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WISSENSDURST/057: Energiegewinn - Scheinlösungen ... (SB)


Ben und Stefan - Buntstiftzeichnung: © by Schattenblick

Grafik: © by Schattenblick


Stefan und Ben waren gleich nach der Schule ins Schwimmbad gegangen, wo sie sich so richtig ausgetobt, aber auch erfrischt hatten. Nun hockten sie in Bens Zimmer, jeder eine Flasche Mineralwasser vor sich und trugen gerade die Fragen zusammen, die in Zusammenhang mit der Wasser-Elektrolyse aufgetreten sind.

Stefan: "Das hätte ich nicht gedacht, dass hier noch so viele ungeklärte Probleme auftauchen."

Ben: "Kein Wunder, ich hatte auch den Eindruck als sei alles ganz einfach und überhaupt die Lösung für alle Energieprobleme. Aber ich habe gute Neuigkeiten. Gestern konnte ich meinem Vater kurz berichten, womit wir uns gerade beschäftigen. Nachdem er mir gestanden hatte, sich auch nicht so recht auf diesem Gebiet auszukennen, konnte er mir trotzdem noch einen guten Tipp geben. Ein Arbeitskollege arbeitet bei der Freiwilligen Feuerwehr ..."

Stefan: "Na, da bin ich aber gespannt, inwieweit uns das weiterhelfen könnte ..."

Ben: "Ich sag 's dir gleich. Also, dieser Feuerwehrmann hat vor Kurzem erzählt, dass ein Papier bei ihnen veröffentlicht wurde, in dem auf die neuen Gefahren, die vom Wasserstoff ausgehen können, hingewiesen wird."

Stefan: "Verstehe, das macht Sinn, denn die Feuerwehr sollte schon wissen, wie man sich im Falle eines Unfalls, eines Brandes oder einer Explosion verhält. Vielleicht gibt es da Besonderheiten, die sich von normalen Bränden unterscheiden."

Ben: "Ganz genau. Und ich dachte, wir schauen uns das mal genauer an. Das Gute ist, dass wir diese Richtlinien auch im Internet finden können."

Die beiden schalteten den Rechner an und nach wenigen Klicks hatten sie das entsprechende Dokument gefunden.

Stefan: "Ah, das ist gut, hier gleich zu Beginn ein paar wichtige Daten: Wasserstoff besteht aus dem einfachen atomaren Aufbau, also einem Proton und einem Elektron, es ist 14 mal leichter als Luft, hat das höchste Diffunsionsvermögen aller Gase und ..."

Ben: "Das bedeutet, dass es sehr leicht Material durchdringen kann?"

Stefan: "Klar, diffundieren heißt doch durchdringen, also ..."

Ben: "Okay, aber Wasserstoff liegt nicht atomar vor, sondern bildet ein Molekül (H2), das farb- und geruchslos ist."

Stefan: "Aber halt stopp, worin will man das denn lagern?"

Ben: "Nun, wenn ich das richtig verstanden habe, muss das Gas aus diesem Grund verflüssigt werden, und zwar bei -253°C, um dann in Druckbehältern von 700 bar gelagert und transportiert werden zu können."

Stefan: "Moment mal, das heißt, um das Gas zu verflüssigen, wird elektrische Energie benötigt, um diese niedrige Kühltemperatur zu erzielen? Dann müssen noch entsprechende Druckbehälter mit einem Material hergestellt werden, das diesem Druck standhält. Das bedeutet, dass zum Zweck der sicheren Lagerung und des Transportes spezielle Materialien, Energie und Rohstoffe für deren Herstellung verbraucht werden."

Ben: "Das wird auf jeden Fall schon mal auf unsere Negativ-Liste kommen, denn unproblematisch scheint die Wasserstoff-Technologie nicht zu sein. Ganz gleich auf welche Weise Wasserstoff hergestellt wird, bleiben Transport und Lagerung mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Ich vermute mal, dass bei der Herstellung der Druckbehälter und der speziellen Transportfahrzeuge bereits CO2 an die Atmosphäre abgegeben wurde. Das kann doch nicht einfach ausgeklammert werden."

Stefan: "Zumal die Energie, die dabei benötigt wird, immer noch aus Kohle-, Gas- oder Atomkraftwerken stammt."

Ben: "Also gut, dann sehen wir uns nun die Wasser-Elektrolyse genauer an. Um diesen Elektrolyse-Vorgang zu betreiben, wird auf jeden Fall elektrische Energie benötigt."

Stefan: "Aha, wir brauchen also Strom um Strom zu erzeugen?"

