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GUTE-NACHT/3643: Im Gewächshaus - Nicht gewollt (SB)

Gute-Nacht-Geschichten

Im Gewächshaus - Nicht gewollt

Als Enna erwacht, fühlt sie sich merkwürdig. Das Gewächshaus um sie her erscheint ihr in seltsames Licht getaucht. Enna reibt sich die Augen. "Gewächshaus?", geht es ihr durch den Kopf, "wieso wache ich in Mamas Gewächshaus auf? Hier habe ich doch noch nie übernachtet."

Jetzt bemerkt Enna, daß sie etwas mit ihrer Hand festhält, ein Stück Holz, so lang wie ihr Unterarm. Bei genauer Betrachtung entpuppt sich das Holz als ein geschnitztes Rentier. Enna staunt und erinnert sich. Wieso ist das Rentier plötzlich so groß? Es sieht genauso aus wie die Rentiere, die Enna gestern vom Tisch genommen und in einen Karton geworfen hat, aber die waren viel, viel kleiner.

Enna blickt sich um und erkennt, daß alles um sie her viel größer ausschaut als noch gestern. Wie kann das sein? Sie blickt hinauf zur Glaskuppel. Das Dach des Gewächshauses ist jetzt doppelt so hoch oder mehr. "Irgendetwas stimmt hier nicht", geht es Enna durch den Kopf. Nun erkennt sie auch, daß der Tisch und der Stuhl, an dem sie immer ihre Hausaufgaben erledigt, ihr sprichwörtlich über den Kopf gewachsen sind.

"Das muß ein böser Traum sein", denkt Enna. Doch wenn es ein Traum ist, braucht sie sich nicht zu fürchten. Das hat Mama ihr schon oft gesagt, wenn sie aus einem solchen erwacht. "Wenn du keine Angst hast, kannst du in deinem Traum Dinge erleben, die sonst nicht möglich sind", hat Mama ihr eingeschäft.

"Das gerade ist eigentlich kein wirklich böser Traum. Schließlich kann es doch ganz lustig sein, mal ganz klein zu sein", feixt Enna. Dann wird sie wieder ernst. "Wenn jetzt bloß nicht gerade eine Spinne auftaucht, deren Gestalt mir gegenüber die Größe eines Hundes einnimmt. Nicht daran denken. Nicht daran denken!", ermahnt sich Enna. Sie bemerkt ihren ausgetrockneten Mund und blickt sich um, etwas Trinkbares zu entdecken.

"Kann ich mir im Traum nicht einfach etwas wünschen, das dann genau vor mir auftaucht?", fragt sie sich. Doch ein Glas mit kühler Brause erscheint nicht, nicht einmal mit klarem Wasser. Auch den Durst weg zu wünschen, gelingt ihr nicht.

"Vielleicht ist dies ja doch kein Traum?" Wenn es aber einer ist, dann will Enna dennoch schnell aufwachen. "Aufwachen!", befiehlt sie sich. Doch nichts geschieht. "Und wenn dies alles Wirklichkeit ist?", Tränen treten Enna in die Augen und laufen ihre Wangen hinunter. Das hatte sie nicht gewollt, als sie sich wünschte, wieder klein zu sein, klitzeklein. "Mama, Mama!", ruft sie.

"Gute Nacht!"

zum 11. Januar 2014