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GUTE-NACHT/2957: Der Dosensammler - Pelegrino (SB)


Gute Nacht Geschichten


"Na, was hast du heute wieder Gutes dabei?", fragt Onkel Josef, als Pele ihm eine flache Schachtel auf den Tisch stellt. Pele hebt den Deckel hoch und entblöst eine Pizza, belegt mit Salami, Zwiebeln, Oliven, Pilzen und Käse. Onkel Josef holt zwei Teller aus dem Regal, packt auf jeden ein Stück der bereits zurechtgeschnittenen Pizza und beißt in sein Stück hinein. "Eigentlich mache ich mir nichts aus italienischen Speisen", sagt er, "aber der Hunger treibt es hinein. Nimm dir noch ein Stück!" Pele greift zu.

Mit vollem Mund sagt er: "Mama liebt italienisches Essen." Onkel Josef lacht: "Das ist auch kein Wunder, hat sie dich doch aus Italien mitgebracht!" Pele macht große Augen. Was soll er mit diesem Satz anfangen? Er protestiert: "Ich bin kein Italiener. Meine Mama ist meine Mama." Schon will Pele aufspringen und fortlaufen. Doch Onkel Josef faßt ihn am Arm. "Beruhige dich. Hast du dich nie gefragt, woher du deinen Namen 'Pelegrino' hast?" - "Alle rufen mich nur Pele", entgegnet Pele trotzig. "Ja, aber dennoch heißt du Pelegrino. Das ist italienisch. Weißt du nicht, deine Mama und dein Papa waren zusammen in Italien. Dort bist du entstanden. Und weil die beiden dort so glücklich waren, haben sie dich nach den kleinen italienischen Wasserflaschen genannt, die sie jeden Tag getrunken haben und auf denen Pelegrino stand." - "Woher weißt du das?", fragt Pele seinen Onkel schnippisch. "Nun, meine Schwester hat es mir erzählt. Sie war sehr glücklich mit deinem Vater, damals."

Davon hat Peles Mutter noch nie gesprochen. Sie erzählt sowieso seit sein Vater nicht mehr da ist kaum etwas von früher. Pele überlegt und fragt dann: "Hälst du die Geschichte von meinem Namen etwa auch in einer der Dosen versteckt?" Onkel Josef lächelt: "Nein, nicht direkt. Ich habe nur eine Karte von damals eingemacht. Deine Mutter schickte sie mir, weil sie überglücklich war und dies jemandem mitteilen wollte." Pele gefällt das nicht, eine Karte seiner Mutter eingemacht in einer Blechdose zu wissen. "Warum versteckst du überhaupt all diese Nachrichten in Dosen?", fragt Pele jetzt mutig. "Um sie der Nachwelt zu erhalten", beantwortet Onkel Josef die Frage.

Pele weiß nicht, ob er es gut findet, die Karte seiner Mutter in einer Dose für die Nachwelt zu wissen oder ob er sie nicht lieber bei sich über dem Bett an der Wand hängen hätte, selbst wenn sie nicht an ihn adressiert ist.

13. Juni 2009

Gute Nacht