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PFLANZEN/063: Klimaschaden - Eichentod ... (SB)



Dieser Baum nimmt eine besondere Stellung unter unseren einheimischen Bäumen ein. Die Stieleiche, auch Deutsche Eiche genannt, beeindruckt durch ihre imposante Erscheinung. Mit einer Wuchshöhe von 30 bis ungefähr 40 Metern, einer großen Blätterkrone und einem dicken Stamm mit stark gefurchter Rinde, wurde er schon vor tausenden Jahren voller Ehrfurcht bewundert. In vielen Kulturen galt er als heiliger Baum und es entstanden verschiedene Eichenkulte. So heißt es, dass die Druiden (Priester, geistige Führer) der Kelten keine kultischen Rituale ohne Eichenlaub abhielten. An anderer Stelle ist überliefert, dass jener mit dem Tode bestraft wurde, der es wagte, eine Eiche zu fällen. Auch den Germanen galt dieser Baum als heilig und so wurde die berühmte Donareiche ihrem obersten Gott Donar (Thor) geweiht. Doch dem Christentum war dieser heidnische Glaube ein Dorn im Auge und so wurde die Donareiche im Zuge der christlichen Missionierung der Germanen gefällt, um zu zeigen, dass ihr Gott nicht einmal die Macht besaß, den Baum zu beschützen und damit zu beweisen, dass es ihn überhaupt nicht gab.


Die abgerundet-gezahnten Blätter der Stieleiche mit Eicheln, Blüten und kleinen Galläpfeln sind in einer bunten Zeichnung abgebildet - Grafik: Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé, Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz 1885, Gera, Germany, Public domain, via Wikimedia Commons

Bestandteile des Eichenbaums
Grafik: Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz 1885, Gera, Germany, Public domain, via Wikimedia Commons


Über 600 Arten dieses Baumes sind heute bekannt, und sie sind in Nord-, Zentral- und Südamerika, wie auch in Mexiko, Eurasien und Nordafrika ansässig. Hier bei uns in Deutschland kommt hauptsächlich die Stieleiche in Mischwäldern vor. Aber ihr Verbreitungsgebiet reicht von Irland bis in die Waldsteppe Südrusslands hinein. Fossile Funde weisen darauf hin, dass dieser Baum bereits vor zwölf Millionen Jahren auf unserer Erde wuchs.


Ein Baum als Heimstatt für viele Insekten und Käfer

Die Eiche wurde nicht nur verehrt, sondern seit jeher vom Menschen weidlich genutzt, das heißt, sowohl ihr Holz, ihre Rinde, die Blätter und die Eicheln wurden als Rohstoff und Nahrung verarbeitet. Doch zunächst zu den kleinen Bewohnern einer Eiche. Dieser mächtige Baum bietet einer großen Zahl an bekannten Insekten Lebensraum und -grundlage. Hier sind nahezu 400 Schmetterlingsarten anzutreffen, und um die 50 Bockkäfer-, Borken- und Kernkäferarten zu Hause. Vermutlich gibt es keine andere heimische Baumart (oder krautige Pflanze), die mehr Insektenarten Wohnstatt und Nahrung bietet. Ein Grund für die vielzählige Bevölkerung besteht darin, dass die Eiche nach der letzten Eiszeit früh nach Deutschland zurückkehrte und damit eine lange Entwicklungszeit für Tiere und Baum gegeben war, um eine gemeinsam verlaufende Evolution zu durchleben. Die verschiedenen Insektenarten mussten immerhin eine spezielle Anpassung entwickeln, um die Selbstverteidigungsmechanismen des Eichenbaums zu überwinden. Denn seine Rinde, sein Holz, sowie die Blätter und die Früchte (Eicheln) sind stark gerbstoffhaltig und wirken somit eigentlich als chemische Abwehr gegen Insekten.


Eine Allee mit dickstämmigen Eichenbäumen in großer Bläterkronenpracht - Foto: 2012 by Ahert, (Eigenes Werk) CC BY-SA 3.0 [https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0], via Wikimedia Commons

Eine Eichenallee
Foto: 2012 by Ahert, (Eigenes Werk) CC BY-SA 3.0 [https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0], via Wikimedia Commons


Ein weiterer Grund mag sein, dass die Eiche eine besonders langlebige Pflanze ist, die bis zu 1000 Jahre alt werden kann. Sie gilt als ziemlich sicheres Habitat (Wohnstatt). Selbst Vögel und Fledermäuse finden in der Eiche Platz für eine Nisthöhle. Das liegt daran, dass bestimmte Pilzarten in älteren Eichen das Kernholz zersetzen (sogenannte Braunfäule), wodurch kleine und größere Höhlen im Stamm entstehen. Das geschieht glücklicherweise so, dass die lebenswichtige Versorgung des Baums mit Wasser und Nährstoffen dabei nicht unterbrochen wird, der Baum also weiterhin wachsen kann. Um ein paar bekannte Bewohner der Eiche zu nennen: Hirschkäfer, Prachtkäfer, Borkenkäfer, Eichenseidenspinner oder Eulenfalter.

