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TIERE/078: Schwalben unterm Dach - die Rauchschwalbe (SB)


Schwalben unterm Dach

Die Rauchschwalbe (Hirundo Rustica)


Seit Jahrtausenden schon begleiten die Schwalben den Menschen. Sie gelten als 'Boten des Frühlings', und immer noch werden diese kleinen schlanken Vögel mit ihrem auffälligen kastanienbraunen Kopf als Glücksbringer geschätzt. Früher hießen die Menschen sie willkommen und freuten sich, wenn sie unter ihrem Dach oder in den Ställen Nester bauten. Im Altertum ließ man die kleinen Vögel sogar in Tempeln oder anderen wichtigen öffentlichen Gebäuden brüten. "Häuser, unter deren Dächern Schwalben nisten, sind vor Unwetter geschützt", so besagt ein verbreiteter Glaube.


Woher stammt der Name "Rauchschwalbe"?

Früher gab es in den Küchen einen Herd, der mit Holz, Kohle und anderem Brennmaterial befeuert wurde. Über diesem Herd gab es einen Rauchfang, damit der ganze Qualm nicht in der Küche blieb. Weit oben in diesem Abzug fand die Schwalbe oftmals ein warmes Plätzchen - daher also der Name 'Rauchschwalbe'. Außerdem wird die Schwalbe auch noch 'Stallschwalbe' genannt, weil sie, wie bereits erwähnt, gerne in den Stallungen der Gehöfte ihr Nest baut.


Ende März, Anfang April kann man in Deutschland die ersten Schwalben entdecken. Sie haben dann ihre lange Reise von Afrika, etwas südlich der Sahara, bis zu uns hinter sich. Schwalben kehren gern wieder an ihre angestammten Nistplätze zurück. Rauchschwalben sind Einzelbrüter. Sie mögen Artgenossen in ihrer direkten Nähe nicht und halten gern einigen Abstand. Für einen Sommer bleiben die Schwalbenpaare zusammen, dann wechseln sie ihren Partner. Doch da sie stets in ihre vertraute Umgebung zurückkehren, ergibt es sich nicht selten, dass dieselben Paare wieder zusammenfinden.

Einen geeigneten Platz für ihr Nest bieten rauhe Wandflächen im Schutze eines Dachvorsprungs oder in Ställen. Die Rauchschwalben sind geschickte Nestbauer. Das Baumaterial, den feuchten, lehmigen Schlamm, finden sie zum Beispiel in Pfützen oder aufgeweichten Böden. Mit ihrem Schnabel formen sie kleine Klümpchen und transportieren diese zum ausgewählten 'Bauplatz'. Die erste Schicht ist die schwierigste. Sie muss besonders fest sitzen, denn sie ist die Verbindung zwischen Wand und Nest. Aus diesem Grund, sind rauhe Wandflächen auch geeigneter als glatte. Zwischen die einzelnen Lehm- oder Schlammklümpchen flicht die Schwalbe auch Grashalme mit ein, die eine zusätzliche Festigkeit bewirken. Der Speichel der Schwalben, mit dem die Lehmklümpchen vermischt werden, wirkt ebenfalls als Bindestoff. Mit ganz schnellen Schnabelbewegungen dreht und stopft die Schwalbe die kleinen Bröckchen aufeinander. Wenn das Wetter geeignet ist und sie ausreichend Nestbaumaterial in naher Umgebung findet, dauert der Bau ungefähr acht Tage. Geschätzte 1000 bis 1400 Schlammkügelchen werden für ein Nest benötigt. Um all diese herbeizuschaffen, fliegt sie rund 150 Mal pro Tag zwischen Nestbauplatz und Pfütze hin und her. Schicht um Schicht wird das Nest in Halbkugelform aufgebaut. Wenn es fertig ist, wird es noch mit einigen Federn ausgepolstert. Dort hinein werden dann Mitte Mai vier bis fünf rostrot gesprenkelte Eier gelegt.

Das Schwalbennest an der Wand zeigt gut die kleinen Kügelchen, aus denen es aufgebaut wird - Foto: © 2011 by Schattenblick

Ein Schwalbennest wird gebaut
Foto: © 2011 by Schattenblick

Um diese anstrengende Arbeit verrichten zu können, müssen die Schwalben sehr viel fressen. Ständig sind sie auf Futtersuche. Eigentlich sind sie die meiste Zeit ihres Lebens fliegend unterwegs. Die Insekten, die sie hauptsächlich verspeisen, fangen sie im Flug.

Jetzt beginnt die Zeit des Brütens. Die Eier müssen schön warm gehalten werden. Zwar bauen beide, Schwalbenmännchen und Schwalbenweibchen, das Nest, aber nur das Weibchen brütet die Eier aus. Obwohl sie eigentlich auf den Eiern sitzen sollte, muss sie das Nest öfter verlassen, um Futter zu suchen. Das Weibchen muss für sich selbst sorgen, denn das Schwalbenmännchen füttert seine Partnerin nicht. Wenn sie in der Nähe keine Insekten findet oder das Wetter schlecht ist, sind die Eier oft lange allein. Das verlängert die Brutzeit.

Nach 15 bis 18 Tagen schlüpfen die Jungen. Sie sind nackt und sehen rosa aus. Ihr Köpfchen können sie kaum halten, aber schon sperren sie ihren Schnabel auf. Sie haben Hunger. Das Rachensperren und Futterbetteln können die Kleinen sofort. Für die Eltern bedeutet das ab sofort dauernde Futtersuche. Denn sie haben nicht nur ihre Jungen zu füttern, sondern auch sie selber brauchen viel zu essen, weil sie von morgens bis abends fliegen. Die Rauschschwalben jagen nur fliegende Insekten, oft ganz nahe über dem Boden. Selbst bei Regen und kühleren Temperaturen gehen sie noch auf Futtersuche. Nur zu kalt darf es nicht werden, da dann keine Insekten unterwegs sind, die sie fangen könnten.

