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GUTE-NACHT/3025: Fliegenkongreß - dritter Tag (SB)


Gute Nacht Geschichten


Nach der Sarcophaga carnaria, der Grauen Fleischfliege, die ihre Kinder lebend gebiert und der Hippobosca equina, der Pferdelausfliege, die sich als Vampir unter den Fliegen sieht, weil sie das Blut von Rindern trinkt, spricht heute am dritten Tag auf dem Kongreß der Fliegen die Schafbremse.

"Nur zu!", denkt die Stubenfliege, die ihren Auftritt immer weiter heranrücken sieht. Allerdings hat sie sich noch zu überlegen, wie sie es schaffen kann, den letzten Vortragenden, die Schmeißfliege, die morgen den krönenden Abschlußbericht liefern will, von ihrem Vorhaben abzubringen. Denn anstelle der Schmeißfliege will die Stubenfliege selbst deren Platz einnehmen und über ihre eigene Art berichten. Aber wie kann sie bloß die Schmeißfliege daran hindern, zu Wort zu kommen? Vielleicht hilft ihr dabei ihr heutiger Job. An diesem Tag ist die Stubenfliege als Überbringer gekühlter Getränke eingeteilt.

Nun aber zurück zu dem heutigen Vortragenden, der Schafbremse. Sie berichtet folgendes. "Viele unserer Art sehen in unserem Namen, den ich jetzt nicht noch einmal wiederholen möchte, eine doppelte Beleidigung. Deshalb ziehen wir den lateinischen Namen Oestrus ovis vor. Wir sind Kosmopoliten, was besagt, daß wir auf der ganzen Welt vertreten sind. Unsereiner setzt sich nicht auf den Rücken von Tieren nieder, nein wir bevorzugen es als geschlüpfte Larven von unseren Müttern in die Nüstern von Schafen abgesetzt zu werden. Was genau danach geschieht, ist nicht gerade eine feine Sache und bleibt unser Geheimnis. Aber ich kann soviel dazu sagen: sobald wir ausgewachsen sind, lassen wir uns von den Schafen wieder herausniesen. Das ist ein Spaß, in hohem Bogen durch die Luft zu segeln. Auf dem Boden angekommen, kriechen wir hinein und verpuppen uns."

Da die Schafbremse nichts Genaues über ihre Nahrung berichtet hat, munkeln die anderen Fliegen und stellen Fragen darüber, wovon sich die Schafbremse denn ernähre. Die Stubenfliege sieht hier ihre Chance, den Unmut und die Neugier der anderen Fliegen noch zu schüren. Jeder der Fliegen setzt sie eine Laus ins Ohr, bis diese nicht mehr flüstern, sondern laut Zwischenfragen stellen. Schließlich rückt die Schafsbremse doch mit ihrem Geheimnis heraus.

"Nun, unsereiner mag gern Schleimiges! Schleimiges aus den Schleimhäuten der Nasenhöhlen und der Stirnhöhlen von Schafen."

Die Fliegen stellen sich das bildlich vor. "Widerlich", sagen die einen. "Abscheulich", die anderen. "Könnten wir vielleicht auch mal kosten", wagt keine zu fragen. Die Stubenfliege aber reibt sich ihre Vorderbeine.

Um dem Ekel, der über alle gekommen ist, nicht noch weiter Nahrung zu geben, unterbricht der Sprecher und beendet den Kongreß für heute mit den Worten: "Bis morgen!" Sogleich fühlt sich die Fliege der Biss-Familie angesprochen und sieht sich bereits im Besitz des Preises für die interessanteste Fliegenart.

9. September 2009

Gute Nacht