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VORSICHT/027: Getäuschte Aussichten ... (SB)



Die Bestrebungen eines Landes, klimaneutral zu wirtschaften, werden im Allgemeinen gutgeheißen. Sicherlich ist ein Umdenken und Umgestalten der bisherigen Produktionsweisen vonnöten. Erforderlich scheint es, auf die fossilen Brennstoffe (Kohle, Öl, Gas, Holz) zu verzichten. Ersetzt werden sollen sie durch alternative Energien wie Sonnen- und Windenergie. Die Fortbewegungsmittel sollen elektrisch betrieben werden. Das heißt, Autos, Busse, Züge, Fahrräder, Motorräder, Lastkraftwagen (LKW) und Schiffe fallen unter den Begriff der Elektromobilität. Angetrieben werden sie mit Elektromotoren, die ihre Energie aus Akkus und Batterien beziehen. Die Produktionen in den Industriezweigen (Stahl, Chemie, Kunststoffe, Nahrungsmittel und andere) sollen mit Strom aus grünem Wasserstoff versorgt werden. Grüner Wasserstoff wird ausschließlich mit alternativen Energien hergestellt. Das klingt gut und es hat den Anschein, als würde auf diese Weise kein Kohlendioxid freigesetzt werden.

Solange nur das Endprodukt Akku (Batterie) [1] betrachtet wird, das für die Elektromobilität nötig ist, und der grüne Wasserstoff als sauberer Energielieferant für die Industrie als bereits verfügbar angesehen wird, könnte man der CO2-Neutralität Glauben schenken.

Doch was geschieht vorher? Mit welchen Mitteln werden die technischen Voraussetzungen geschaffen, um Batterien herzustellen und grünen Wasserstoff zu produzieren? Welche Rohstoffe werden benötigt, um Windräder und Solarpanels herzustellen? Woher stammt die Energie, um Wasserstoff zu erzeugen, solange noch nicht ausreichend grüne Energie vorgehalten werden kann? Auf welchem Wege gelangen die Rohstoffe nach Deutschland? Welche ökologischen und gesellschaftlichen Folgen hat der Rohstoffabbau in den jeweiligen Herkunftsländern? Hier sind nur einige drängende Fragen aufgelistet. Kaum zu schaffen, all das in einem Artikel zu untersuchen. Da die Batterien/Akkus eine ganz grundlegende Bedeutung bei der sogenannten Energiewende spielen, wollen wir sie im Folgenden genauer betrachten.


Mit elektrischer Energie sollen Fahrzeuge CO2-frei
fahren

Öl, Gas, Kohle und Holz waren die Brennstoffe der vergangenen Jahrhunderte. Durch ihre Verbrennung wurde die Atmosphäre allmählich mehr und mehr erwärmt und mit kleinsten Partikeln verschmutzt. Die Folge erleben wir heute. Die Erderwärmung nimmt weiter zu und hat den kritischen Punkt von 1,5 °C bereits überschritten.

Der große Bereich Verkehr ist einer der ersten und anscheinend einfachsten, in dem der CO2-Ausstoß stark reduziert werden könnte. Durch die letztendliche Abschaffung aller Fahrzeuge mit Verbrennermotoren soll Platz geschaffen werden für den elektrischen Antrieb. Elektrisch betriebene Fahrzeuge aller Art benötigen Batterien/Akkus, um sich fortbewegen zu können. Folglich müssen in nächster Zeit sehr große Mengen an Batterien hergestellt werden.


Der Lithium-Ionen-Akku

Um einen Akku herzustellen, werden folgende Rohstoffe gebraucht: Kobalt, Lithium, Nickel, Mangan und Graphit. Akkus, die in ein Elektroauto eingebaut werden, benötigen außerdem die Seltenen Erden Neodym, Praseodym und Dysprosium für den Antriebsmotor.

Aufbau des Lithium-Ionen-Akkus:
Die Kathode (Positive Elektrode) des Akkus besteht aus Lithium-Metalloxid, das Anteile von Nickel, Mangan und Kobalt enthalten kann.
Die Anode (Negative Elektrode) besteht meistens aus Graphit.

