Schattenblick →INFOPOOL →KINDERBLICK → GESCHICHTEN

GUTE-NACHT/2525: Der Kreis schließt sich (SB)


Mutter Maus im Sandmannhaus

Es war ein trauriger Tag. Großmutter paßte stumm auf die kleineren Geschwister von Willi und Mausalinde auf, während Mutter Maus auf der Suche nach den beiden war. Jede Ecke des Dachbodenzimmers und auch den Erker der Eule suchte sie ab. Doch sie konnte ihre beiden Großen nicht finden, nicht einmal ein weiteres Lebenszeichen wie das kleine Stoffstück in der Nacht. Die Eule hatte die beiden wohl mit Haut und Haaren aufgefressen. Es konnte nicht anders sein. Was sollte Mutter Maus den kleinen Geschwistern sagen? "Hier, nehmt euch ein abschreckendes Beispiel an euren älteren Geschwistern, die von der Eule aufgefressen wurden?"

Nein, das konnte Mutter Maus schlecht sagen. Trotzdem hatte sie die schwere Aufgabe, den Kleinen mitzuteilen, daß sie Willi und Mausalinde niemals wiedersehen würden. Aber damit wollte Mutter Maus noch bis zum Abend warten. Sie wollte sich selbst erst einmal darüber klar werden, was falsch gelaufen war. Was hatte sie versäumt, ihren Kindern beizubringen. Waren sie sich hier auf dem Dachboden so sicher vorgekommen? Vor Kater Mombart hatten sie immer Respekt gehabt und waren nie unvorsichtig geworden. Es mußte an Mutter Maus selber liegen, sie hatte ihre Kinder einfach nicht genug vor der Eule gewarnt. Hatte sie die Kinder überhaupt vor der Eule gewarnt?

Mit diesen Gedanken plagte sich Mutter Maus den ganzen Tag und noch am Abend ging es ihr nicht aus dem Kopf. Endlich war sie vor lauter Plage auf dem Bett eingeschlafen, während die Kleinen noch länger aufbleiben durften. Sie waren mitten im Spiel, da setzte sich Großmutter Maus zu Mutter Maus ans Bett und stützte den Kopf auf ihre Pfoten. Beinahe wäre auch sie eingeschlafen. Von weit her klangen die Stimmen der Kinder an ihr Ohr. Es klang so freudig. Bald würde sich das aber ändern, wenn Mutter Maus ihnen erzählte, was sie zu sagen hatte.

Plötzlich erwachte Mutter Maus von dem Stimmengewirr. Zuerst meinte sie alle Kinderstimmen zu hören, vom größten bis zum kleinsten Mäuschen. Doch das konnte nicht sein. Der Tod der beiden älteren Kinder drängte sich Mutter Maus wieder in den Sinn. Jetzt mußte sie endlich auch den Kleinsten sagen, was geschehen war. Großmutter saß neben ihr und Mutter Maus erkannte, daß auch ihr Herz gebrochen war. Beide standen auf und gingen hinüber zu den spielenden Mäusekindern.

Plötzlich, was sahen sie da? Phantasierten sie bereits? Gaukelten ihnen ihre Augen etwas vor, das gar nicht da war? Standen da wirklich mitten zwischen den Kleinen Willi und Mausalinde und erzählten Geschichten? Mutter Maus schrie auf und brach fast zusammen. Schnell eilten Willi und Mausalinde zu ihr. "Ich denke, ihr seid tot!" stieß sie hervor. Willi und Mausalinde wunderten sich. Doch als Mutter Maus erzählte, was inzwischen alles geschehen war, wurde den beiden erst klar, was sie getan hatten. Sie waren fortgegangen, Abenteuer zu bestehen, ohne jemand darüber in Kenntnis zu setzen. Die beiden schämten sich, ihrer Mutter und der Großmutter solchen Kummer bereitet zu haben. Doch diese beiden nahmen die Kinder nur in die Arme und waren froh, die beiden wieder zu haben.

An diesem Abend wurde das Fest der Wiederkehr gefeiert. Und es dauerte wahrlich lange, bis mitten in die Nacht. Danach kuschelten sich alle zusammen und Willi und Mausalinde berichteten noch einmal, was sie erlebt hatten. Sie waren wirklich durch das Loch, das zur Eule führte, gekrochen. Als sie die Eule aber entdeckten, kehrten sie gleich wieder um und beschlossen, lieber in der Nähe von Kater Mombart, Abenteuer zu suchen. Denn seine Tricks kannten sie schon in- und auswendig. Bei ihrer Reise nahmen sie auch den Gang an der Zimmerdecke, der bis über den Tisch des Sandmannes führte. Der Sandmann saß da und schrieb. Die beiden Mäuschen blickten ihm von der Decke aus über die Schulter und lasen mit. Die Geschichte war so spannend, daß sie die Zeit vergaßen und erst als die Geschichte fertig war, wieder zur Besinnung kamen. Da liefen sie schnell zurück in die Dachkammer.

"Was hat der Sandmann denn geschrieben, das euch so fesselte?" fragte Mutter Maus. Willi antwortete: "Nun, es ging um eine Geschichte von einer Mäusemutter, die im Haus eines Sandmannes wohnt und ihm immer in sein Traumbuch guckt, um ihren Kindern die schönsten Gute-Nacht-Geschichten zu erzählen."

11. Januar 2008

Gute Nacht