

Die USA haben ihren Waffengang nur vage begründet. Wie aus Regierungskreisen bekannt wurde, geht es zum einen um die Befürchtung, Iran könne im Persischen Golf amerikanischen Einrichtung mit Raketen angreifen. Dies setzt voraus, dass Iran tatsächlich bereit wäre, eine derartige Provokation, die sicherlich weitreichende Folgen haben würde, zu riskieren. Wie die New York Times berichtete, stützt sich das Argument auf Fotos, die montierte Raketen auf Booten zeigen. Über die Schlussfolgerung aus diesen Fotos, herrscht in der US-Administration laut New York Times keine Einigkeit. Während die Hardliner daraus Angriffsabsichten entnehmen, sehen andere darin den Versuch Irans zur Selbstverteidigung.

Eher könnte das Argument geltend gemacht werden, schiitische Milizen im Irak könnten gegen amerikanische Basen Anschläge planen. Doch Iraks Ministerpräsident Adel Abdul Mahdi dementierte am 14. Mai einen Bericht der Agentur Reuters, der sich auf Informationen aus irakischen Geheimdiensten stützte. In dem Bericht hieß es, die USA hätten verdächtige Aktivitäten der Schiiten in Iran beobachtet. Auch der britische Generalmajor Christopher Ghika, der der Anti-IS-Operation "InherentResolve" angehört, erklärte am 14. Mai, es gebe keine erhöhte Bedrohung durch schiitische Milizen in Irak und Syrien.

Schließlich verweisen die Hardliner in den USA auf Sabotageakte, die in den vergangenen Tagen in der Region am Persischen Golf stattgefunden hatten. Hierzu zählen die Angriffe auf Öltanker der Vereinigten Arabischen Emiraten sowie Drohnenangriffe auf eine Pipeline in Saudi-Arabien, für die die Huthis in Jemen die Verantwortung übernahmen. Auch bei diesen Sabotageakten und Angriffen liegt kein Nachweis über eine Beteiligung Irans vor. Was also sind die Motive und Absichten der Machtdemonstration der USA? Wird es zu einer militärischen Eskalation kommen?

Am 13. Mai verschärfte Präsident Trump seine Drohungen gegen Iran. Sollte Iran etwas gegen die Interessen der USA unternehmen, werde das Land "stark leiden," sagte er vor Journalinnen und Journalisten im Weißen Haus. Am 14. Mai berichtete die New York Times, Washington plane die Entsendung von weiteren 120.000 Soldaten in den Nahen Osten, sollte Teheran seinen Atomprogramm beschleunigen oder amerikanische Einrichtungen angreifen. Die Erstellung des Plans hatte der Zeitung zufolge Sicherheitsberater John Bolton angeordnet. Trump dementierte am 14. Mai den Bericht vor der Presse. Er bezeichnete ihn als "Fake News." "Würde ich das machen? Absolut. Aber das haben wir nicht geplant. Hoffentlich werden wir das nicht planen müssen. Und wenn wir müssten, würden wir verdammt viel mehr Truppen schicken."

Vermutlich mit Blick auf den Bericht, sagte Irans Revolutionsführer Ali Chamenei, die Auseinandersetzung mit den USA sei nicht militärisch, denn ein Krieg sei nicht "vorgesehen." "Weder wir wollen einen Krieg noch die Anderen, weil sie wissen, dass ein Krieg nicht in ihrem Interesse ist." Zugleich bezeichnete Chamenei Verhandlungen mit den USA als "Gift in Potenz." Iran werde Widerstand leisten und "bei dieser Auseinandersetzung werden die Amerikaner gezwungen sein, nachzugeben. (...) Manche Leute sagen, Verhandlungen schaden doch nicht. Verhandlungen sind Gift, solange die USA das sind, was sie jetzt sind. Und Verhandlungen mit der derzeitigen Regierung ist Gift in Potenz." Iran sei unter keinen Umständen bereit, über sein Raketenprogramm und über seine Rolle im Nahen Osten zu verhandeln, sagte Chamenei weiter. "Sie wollen, dass wir die Reichweite unserer Raketen niedrig halten, damit wir uns nicht verteidigen können, wenn sie uns angreifen. Und sie wollen, dass wir auf unseren Einfluss in der Region verzichten."

Laut Reuters vom 15. Mai warnte ein hochrangiger iranischer Regierungsvertreter vor einer militärischen Auseinandersetzung. Ein weiterer Krieg im Nahen Osten hätte "unvorstellbare Konsequenzen." Er betonte, dass Iran keinen Krieg wolle, sich aber auf alle Szenarien vorbereitet habe.

"Wir streben grundsätzlich keinen Krieg mit Iran an," sagte US-Außenminister Pompeo bei dem Treffen mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow am 14. Mai in Sotschi. Lawrow sagte er hoffe, dass "die Vernunft triumphieren" werde und der Bericht der New York Times sich als falsch erweise.