Ben: "So sieht es aus. Aber nicht nur das. Bislang wird auch kostbares Trinkwasser dafür verwendet, das mit einer Säure oder einer Lauge versetzt werden muss, denn Wasser allein leitet den Strom nicht. Wasser plus Säure wird Elektrolyt genannt, dann wird eine Spannung angelegt, das heißt Strom wird über eine Kathode und eine Anode hineingeleitet."

Stefan: "Genau. Müssen die nicht mit einem Edelmetall (Gold, Platin) oder Graphit beschichtet sein, damit sich am Kathoden/Anoden Material kein neuer Stoff bildet, der ins Elektrolyt übergeht und den gesamten Vorgang beeinflussen würde?"

Ben: "Oh, das wusste ich nicht, ist aber bestimmt notwendig und wohl auch sehr teuer."

Stefan: "Aber noch mal zurück, zu meiner Aussage, wir brauchen Strom um Strom zu erzeugen. Ich habe da noch mal genauer nachgelesen. Es wird anders ausgedrückt. Man spricht davon, dass elektrische Energie, die für das Elektrolyse-Verfahren erforderlich ist, in chemische Energie umgewandelt wird."

Ben: "Richtig, allerdings begreife ich immer noch nicht, was mit ,chemischer Energie' gemeint ist. Aber ich denke mir das so, Wasser wird unter Zufuhr von elektrischer Energie in Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) gespalten. Dabei wird der Wasserstoff zum Energiespeicherstoff, der in gasförmiger oder flüssiger Form gelagert wird."

Stefan: "Dann kommt die Brennstoffzelle ins Spiel. Dort wird dann der Wasserstoff zusammen mit Sauerstoff zu Wasser, wobei Elektronen fließen, oder kurz gesagt, Strom entsteht."

Ben: "Wahnsinn, erinnerst du dich an den Chemieunterricht? Wasserstoff plus Sauerstoff ergibt eine Knallgasreaktion, sehr explosiv. In einer Brennstoffzelle muss dieser Vorgang dann sicherlich sehr kontrolliert ablaufen."

Stefan: "Kurz zusammengefasst: Wasser wird einmal gespalten, um dann wieder zusammengefügt zu werden? Für das erstere braucht man Energie, bei dem zweiten erhält man Energie, richtig?"

Ben: "Na, ja, du sagst es zwar sehr einfach, aber ja, so denke ich mir das auch. Die Frage bleibt, ob man dabei wirklich ein Plus an Energie herauswirtschaften kann? Da fällt mir noch etwas auf. Was kommt eigentlich aus dem Auspuff eines Wasserstoff-Autos heraus?"

Stefan: "Na, wohl kein Wasser, also Wasserdampf und der ist heiß."

Ben: "Was passiert denn, wenn viele Autos Wasserdampf in die Atmosphäre abgeben. Trägt das nicht auch zur Klimaerwärmung bei?"

Stefan: "Davon habe ich schon gehört. Das soll in Bezug auf die Klimaerwärmung ähnlich schädlich wirken wie CO2."

Ben: "Mich überzeugt weder die Wasser-Elektrolyse noch die gesamte Wasserstoff-Technologie. Es hört sich schön an, dass hier kein CO2 frei wird. Doch bleibt unerwähnt, wie viel davon zuvor schon durch die gesamten Produktionsschritte, die diese Technologie überhaupt ermöglichen, in die Atmosphäre gelangte."

Stefan: "Denk doch nur an die Untersuchungen, die wir über Windräder und Sonnenenergie-Anlagen angestellt und dabei erkannt haben, dass der Verbrauch an Seltenen Erden und anderen Rohstoffen ganz erheblich ist. Ganz zu schweigen von den Abbaumethoden und dem Energieaufwand, der für die Herstellung benötigt wurde und wird."

Ben: "Ich jedenfalls bleibe sehr skeptisch."

Stefan: "Genau, wie ich. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass es viel besser wäre, wenn allgemein darüber nachgedacht werden würde, wie wir weniger Energie, weniger Wegwerfprodukte, weniger Plastik und vieles mehr herstellen und verbrauchen würden. Was hältst du davon, wenn wir uns nun wieder dem Recycling von Plastik widmen?"

Ben: "Ja, finde ich gut. Das ist handfester und praktischer. Prüfen wir, ob das überhaupt möglich ist."

Stefan: "Aber nicht mehr heute, meine Gehirnzellen machen da nicht mehr mit."


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.energie-lexikon.info/elektrolyse.html

https://www.wasserstoff-auto.org/wasserstoff.html


16. August 2021

veröffentlicht in der Schattenblick-Druckausgabe Nr. 166 vom 21. August 2021


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