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ARBEITERSTIMME/305: Bericht von unserem Wochenendseminar in München


Arbeiterstimme Nr. 188 - Sommer 2015
Zeitschrift für die marxistische Theorie und Praxis
Die Befreiung der Arbeiterklasse muß das Werk der Arbeiter selbst sein!

Bericht von unserem Wochenendseminar in München


Am 16. und 17. Mai hatte die Gruppe wieder zu einem Wochenendseminar nach München eingeladen. Wie schon seit einigen Jahren, veranstalten wir dieses Seminar gemeinsam mit der Gruppe International Dorfen.

Zweck des Seminars ist, sich zu aktuellen Frage genauere Informationen zu erarbeiten und im Austausch und in Diskussionen dazu einen Gruppenstandpunkt zu entwickeln. Die Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer war in diesem Jahr etwas geringer als sonst, einige Genossinnen und Genossen mussten aus terminlichen Gründen absagen, andere aus gesundheitlichen. Trotzdem war eine ansehnliche Zahl zusammengekommen; darunter ein Genosse aus Österreich, zwei Genossen der AGI und ein Genosse der Arbeiterpolitik.

Den inhaltlichen Schwerpunkt hatten wir dieses Mal auf die Außenpolitik gelegt. So standen die Krise in Griechenland, die Lage in Lateinamerika und die Situation in Rußland auf der Tagesordnung.

Nachdem einige angefragte Genossen aus der Griechenland-Solidarität wegen Terminüberschneidungen und Überlastung ihre Zusage zurücknehmen mussten, war es uns gelungen, über die AGI einen griechischen Genossen von Syriza für die Tagung zu gewinnen. Er sprach zum Thema: "Die Lage in Griechenland - Syriza zwischen Anspruch und objektiven Möglichkeiten". Der Genosse zeigte sich als ein profunder Kenner der griechischen Verhältnisse, sowohl was die bewegte griechische Vergangenheit als auch die momentane Situation angeht; dass er einspringen konnte, erwies sich als wahrer Glücksfall. Nach einem Streifzug durch die griechische Geschichte im letzten Jahrhundert und die Politik, die der KKE mit all ihren Irrungen und Wirrungen in diesen Zeiten vertreten hatte, kam er zur Schilderung und Einschätzung der aktuellen Lage in Griechenland.

Genaueres zu seinem Vortrag, sowie einige Punkte aus der anschließenden, lebhaften und zum Teil etwas kontroversen Diskussion berichten wir im Anschluss in einer kurzen Zusammenfassung.

Der zweite inhaltliche Schwerpunkt am Samstag war die Entwicklung in Lateinamerika. Ein Genosse aus Dorfen, der sich zu einem ausgewiesenen Kenner dieser Weltregion entwickelt hat, hatte hierzu ein Referat mit dem Titel "USA - Kuba - Venezuela - wohin geht die Reise?" ausgearbeitet.

Der Boykott, den die USA jahrzehntelang über den kubanischen Inselstaat verhängt haben, hat der kubanischen Wirtschaft immens geschadet und sich als äußerst schädlich nicht nur für die ökonomische, sondern auch für die gesellschaftliche und politische Entwicklung erwiesen - was ja auch so bezweckt war. Wie nun die "neue" Politik der USA gegenüber Kuba einzuschätzen ist und was sie für dieses kleine Land, das noch immer an sozialistischen Grundsätzen festhält, bringen wird, bleibt abzuwarten. Allzu falsch dürften wir jedoch mit der Prognose, dass es nicht unbedingt etwas Weiterbringendes für das sozialistische Kuba sein wird, nicht liegen.

Auch in Venezuela ist die Lage alles andere als rosig. Das Land leidet unter dem Preisverfall des Erdöls, der wichtigsten Einnahmequelle, wodurch auch die bisher erreichten sozialen Errungenschaften in Frage gestellt werden, was die Rechte weidlich ausnützt. Die Polarisierung der Gesellschaft spitzt sich zu - stets befeuert von gewissen Kreisen aus den USA - es ist ungewiss, ob und wie Venezuela auf dem Weg der bolivarischen Revolution weitergehen kann. Ein Genosse verlieh seiner Befürchtung Ausdruck, dass nicht einmal das Gespenst eines blutigen Bürgerkrieges auszuschließen sei. Einige Hoffnungen setzte der Referent auf die sinkenden Macht der USA und den wachsenden Einfluss der BRICS-Staaten, die er im positiven Sinn als antihegemoniales Projekt betrachtete. Genaueres dazu im Referat, das wir in leicht überarbeiteter Form abdrucken.

Der Abend wurde in gemütlicher Runde verbracht, wobei die eine oder andere offene Frage des Nachmittags besprochen wurde und auch die privaten Kontakte und Gespräche unter den Genossinnen und Genossen nicht zu kurz kamen.

Für den Sonntag hatte sich ein verdienter Genosse aus Nürnberg die aktuelle Lage in Rußland vorgenommen. Auch Rußland leidet, ähnlich wie Venezuela, unter dem Preisverfall des Erdöls - reiner Zufall?! - außerdem haben sich die USA auf die Fahnen geschrieben, Rußland zu einer Regionalmacht herabzustufen. Dabei gibt es den willkommenen Nebeneffekt, dass Europa als Wirtschaftsraum und Konkurrent der USA geschwächt werden kann.

In Anbetracht der aktuellen Diskussion in der DKP und anderen linken Kreisen stand das Referat unter der Überschrift: "Rußland heute - Der Linken Freund oder Feind? Versuch einer Zustandsbeschreibung." Nach der Betrachtung der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Fakten und Tendenzen arbeitete der Genosse den Charakter des russischen Staates heraus; daraus resultierend konnte er dann auch die in der Überschrift gestellte Frage beantworten, ob das Rußland von heute uneingeschränkt Freund oder Feind der Linken sein kann. Mehr dazu im leicht überarbeiteten Referat, das wir als Kopfartikel verwendet haben.

Das Seminar hat uns als Gruppe gestärkt und auch den teilweise doch recht vereinzelten Genossinnen und Genossen Auftrieb gegeben. Es hat gezeigt, dass es immer noch ein paar - und das sind gar nicht allzu wenige - gibt, die an der sozialistischen Sache festhalten und dafür eintreten.

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Quelle:
Arbeiterstimme Nr. 188 - Sommer 2015, Seite 11
Verleger: Thomas Gradl, Bucherstr. 20, 90408 Nürnberg
E-Mail: redaktion@arbeiterstimme.org
Internet: www.arbeiterstimme.org
 
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Juni 2015

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