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GUTE-NACHT/3246: Der kleine Nachtwächter entdeckt den Himmelswal (SB)


Gute Nacht Geschichten

In manchen Nächten ist es draußen so dunkel, daß der kleine Nachtwächter nicht sehen kann, wohin er seine Füße setzt. Das bereitet ihm allerdings kein Unbehagen. Denn wenn es stockfinster ist, hat das Sternenlicht, das aus den Tiefen des Weltalls kommt, endlich einmal die Möglichkeit von uns auf der Erde entdeckt zu werden. In solchen Nächten darf keine Wolke den Himmel verdecken. Dann wird dem kleinen Nachtwächter ganz warm ums Herz. "So viele Sterne leuchten dort oben", freut er sich und stellt immer wieder aufs neue fest, daß es unmöglich ist, all die Sterne zu zählen. Leise summt der kleine Nachtwächter dann das Lied von den Sternen vor sich hin: "Weißt du wieviel Sternlein stehen, an dem großen Himmelszelt ..."

In anderen Nächten, wenn der Mond scheint, sind die Sterne fast völlig verschwunden. Nur hier und da blinkt ein kleiner Stern. Wenn der Mond gar voll am Himmel steht, erhellt sein Licht die Nacht als ob es Tag wäre, nur ein bißchen dunkler. Das Mondlicht wirft dann sogar Schatten. In diesen Nächten treiben Wolken oft ihr Spiel mit dem Mond. Der Wind treibt sie vor die goldene Scheibe, sodaß das Mondgesicht nicht mehr zu sehen ist.

"Guten Abend!", sagt eine freundliche Stimme. "Guten Abend", gibt der kleine Nachtwächter zurück, "wer spricht da bitte mit mir?" - "Aber, aber, kannst du mich denn nicht sehen? Schau doch einmal genau hin. Ich schwimme nämlich gerade über dir durch die Luft und bin nicht zu übersehen." Der kleine Nachtwächter starrt hinauf: "Im Himmel schwimmen? Was soll denn das?" Aber da sieht er auch bereits den riesigen großen Wal am Himmel direkt vor dem Mond vorbeischwimmen.

"Wo geht die Reise hin?", fragt der kleine Nachtwächter ganz unvermittelt. Doch der Riese am Himmel antwortet nicht. Gemächlich zieht er an dem Mond vorbei und gibt ihn lange Zeit nicht frei. "Jetzt dort oben mit dem Wolkenfisch zu ziehen und auf die Erde herab zu blicken, wäre schön." Aber dazu hat der kleine Nachtwächter keine Zeit. Er gibt sich einen Ruck, ruft noch eine "Gute Reise!" hinauf ans Firmament und zieht dann durch seine Stadt und umrundet die Stadtmauer wie er es jeden Abend unternimmt.


22. August 2010

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