Am 16. Mai forderte Trump Iran erneut zur Teilnahme an Gesprächen auf. "Ich bin sicher, dass Iran bald reden will," twitterte Trump. Zu den Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Iran-Politik innerhalb seiner Regierung, über den die Medien in den USA berichtet hatten, schieb Trump: "Es gibt überhaupt keinen Streit. Unterschiedliche Meinungen werden ausgetauscht und am Ende treffe ich eine bestimmte und finale Entscheidung." Irans Außenminister Sarif, der bislang Verhandlungen mit den USA nicht ausgeschlossen hatte, sagte bei seinem Besuch in Japan am 16. Mai, "Es gibt keine Möglichkeit, mit den Amerikanern zu verhandeln." Er warf den USA vor, den Konflikt mit Iran zu schüren. Sein Land hingegen übe "maximale Zurückhaltung." "Wir halten die Eskalation durch die Vereinigten Staaten für inakzeptabel und fehl am Platz," sagte er.

Am 19. Mai sagte der neue Kommandant der Revolutionsgarden, Hossein Salami, Iran sei auf einen Krieg bestens vorbereitet. "Unsere Feinde haben Angst, uns anzugreifen. (...) Dennoch sind alle unsere Abteilungen auf einen Angriff vorbereitet. Das ist aber nicht genug. Wir müssen unsere Kraft weiter steigern. Wir haben keine Angst vor dem Tod, weil wir Muslime an den Märtyrertod glauben."

Am 20. Mai drohte Präsident Trump Iran mit Auslöschung. "Wenn Iran kämpfen will, wird dies das offizielle Ende Irans sein," twitterte der Präsident. "Bedroht nie die USA." Darauf reagierte Sarif und schrieb auf Twitter: "Trump hofft, das zu erreichen, was Alexander (der Große) und Dschingis (Khan) nicht erreicht haben." Iran existiere immer noch, während die Aggressoren längst verschwunden seien. Trump glaube, er könne Iran mit Wirtschaftsterrorismus und Völkermordabsichten vernichten. "Drohe niemals einem Iraner, aber versuche es mal mit Respekt. Das könnte besser funktionieren."

Am 20. Mai forderte Iran den UN-Generalsekretär, Antonio Guterres, dazu auf, sich in den Konflikt einzuschalten und eine diplomatische Initiative vorantreiben, um der Eskalierung der Spannungen Einhalt zu gebieten. Die UNO könne angesichts der drohenden Gefahren in dieser Lage nicht neutral bleiben, schrieb Irans UN-Botschafter, Madschid Tachtrawantschi, an Guterres. Er warnte, dass jede Provokation einen Flächenbrand auslösen könnte.

Am 20. Mai forderte der republikanische Senator Lindsey Graham, der als Vertrauter Trumps gilt, nach einem Treffen mit Sicherheitsberater Bolton, einen "überwältigenden" militärischen Angriff gegen Iran. Er sei nach dem Gespräch mit Bolton zu dem Schluss gekommen, dass hinter den Sabotageakten, gegen Öltanker und Pipelines in den arabischen Staaten, Iran gesteckt habe, ebenso wie hinter den Drohungen gegen US-Basen im Irak. Selbstverständlich müssten die USA, nachdem Iran in den letzten Wochen amerikanische Interessen im Irak bedroht habe, es dem Land mit einer "überwältigenden militärischen Reaktion" heimzahlen, sollte Iran seine Drohungen gegen amerikanisches Personal wahrmachen.

Auch Vizeadmiral Michael Gilday sagte am 24. Mai, die USA seien sich ziemlich sicher, dass Irans Revolutionsgarden für die Anschläge in den arabischen Ländern verantwortlich seien.

Demgegenüber schrieb der demokratische Senator Ruben Gallego auf Twitter, er habe dieselben Geheimdienstinformationen eingesehen. Lindsey habe den Inhalt nicht korrekt wiedergegeben. Er habe diese für sich und für die Medien so ausgelegt, wie er wollte.

Am 24. Mai bestätigte Trump die Entsendung von zusätzlichen 1.500 Soldat in den Nahen Osten und erteilte, vorbei an dem Kongress, die Erlaubnis zum Verkauf von Waffen im Wert von acht Milliarden US-Dollar an Saudi-Arabien, die Arabischen Emiraten und Jordanien. Die Soldaten sollen hauptsächlich "schützende Aufgaben" übernehmen. Als Grund für die Aufstockung nannte er den Konflikt mit Iran. Laut AFP vom 26. Mai sind derzeit 60.000 bis 80.000 amerikanische Soldaten in der Region stationiert. Ein hochrangiger Vertreter der Streitkräfte der Vereinigten Staaten sagte, aus der Sicht der Militärs seien die iranischen Revolutionsgarden für die jüngsten Anschläge verantwortlich. Die Aufstockung der militärischen Kräfte begründete er mit den Provokationen, mit den Iran begonnen habe.

Außenminister Sarif bezeichnete die US-Maßnahmen als "sehr gefährlich" und "eine Gefahr für den internationalen Frieden und die internationale Sicherheit." Iran müsse dieser Gefahr entgegenwirken, sagte er der Agentur Irna am 26. Mai. Die USA behaupteten, die Region schützen zu wollen. Dabei seien gerade sie die, welche die Sicherheit und Stabilität der Staaten gefährden.


GIBT ES GEHEIME GESPRÄCHE ZWISCHEN TEHERAN UND WASHINGTON?

