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GUTE-NACHT/2628: Ein Pfennig auf Reisen - Vorerst bleiben (SB)


Ein Pfennig auf Reisen

Am nächsten Tag bleibt das Münzalbum zugeklappt. Nur wenig Licht dringt an der Seite in das Buch. Aber das spärliche Licht reicht aus, daß der kleine Pfennig erkennen kann, mit welchen Nachbarn er es jetzt zu tun hat. Dicht an dicht und dicht auf dicht liegen die Münzen in ihren durchsichtigen Fächern.

Direkt über dem Pfennig wohnt in einer quadratischen Plastiktasche mit einer Lasche ein Markstück. Das will mit dem kleinen Pfennig nicht ins Gespräch kommen. Es ist viel zu vornehm, als daß es mit dem Fußvolk, wie es die Pfennige nennt, auch nur ein Wort wechseln würde. Unter dem Pfennig lebt ein anderer Pfennig. Der verhält sich genau wie das Markstück. Er bildete sich etwas darauf ein, daß er vergoldet ist. Einst hatte er bei der Werbung eines Schmuckladens geholfen und war dort in einen Vergoldungstopf gefallen.

Zum Glück gibt es auch noch andere Münzen. Rechts neben dem kleinen Pfennig lebt ein Groschen und links ein Fünfer. Der Groschen ist schon lange hier und kennt sich aus. Er erzählt dem kleinen Pfennig, daß fast Abend für Abend das Münzalbum geöffnet wird. Dann schaut sich der Besitzer des Albums all seine Münzen an, putzt sie und blättert in seinen Katalogen, ob denn seine Untermieter auch registriert sind und ob sie nach der Katalogliste etwas wert sind.

Wer auf der Liste des Katalogs steht und als wertvoll befunden wurde, der wird besonders gut behandelt. "Vorerst kann ich hier bleiben", sagt sich der kleine Pfennig, "doch ewig will ich hier nicht verweilen. Ich bin schließlich ein Glückspfennig und möchte endlich in Hände fallen, denen ich wirklich Glück bringen kann." Damit schließt der Pfennig für heute den Tag ab und überläßt sich seinen Träumen.


Erstveröffentlichung am 1. September 2003

15. Mai 2008

Gute Nacht