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MELDUNG/145: Karl Blossfeldt - Erwerb eines Konvoluts von 75 Originalfotografien (Pinakothek der Moderne)


Pinakothek der Moderne, Sammlung Moderne Kunst - 25. September 2012

Erwerb eines Konvoluts von 75 Originalfotografien von Karl Blossfeldt



Die Sammlung Moderne Kunst erwirbt dank großzügiger Unterstützung durch die Kulturstiftung der Länder und die Ernst von Siemens Kunststiftung 75 Originalfotografien aus dem Werk des Berliner Fotografen und Lehrers Karl Blossfeldt (1865-1932).

Festakt
Aus diesem Anlass findet am 9.Oktober 2012, um 19.00, ein Festakt in der Rotunde der Pinakothek der Moderne in Anwesenheit des Bayerischen Staatsministers für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Wolfgang Heubisch, statt.

Ausstellung
Die Präsentation Karl Blossfeldt und die Sprache der Pflanzen ist bis zum 21.10.2012 in Saal 11 zu sehen.

Publikation
Die Monografie Karl Blossfeldt. Fotografien erscheint in der Reihe Patrimonia, herausgegeben von der Kulturstiftung der Länder in Zusammenarbeit mit den Bayerischen Staatgemäldesammlungen. 104 Seiten mit 30 ganzseitigen Abbildungen, Texten von Georges Bataille und Walter Benjamin sowie einer Einführung von Inka Graeve Ingelmann. Preis Euro 19, Erscheinungsdatum Ende September 2012


Karl Blossfeldts fotografische Arbeiten zählen heute zu den Inkunabeln der Fotografiegeschichte des 20. Jahrhunderts. Seit den 1890er Jahren bis zu seinem Tod 1932 schuf Blossfeldt ein ebenso umfangreiches wie einzigartiges Werk von Pflanzenaufnahmen, das in Stil und künstlerischer Auffassung die moderne Fotokunst vorbereitete.

Karl Blossfeldt wurde 1865 in Schielo im Harz geboren und erhielt eine Ausbildung zum Kunstgießer, an die sich das Studium der Bildhauerei an der Königlichen Kunstgewerbeschule in Berlin anschloss. Hier begegnete er dem Künstler und Reformer Moritz Meurer, dessen Einfluss für sein weiteres Werk von zentraler Bedeutung wurde. Meurer forderte die Aufnahme eines wissenschaftlich fundierten Naturkundestudiums in das Curriculum deutscher Kunsthochschulen und entwickelte hierfür einen spezifischen Ausbildungsplan. Im Zentrum der Meurer?schen Reformen stand dabei die Vorstellung, dass alle künstlerischen Formen Analogien zu natürlichen aufweisen. Durch das genaue Studium von Naturobjekten, vorzugsweise Pflanzen, sollten die Studenten deren Gesetzmäßigkeiten erlernen, die wiederum in die künstlerische Formgestaltung übertragbar sind. Auf Meurers Empfehlung hin wurde das Pflanzenstudium integraler Bestandteil der künstlerischen Ausbildung um die Jahrhundertwende. 1898 konnte er seinen Assistenten Karl Blossfeldt an die Berliner Unterrichtsanstalt vermitteln, wo dieser bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1930 lehrte.

Um für sein Unterrichtsfach "Modellieren nach lebenden Pflanzen" entsprechendes Anschauungsmaterial zur Verfügung stellen zu können, benutzte Blossfeldt nicht nur lebende und getrocknete Pflanzen, sondern vor allem deren fotografische Reproduktion. Für seine Ansichten entwickelte er dabei einen eigenen, immer gleichbleibenden Modus: Er isolierte Pflanzendetails vor neutralem Hintergrund und vergrößerte die Aufnahme mehrmals, um Bauplan und Formenvielfalt zu verdeutlichen. 1926 stellte Blossfeldt seine fotografischen Arbeiten erstmals einer breiteren Öffentlichkeit in der renommierten Galerie Nierendorf vor, 1928 folgte die Publikation seines als bahnbrechend zu bezeichnenden Bildbandes Urformen der Kunst, der in mehreren Sprachen und Auflagen erschien.

Die moderne Fotografie der 1920er Jahre erkannte das radikal Neue an Blossfeldts fotografischen Aufnahmen und kürte ihn zu einem ihrer Ahnherren. Sein sachlich-dokumentarischer Stil, die ungewöhnliche Aufnahmetechnik, die Wahl eines alltäglichen Motivs sowie Blossfeldts wissenschaftlich anmutendes, konzeptuelles Vorgehen entsprachen einer Vorstellung von Fotografie, die gerade aus den dem Medium immanenten und nicht bei Malerei oder Grafik entliehenen Ausdrucksmöglichkeiten ihr künstlerisches Selbstverständnis entwickelte. Aber auch avantgardistische Künstler wie László Moholy-Nagy, namhafte Kunstkritiker wie Franz Roh oder zeitgenössische Philosophen wie Walter Benjamin würdigten Blossfeldts Werk in Ausstellungen und Rezensionen, eine Wertschätzung, die sich bis zu Bernd und Hilla Becher fortschrieb, die sich explizit auf Blossfeldt beriefen.

Nach heutigem Kenntnisstand existieren nur zwei umfangreichere Sammlungen, zum einen im von Ann und Jürgen Wilde begründeten Karl Blossfeldt-Archiv, das seit 2010 Teil der in München ansässigen Stiftung Ann und Jürgen Wilde an der Pinakothek der Moderne ist, sowie in der Berliner Universität der Künste, an deren Vorgängerinstitution Blossfeldt gelehrt hatte.

Mit dem Erwerb von 75 exquisiten Originalaufnahmen aus der Sammlung Ann und Jürgen Wilde erhält die Sammlung Moderne Kunst ein zugleich qualitativ herausragendes wie einmaliges Konvolut, das ein Konzentrat des Blossfeldtschen Schaffens darstellt. Erweitert durch das Karl Blossfeldt-Archiv, das neben weiteren Originalabzügen auch die Glasnegative, Kontaktabzüge und vielfältige Archivalien zu Leben und Werk umfasst, ist so eines der bedeutendsten Fotografen-Archive des 20. Jahrhunderts in München vereint.

Für weitere Informationen zur Pinakothek der Moderne, siehe: www.pinakothek.de

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Quelle:
Pressemitteilung vom 25. September 2012
Tine Nehler M.A. | Leitung Presseabteilung
Pinakothek der Moderne und Bayerische Staatsgemäldesammlungen
Kunstareal | Barer Str. 29, 80799 München
Telefon: + 49 89 23805-286 | Fax: + 49 89 23805-125
E-Mail: presse@pinakothek.de
Internet: www.pinakothek.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Oktober 2012