Iran hat bestritten, dass es zwischen Teheran und Washington geheime Gespräche gebe. Abbas Mussawi, Sprecher des Teheraner Außenministeriums, sagte am 27. Mai vor der Presse: "Es gibt absolut keine direkten oder indirekten Gespräche zwischen Teheran und Washington." Zugleich wurde bekannt, dass Vizeaußenministeriums Abbas Araghtschi am 26. Mai nach Oman gereist war und Iraks Außenminister beim Treffen mit seinem iranischen Kollegen Sarif vorgeschlagen hat, im Streit zwischen Iran und USA zu vermitteln. Den Angaben zufolge wollte Araghtschi mit der Führung in Oman über die Lage in der Region sprechen. Oman hatte zuvor bekannt gegeben, dass das Land mit Hilfe anderer Staaten bemüht sei, im Streit zwischen Teheran und Washington zu schlichten. Allerdings erklärte Mahmud Waesi, Chef des Büros von Präsident Rohani, der Besuch Araghtschis in Oman habe mit dem Konflikt zwischen Teheran und Washington nichts zu tun. Oman hat gute Beziehungen - sowohl zu Washington als auch zu Teheran. Und das Land hat schon einmal erfolgreich die Rolle des Vermittlers gespielt und zwar bei den Atomverhandlungen. Oman war es gelungen, geheime Gespräche zwischen Teheran und Washington zu organisieren. Diese führten schließlich dazu, dass die Amerikaner direkt an den Verhandlungen teilnahmen und es schließlich zu einer Einigung kam.

Auch Irak ist um Vermittlung bemüht. Er fühlt sich von einem möglichen Krieg zwischen Iran und den USA bedroht. Das Land hat zu beiden Staaten gute Beziehungen und ist auch wirtschaftlich von ihnen abhängig. Daher ist die irakische Regierung bemüht, in dem Konflikt zu vermitteln. Iraks Außenminister Mohammad Hakim sagte auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem iranischen Kollegen Sarif: "Wir bemühen uns zu helfen und zu vermitteln. Bagdad bemüht sich um eine zufriedenstellende Lösung." Zuvor hatte Iraks Ministerpräsident Adel Abdolmahdi gesagt, seine Regierung werde zur Schlichtung des Konflikts Delegierte nach Teheran und Washington schicken. Es gebe keine Gruppe im Irak, die einen Krieg begrüßen würde.

Am 27. Mai erklärte Präsident Trump abermals, seine Regierung plane keinen Krieg gegen Iran. Er forderte Iran erneut zu Gesprächen auf. "Ich denke, dass Iran gerne reden würde, und wenn der Iran gerne reden würde, würden wir auch gerne reden. Wir werden sehen, was passiert," sagte Trump während seines Besuchs in Tokio. Weiter sagte er, Japans Ministerpräsident Shinzo Abe sei "eng mit der Führung Irans." Ob er damit meinte, dass Japan in dem Konflikt vermitteln könnte, sagte er nicht. Die USA seien nicht bestrebt, einen Regimewechsel in Iran herbeizuführen, so Trump weiter. "Wir streben an, dass es keine Atomwaffen gibt." Überraschend fügte er hinzu: Iran habe die "Chance, ein großes Land zu sein, mit derselben Führung."

Offenbar war Trumps Hinweis auf die guten Beziehungen zwischen Abe und der iranischen Führung bedeutender als eine Nebenbemerkung. Hat Trump Japan um Vermittlung gebeten? Wie Irans Außenamtssprecher Mussavi am 28. Mai der Presse mitteilte, wird der japanische Ministerpräsident im Juni nach Iran reisen. Abe hatte mit Blick auf den Konflikt mit Iran zu Trump gesagt: "Wir möchten alles tun, was wir können." Zu seinem angekündigten Besuch in Teheran sagte Mussavi: "Der Diplomatie wollen wir weiterhin eine Chance geben."

Irans Außenminister Sarif schrieb zu den Äußerungen Trumps am 28. Mai auf Twitter: "Nur Taten und Worte können zeigen, was Trumps Absichten sind. (...) Der wirtschaftliche Terrorismus (die Sanktionen) der USA fügt dem iranischen Volk Schmerzen zu und erzeugt Spannungen in der Region." Sollte dies tatsächlich nicht Trumps Absicht sein, müssten seinen Worten Taten folgen.


DIE MEHRHEIT DER US-BÜRGER ERWARTET KRIEG MIT IRAN

In einer von Reuters/Ipos durchgeführten Umfrage gaben 51 Prozent der Befragten an, dass sie glauben es käme zu einem Krieg gegen Iran. Dies meldete die Agentur am 21. Mai. Das sind acht Prozent mehr als bei einer ähnlichen Umfrage im Juni vergangenen Jahres. Zugleich äußerten sich 60 Prozent der Befragten gegen einen Erstschlag der USA. Auf die Frage, ob Iran eine "ernsthafte" oder "akute" Bedrohung für die USA bilde, antwortete eine Mehrheit von 53 Prozent - sechs Prozent mehr als im Juni 2018 - mit ja. 39 Prozent lehnten die Iran-Politik von Präsident Trump ab, 39 Prozent fanden sie richtig. Die Umfrage fand zwischen 17. und 20. Mai statt; gefragt wurden 1.007 Erwachsene.


