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GUTE-NACHT/3604: Aktion im Badezimmer (SB)


Gute-Nacht-Geschichten

Aktion im Badezimmer

"Enna, kommst du Kind", ruft Oma Lucie in Richtung Badezimmer vom Wohnzimmer aus. "Zähneputzen kann doch nicht so lange dauern", meint sie noch zu sich selbst. Aber da ihre Serie im Fernsehen gerade so spannend ist, bleibt sie auf dem Sofa sitzen.

Indess im Badezimmer: Enna hat längst die Zähne geputzt und auch Mausohr, ihre riesige Stoffmaus, hat ein bißchen Zahnpasta abbekommen. Doch Enna hat nicht nur Zähneputzen im Sinn. Sie zieht eine Figur aus Stoff mit baumelnden Beinchen aus der Hosentasche und hält sie Mausohr hin.

"Schau mal, wie schmutzig das Püppchen ist. Das habe ich heute in der Stadt gefunden, als ich mit Oma Lucie bei der Bank war. Ja ich weiß, ich habe dich nicht mitgenommen. Ich konnte dich ja gar nicht mehr tragen. In meinen Hände hielt ich alle meine Spardosen. Es ist doch Sparwoche."

Für Mausohr ist das keine Entschuldigung. Das sieht Enna ein und sie sagt: "Es war wirklich gut, daß du nicht dabei warst, denn sonst hätte ich nur dich angeschaut und nicht gesehen, wie Oma Lucie den kleinen Engel erst hochgehoben und dann wieder fallen gelassen hat. Er war ihr wohl zu schmutzig. Da habe ich ihn heimlich aufgenommen und in meiner Tasche verschwinden lassen. Dort wollte der Engel aber nicht bleiben. Er meinte, wenn er nichts sehen kann, könnte er uns auch nicht beschützen. So habe ich ihn im Auto auf die Ablage gesetzt, und das war gut so. Denn beinahe hätte Oma zwei Fußgänger rückwärts angefahren. Aber es ist nichts passiert."

"Dummes Zeug", sagt Mausohr, "dieses kleine Ding da kann doch niemanden beschützen, pah." Der Engel entgegnet nichts. Er liegt einfach so da.

Enna nimmt den Stopfen vom Waschbeckenrand und verschließt damit den Abfluß. Dann läßt sie Wasser ein, um den Engel zu waschen. "So schmutzig wie der ist, kommt er nicht mit in unser Bett. Auch nicht aus Mitleid oder weil er ein Schutzengel ist."

"Engel haben doch Flügel", wundert sich Mausohr, denn die scheint das schmutzige Kerlchen nicht zu besitzen. Aber da entdeckt Mausohr die kleinen verknautschten Flügel auf dem Rücken der Puppe.

Das Wasser ist jetzt eingelaufen. Enna dreht den Wasserhahn wieder zu und sucht nach etwas Seifigem. Auf dem Waschbeckenrand liegt nur die olle weiße Seife, die nicht gut riecht. Enna rümpft die Nase. Sie steigt von ihrem Tritt herunter und geht zur Badewanne.

"Siehst du, Mausohr, Schaumbad ist bestimmt gut." Schon hat sie die Flasche in der Hand und schraubt sie auf. Dann schüttet sie einen Schwapp davon in das Waschbecken. "So ist es gut", erklärt sie. Doch Mausohr scheint anderer Meinung zu sein. "Du meinst, der kleine Engel ist so schmutzig, daß ich viel mehr hineingießen muß?", fragt Enna. Mausohr scheint ihr bejahend zuzuzwinkern. "Also gut, wir wollen ja einen strahlenden Engel aus ihm machen." Schon gießt Enna einen weiteren Schwapp hinterher.

Dann nimmt sie den schmutzigen Engel und taucht ihn bis zur Nasenspitze ins Seifenwasser ein. Auf der Ablage aus Glas liegt ein Schwamm. Den ergreift sie und schrubbt den Engel ab. Der Badeschaum riecht gut und schäumt hervorragend auf, besonders weil Enna den Schwamm benutzt. Der Schaum erfreut Enna, und sie stubst davon auch ein bißchen auf Mausohrs Fell.

Immer mehr und immer höher wächst der Schaum im Waschbecken, auch suchen sich bereits einige Schaumflocken einen Platz auf dem Badezimmerfußboden. Enna findet das Schäumen nun gar nicht mehr gut. Sie tastet im Becken nach dem ihr aus der Hand geglittenen Schutzengel. "Auh weiha, wohin mit dem vielen Schaum? Wenn jetzt Oma Lucie kommt, dann gibt es bloß Ärger", weiß Enna und blickt umher.

"Ah, am besten ab damit in die Toilette", kommt ihr die Idee. Sie nimmt ihren Zahnputzbecher, um den Schaum zu transportieren. Flink läuft sie hin und her, aber der Schaum will nicht weniger werden. Schon wieder ruft Oma Lucie aus dem Wohnzimmer nach ihr. Es wird höchste Zeit, daß der Schaum im Klo verschwindet. Mit dem Handtuch vom Haken wischt Enna schnell den Schaum vom Fußboden auf. Dreckspuren bleiben am Handtuch zurück.

Da geht die Badezimmertür auf und Oma Lucie tritt ein. "Kind, was machst du mit dem Handtuch auf dem Fußboden? Und wo kommt der ganze Schaum her?", entfährt es ihr. Noch ehe Enna irgendetwas erklären kann, ist Oma Lucie schon am Waschbecken und läßt Wasser über den Schaum fließen. Dabei findet sie auch den kleinen Schutzengel wieder.

"Was ist denn das für einer?", fragt sie erstaunt, "den kenne ich ja noch gar nicht." Enna antwortet spontan: "Das ist Schmutzfink!"

"Nun ein Fink ist der kleine Kerl wohl nicht, auch wenn er Flügel besitzt. Er sieht eher aus wie ein Bärchen, ein Engelbärchen. Aber er ist sehr, sehr schmutzig und verklebt. Meinst du wirklich, daß du ihn so wieder sauber bekommst? Wollen wir ihn nicht lieber in die Waschmaschine stecken?"

"Nein, nein!", protestiert Enna, "du würdest mich doch auch nicht in die Waschmaschine stecken, wenn ich dreckig bin."

"Um Gottes Willen", entgegnet Oma Lucie entsetzt. "Siehst du", meint Enna, "schließlich ist das Bärchen unser Schutzengel ..." Gerade will sie die ganze Geschichte vom Morgen in der Stadt und dem verhinderten Unfall berichten. Doch Oma Lucie unterbricht Enna und meint: "Dein Schutzengel ist ja wohl ein ganzer Schmutzengel!"

Gute Nacht

Schutzengelbärchen auf dem Waschbecken - Foto: © 2012 by Schattenblick

Foto: © 2012 by Schattenblick

1. November 2012