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GUTE-NACHT/2220: Warum die Fledermaus nur nachts fliegt (SB)


Den heutigen Tag über dachte keines der Kuscheltiere mehr an das Gelächter in der Nacht, das alle so erschreckt hatte. Gegen Abend allerdings, während die Dämmerung hereinbricht, beginnen einige der Kuscheltiere, sich wieder zu ängstigen. Teddy versucht sie zu beruhigen.

"Was soll uns schon passieren", findet Teddy, "wir sind so viele gegen einen." Ob das aber zutraf, ob das gestrige Gelächter wirklich nur von einem Wesen stammte, das weiß auch Teddy nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Deshalb sucht Teddy nach einem besseren Versteck für sich und die anderen Kuscheltiere. Hoch oben auf den Schrank zu gelangen, ist sowieso für einige Kuscheltiere nur mit äußerster Anstrengung oder einer Aufstiegshilfe zu bewerkstelligen. War es da nicht das beste vom Dach des Schrankes in das Innere umzuziehen? Vor allem weil die grüne Schlange genau unter dem Schrank ihr Quartier aufgeschlagen hat und so den Eingang gut bewachen kann. Teddy ist sicher, das ist genau der richtige Platz für alle. Da können selbst auch die Pferde und der Maulwurf mit einziehen.

Im Innern des Schrankes ist es wirklich sehr gemütlich. Da vergessen die Tiere schnell ihre Sorgen und Ängste. Besonders weil Teddy auch heute wieder eine Geschichte zu erzählen hat.


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Warum die Fledermaus nur nachts fliegt

Als die Fledermaus noch am Tage ihre Runden flog, klagte sie einmal im Herbst, daß ihr kalt sei. Das hörte der Adler, der König der Vögel. Er fragte: "Warum beklagst du dich?" Die Fledermaus antwortete: "Mir ist kalt, ich friere!" Der Adler wunderte sich: "Warum klagst nur du? Ich höre keinen anderen Vogel außer dir sich beklagen." Die Fledermaus wußte woran es lag: "Alle anderen haben Federn, die sie wärmen, nur ich habe keine." Da überlegte der Adler wie er der Fledermaus helfen könne und hatte auch eine Lösung. Er befahl allen Vögeln je eine ihrer Federn der Fledermaus zu überlassen. Die Fledermaus legte sogleich alle Federn an und siehe da, ihr war nicht mehr kalt, und überdies war ihr neues Federkleid auch wunderschön, das schönste unter der Sonne. Die Fledermaus zeigte nun stolz jedem ihr buntes Kleid. Und weil sie sich so schön fand, sprach sie bald mit keinem der anderen Vögel mehr ein Wort.

Da beschwerten sich die Vögel über die Fledermaus bei ihrem König. Der Adler schickte nach der Fledermaus und stellte sie zur Rede: "Alle Vögel beschweren sich über dich. Angeblich brüstest du dich mit ihren Federn und sprichst mit ihnen kein Wort mehr! Ist das wahr?" Die Fledermaus entgegnete: "Das ist doch nur der pure Neid. Keiner mag mich, denn ich bin die Schönste unter ihnen." Mit diesen Worten breitete die Fledermaus ihre Flügel aus und versuchte auch den Adler von ihrer Schönheit zu überzeugen.

"Du hast recht!" sprach da der König, "doch da dem so ist, mag sich jeder Vogel seine Feder wieder zurückholen, die er dir geschenkt hat. Denn wenn du wirklich so schön bist, brauchst du dich ja auch nicht mit fremden Federn zu schmücken." Schnell holten sich alle Vögel ihre eigene Feder wieder zurück und flogen fort. Die Fledermaus aber blieb genauso nackt wie zuvor zurück. Sie erkannte, was sie getan hatte und schämte sich so sehr, daß sie von dieser Zeit an, nur noch in der Nacht fliegt. Sie mag von keinem anderen Lebewesen mehr erblickt werden.


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Als Teddy die Geschichte beendet hat, fallen ihm die beiden Mäuse wieder ein, die er vor Tagen hier auf dem Dachboden zu Gesicht bekommen hat. Wo sie nur geblieben sind? Ob Teddy mal besser nachsehen gehen sollte? Doch auf dem Dachboden ist es heute ganz besonders dunkel. Da kuschelt sich auch Teddy lieber in eine Ecke des Schrankes und verschiebt das Nachsehen auf morgen.


Gute Nacht