IRAN UND DIE NACHBARSTAATEN

Die Drohung Irans, die Straße von Hormus zu schließen, löste insbesondere in Staaten am Persischen Golf große Sorge aus. "Wir betrachten diese Drohungen mit Sorge und hoffen, dass unsere Region von diesen Spannungen verschont bleibt," sagte Kuwaits stellvertretender Außenminister, Chaled al Dscharrallah, am 28. April laut der Nachrichtenagentur Kuna.

Am 3. Mai sagte Bahrains Außenminister Scheich Chalid bin Ahmad Al Chalifa in einem Interview mit der arabischsprachigen Zeitung al Schargh al awsat: "Wir werden Iran niemals erlauben, auch nur für einen einzigen Tag die Straße von Hormus zu schließen." Die Ankündigung, unter Umständen die Straße vom Hormus zu schließen, sei eine "offene Drohung" gegen die Staaten am Persischen Golf. Iran wiederhole die Drohung. Doch damit schade das Land auch sich selbst, sagte der Minister. Er kritisierte die Islamische Republik, die sich in Angelegenheiten anderer Länder einmische und paramilitärische Gruppen mit Geld und Waffen unterstütze. Iran habe immer noch die Möglichkeit, seine Politik zu revidieren, eine Politik, die "das Land in den Abgrund führt."

Am 7. Mai traf US-Außenminister Mike Pompeo unangekündigt in Bagdad ein. Damit wolle er die Unterstützung der USA für einen "souveränen, unabhängigen Irak" signalisieren, sagte er laut dpa. Drei Tage später landeten Langstreckenbomber der US-Luftwaffe auf einem großen US-Militärstützpunkt in Katar. Auf Bildern sei zusehen gewesen, wie mehrere B-52H-Stratofortress-Bomber an der Al-United-Air-Base angekommen seien, berichtete dpa.

Am 13. Mai kam es vor der Küste der Vereinigten Arabischen Emirate zu einem Zwischenfall. Das Außenministerium in Abu Dhabi sprach von einem Sabotageversuch gegen vier kommerzielle Handelsschiffe aus verschiedenen Ländern. Es habe sich um "staatsfeindliche Operationen" nahe des Hoheitsgebiets des Landes gehandelt, hieß es. Wie der saudi-arabische Energieminister mitteilte, sollen bei dem Vorfall zwei saudische Tanker erheblich beschädigt worden sein. Opfer habe es nicht gegeben.

Nach dem Ereignis richteten sich alle Blicke gen Iran. Laut dpa vom 14. Mai meinte ein US-Beamter, der nicht genannt wird, Iran könnte für den Anschlag verantwortlich sein. Eine vorläufige Untersuchung deute darauf hin, dass Iran oder seine Verbündeten versucht hätten, die Schiffe mit Sprengstoff zu beschädigen. Iran bezeichnete den Vorfall als bedauerlich und besorgniserregend und forderte eine "lückenlose Untersuchung." Außenamtssprecher Abbas Mussawi sagte derartige Zwischenfälle hätten negative Folgen für die Sicherheit des Persischen Golfes. Er warnte aber auch vor Verschwörung und Abenteurertum "ausländischer Elemente," um eine Eskalation der angespannten Lage herbeizuführen. "Die Länder in der Region sollten aufpassen, dass dies nicht passiert," sagte Mussawi. Auch der Parlamentsabgeordnete Heschmatollah Falahatpischeh, Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsausschusses, sagte: "Die Explosionen könnten von Saboteuren aus einem Drittstaat verübt worden sein, die Instabilität in der Region schüren wollen."

Zwei Tage nach dem Zwischenfall meldete Saudi-Arabien einen Drohnenangriff auf seine Ölförderanlagen. Die Verantwortung dafür übernahmen die jemenitischen Huthis. Der saudische Energieminister, Chalid al-Falih, teilte mit, bei dem Angriff habe es einen "Brand" und "leichte Schäden" an einer der beiden Ölpumpstationen gegeben. Die 1.200 Kilometer lange Ölpipeline mit einer Kapazität von fünf Millionen Barrel täglich, die die ölreiche Ostprovinz mit dem Hafen Janbu am Roten Meer verbindet, wurde als Ersatztransportweg gebaut, für den Fall, dass die Straße von Hormus gesperrt wird. Solche "Terror- und Sabotageakte im Golf richten sich nicht nur gegen das Königreich, sondern auch gegen die Sicherheit der Öltransporte für die Welt," sagte al Falih.

Angesichts des Konflikts mit Iran gaben die USA am 15. Mai bekannt, dass sie einen Großteil ihrer Diplomaten aus Irak abgezogen hätten. Es gebe eine "unmittelbare Bedrohung" durch irakische Milizen, die den Anweisungen Irans folgten, hieß es aus dem Außenministerium. Geheimdienste der USA hätten über "glaubwürdige Bedrohungen informiert, die von Kräften ausgingen, welche von Iran unterstützt würden," sagte ein Militärsprecher. Die US-Truppen in Irak wurden in Alarmzustand versetzt. Auch Deutschland und die Niederlande setzten den Einsatz ihrer Soldaten in Irak aus.