Gefährdet ist die Eiche durch Pilzbefall an der Wurzel, am Stamm, an den Blättern oder der Frucht. Eicheln, die am Boden liegen, können durch Pilze infiziert werden, die die "Schwarze Eichenfäule" hervorrufen, wodurch sogar die gesamte Eichensaat vernichtet werden kann. Ganz junge Eichenbäume leiden sehr unter dem Befall einer Hallimasch-Pilzart. Andere Pilze können die Wurzeln angreifenund eine Wurzelfäule bewirken, was für junge Bäume das Absterben bedeutet. Zahlreiche Blattpilze machen der Eiche zu schaffen. Am bekanntesten ist der Eichenmehltau. Die Blätter sehen dann grau aus und verwelken frühzeitig. Am Stamm gibt es ebenfalls eine Menge schädliche Pilze. Doch gibt es auch nützliche Pilze, die sogenannten Mykorrhiza-Pilze, die eine ganz enge Bindung an die Eiche haben. Sie leben in einer Art Symbiose mit dem Baum. Das heißt, diese Bodenpilze, die an den Wurzeln der Eiche wachsen, sind auf die Pflanze angewiesen, weil sie selbst nicht in der Lage sind Kohlenhydrate abzubauen. Sie erhalten die Abbauprodukte, z.B. Zucker, vom Baum. Im Gegenzug sind die Mykorrhiza fähig, wichtige Mineralstoffe (Stickstoff, Phosphat) und Wasser aus dem Boden zu lösen, die sie dem Wurzelsystem der Eiche zuführen. Hier findet also ein reger Austausch statt, der Pilz und Baum zugute kommt.


Die Eiche als Rohstoff-Lieferant

Das Eichenholz wurde zum Schiff- und Häuserbau wie auch für Schreinerarbeiten benutzt. Kriegs- und Handelsschiffe wurden damals aus Holz gefertigt und der Bedarf an diesem Baumaterial war enorm. Eichenholz galt als besonders unempfindlich gegen Insektenfraß und also langlebig. Die hohe Dichte des Holzes wirkte sich positiv auf die Witterungsbeständigkeit aus.

Einst wurden die Schweine zur Eichelmast in die Wälder getrieben und gehütet, damit sie die Eicheln fressen. Die gelten als besonders nahrhaft und auch das Fleisch der Schweine sollte dann besonders lecker schmecken. Heute gibt es diese Form der Schweinemast kaum noch beziehungsweise wird sie vereinzelt wiederentdeckt.

Aus den Eicheln wurde ein Ersatz-Kaffee angefertigt. Dazu wässerte man die Früchte, um die bitteren Gerbstoffe auszuspülen, anschließend wurden sie getrocknet, geschält, zerkleinert und geröstet, um sie schließlich zu einem groben Pulver zu zerstampfen. Das brühte man dann auf und der "Kaffee" konnte getrunken werden. Dieses "Mehl" wurde auch zum Backen benutzt

Zum Gerben von Tierhäuten und Fellen wurden Eichenrinde, Blätter oder Eicheln verwendet. Da diese Pflanzenteile Gerbstoffe (Tannine) enthalten, war diese Nutzung naheliegend. Der Gerbevorgang war allerdings aufwendig, dauerte sehr lange und verbrauchte viel Material. Je nach Größe der Felle oder Häute wurden dafür ungefähr 30 Kilogramm Eichenrinde oder 20 Kilogramm Eicheln oder 90 Kilogramm Eichenholz benötigt.

Selbst die Tinte, mit der Dokumente geschrieben und unterschrieben wurden, stellte man aus den Galläpfeln her, die als Wucherungen auf den Eichenblättern zu finden sind. Sie entstehen durch den Einstich der Gallwespe. Diese Galläpfel haben einen besonders hohen Gehalt an Gallsäure und Gerbstoff. Die sogenannte Eisengallustinte gilt als dokumentensicher, das heißt sie lässt sich nicht vom Schriftstück entfernen.


Ist die Eiche vom Aussterben bedroht?

Rund ein Drittel der bekannten Eichenarten sind vom Aussterben bedroht. Vor allem die Bäume in den USA, in Mexiko, China und Vietnam sind in Gefahr. Schädlingsbefall, Umweltgifte und der Klimawandel machen den Bäumen zu schaffen, was besonders für jene in Amerika gilt. In China und Südostasien werden sie in großer Zahl abgeholzt. Leider ist es besonders schwierig, die Samen der Eichen zu erhalten, denn die Eicheln lassen sich nicht lange aufbewahren, um für die Forschung und eine Neuzüchtung benutzt werden zu können.

Ein Aussterben der Eichen bedeutet nicht nur das Verschwinden dieser Bäume, sondern auch das all jener Käfer, Insekten, Schmetterlinge, Falter, Flechten, Moose, Pilze oder Vögel, die in den Eichen ihre Heimstatt haben und mehr oder weniger auf sie angewiesen sind. Der Klimawandel macht den Bäumen das Leben schwer. Nicht nur Hitze, heftige Stürme oder Starkregen versetzen sie in Stress, bedroht werden sie auch durch Schädlinge aller Art, die aus fernen Ländern im Zuge des globalen Handels eingeschleppt wurden und die sich hier durch die Änderung der klimatischen Verhältnisse immer weiter ausbreiten können.


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.waldwissen.net/de/lebensraum-wald/baeume-und-waldpflanzen/laubbaeume/in-und-an-der-eiche

https://www.chemieunterricht.de/dc2/phenol/tinte.htm

https://www.mittelalter-lexikon.de/wiki/Gerberlohe

https://www.deutschlandfunknova.de/nachrichten/artenschutz-eichen-sind-weltweit-vom-aussterben-bedroht


17. Mai 2022

veröffentlicht in der Schattenblick-Druckausgabe Nr. 174 vom 21. April 2022


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