Foto: © 2011 by Schattenblick

Foto: © 2011 by Schattenblick Hier sind die Jungen schon so groß, dass sie ihre Schnäbel über den Nestrand recken können. Ungeduldig erwarten sie die Rückkehr ihrer Eltern, denn die bringen Futter mit nach Hause.

Foto: © 2011 by Schattenblick

Foto: © 2011 by Schattenblick Ein Happs und schon ist der Schnabel des Jungen wieder verschlossen. Die Mutter fliegt wieder fort, um neue Nahrung heranzuschaffen.

Foto: © 2011 by Schattenblick

Foto: © 2011 by Schattenblick Noch nichts von den Eltern zu sehen! Na, dann brauchen wir unsere Schnäbel noch nicht aufsperren ...

Foto: © 2011 by Schattenblick

Foto: © 2011 by Schattenblick Ah, da kommt sie, alle Schnäbel auf ...

Foto: © 2011 by Schattenblick

Foto: © 2011 by Schattenblick Hmm, das ist gut, bitte noch mehr ...

Foto: © 2011 by Schattenblick

Foto: © 2011 by Schattenblick Bei so guter Fütterung kann man nur ganz schnell groß werden ...


Diese hier müssen sich schon bald aus ihrem Nest wagen und erste Flugversuche unternehmen - es wird eng im Nest.
Foto: © 2011 by Schattenblick

Foto: © 2011 by Schattenblick ... und hier ist schon der erste Mutige. Nun heißt es fliegen lernen ...

Foto: © 2011 by Schattenblick

Foto: © 2011 by Schattenblick ...bin schon mal ein gutes Stück geflogen ...

Die Schwalben haben sich immer in der Nähe von Siedlungen aufgehalten, in Dörfern oder auf Gehöften. Die Behausungen und Ställe haben stets gute Nistplätze geboten.

Doch irgend etwas ist mit den Menschen geschehen. Sie haben oft gar keinen Blick mehr für die Lebewesen in ihrer nahen Umgebung. Sie achten weder Vögel, noch Insekten. Auch ihre Kühe, Pferde, Schweine und Schafe betrachten sie nur noch als "Produktionsmittel". Das heißt, Tiere sind nur wichtig, wenn sie dem Besitzer Geld bringen. Tiere müssen also möglichst viele Eier legen, möglichst viel Milch geben oder sollen in großer Zahl als Schlachtvieh Verwendung finden.

Statt sich über die kleinen Singvögel zu freuen, ärgern sich viele Hausbesitzer über den Nestbau. Sie fürchten die Verunreinigung der Hauswände und wollen keinen Vogelkot auf ihrer Terrasse oder an sonstigen Flächen unterhalb der Nester. Oft sind die Häuserwände so glatt, dass die Vögel ihr Nestbaumaterial dort nicht mehr befestigen können. Leider sind auch die Ställe oft verschlossen - kein Fenster, das ständig offen steht, so dass die Vögel dort nicht mehr ungehindert ein- und ausfliegen können. Zudem werden Stallgebäude heute aus Wellblechwänden gebaut und ähneln mehr einer Fabrikhalle als einem Stall. Diese Wände sind viel zu glatt.

Immer mehr Bodenflächen werden zugebaut. Die Sandwege betoniert oder geteert, feuchte Gebiete werden trockengelegt. So wird es schwierig, eine Pfütze zu finden oder feuchten, aufgeweichten Boden - von Lehm ganz zu schweigen. Die Schwalben müssen oft sehr weit fliegen, um geeignetes Material für ihren Nestbau heranzuschaffen.

Die Futtersuche wird auch anstrengender, weil es nicht mehr so viele Insekten gibt. Die Menschen setzen in der Landwirtschaft immer mehr Insektenbekämpfungsmittel ein. Außerdem gibt es kaum noch richtige Wiesen mit den verschiedensten Wiesenblumen und anderen Gewächsen. Dementsprechend finden sich auch weniger Insekten ein. Das zwingt die Schwalben, die wahre Flugkünstler sind, dazu, auch jene Insekten zu fangen, die auf Gräsern sitzen. Dazu muss die Schwalbe in den Flatterflug gehen. Sie flattert heftig mit ihren Flügeln, um sich so direkt über dem Insekt zu halten und dann nach ihm zu schnappen. Das ist sehr anstrengend für unsere Schnellflieger. Für sie ist es viel leichter im Flug zu jagen. Sie erreichen Geschwindigkeiten bis zu 95 km/h. Das Zusammenspiel zwischen Schwanzfedern und Schwingen, eigentlich des gesamten Körpers, wird so rasch aufeinander abgestimmt, dass sie zu akrobatischen Flugmanövern in der Lage sind.

Einst freuten sich die Bauern, wenn die Schwalben dafür sorgten, dass es nicht zu viele Insekten auf ihren Höfen und Feldern gab. So hatten beide, der Bauer und die Schwalbe, etwas davon, dass sie auf seinem Hof ihr Nest gebaut hatten.

Auch heute noch könnten die Landwirte mit den Schwalben zusammenarbeiten. Ein Schwalbenpaar und ihre Jungen vertilgen in einem Sommer ganz enorme Mengen an Insekten. Die Schwalben wären also die idealen Helfer, um die Insektenanzahl im nützlichen Umfang zu halten. Der Bauer hätte lediglich dafür Sorge zu tragen, dass stets ein Stallfenster offen steht und dass feuchte Böden, Pfützen oder Schlamm auf seinem Hof vorhanden sind.

27. März 2012