Demgegenüber sagte der irakische Ministerpräsident Adel Abdul Mahdi, die Behörden seines Landes hätten keine ungewöhnlichen Vorkommnisse beobachtet, die auf eine Bedrohung deuteten. "Wir haben den Amerikaner gegenüber deutlich gemacht, dass die Regierung ihre Pflicht erfüllt, alle Beteiligten zu schützen."

Irans Außenminister Sarif erklärte zu den Vorfällen während seines Besuchs in Indien am 14. Mai, er habe mit solchen Ereignissen gerechnet. Man brauche kein Hellseher zu sein, jeder, der John Bolton und Konsorten kenne, wisse, dass alles möglich sei.

Am 16. Mai plädierte die englischsprachige "Arab News" für einen "chirurgischen Angriff" auf Iran. Sanktionen allein reichten nicht. Iran sollte "schwer getroffen" werden. Die Zeitung steht der saudischen Königsfamilie nahe und gilt als Sprachrohr der saudischen Führung.

Am 19. Mai forderte Bahrain seine Staatsangehörigen auf, Iran und Irak zu verlassen. Die Maßnahme begründete das Außenministerium mit der bedrohlichen Lage in der Region. Einen Tag zuvor hatte laut einer irakischen Behörde der US-Ölkonzern Exxon Mobil mit dem Abzug seines Personals von einem Ölfeld in der südlichen Provinz Basra begonnen. Betroffen von der Maßnahme seien ausländische Mitarbeiter oder Mitarbeiter mit doppelter Staatsbürgerschaft. Irak kritisierte diese Maßnahme und bezeichnete sie als inakzeptabel. "Der vorübergehende Abzug mehrerer Mitarbeiter - auch wenn es nur eine kleine Anzahl war - hat nichts mit der Sicherheitslage oder einer Bedrohung der Ölfelder im Südirak zu tun, sondern erfolgt aus politischen Gründen," sagte Iraks Ölminister Thamer Ghadhban. Er habe den Konzern aufgefordert, die Mitarbeiter unverzüglich zurückzurufen. Wie bekannt wurde, handelt es sich um sechzig Mitarbeiter.

Am 20. Mai bestätigte die amerikanische Botschaft in Irak den Einschlag einer Rakete in Bagdad. Nach Aussage eines Mitarbeiters des für den Nahen Osten zuständigen US-Regionalkommandos Centcom habe es sich um eine "minderwertige Rakete" gehandelt, die in der Nähe der US-Botschaft niedergegangen sei. Die Botschaft befindet sich in der gesicherten internationalen Grüne Zone. Es habe keine Opfer und nennenswerte Schäden gegeben. Der Fall werde untersucht. Sollten dafür Kräfte verantwortlich sein, die mit Iran in Verbindung stehen, werde man das Land zur Rechenschaft ziehen, sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums. Nach Angaben der irakischen Polizei soll die Rakete aus einem unbewohnten Gebiet in der Nähe von Bagdad abgefeuert worden sein.

Am 21. Mai äußerte US-Außenminister Pompeo abermals die Vermutung, Iran könnte hinter den Sabotageakten stehen. Er sagte nicht, es sei sicher, sondern es sei "gut möglich." "Angesichts all der regionalen Konflikte, die wir im vergangenen Jahrzehnt beobachtet haben, und angesichts der Art von Angriffen scheint es gut möglich zu sein, dass Iran dahintersteckt," sagte der Minister. Doch derzeit ließe sich keine "endgültige Schlussfolgerung" ziehen. Und Verteidigungsminister Patrick Shanahan zeigte sich zufrieden, dass der USA gelungen sei, "die Gefahr von Angriffen" abzuwenden.

In Reaktion auf diese Äußerungen warf Irans Außenminister Sarif den USA vor, ein "sehr, sehr gefährliches Spiel zu spielen." "Es wird sehr schmerzhafte Konsequenzen für alle haben, wenn es eine Eskalation gegen Iran gibt", sagte er dem Sender CNN am 21. Mai. Allein die Massenhafte Anhäufung von Militärgeräten könne Unfälle verursachen, vor allem "wenn es Leute gibt, die an Unfällen interessiert sind."

Saudi-Arabien behauptete, Iran stecke hinter den Anschlägen. Vizeverteidigungsminister Chalid bin Salman twitterte am 16. Mai, der Drohnen-Angriff sei von Teheran angeordnet und von den Huthis ausgeführt worden. Der Angriff beweise, dass die Huthis nichts anderes seien als ein Instrument in der Hand der Islamischen Republik. "Die vom Regime in Teheran angeordneten und von Huthis ausgeführten Terrorakte schließt die Schlinge um die laufenden politischen Bemühungen." Ähnlich äußerte sich auch der Staatsminister für Auswärtiges, Adel al-Dschubair. Die Huthis seien ein Teil der iranischen Revolutionsgarden, deren Befehle sie ausführten. Am 16. Mai bombardierten die von Saudi-Arabien angeführte Militärkoalition Stellungen der Huthis, es gab zahlreiche Tote.

