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GUTE-NACHT/3581: Der kleine Nachtwächter wird gar nicht gefragt (SB)

Der kleine Nachtwächter wird gar nicht gefragt

Gute Nacht - Geschichten vom kleinen Nachtwächter

Der kleine Nachtwächter und sein Hund Rebell sind mit ihren Utensilien für die Nacht, der Laterne und der Taschenlampe, unterwegs in den Ort. Sie wollen zum Amt des Bürgermeisters. Denn hier will der kleine Nachtwächter seinen Urlaub einreichen. "Keine Bange, Rebell! Wir werden schon frei bekommen. Es wird der alten Burg nichts ausmachen, wenn sie einige Tage und Nächte unbewacht bleibt."

Doch da hat sich der kleine Nachtwächter sehr getäuscht. Als er an die Tür des Bürgermeisters klopft und dieser "Hereinspaziert!" ruft, spurtet direkt vor seiner Nase eine der Vorzimmerdamen an ihm vorbei und in das Büro hinein. Rebell hätte diese Dame sehr erschreckt und er hätte sie sicher ausgebellt. Doch zum Glück liegt er draußen vor der Eingangstür und wartet geduldig auf sein Herrchen. Es bleibt ihm auch nichts anderes übrig. Schließlich hat der kleine Nachtwächter den Hund vorsichtshalber vor dem Bürgermeisteramt angebunden, direkt unter dem Schild: "FüR HUNDE BETRETEN VERBOTEN!"

"Herr Bürgermeister, Herr Bürgermeister, sie haben zugesagt!", plappert die Sekretärin los. Der Bürgermeister zeigt ein verdutztes Gesicht, das der Sekretärin verrät, ihr Chef hat keine Ahnung, wovon sie gerade spricht. "Ich meine die Leute vom Mittelaltermarkt. Sie wollen kommen." Bei diesen Worten wedelt sie mit einem Brief vor der Nase des Bürgermeisters herum. Der greift danach und nimmt es der Sekretärin aus der Hand. Schnell überfliegt er die Zeilen. Dann blickt er auf und entdeckt den kleinen Nachtwächter, der noch immer in der offenen Tür steht.

"Ah, das trifft sich aber gut, daß wir uns jetzt sehen. Da brauche ich gar nicht nach euch zu schicken", beginnt der Bürgermeister die Unterhaltung. Er fragt gar nicht nach, warum der kleine Nachtwächter eigentlich gekommen ist, sondert legt einfach los: "Damit unser Ort ein bißchen bekannter wird und wir zahlende Gäste anlocken, hat sich der Gemeinderat - und natürlich auch ich - etwas einfallen lassen. Das gefällt sicher auch unseren ansässigen Bewohnern. Also, wir wollen einen mittelalterlichen Markt ins Leben rufen. Die Händler und Akteure haben jetzt bereits zugesagt." Diesmal ist es der Bürgermeister, der mit dem Schriftstück herum wedelt.

Der kleine Nachtwächter fragt sich, was das alles mit ihm zu tun haben soll, und will bereits ansetzen, um nach Urlaub zu fragen. Plötzlich dämmert es ihm. Ein mittelalterlicher Markt spielt am besten in alten Gemäuern, und die hat die Gemeinde ja in Form der Burg, seiner Burg. Der Platz wo er Nacht für Nacht Wache hält soll zum Schauplatz für dieses Spektakel werden. "Großartig", denkt der kleine Nachtwächter, "dann ist endlich einmal in der Burg etwas los. Zuerst reisen Rebell und ich ans Meer, und dann unternehmen wir eine Zeitreise in die Vergangenheit." Ein Strahlen huscht über sein Gesicht.

Das ist dem Bürgermeister nicht entgangen und er bewertet es als Zustimmung. "Also freuen wir uns auf einen mittelalterlichen Markt in unserer Burg. Abgemacht?", fragt der Bürgermeister. "Ja", antwortet der kleine Nachtwächter und setzt nach, "da ist nur noch eine Kleinigkeit." - "So?", der Bürgermeister hebt fragend den Kopf. "Nun, ich wollte ein paar Tage Ferien einreichen. Das ist doch wohl kein Problem?" - "Kein Problem!", erstaunt und entrüstet zugleich steht der Bürgermeister vom Stuhl auf, "Mann, gerade jetzt brauchen wir einen Nachtwächter. Denn schon in diesen Tagen rücken die Händler, Handwerker und Gaukler an. An Urlaub ist da nicht zu denken."

Die Züge des kleinen Nachtwächters verfinstern sich. So schön hatte er sich alles ausgedacht. Doch jetzt wird er erst einmal umdenken müssen. "Ob das Rebell wohl gefällt?"

Gute Nacht



zum 8. Juli 2012