Damit sich die Lithium-Ionen in der Batteriezelle bewegen können, also ein Elektronenfluss zwischen der Kathode und der Anode entstehen kann, befinden sie sich in einem Elektrolyt. Dabei handelt es sich um eine wasserfreie Flüssigkeit, die aus Chemikalien verschiedener Art bestehen kann.

Soweit der grundlegende Aufbau dieses Akkus. Die technischen Herstellungsverfahren sind vielschichtig und kompliziert und es würde hier den Rahmen sprengen, eine exakte Beschreibung der Abläufe der Produktion darzulegen.


Neubau von Batterie-Fabriken wird erforderlich

Batterien werden in weitreichend automatisierten Fabriken hergestellt. Der Neubau von derartigen Anlagen wird an verschiedenen Orten geplant oder sie befinden sich bereits im Bau. Einen großen Anteil an dem immensen Bedarfsanstieg an Batterien haben die Elektroautos und sämtliche Fahrzeuge, die unter dem Begriff Elektromobilität zusammengefasst werden können. Doch auch unsere Smartphones, Tablets, Laptops und Rechnersysteme funktionieren nur mit Akkus, genau wie Satelliten oder viele alltägliche Gebrauchsgegenstände. Jede elektrische Zahnbürste, jeder Laubpuster, jede Taschenlampe oder neuerdings auch die kabellosen Staubsauger werden durch Batterien mit Strom versorgt. Euch fallen bestimmt noch eine Menge Produkte ein, die mit Akkus oder Batterien betrieben werden müssen.

Das hat zur Folge, dass auch die Nachfrage nach den oben genannten Rohstoffen sehr schnell ansteigt. Nicht nur in Deutschland, sondern in allen Industrienationen herrscht ein hartes Ringen um Rohstoffquellen. Weltweit müssen mit den Ländern, in denen die begehrten Rohstoffe vorkommen und abgebaut werden, Lieferverträge ausgehandelt werden. Allerdings wird auch der Bedarf an elektrischem Strom anwachsen, denn die Akkus wollen aufgeladen werden. Das ist ein Problem beispielsweise für das rohstoffarme Deutschland, denn es kann seine Stromproduktion und den Strombedarf nur mit Importen aus anderen Ländern decken. Der Strom von dort stammt zu großen Teilen aus Atomstrom oder aus Kohle, Öl und Gas. Dass die Erneuerbaren Energien 2023 mit 46% bereits einen guten Teil zur Energieversorgung hierzulande beigetragen haben, mag erfreulich sein, doch bei dem zu erwartenden anwachsenden Strombedarf in naher Zukunft wird das vermutlich kaum reichen.

Einen weiteren Schwachpunkt stellen die Akkus selbst dar, denn sie verschleißen beim ständigen Aufladen. Dies gilt nicht nur für Smartphones oder Laptops, sondern auch für die E-Autos. Besonders durch das begehrte Schnell-Lade-System wird eine Batterie stark beansprucht. Im Schnitt wird die Lebensdauer eines E-Auto-Akkus mit acht Jahren veranschlagt. Das heißt, nach dieser Zeit wird empfohlen, einen neuen Akku zu kaufen. Bislang sind E-Auto-Batterien aber noch sehr teuer. Der erforderliche Austausch von Akkus und Batterien hält die Produktionskette in Gang. Der Rohstoffbedarf, der Energieverbrauch und der CO2-Ausstoß nehmen ihren Fortlauf.

Im nächsten Teil wollen wir einen Blick auf die Rohstofflieferanten werfen. In welchen Ländern werden Rohstoffe unter welchen Bedingungen für Mensch und Umwelt abgebaut?



Anmerkung:
[1] Ein Akku (Abkürzung für Akkumulator) ist vereinfacht gesagt, eine wiederaufladbare Batterie. Die beiden Begriffe werden in der alltäglichen Sprache und in Veröffentlichungen nicht immer sauber getrennt.

Diesem Artikel liegt folgende Quelle zugrunde:
"Rennen um Rohstoffe", Das Parlament, Nr. 35-36, Berlin, 28. August 2023


veröffentlicht in der Schattenblick-Druckausgabe Nr. 182 vom 21. Dezember 2024


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