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VORSICHT/025: Augenwischerei ... (SB)



Die CO2 Emissionen müssen dringend gesenkt werden, damit die Erderwärmung und die damit einhergehende Klimakatastrophe noch abgemildert werden kann. In diesem Punkt herrscht scheinbar große Einigkeit. Doch wie kann das erreicht werden? Im Moment scheint ein wichtiger Schritt, der Weg in die Elektromobilität zu sein. Wenn, wie geplant, ab 2030 keine Fahrzeuge mit Verbrenner-Motoren mehr zugelassen werden und sie möglichst schnell durch elektrisch betriebene Verkehrsmittel ersetzt werden, so die Hoffnung, dann würde der CO2 Ausstoß erheblich gesenkt werden können.

Die Frage, wer tatsächlich den Löwenanteil an der Klimakrise hat, die Verbrennungsmotoren, die Industrieanlagen oder der Betrieb von Kraftwerken, scheint noch nicht geklärt. Ungeachtet dessen wollen wir hier an einem Beispiel der Frage nachgehen, inwieweit es sich bei den Elektrofahrzeugen wirklich um umwelt- und klimafreundliche Gerätschaften handelt. Jedes elektrisch betriebene Fahrzeug braucht eine Batterie, für deren Herstellung Lithium benötigt wird. Wir sehen uns zunächst einmal die Produktion eines solchen Akkus an.


Der Akkumulator (die Batterie)

Ein sehr wichtiger Bestandteil eines solchen Akkus ist das Lithium. Es handelt sich um das leichteste Metall ohne das es keine E-Mobiliät gibt. Der globale Bedarf an Lithium, Kobalt und Nickel zur Produktion von Lithium-Ionen-Batterien steigt immer weiter an, denn nicht nur die Fahrzeuge, sondern auch Handys, Laptops, E-Bikes und sämtliche batteriebetriebene Geräte aus Haushalt und Freizeit tragen zum Anwachsen des Lithium-Bedarfs bei. Bis 2028, so aktuelle Schätzungen, könnte der jährliche Verbrauch von Lithium für den Bau von Akkus 1,6 Millionen Tonnen betragen. Um sich ein Bild von den benötigten Mengen zu machen, sei ein Beispiel gegeben. Für den Bau eines einziges Auto-Elektromotors werden zwischen zehn bis zwölf Kilogramm Lithium verwendet. Da erheblich mehr E-Autos gebaut werden sollen, ist davon auszugehen, dass die Nachfrage nach diesem Rohstoff immer noch weiter steigen wird.


Woher stammt der Rohstoff? Wie wird er gewonnen?

In Bolivien, Chile und Argentinien sollen rund 70 Prozent der weltweiten Lithium-Vorkommen lagern. Zur Zeit ist allerdings Australien mit ca. 40.000 Tonnen der weltweit größte Produzent von Lithium. Dort wird es im Hartgesteinbergbau abgetragen, das heißt, hier befindet es sich in fester Form in Gesteinen.

Sehen wir uns zum Beispiel Bolivien an. Hier erstreckt sich die größte Salzpfanne der Welt, die Salar de Uyuni, auf einer Fläche von über 10.000 Quadratkilometern. Entstanden ist diese sogenannte Salzpfanne vor ca. 10.000 Jahren. Einst befand sich dort der Paläosee Tauca, der allmählich austrocknete, wodurch sich die heutige Salzkruste bildete, unter der die riesigen Lithium-Reserven lagern sollen.

Aber wie kann das Lithium gewonnen werden? Unter dieser Salzpfanne befindet sich salzhaltiges Wasser, dass die Lithiumablagerungen enthält. Diese sogenannte Sole wird von den Minengesellschaften an die Oberfläche gepumpt und in riesige, flache Becken geleitet. Durch die Hitze der Wüstensonne verdunstet das Wasser in den Solebecken und zurück bleibt das begehrte Lithiumcarbonat. Durch weitere chemische Prozesse wird das für den Bau von wiederaufladbaren Batterien benötigte Lithium hergestellt. Doch dieser so einfach erscheinende Prozess birgt gewisse Gefahren für die Umwelt in sich.


Lithiumabbau gefährdet Grundwasservorkommen

Wenn das Wasser aus den Solebecken verdampft ist, wird die zurückbleibende lithiumhaltige Substanz weiterverarbeitet. Dazu wird auch Natriumhydroxid verwendet. Und genau das könnte zu einem der großen Probleme führen, die mit dem Lithiumabbau einhergehen. Das bekommt besonders die indigene Bevölkerung in dem sogenannten Lithium-Dreieck (Argentienen, Chile, Bolivien) zu spüren, wo viele schon jetzt um ihre Existenz bangen. Es wird berichtet, dass seit ein paar Jahren die Lamas, die hier in großen Herden gehalten werden, und die wilden Vikunjas (eine Kamelart), erkranken und sterben. Auch die Kälber, die hier geboren werden, kommen verunstaltet zur Welt und sterben kurze Zeit später. Im Verdacht steht der feine Staub des Natriumhydroxids, der über weite Regionen auf die Vegetation absinkt sowie auch ins Süßwasser gelangt. Die Tiere trinken davon und vermutlich ist das die Ursache für das Sterben.