Iran verurteilte den Vergeltungsangriff. Derlei "Verbrechen" müssten von der Weltgemeinschaft verhindert werden, sagte Außenamtssprecher Mussawi. "Länder, die die Aggression im Jemen durch Lieferung von Waffen und Bomben an die Koalition unterstützen, haben eine Mitverantwortung für dieses Verbrechen und müssen zur Rechenschaft gezogen werden," sagte er.

Am 16. Mai gab Katar bekannt, dass das Emirat bemüht sei, zwischen Teheran und Washington zu vermitteln. Außenminister Scheich Mohammed bin Abdolrahman Al Thai sei wenige Tage zuvor in Teheran gewesen. Darüber seien die USA informiert worden, meldete der Sender Al-Dschasira unter Berufung auf eine nicht benannte Quelle. Auch Iraks Ministerpräsident Mahdi gab am 21. Mai bekannt, dass die Regierung Delegationen nach Washington und Teheran schicken wolle, um den Konflikt zwischen den beiden Ländern zu schlichten. Es sei wichtig "niemanden Raum zu geben, die Situation zu befeuern," sagte er vor Journalisten am 21. Mai. Sein Land dürfe "kein Kriegsgebiet und kein Ausgangspunkt für einen Krieg werden." Seine Regierung stehe mit arabischen und europäischen Regierungen in Kontakt, um eine Deeskalation der Lage in der Region herbeizuführen, sagte der Ministerpräsident weiter.

Am 20. Mai warnte der saudische Außenminister Adel al-Dschubair Iran vor Provokationen. "Das Königreich Saudi-Arabien will keinen Krieg in der Region und strebe das nicht an ..., aber zur selben Zeit, wenn die andere Seite den Krieg wählt, wird das Königreich dies mit aller Kraft und Entschlossenheit bekämpfen und es wird sich, seine Bürger und seine Interessen verteidigen, "sagte er und fügte hinzu: "Wir wollen Frieden und Stabilität in der Region, aber wir werden nicht mit gebundenen Händen dastehen, während die Iraner andauernd angreifen. Das muss Iran verstehen."

Am 22. Mai zeigte sich der Außenminister von Oman, Youssef bin Alawi bin, "höchst besorgt" über die Lage in der Region. Auf die Frage der BBC, ob sein Land zwischen den Parteien vermitteln wolle, sagte er "nein, nicht so, wie Sie denken." Weiter sagte er, "die beiden Seiten sollten wissen, dass gegenseitige Schuldzuweisungen äußerst gefährlich sind." "Sollte es zu einem Krieg kommen, gehe es nicht um eine oder zwei Wochen, einen oder zwei Monate, es gehe um sein oder nicht sein." Der derzeitige Konflikt könne einen Flächenbrand auslösen, der sich nicht nur in der Region ausbreiten, sondern die ganze Welt in Mitleidenschaft ziehen würde. Er habe bei seinem Besuch in Teheran festgestellt, dass Iran ohne Grund in diese missliche Lage geraten sei. Aus der Sicht Irans seien die Sanktionen der USA ohne Grund und Logik. "Die Iraner sind zu Verhandlungen über ihre Außenpolitik bereit, aber nicht unter Druck."

Am 26. Mai schlug Irans Außenminister Sarif, nach seinem Treffen mit seinem irakischen Kollegen in Bagdad, abermals einen Nichtangriffspakt mit den Staaten am Persischen Golf vor. Iran wünsche friedliche und freundschaftliche Beziehungen zu allen Nachbarstaaten und sei für jeden Vorschlag, der diesem Wunsch entspreche, offen. Am selben Tag sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats Kejvan Chosrawi: "Ein Land im Süden des Persischen Golfs hat in einem Schreiben an die UN behauptet, dass Iran eine Bedrohung für den internationalen Frieden und die Stabilität des globalen Ölexports sei. Dieses Land soll wissen: Wer Wind sät, wird Sturm ernten."

Bei einem von Saudi-Arabien einberufenen Außenministertreffen der aus 57 Staaten bestehenden Organisation für Islamische Zusammenarbeit am 30. Mai in Dschidda forderte der saudische Außenminister Ibrahim al-Assaf von den Versammelten, mit "allen Mitteln der Kraft und Entschlossenheit" gegen Iran vorzugehen. Die jüngsten Vorfälle verlangten zwangsläufig von der Region, mehr zu unternehmen, "um terroristischen Taten von Extremisten und Terrorgruppen zu entgegnen."


FRANKREICH KÖNNTE GEGEN IRAN SANKTIONEN VERHÄNGEN

Frankreich hat auf die Ankündigung Irans, Teile seiner Verpflichtungen im Atomkonflikt nicht nachzukommen, mit Androhung von Sanktionen reagiert. Frankreichs Verteidigungsministerin Florence Parly antworte auf die Frage, ob die EU auf die Ankündigung Irans mit Sanktionen reagieren werde: "Es ist wahrscheinlich eines der Dinge, die untersucht werden. Seitens Europa gibt es heute keine Sanktionen, weil Iran bisher immer seinen Verpflichtungen zur Kontrolle und Einhaltung von Atomanlagen in Iran nachgekommen ist," sagte die Ministerin dem Sender RMC. "Wenn diese Verpflichtungen also nicht eingehalten würden, würde diese Frage in Europa natürlich gestellt werden." Frankreich wolle weiterhin an dem Abkommen festhalten. Angesichts der "Zurschaustellung der Macht der USA" wäre es fatal, wenn Iran das Abkommen kündigen würde.


