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AUFBAU/232: Regierungskrise in Nepal


aufbau Nr. 58, September/Oktober 2009
klassenkampf - frauenkampf - kommunismus

Regierungskrise in Nepal

NEPAL - Im Mai ist Prachanda, der Vorsitzende der UCPNM, als Premierminister zurückgetreten. Dies als Konsequenz eines Streits um die Entlassung des Chefs der nepalesischen Armee.


(agkk) Bereits in der letzten Ausgabe des aufbaus berichteten wir über die anhaltenden Kämpfe in Nepal. Besondere Beachtung schenkten wir dem Streit zwischen der von den MaoistInnen angeführten Regierung und dem damaligen Chef der nepalesischen, ehemals königlichen, Armee. Wir stellten fest, dass sich der ehemalige Königsdiener der demokratisch legitimierten Regierung nicht verpflichtet fühlte und gegen deren Willen Neurekrutierungen in die Armee vornahm.

Im Mai ist die UCPNM nun aus der Regierung ausgetreten. Die Hintergründe dieses Rücktritts geben uns einige Informationen über den Charakter der bürgerlichen Demokratie, in deren Anfängen Nepal steckt.


Die CPN(UML) schützt den Armeechef

Anfangs Mai entschloss die Regierung, den Chef der Armee, Katawal, zu entlassen. Allerdings war dies kein Einheitsentscheid. Die zweitstärkste Koalitionspartnerin, die CPN(UML)(1), und zwei kleinere Koalitionspartnerinnen boykottierten die Sitzung, nachdem der Premierminister die Entlassung traktandiert hatte. Als diese dann beschlossen war, wetterte die CPN(UML) im Einklang mit dem Nepali Congress(2) in den Medien gegen den Entscheid. Der Präsident Nepals, Dr. Ram Baran Yadav, ein Mitglied des Nepali Congress, legte ein Veto gegen den Beschluss ein und wies Katawal an, die Position zu halten. Dass der Nepali Congress und die CPN(UML) dem Armeechef den Rücken stärken, spricht Bände über ihren politischen und gesellschaftlichen Hintergrund - gehört dieser doch zur alten monarchistischen Elite.

Schon vor der eigentlichen Regierungssitzung stritten sich die Koalitionspartner über die Frage des Armeechefs. Doch die MaoistInnen, welche die Mehrheit in der Regierung stellten, zeigten sich unnachgiebig und setzten den Entscheid zur Entlassung durch. Kurz darauf gab die CPN(UML) ihren Austritt aus der Koalition bekannt. Einen Tag später erklärte Prachanda die Demission seiner Regierung. Er schob die Einmischung des Präsidenten als Grund vor. Zudem erklärte er, dass die Arbeit mit den Koalitionspartnern sehr schwer gefallen sei, da diese immer wieder dem Druck ausländischer Mächtezentren gewichen seien.


Neue Regierung

Nach der Demission der UCPNM-Regierung, begann das Ringen um die Bildung einer neuen Koalition. Auffallend dabei waren vor allem die intensiven Bemühungen der CPN(UML), eine Regierung unter ihrer Führung zu bilden. Nach etwa drei Wochen gelang ihr dies. Bei den Wahlen Ende Mai wurde ihr Ex-Generalsekretär, Madhav Kumar Nepal, vom Parlament mit Stimmen aus 21 Parteien - die wichtigste davon ist der Nepali Congress - zum neuen Premierminister gewählt. Die UCPNM boykottierte diese Wahl.

Doch es scheint so, als könnten die MaoistInnen trotzdem nicht übergangen werden. Die CPN(UML) und Teile des Napali Congress streben eine "Regierung des nationalen Konsenses" an. In diesem Kontext ist übrigens noch zu erwähnen, dass der umstrittene Armeechef Katawal bald in Rente gehen wird. Zufall?


Reaktion der MaoistInnen

Das Scheitern der eigenen Regierung und das Verhalten des wichtigsten Koalitionspartner hat bei der Mehrheit der UCPNM noch kein grundsätzliches Umdenken ausgelöst. Sie strebt eine nationale Regierung unter ihrer Führung an und versucht die "unethische und nicht verfassungsgemässe" Regierung mittels Mobilisierungen auf der Strasse und im Parlament zu bekämpfen. Zentral in ihrer Kampagne ist dabei der Begriff der "zivilen Oberhoheit", die es zu verteidigen gelte. Dies im Bezug auf den Streit um den Armeechef. Ebenfalls hat sie dazu juristische Schritte angekündigt. In ihrer Politbürositzung Ende Juni gab es Debatten über den Kurs der Partei. Eine Minderheit forderte eine Volksrevolte zur Schaffung einer Volksrepublik. Die GenossInnen, welche hinter dieser Linie stehen, warnen schon seit letztem Jahr, dass die Partei mit der gegenwärtigen Strategie im parlamentarischen Morast steckenbleiben werde.


Anmerkungen:

(1) Communist Party of Nepal (United Marxist Leninist)

(2) Grosse, bürgerliche Partei in Nepal.


Parteiheirat

Die CPN(Maoist) war die Partei, welche ein Jahrzehnt lang einen erfolgreichen Volkskrieg gegen feudalen, halb-kolonialen Verhältnisse in Nepal führten und bei den Wahlen zur Verfassungsgebenden Versammlung mit Abstand am erfolgreichsten abschnitten. Am 12. Januar 2009 vereinigte sich die CPN(Maoist) mit der CPN - Unity Centre-Masal zur UCPNM, Unified Communist Party Nepal - Maoist.

Dieser Schritt wurde von der indischen Schwesterpartei CPI(Maoist) öffentlich kritisiert, da dies die reformistischen und revisionistischen Tendenzen in der Partei stärken würde.


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Redaktion

Revolutionärer Aufbau Basel (rabs), Revolutionärer Aufbau Bern (rab), Revolutionärer Aufbau Winterthur (raw), Gruppe politischer Widerstand Zürich (gpw), Gruppe Arbeitskampf Zürich (az), Arbeitsgruppe Antifa Basel (agafb), Arbeitsgruppe Antifa Zürich (agafz), Arbeitsgruppe Klassenkampf Basel (agkkb), Arbeitsgruppe Klassenkampf Zürich (agkkz), Arbeitskreis ArbeiterInnenkämpfe (akak), Arbeitskreis Frauenkampf (akfk), Frauen-Arbeitsgruppe (agf), Arbeitsgruppe Winterthur (agw), Rote Hilfe - AG Anti-Rep (rh-ar), Kulturredaktion (kur)


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Quelle:
aufbau Nr. 58, September/Oktober 2009, Seite 12
HerausgeberInnen:
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Revolutionärer Aufbau Basel, Postfach 348, 4007 Basel
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Oktober 2009