Ein weiteres schwerwiegendes Problem liegt in dem geologisch bedingten Wasserhaushalt dieser Region, in der es unterdurchschnittlich regnet. Von dem wenigen Wasser gelangt nur ein kleiner Teil in die Erde, wo sich über Jahrtausende hinweg die Süßwasserreserven (Grundwasser) gesammelt haben. Hinzu kommt, dass sich in diesem Gebiet Süßwasser und Salzwasser in einem natürlichen und sehr empfindlichen Gleichgewicht befinden, wodurch eine Vermischung der Gewässer verhindert wird. Durch den Lithium-Abbau und die Lithium-Produktion wird dieses Gleichgewicht gestört. Denn für die Förderung der Salzmasse aus dem Untergrund werden bis zu 80.000 Liter Frischwasser pro Stunde benötigt. Das hat zur Folge, dass der Grundwasserspiegel absinkt und des Weiteren kommt es zu einer Durchmischung von Salz- und Süßwasser, das dann nicht mehr als Trinkwasser genutzt werden kann.

Aber auch der Einsatz der schweren Maschinen, die den Boden aus- und umgraben, um Brunnen zu heben oder Transportwege zu schaffen, zerstören die natürlichen Trennschichten zwischen Salz- und Süßwasser. Die Minenunternehmen bohren auch für ihre Zwecke nach Süßwasser, um den Betrieb ihrer Anlagen zu gewährleisten. Damit zapfen sie den Menschen in den umliegenden Dörfern das Wasser ab, das diese zum Überleben brauchen.


Die Folgen für die indigene Bevölkerung im Land um die Salar de Uyuni

Sollte die Vermischung von Salz- und Süßwasser voranschreiten und der Frischwasserverbrauch der Lithiumherstellungs-Unternehmen fortgesetzt werden, so droht der Bevölkerung extremer Wassermangel. Sie können keine Landwirtschaft mehr betreiben, um für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Die Tiere finden nichts mehr zu fressen. Zudem findet eine großflächige Umgestaltung durch das Anlegen der großen Sole-Becken statt, wie auch durch den Bau der Fabriken, die Lithium zu einem gebrauchsfertigen Stoff wandeln oder direkt zu Batterien verarbeiten. Das Problem besteht darin, dass die Regierungen Verträge mit ausländischen Firmen schließen und ihnen die Erlaubnis erteilen, Lithium-Abbau zu betreiben. Der Bevölkerung wird versprochen, dass sie an dem Gewinn teilhat und alle Vorteile von dem neuen Industriezweig in ihrem Land hat. Es gibt allerdings auch viel Widerstand aus der Bevölkerung gegen den Lithiumabbau. Ein Sprecher, der für 33 Gemeinden, die sich gegen den Bau der Lithiumindustrie wenden, das Wort ergreift, drückt es so aus:

"Der Abbau von Lithium für Europa und der Wechsel zum Elektroauto wird unsere Gemeinden und unsere Landschaft umbringen. Und bisher kannten wir hier keine Autos. Schon gar keine Elektroautos - die kennen wir nur vom Foto. Ihr glaubt, damit könnt ihr die Menschheit retten, aber ihr werdet uns alle umbringen."
Clemente Flores, https://www.deutschlandfunk.de/lithium-abbau-in-suedamerika-kehreite-der-energiewende.724.de.html?dram:article_id=447604

So weit muss es nicht kommen. Gibt es keine Alternativen zur E-Mobiltät? Wäre es nicht möglich, Fahrzeuge mit Verbrenner-Motoren zu bauen, die nur extrem wenig Treibstoff benötigen, oder die durch technische Anwendungen, den CO2-Ausstoß filtern oder abmildern? Wäre es nicht ohnehin besser, weniger Energie zu verbrauchen? Muss wirklich jedes Gerät, das auch per Hand bedient werden kann, mit Batterie betrieben werden? (Zahnbürste, Laubbläser, E-Scooter, Messer oder Eierkocher? Würden die Produkte des täglichen Bedarfs, wie auch Kühlschränke, Herde, Waschmaschinen und Küchengeräte, in einer wahrhaft nachhaltigen Weise produziert werden, könnte ihre Lebensdauer um ein Vielfaches erhöht und eine Menge Rohstoffe und Energie gespart werden. Niemand bräuchte sich zu sorgen, dass man durch Energieeinsparung zurück in die Steinzeit versetzt werden würde.


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.deutschlandfunk.de/lithium-abbau-in-suedamerika-kehreite-der-energiewende.724.de.html?dram:article_id=447604

https://efahrer.chip.de/news/lithium-vorkommen-diese-laender-haben-die-groessten-reserven-1_101148

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/akkuforschung-batterien-101.html



1. Dezember 2021

veröffentlicht in der Schattenblick-Druckausgabe Nr. 170 vom 4. Dezember 2021


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