GROßBRITANNIEN TEILT DIE SORGEN DER USA

Die britische Verteidigungsministerin Penelope Mary Mordaunt erklärte am 21. Mai auf die Frage eines Parlamentsabgeordneten, im Falle der zunehmenden Krise am Persischen Golf werde Großbritannien auf der Seite seiner Verbündeten, also auch der USA, stehen. London teile die Sorgen der Vereinigten Staaten und deren Verbündeten über die destabilisierenden Aktivitäten Irans in der Region am Persischen Golf. Um die Stabilisierung der Region zu gewährleisten, werde Großbritannien seine enge Zusammenarbeit mit den Verbündeten fortsetzen. Auf die Frage, ob London die USA unterstützen werde, falls Iran einen militärischen Angriff starten würde, sagte die Ministerin, London sei bereit, seine Verbündeten zu unterstützen. "Wir haben besonderen Anteil an der Region und haben dort eine Menge investiert. Wir werden versuchen, gemeinsam mit unseren Verbündeten die Lage zu schlichten und uns über die wahren Tatsachen, die hinter den jüngsten Ereignissen stecken, zu informieren."


RUSSLAND UND CHINA KRITISIEREN DIE USA

China hat den Willen Irans an dem Atomabkommen festzuhalten begrüßt. Nur wenige Stunden nach der Ankündigung Irans, Teile seiner Verpflichtungen im Atomabkommen ruhen zu lassen, begrüßte China den generellen Willen Irans, in dem Vertrag zu bleiben und forderte alle Beteiligten auf, das Abkommen zu unterstützen. Auch Russland erklärte, die von Iran ergriffenen Maßnahmen seien Folge der "unklugen Schritte" der USA.

Irans Außenminister betonte bei seinem Besuch in Moskau, dass die getroffenen Maßnahmen seines Landes nicht die Absicht bedeuteten, aus dem Abkommen auszutreten. China und Russland seien die einzigen Staaten, die Iran in dieser Lage unterstützt hätten. "Wir haben gezeigt, dass wir ein altes Land, ein geduldiges Land sind. Zugleich sind wir bereit, zur Erlangung unserer Rechte Widerstand zu leisten. Nun ist die internationale Gemeinschaft am Zug."

Russlands Präsident Wladimir Putin drückte einen Tag nach seinem Treffen mit US-Außenminister Mike Pompeo in Sotschi sein Bedauern darüber aus, dass das Atomabkommen mit Iran möglicherweise aufgelöst werde. "Aber Russland ist keine Feuerwehr, um alles zu retten," fügte er hinzu. Iran habe seine Verpflichtung voll erfüllt. Das Land stehe mehr als jedes andere unter Kontrolle. Putin riet Iran, weiterhin an dem Abkommen festzuhalten. Sollte Iran seine Verpflichtungen nicht erfüllen, "wird jeder letztendlich Iran für alles verantwortlich machen," sagte er.

Demgegenüber sagte der Sprecher des Kremls, er bedauere die jüngsten Maßnahmen Irans. Russland beobachte die Vorgänge in der Region sehr genau. Leider habe der amerikanische Außenminister bei seinem Besuch in Moskau die Sorgen Russlands nicht ausräumen können. Die gegenwärtige Lage zeige die Tendenz zur weiteren Eskalation. Teheran habe die jüngste Entscheidung nicht freiwillig getroffen, "nicht initiativ, sondern auf Druck geantwortet." Die USA provozierten Iran.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow begrüßte am 27. Mai den Vorschlag Irans, mit den arabischen Staaten am Persischen Golf einen Nichtangriffspakt zu schließen. Das wäre ein erster Schritt zur Entspannung der Lage, sagte er. Zugleich gestand er, dass es unter den arabischen Staaten keine einheitliche Stellungnahme zu diesem Vorschlag gebe. Man könne versuchen, einen Prozess mit kleinen Schritten in Gang zu setzen, zum Beispiel mit mehr Transparenz im militärischen Bereich, mit gemeinsamen Militärmanövern und anderen vertrauensbildenden Maßnahmen durch die Vereinten Nationen und die Europäische Union.

In einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emanuel Macron warnte Putin vor einer Eskalation der Lage am Persischen Golf. Nun käme es auf Europa an, entsprechend auf die Bedenken Irans zu reagieren. Europa könne viele dazu beitragen, die Handelsbeziehungen mit Iran zu forcieren. Den Angaben Berlins zufolge unterstrichen die drei Politiker die Notwendigkeit des Erhalts des Abkommens.

Chinas Außenministerium veröffentlichte am 17. Mai eine Erklärung, in der es hieß, Chinas Außenminister Wang Yi habe bei einem Treffen mit seinem iranischen Kollegen Sarif betont, dass China die einseitigen Sanktionen der USA ablehne. Demnach sagte Wang Yi: "China unterstützt die Rechte Irans und kann die Position der iranischen Regierung nachvollziehen."

