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GUTE-NACHT/2910: Nester im Garten (SB)


Gute Nacht Geschichten


Der Becher Kakao ist längst abgekühlt, doch immer noch nicht hat der Schriftsteller Egon einen Schluck getrunken. Viel zu beschäftigt ist er und in sein Schreiben vertieft. Gestern hatte er Oma Gerda im Altersheim besucht. Sie hat ihm viel erzählt und ihm erlaubt, ihre Geschichten aufzuschreiben. Deshalb ist er jetzt fleißig dabei.


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Ich sehe die Osterglocken hier im Park. Aber selbst wenn sie schon wieder am Verblühen sind und Ostern auch gerade vorbei ist, muß ich doch an die Ostertage in meiner Kindheit denken.

Tage vor dem Fest baute sich jedes Mädchen ein Osternest aus Moos und Gras und schmückte es mit Blumen. Aus kleinen Zweigen stellten wir einen Zaun außen herum. So entstand ein Ostergärtchen. Manchmal hatte es ein richtig gebogenes Tor aus einem langen Weidenzweig, denn diese lassen sich besonders gut biegen. In das Nest legten wir eine Möhre und auch auf dem Weg zum Nest plazierten wir einige. Der Osterhase sollte schließlich nicht am Nest vorbei hoppeln.

Endlich kam der Ostermorgen. Ganz früh schauten wir schon aus den Fenstern, um zu sehen, ob der Osterhase da draußen im Garten war. Gleich hinaus zu laufen, wollten wir nicht. Schließlich könnte es ja sein, daß durch diese Störung, der Hase auf und davon lief und nicht mehr wiederkam, ohne Eier in das Gärtchen gelegt zu haben.

Ostern war der Tag im Jahr, an dem wir zum ersten Mal Kniestrümpfe anziehen durften, selbst wenn es noch recht frisch da draußen war.

Endlich durfte gesucht werden. Selbstverständlich liefen wir zuerst zu unseren selbstgebauten Nestern hin. Anschließend suchten wir noch den ganzen Garten ab, ob der Osterhase nicht irgendwelche Eier aus seinem Korb verloren hatte. Meist fanden wir noch das eine oder andere buntgefärbte Hühnerei zwischen dem Buchsbaum, der die Ränder des Grabegartens säumte.

Die ersten Eier wanderten noch im Garten in unsere Münder. Doch einige wurden extra aufgehoben, um sie zu schälen, in der Mitte durchzuteilen, das Gelbe herauszunehmen und mit einer von unserem Vater angemischten Soße aus Essig und Öl, Salz und Pfeffer und etwas Senf zu mischen und uns dann mit dem Eiweiß wieder in den Mund zu stopfen. Das war lecker und das gab es nur zu Ostern.

Am Nachmittag folgten dann jede Menge Spiele, bei denen es immer um bunte Ostereier ging. So viele Eier wie an Ostern, aßen wir das ganze Jahr nicht mehr an einem Tag.


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Von den Osterspielen hatte Oma Gerda Egon auch berichtet. Diese hielt er gesondert in seinem SPIELE-Buch fest, unter der Rubrik FESTE.

17. April 2009

Gute Nacht