Sarif sagte bei seinem Besuch in Peking: "Das Atomabkommen kann nur durch konkrete Schritte erhalten werden und nicht mit Erklärungen. Mit konkreten Schritten meine ich Maßnahmen, die die Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen Irans zu anderen Staaten garantieren."


BUNDESREGIERUNG UM ERHALT DES ATOMABKOMMENS BEMÜHT

Die Bundesregierung hat erklärt, sich intensiv für den Erhalt des Atomabkommens eingesetzt zu haben. Das Auswärtige Amt in Berlin reagierte mit der Erklärung auf eine Anfrage der Linksfraktion, die den Vorwurf enthielt für den Erhalt des Atomabkommens mit Iran, nicht genug getan zu haben. Laut dpa vom 24. Mai hätten Minister und Staatssekretäre innerhalb eines Jahres 13 Gespräche mit Iran geführt, sechs davon führte der amtierende Außenminister seit Mai 2018. Zuletzt habe sich am 24. Mai der politische Direktor im Auswärtigen Amt, Jens Plötner, einer der engsten Berater des Ministers, zu Gespräche nach Teheran begeben. Zudem habe die Bundesregierung seit dem Austritt der USA aus dem Abkommen im Mai vergangenen Jahres versucht, gemeinsam mit anderen Mitgliedern der EU das Abkommen zu retten.

Mit diesen Angaben konnte das Ministerium die Fraktion der Linken offenbar nicht zufrieden stellen. Fraktionsvorsitzender Dietmar Bartsch sagte der dpa: "Die deutsche Diplomatie hat in Sachen Iran ein Jahr lang weitgehend geschlafen. Es hätte umgehend und nicht erst heute eine Krisendiplomatie mit direkten Gesprächen vor Ort und in Berlin einsetzen müssen, um das Abkommen zu retten." Bartsch kritisierte, dass die Bundesregierung während der genannten Zeit mehr Gespräche mit Saudi-Arabien als mit Iran geführt habe, nämlich 16. Das bezeichnete er laut dpa als "Armutszeugnis." "Mehr Gespräche von Briten, Franzosen und Deutschen hätten das Ultimatum Irans vielleicht verhindern und die Folgen der Aufkündigung des Abkommens abmildern können."


ISRAEL WILL EINE NUKLEARE BEWAFFNUNG IRANS VERHINDERN

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu betonte am 8. Mai, bei einer Ansprache zum Soldaten-Gendenktag, sein Land werde Iran niemals erlauben, in den Besitz von Nuklearwaffen zu gelangen. "Ich habe gehört, dass Iran sein Atomprogramm fortsetzen will. Wir werden es Iran nicht gestatten, Atomwaffen zu erlangen."

Israels Energieminister Javel Steinitz sagte laut Reuters vom 12. Mai dem Fernsehsender Ynet: "Wenn es eine Art Feuerbrunst zwischen Iran und den Vereinigten Staaten, zwischen Iran und seinen Nachbarstaaten", gebe, dann sei es möglich, dass Iran gemeinsam mit der Hisbollah und dem Islamischen Dschihad aus Gaza versuchen würden, Israel anzugreifen und Raketen auf Israel abzufeuern.


GROßBRITANNIEN: DOPPELSTAATLER SOLLEN REISE NACH IRAN VERMEIDEN

Großbritannien hat Iranerinnen und Iraner mit britischer Staatsbürgerschaft vor Reisen nach Iran gewarnt. Doppelstaatler riskierten, willkürlich festgenommen und schlecht behandelt zu werden, erklärte das Außenministerium in London. Iranische Sicherheitsorgane hegten gegen jeden Iraner, der im Besitz der britischen Staatsbürgerschaft und bei einer britischen Institution beschäftigt sei, den Verdacht der Spionage. Das gelte auch für jene, die öffentliche Gelder erhielten oder mutmaßliche Verbindung zur britischen Regierung hätten.

"Doppelstaatler sehen sich mit einem nicht tolerierbaren Risiko einer schlechten Behandlung konfrontiert, wenn sie Iran besuchen," warnte Außenminister Jeremy Hunt. "Trotz wiederholter Versuche Großbritanniens zur Klärung dieser Fragen, hat sich das Gebaren Irans verschlimmert." Es gebe keine Handlungsmöglichkeiten mehr. Daher die Warnung, die auch für Iraner und Iranerinnen gelte, die keine britische Staatsbürgerschaft hätten, aber bei britischen Institutionen beschäftigt seien.

Seit 2016 verhandeln die Briten vergeblich mit Iran, um die Freilassung von Nazanin Zaghari-Tarclif, die sich in iranischer Haft befindet. Die iranisch-britische Staatsbürgerin war Mitarbeiterin der Stiftung Thoma Reuters. Ihr wurde Spionage und Versuch zum Sturz des iranischen Regimes vorgeworfen. Sie wurde zu fünf Jahren Haft verurteilt.

Der Iran-Report kann kostenfrei auf der Website der Heinrich Böll Stiftung abonniert werden unter
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Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Florian Kommer
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
18. Jahrgang

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Quelle:
Iran-Report Nr. 6/2019 - Juni 2019 / 18. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juni 2019

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